Der leidende Gottesknecht

kreuzigungViele Kirchen zeigen Jesus als den leidenden Gottesknecht. Auf Bildern ist der ganze Leidensweg bis zum Kreuz in teilweise sehr drastischen und deutlichen Bildern gezeigt. Gläubige nutzen diese Darstellungen der Passion Christi zur Meditation über den Wert der Erlösung: „das hat er für mich getan“.

Unsere Erlösung hat Jesus alles gekostet und es ist gut, sich dessen bewusst zu sein. Aber irgendwann muss auch die Erkenntnis kommen, dass Jesus nicht mehr am Kreuz hängt. Er hat es um der vor ihm liegenden Freude erlitten, aber es war nur eine Station in seinem ewigen Leben. Es war nicht das Ende, sondern ein neuer Anfang für jeden Menschen.

Das Bild vom gekreuzigten hängt in manchen Gemeinden als Damoklesschwert über den Köpfen der Christen. Wie können wir Spaß und Freude haben, wenn Christus für uns gelitten hat? Hat es ihm etwa Spaß gemacht?

Uns muss bewusst werden, dass wir tiefe Dankbarkeit für das Kreuz empfinden können, dass wir aber nicht dort halt machen dürfen. Der Jesus mit dem wir leben hängt nicht mehr am Kreuz. Er ist gestorben und auferstanden. Das Kreuz ist ein Symbol der Niederlage, die Auferstehung ein Symbol des Sieges. Es hat zu viele Leidensbewegungen in der Kirchengeschichte gegeben, die mehr Niederlage als Sieg gelebt haben. In diesem Bild von Jesus hängen zu bleiben, bedeutet, den eigentlichen Sinn des Kreuzes, nämlich die Erlösung, verpasst zu haben.

Bei der heutigen Schatzsuche waren wir zu fünf Personen, zwei davon waren vorher noch nie dabei. Der erste Hinweis, dem wir folgten, ein Schild mit der Aufschrift „Night…“, deutete auf einen Nachtclub hin. Wir fanden ihn, trafen aber niemanden dort und beteten einfach für die dort arbeitenden Damen und ihre Kunden.
Dann gingen wir weiter, in die Fußgängerzone, um dort weiter nach Schätzen zu suchen. Wir fanden einen Mann mit „rotem Schal“, einem „Mantel“, „dunklem Haar“ und deutlich sichtbarem „Bartschatten“, der zudem auch noch „blaue Augen“ hatte. Beim Näherkommen stellte sich heraus, dass wir mit demselben Mann schon bei einer anderen Schatzsuche gesprochen hatten. Wir unterhielten uns ein bisschen und beteten schließlich für ihn.
Anschließend wandten wir uns dem „Alleecenter“ zu, da gleich zwei Hinweise auf den dortigen „NanuNana“-Laden deuteten. Gegenüber davon fanden wir, unter einem Schild in „Hippie-Schrift“, das einen der Namen enthielt, die auf unseren Schatzkarten standen, einen Mann mit „dunklem Haar“, „Bartschatten“ und „blauen Augen“, der eine „grüne Schürze“ trug. Wir sprachen ihn an und erfuhren, dass es seiner Schwiegermutter nicht gut ging und beteten für sie und die ganze Familie.

[Protokoll: Judith | über Schatzsuche]

Der gute Hirte

der_gute_hirte_480Jesus selbst spricht in Johannes 10 von sich als dem guten Hirten. Das Bild Gottes als Schäfer ist sogar schon viel älter als Johannes 10: wir finden eine ergreifende Vorstellung davon in Psalm 23. In diesem Bild steckt viel Gutes: der Schutz der Gemeinde, Leitung der Christen usw. Dennoch ist es ein begrenztes Bild, das viele Facetten Jesu nicht rüberbringen kann.

Besonders begrenzt erscheint diese Vorstellung in den bildlichen Darstellungen des Hirten, in denen er oft sehr weich erscheint: ein hübscher weltfremder Einsiedler, der ein Lamm auf dem Arm hat und ansonsten kein Wässerchen trüben kann. Diese Darstellung entspricht dem harmlosen Hippi-Image das Jesus oft hat. Man fragt sich, warum sich überhaupt jemand die Mühe gemacht haben soll, diesen Mann zu töten.

Das Bild des Schäfers kann tröstlich sein, wenn es einem schlecht geht und man Gottes Geborgenheit und Liebe braucht. Es ist aber wieder nur ein Ausschnitt aus dem, was Jesus tatsächlich ist.

Das Christkind

Nicht nur im katholischen Raum finden sich viele Darstellungen des Jesus-Kindes mit Maria. Auch den säkularen Bereich hat diese Vorstellung von Jesus längst erobert, denn jedes Jahr Weihnachten singt man „alle Jahre wieder kommt das Christus-Kind“.

Solche weihnachtlichen Vorstellungen von Jesus sind gewiss nicht falsch, denn immerhin hat es Gott gefallen Mensch zu werden und als Kind geboren zu werden. Die Inkarnation ist eines der großen Geheimnisse Gottes und es ist bewegend, dass Jesus die Herrlichkeit beim Vater aufgegeben hat, um Mensch zu werden. Aber Jesus ist nicht klein geblieben und er kommt auch nicht alle Jahre wieder als Kind auf diese Erde. Wenn unsere Vorstellung von Jesus einem süßen Kleinkind entspricht, ist es klar, dass der Christus der Christen oft so kraftlos erscheint. Niemand richtet mutige Gebete an ein Kind.

Wer nur einen Kinder-Jesus kennt sollte schleunigst einen Erwachsenen-Jesus kennen lernen!

In diesem Kapitel geht es um Jesus, wie er heute ist. Nachdem wir uns mit dem Jesus der Evangelien beschäftigt haben, gehen wir nun mehr in die Briefe, die Apostelgeschichte und die Offenbarung. Der historische Jesus verblasst gegenüber dem auferstandenen. Wir leben nicht mit einem Bild von Jesus, das die Evangelien zeichnen, sondern mit dem auferstandenen Jesus selbst.

Unsere Bilder von Jesus

Die Bibel warnt uns davor, festgefügte Bilder in unseren Gedanken zuzulassen.

Du sollst dir kein Götterbild machen, auch keinerlei Abbild dessen, was oben im Himmel oder was unten auf der Erde oder was in den Wassern unter der Erde ist.
5
Du sollst dich vor ihnen nicht niederwerfen und ihnen nicht dienen.  (2.Mose 20,4-5 nach der Elberfelder)

Streng genommen soll man sich also gar kein Bild machen, das Gebot bezieht sich nicht nur auf Gott sondern auch auf Menschen. So streng wird es allerdings nur im Islam ausgelegt, wo zumindest in den Moscheen gar keine bildlichen Darstellungen zu finden sind.

Mose spricht hier von Bildern, die eine Vorstellung transportieren und damit aussagen: „so ist Gott“. Alle Religionen um Israel herum hatten solche Vorstellungen und beteten ihr Bild von Gott oder den Göttern an. Israel sollte auf solche Bilder verzichten. Der Grund dafür ist einfach: wer weiß, wie Gott ist, hat ihn im Grunde bereits in die Tasche gesteckt. Gott ist aber immer größer und immer anders als unsere Vorstellungen von ihm. Sobald wir eine Vorstellung von ihm haben und denken, dass er so ist, begrenzen wir ihn und nehmen uns damit die Chance ihn auf eine andere Weise kennen zu lernen.

Das Problem ist nun nicht, dass wir uns ein Jesusbild an die Wand hängen oder ein Kruzifix haben an dem ein Korpus hängt. Jeder weiß, dass Jesus nicht so ausgesehen hat; von daher richten solche bildlichen Darstellungen auch keinen Schaden an. Problematisch sind die Vorstellungen, die wir in unserem Inneren von Jesus haben und die in sich selbst schnell Götzen werden und die Offenbarung Gottes in unserem Leben aufhalten können.

Diese Vorstellungen halten seit zwei Jahrtausenden Menschen davon ab, Jesus kennen zu lernen. Angefangen hat es mit den Pharisäern, die ein ganz klares Bild vom erwarteten Christus hatten, dem Jesus nicht entsprochen hat. Sie konnten Jesus nicht als Gottes Sohn erkennen weil ihre Vorstellung vom Messias so fest waren, dass sie ihn nicht erkennen konnten als er vor ihnen stand. Das selbe Prinzip wirkt auch noch heute, es wird jedes mal sichtbar, wenn jemand sagt: „das kann nicht von Gott sein, so etwas würde Gott nie machen“. Solche Weisheiten hört man bei jedem geistlichen Aufbruch und jeder Erweckung, wenn das neue Wirken Gottes wieder einmal alte religiöse Gefühle verletzt.

Psychologisch ist es fraglich, ob man überhaupt ohne ein Gottesbild leben kann, denn alles, was man über Gott hört oder liest und mit ihm erlebt oder nicht erlebt, wird gespeichert und formt unser Konzept von „Gott“. Niemand kann sich davon frei machen. Also müssen wir uns darauf konzentrieren, dass wir weiterhin Gott anbeten und nicht unsere Vorstellung von ihm. Egal, was wir über Jesus wissen und verstehen, wir müssen dafür offen bleiben, dass er uns überraschen kann und uns eine Seite von sich zeigen kann, die uns total überrascht. Bevor ich nun zu dem auferstandenen Jesus komme, der heute lebt und den wir kennen, möchte ich einige Bilder von Jesus zeigen, die uns seit Jahrhunderten durch die sakrale Kunst begleiten und unsere Wahrnehmung Jesu geprägt haben.

29 Plane nichts Böses gegen deinen Nächsten, der friedlich bei dir wohnt.
30 Streite mit niemandem ohne Grund, wenn er dir nichts Böses getan hat.
31 Einen Gewalttätigen beneide nicht, und wähle keinen seiner Wege,
32 denn wer Irrwege geht, den verabscheut der HERR, die Rechtschaffenen aber sind seine Freunde. (Sprüche 3,29-32 nach der Zürcher)

Die Ethik der Bibel wendet sich dagegen, jemandem aktiv Böses zu tun. Ich vermute, dass das ebenso bei jeder anderen Ethik der Fall ist. Man darf sich verteidigen, führt aber nicht den ersten Schlag aus. In der Theorie klingen solchen Anweisungen stets einfach und logisch. Natürlich tut man niemandem etwas Böses. In der Praxis sieht es dann oft anders aus, zumindest wenn man mit sich selber ehrlich ist. Wie oft wollen wir im Streit verletzen oder planen unseren Vorteil auf Kosten eines anderen? Das Verb „übervorteilen“ meint genau das: für den eigenen Vorteil über Leichen gehen.
Wir sollen unseren Punkt klar machen und zu unserer Meinung stehen, wenn es darauf ankommt. Aber jemandem, der friedlich mit uns koexistiert sollen wir auch in Frieden lassen und keinen Streit mit ihm anfangen. Im Grunde genommen ist dies das ethische 1×1 denn wir würden auch nicht wollen, dass jemand grundlos Streit mit uns beginnt.
Eine unsoziale Haltung in der man einen anderen übervorteilt kann mit dem Beispiel des Gewalttätigen beginnen. Im Zusammenhang der Bibel ist das nicht unbedingt ein Schläger, es ist jemand, der seine Position gegen einen Schwächeren ausnutzt. Ob dies eine Position körperlicher Überlegenheit oder gesellschaftlicher Überlegenheit ist, ist dabei belanglos. Niemand soll seine Möglichkeiten gegen seine Mitmenschen ausnutzen. Vermutlich hat dennoch jeder schon einmal einen Ausbeuter dem es gut geht gesehen und sich gedacht: „so will ich auch leben“. In manchen Filmen und Fernsehserien haben Drogenbosse, korrupte Politiker oder Gangster ein Leben, dass mancher gerne hätte. Das bedeutet es, den Gewalttätigen nicht zu beneiden. Vom Neid bis dahin, dass man seinem Vorbild folgt, ist es nicht weit. Wer so sein will, wie jemand anders findet leicht Wege und Rechtfertigungen vor sich selbst, diesen Lebensstil selbst zu wählen.
Die Verheißung treibt mir fast die Tränen in die Augen. Die Rechtschaffenen sind Freunde Gottes! Ich kann mir nichts vorstellen, was ich lieber wäre, als Gottes Freund. In diesem Vers finden sich zwei mögliche Motive das richtige zu tun. Man kann es tun, weil Gott den verabscheut, der Irrwege geht und man nicht Gott gegen sich wissen will. Das ist die negative Seite der Motivation, die mit Angst vor Strafe zu tun hat. Oder man kann das Gute wählen, weil man Gottes Freund sein will, das ist positiv. Manchmal muss man von einem zum anderen kommen; man beginnt mit der Angst und endet in der Liebe. In meinem eigenen Leben war es so, dass ich den Wert von Heiligkeit, einem jesusmäßigen Leben und Freundschaft mit Gott erst lernen musste. Heute ist es mir die größte Motivation überhaupt. Je mehr ich nach Gottes Willen lebe, umso mehr zeigt er mir von sich und umso größer wird wiederum meine Motivation, ihm zu dienen.

 

[Nun kommen ein paar Tage ohne Sprücheauslegung. Danach geht es hier weiter.]

3 Die Anwendungen: Abendmahl und Taufe

Die beiden größten Symbole des Christentums haben mit dem Tod und der Auferstehung Jesu zu tun. Im Abendmahl erinnern wir uns an das Opfer Jesu; in der Taufe bekennen wir seinen Tod und zeigen, dass wir mit ihm gestorben sind. Es ist traurig, dass beide Symbole im Laufe der Kirchengeschichte immer wieder umgedeutet wurden und so bis zum heutigen Tag Gegenstand heftigster theologischer Kontroversen sind.

Das Abendmahl

Jesus selber hat am Abend bevor er verraten wurde das Abendmahl eingesetzt. Der Wein, der dabei getrunken wird, symbolisiert sein Blut, das zur Vergebung der Sünden geflossen ist und in dem Gott einen neuen Bund mit den Menschen geschlossen hat. Das Brot symbolisiert seinen Leib, der zerschlagen wurde und auf den Gott alle Sünde und Krankheit der Welt gelegt hat.

Die beste Zusammenfassung des Abendmahls, die zugleich auch die Formel enthält, die oft als Einsetzungsworte des Abendmahls in unseren Gottesdiensten gesprochen wird, kommt aus 1.Korinther 11:

23 Ihr wisst doch, was der Herr über dieses Mahl gesagt hat; ich selbst habe seine Worte so an euch weitergegeben, wie sie mir berichtet wurden:
In der Nacht, in der er verraten wurde, nahm Jesus, der Herr, das Brot,
24 dankte Gott dafür, brach es in Stücke und sagte: »Das ist mein Leib, der für euch geopfert wird. Wenn ihr künftig dieses Mahl feiert und von dem Brot esst, dann ruft euch in Erinnerung, was ich für euch getan habe!«
25 Nachdem sie gegessen hatten, nahm er den Becher, dankte Gott auch dafür und sagte: »Dieser Becher ist der neue Bund, besiegelt mit meinem Blut. Wenn ihr künftig aus dem Becher trinkt, dann ruft euch jedes Mal in Erinnerung, was ich für euch getan habe!« (1.Korinther 11,23-25 nach der NGÜ)

Wichtige Wahrheiten des Glaubens sollten immer wieder wiederholt werden. Das Abendmahl ist eines er ältesten Rituale der Christenheit und weist direkt auf die phantastische Realität des Todes Jesu für seine Freunde.

Die Taufe

Die Taufe ist im Neuen Testament der Startschuss in ein neues Leben mit Jesus als Herrn. Diejenigen, die Jesus angenommen hatten, ließen sich taufen und bekannten so öffentlich ihren Glauben an Jesus Christus. Das Symbol der Taufe ist wiederum tief verwoben mit dem Opfer Christi und seiner Auferstehung. Wieder ist es der Apostel Paulus, der sie theologisch am besten und griffigsten erklärt. Schauen wir uns an, was er im Römerbrief darüber zu sagen hat:

3 Oder wisst ihr nicht, was es heißt, auf Jesus Christus getauft zu sein? Wisst ihr nicht, dass wir alle durch diese Taufe mit einbezogen worden sind in seinen Tod?
4 Durch die Taufe sind wir mit Christus gestorben und sind daher auch mit ihm begraben worden. Weil nun aber Christus durch die unvergleichlich herrliche Macht des Vaters von den Toten auferstanden ist, ist auch unser Leben neu geworden, und das bedeutet: Wir sollen jetzt ein neues Leben führen.
5 Denn wenn sein Tod gewissermaßen unser Tod geworden ist und wir auf diese Weise mit ihm eins geworden sind, dann werden wir auch im Hinblick auf seine Auferstehung mit ihm eins sein. (Römer 6,3-5 nach der NGÜ)

Die Taufe beschreibt eine geistliche Realität: Wir sind auf den Tod Jesu Christi getauft und haben Anteil an seinem Sterben. Ebenso wie er, sind wir der Sünde gestorben. Die Taufe zeigt, dass wir nicht mehr Bürger dieses Systems sind, sondern für diese Welt Tod sind. Seitdem wandeln wir in einem neuen Leben und haben das alte Leben hinter uns gelassen.

Über beides, Taufe und Abendmahl lässt sich natürlich noch viel mehr sagen, allerdings ist hier nicht der Raum dafür, denn dieser Studienführer beschäftigt sich mit einem anderen Thema. Ich möchte aber dennoch dazu ermutigen, sich mit diesen Themen selber weiter auseinander zu setzen. Eine Konkordanz kann helfen, alle Stellen zu finden, die sich mit Taufe und Abendmahl beschäftigen. Man kann Bibeln auch im Internet, z.B. auf www.die-bibel.de durchsuchen.

27 Weigere dich nicht, dem Gutes zu tun, der ein Anrecht darauf hat, wenn es in deiner Macht steht, es zu tun.
28 Sage nicht zu deinem Nächsten: Geh und komm später wieder, morgen will ich dir etwas geben – wenn du es jetzt vermagst. (Sprüche 3,27-28 nach der Zürcher)

Manche Bibelstellen sind tagespolitisch brisant. Diese gehört sicherlich dazu.
Die Bibel enthält in beiden Testamenten eine hochstehende Ethik deren zentraler Begriff „der Nächste“ ist. Der Nächste ist der, der mich braucht. Sobald ich jemanden leiden sehe und ich seine Not lindern oder abstellen kann, ist er mein Nächster. Die Not dieses Nächsten ist meine Pflicht, man kann sich ihr nicht entziehen ohne sich an der Gesellschaft zu versündigen, denn die Gesellschaft war auf diesem Prinzip der Nächstenliebe aufgebaut. Die einzige Schwierigkeit bietet hier die Wendung „wenn er ein Anrecht darauf hat“. Im Grunde würde man die Bibel so verstehen, dass sich aus der Not das Anrecht ableitet – wer in Not ist hat ein Recht auf Hilfe.
In den modernen westlichen Gesellschaften finden wir dieses Prinzip etwas verändert vor. Das europäische Sozialsystem ist nach dem Subsidiaritätsprinzip aufgebaut, in dem die Gemeinschaft hilft, wenn der einzelne nicht helfen kann. Das Prinzip ist fest verankert in christlichem Handeln und nicht zuletzt von christlichen Denkern mitentwickelt und ausformuliert worden. Es bedeutet konkret in der modernen Politik, dass der Bund zunächst Träger auf Landes- oder Städteebene sucht, bevor er selbst eine (soziale) Verantwortung wahrnimmt. Aber er HAT die soziale Verantwortung, etwa für den Unterhalt von Arbeitslosen.
Ein solches System gab es natürlich im antiken Israel nicht. Soziale Hilfe war zumindest im Wesentlichen Nachbarschaftshilfe, die auch von Kommunen oder geistlichen Strukturen übernommen werden konnte, aber nicht per se Sache des Staates war.
Heute sieht es eher so aus, dass wir durch Steuern dem Staat helfen, seinem sozialen Auftrag nachzukommen, er aber die Armen speist, die Arbeitslosen bezahlt usw. Dadurch gerät der Nächste zunehmend aus unserem Blickfeld und vielfach leisten Bundesbürger gar keinen sozialen Beitrag, der über das zahlen von Steuern hinausgeht. Eine Gesellschaft ist aber darauf angewiesen, dass ihre Bürger sich ins Gemeinwohl investieren, indem sie sich gegenseitig helfen und sich ehrenamtlich engagieren. Aktuelle Diskussionen über die Schließung von Schwimmbädern und Bibliotheken zeigen, wie wichtig es noch werden wird, sich für das Gemeinwohl einzusetzen, damit nicht Einrichtungen die allen zugute kommen von der Bildfläche verschwinden.

Auch die unscheinbare Wendung „der ein Anrecht darauf hat“ wird wieder diskutiert. In reichen Jahren ist es einem Volk egal, wo sein Geld hinfließt. In mageren Jahren kommen selbst vergleichsweise kleine Beträge in die Diskussion. Als die Sprüche geschrieben wurden, konnte sich noch jeder selbst überlegen, wem er hilft und wem nicht. Heute finanziert man über Steuern Menschen, die man nie gesehen hat. Daraus folgt, dass auch die Diskussion darüber, wer ein Anrecht auf Unterstützung hat, zunehmend öffentlich geführt werden. Sollen auch die Arbeitslosen unterstützt werden, die jeden Job ablehnen und sich offen als arbeitsunwillig zeigen oder nur diejenigen, die wirklich suchen aber es schwer haben, einen Job zu bekommen? Solche Fragen tauchen immer mehr auf und die Berichterstattung der Medien schürt oft Unzufriedenheit.
Ich meine, dass es eine Chance für Christen ist, sich einzumischen. Wir schauen fasziniert auf Leute wie Karl Barth, der Adolf Hitler geschrieben und ihm erklärt hat, dass Antisemitismus nicht christlich sein kann. Oder auf Dietrich Bonhoeffer, der bereit war, für seine Überzeugungen zu sterben. Auch in unserer Zeit gibt es genug Gelegenheiten für Christen zu politischem Handeln und Denken. Ich bin gespannt darauf, was die Zukunft in diesem Bereich noch bringen wird und auch darauf, wie ich selber mich in manchen Bereichen positionieren werde. Bisher gibt es da erst einmal ein erwachendes Interesse, aber noch wenige Konkretionen.

Die Auferstehung

Ohne die Auferstehung Jesu von den Toten wäre das Christentum absurd. Es gäbe keine Erlösung und keinen freien Weg zu Gott; unser ganzer Glaube steht und fällt mit der Auferstehung Jesu. Man kann mit Fug und Recht sagen, dass die Auferstehung das größte Ereignis in der Geschichte der Menschheit war. Deswegen ist es wichtig, auch diese Tatsache gut zu beleuchten und biblisch zu untersuchen.

Warum musste Jesus auferstehen?

Von der Auferstehung ist im Neuen Testament immer wieder die Rede, sie ist nicht nur in den Evangelien erwähnt, sondern als Grundlage des christlichen Glaubens immer wieder auch in anderen Teilen des Neuen Testamentes.

Ebenso wie bei der Jungfrauengeburt liefert uns die Bibel keine direkte Erklärung dafür, warum Jesus auferstanden ist. Die Evangelien berichten die Auferstehung lediglich als historische Tatsache ohne ein theologisches Erklärungsmodell anzubieten. Überhaupt ist es eine ungewöhnliche Eigenart der Evangelien nur die Tatsachen zu zeigen ohne Schlüsse daraus zu ziehen.

Dennoch liegt es bei der Auferstehung eigentlich klar auf der Hand, warum Jesus nicht tot bleiben konnte: wenn er nicht auferstanden wäre, hätte Satan mit der Kreuzigung den Sieg davon getragen; er hätte Jesus getötet und Gottes Auftrag wäre nicht ausgeführt worden. Jesus musste von den Toten zurückkehren um eine vollkommene Erlösung für uns zu erwirken. Theologische Erklärungen für biblische Ereignisse stammen allerdings meistens aus nachbiblischen Zeiten. In ihrer Interpretation dieser Ereignisse gehen christliche Denominationen oft weit auseinander. Das wirft ein Licht darauf, wie Einheit unter Christen wieder möglich wäre: indem man sich wieder auf die Bibel besinnt und Unterschiede in ihrer Interpretation nicht das gemeinsame Gespräch dominieren lässt.

In der Apostelgeschichte steht die Tatsache, dass die Auferstehung alttestamentliche Prophetie erfüllt, im Vordergrund gegenüber einer Begründung ihrer Notwendigkeit. So zeigt Kapitel 13, dass Paulus die Auferstehung aus dem Alten Testament belegte, sie aber nicht weiter begründete. In der Auseinandersetzung der ersten Christen mit den Juden war diese Art des Beweises absolut üblich, auch Stephanus argumentierte in Apostelgeschichte 7 auf diese Weise, oder Justin der Märtyrer in seinem „Gespräch mit dem Juden Tryphon“[1]. Aus der reinen Tatsache, dass Jesus auferstanden ist, leitet Paulus ab, dass auch die anderen Aussagen, die das AT und Jesus über sich selbst gemacht haben, richtig sind. Es ging also nicht darum einzelne Teile des Lebens Jesu theologisch zu begründen, sondern dass Jesus der Messias ist und damit alles erfüllt, was über den Messias geschrieben steht. Die Tatsache der Auferstehung zeigt so, dass Jesus eine vollständige Erlösung erwirkt hat.

34 Dass er ihn von den Toten auferweckt und damit für immer der Verwesung entrissen hat, hat er mit folgenden Worten angekündigt:
›Ich werde euch die heiligen und unvergänglichen Gaben schenken,
die ich David versprochen habe.‹
35 Deshalb heißt es auch an einer anderen Stelle:
›Du wirst deinen heiligen ´Diener` nicht der Verwesung preisgeben.‹
36 Wie war es denn bei David, ´von dem diese Aussage stammt`? Nachdem er den Menschen seiner Zeit so gedient hatte, wie Gott es wollte, starb erund wurde bei seinen Vorfahren begraben, und sein Körper verweste. 37 Der jedoch, den Gott auferweckt hat, verweste nicht.
38 Ihr sollt daher wissen, Geschwister, dass es durch Jesus Vergebung der Sünden gibt; das ist die Botschaft, die Gott euch verkünden lässt. Wozu das Gesetz des Mose nie imstande war,
39 das hat Jesus möglich gemacht: Jeder, der an ihn glaubt, wird von aller Schuld freigesprochen. (Apostelgeschichte 13,34-39 nach der NGÜ)

Die Jünger und die Auferstehung

Die Jünger Jesu glaubten selbst zunächst nicht an die Auferstehung ihres Herrn. Obwohl Jesus selbst immer wieder darauf hingewiesen hatte, dass es so kommen würde[2]. Die Kreuzigung war ein solcher Schock für sie, dass sie nicht mehr an die Ankündigungen dachten, die Jesus ihnen gegeben hatte.

Entsprechend zeigen uns die Evangelien ein Bild des Jammers wenn sie über die Jünger nach der Kreuzigung berichten: sie haben Angst und verrammeln die Türen, zerstreuen sich und sind bereit in ihre Heimat zurückzukehren und dem Auftrag Gottes den Rücken zu kehren.

Das hat sich schlagartig geändert, als der auferstandene Jesus ihnen begegnete. Für Religionskritiker ist das einer der Punkte, die sich am schwersten erklären lassen: wie aus diesen verängstigten Leuten in wenigen Tage eine Truppe werden konnte, die binnen kürzester Zeit das ganze römische Reich mit dem Evangelium erreichte. Der jüdische Religionswissenschaftler Pinchas Lapide schrieb über die verändernde Kraft dieses Erlebnisses:

[…] Anders bei den Jesusjüngern an jenem Ostersonntag. Allen legendären Verschönerungen zum  Trotz bleibt in den ältesten Berichten ein erkennbar historischer Kern übrig, der sich einfach nicht entmythologisieren lässt. Wenn diese aufgescheuchte, verängstigte Apostelschar, die eben dabei war, alles wegzuwerfen, um in heller Verzweiflung nach Galliläa zu flüchten; wenn diese Bauern, Hirten und Fischer, die ihren Meister verrieten, verleugneten und kläglich versagten, plötzlich über Nacht sich in eine selbstsichere und heilsbewusste, überzeugte Missionsgesellschaft verwandeln konnten, so genügt keine Vision oder Halluzination, um solch einen revolutionären Umschlag zu erklären. Für eine Sekte, eine Schule oder einen Orden hätte vielleicht eine Einzelvision genügt – nicht aber für eine Weltreligion, die dank dem Osterglauben das Abendland erobern konnte.[3]

Nach seiner Auferstehung erschien Jesus seinen Jüngern und anderen noch vierzig Tage lang immer wieder. Er gab letzte Anweisung, wies sie an, auf den Heiligen Geist zu warten und das Evangelium der ganzen Welt zu verkündigen. Danach wurde er vor aller Augen in den Himmel entrückt. Mit dieser Begebenheit endet endgültig die irdische Episode des Lebens Jesu.

[1] Justin der Märtyrer (gest.ca. 165) war ein Kirchenvater.

[2] Matthäus 16,21-28 || Markus 8,31-33 || Lukas 9,22-27 / 9,2-10

[3] Josh McDowell, Seite 572

25 Fürchte dich nicht vor plötzlichem Schrecken und vor dem Verderben der Frevler, wenn es hereinbricht,
26 denn der HERR wird deine Zuversicht sein, und er wird deinen Fuss vor der Falle bewahren. (Sprüche 3,25-26 nach der Zürcher)

Furcht ist stets eine schlechte Sache. Sie hält von vielem und letztlich dem Leben ab. Da die wenigsten Dinge vor denen man Angst hat tatsächlich eintreffen ist Furcht ein größerer Räuber von Lebensqualität als Gefahren und tatsächliche Katastrophen. Es ist also nur sinnvoll, dass ein Weiheitslehrer vor Furcht warnt.
Wenn Menschen Angst überwinden, nennt man das Mut. Wenn Gläubige Angst überwinden, nennt man es Vertrauen. Das Ergebnis kann ähnlich aussehen, aber der Weg dahin ist grundsätzlich unterschiedlich. Man kann Angst überwinden indem man sich mit Idealen stark redet oder mit Statistiken überzeugt, dass etwas gar nicht so gefährlich ist. Seine Zuversicht auf den Herrn zu setzen ist aber ein viel größerer Weg, der bedeutet, Gott in den Mittelpunkt der Überlegungen zu stellen und nicht die Gefahr. Ein realer Gott kann vor realer Gefahr schützen, umso mehr den, der auf seinem Weg geht.

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