Ihr Lieben,

ich arbeite gerade an einem Seminar und bin in dem Zusammenhang auf Philipper 2,13 und ein Übersetzungsproblem gestossen. Wer Griechisch kann, möge bitte versuchen mir zu helfen. NA schreibt:
qeo.j ga,r evstin o` evnergw/n evn u`mi/n kai. to. qe,lein kai. to. evnergei/n u`pe.r th/j euvdoki,ajÃ… (am besten den griechischen Font runterladen)

Der zweite Teil des Satzes ist etwas unklar. Die Einheitsübersetzung übersetzt:
Denn Gott ist es, der in euch das Wollen und das Vollbringen bewirkt, noch über euren guten Willen hinaus. Das Herder-NT übersetzt ähnlich. Das macht für mich theologisch eine Menge Sinn, ist aber sprachlich schwierig: hUPER steht mit Genitiv, heisst aber im Akkusativ „über…hinaus“. Ausserdem fehlt „euren“ ganz. Vielleicht sollte man „euren“ in Klammern setzen?

Elberfelder und die meisten anderen deutschen Übersetzungen klingen so:
Denn Gott ist es, der in euch wirkt sowohl das Wollen als auch das Wirken zu seinem Wohlgefallen. Die Präposition ist von Übersetzung zu Übersetzung unterschiedlich, mal „zu“, mal „nach“. Diese Variante klingt sprachlich gut, allerdings ist das „seinem“ Interpretation, oder gibt es zwingende Gründe dafür Gott als das Subjekt des Satzes zu sehen?

Sprachlich scheint mir das Münchner NT am genauesten zu sein:
Denn Gott ist der Wirkende in euch sowohl das Wollen wie auch das Wirken für das Wohlgefallen. „Für das Wohlgefallen scheint mir ziemlich korrekt zu sein, lässt aber eben sehr viel Interpretationsspielraum.

Für das Seminar habe ich vor, mich für die Einheitsübersetzung zu entscheiden. Das ist zwar etwas willkürlich, aber sie scheint mir theologisch am besten (lies: am besten in mein Konzept passend 😉 ). Ich hätte definitiv gerne mehr Einblick in diese Stelle. Bin für jede Hilfe dankbar!

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12 Kommentare

  1. Bauers Wörterbuch zum NT gibt der Einheitsübersetzung in dem Punkt Recht und übesetzt mit „über den guten Willen hinaus“. Das „euer“ steht da nicht. Vom Griechischen her scheint mir das auch das Beste zu sein.

  2. Allein vom Griechischen her würde ich mich für die Münchner Variante entscheiden. Ich denke die anderen beiden sind auch möglich, aber das ist dann eine exegetische Frage, welches am besten passt.

  3. vielen dank euch beiden. das sehen wir dann ja gleich. macht die frage nach den prinzipien von hermeneutik und exegese wieder wichtig. man entscheidet sich ja doch sehr oft nach dem motto, was *mir“ am besten in die predigt passt. schon seltsam, aber eigentlich auch klar: theologie ist keine „harte“ wissenschaft…

  4. ich würd erstmal folgendes machen. Nämlich:
    auf dem letzten Satzteil kein „theologisches gebäude“ bauen.. soll heißen: zu behaupten „hier bist eindeutig „sein (Gottes) Wohlgefallen“ gemeint, oder „euer Willen“. Es steht im Griechischen ja auch „hinten“.. d.h. „nicht die satzkernaussage“. Vielleicht ist beides gemeint.. zu Gottes und unserem „Wohlgefallen“ .. ehm.. wortstudium „eudokia“? was bedeutet das eigentlich? was hamm die griechen damals unter „eudokia“ verstanden?
    Vielleicht erschließt sich daraus etwas mehr sinn?

    Wessen eudokia (Wohlgefallen, Wille, Entschluß) ? „Gewöhnlich ist von der eudokia Gottes die Rede; wenn von Menschen gesagt, kann es je nach Kontext auch ein böser Wille sein“ (Balz/Schneider, Exeget. Wörterbuch zum NT, Bd.2, S.189)
    Nochn 8Ab-)Satz aus jenem schlauern Buch: „Laut Phil 2,13 bewirkt Gott „sowohl das Wollen wie das Wirken ‚hyper täs eudokias‘: Mit „für, im Interesse von“ als bedeutung von hyper (Blaß/Debrunner §231) kann hier entweder Gottes eudokia (er handelt aus eigenem Entschluß, weil es ihm so gefällt) oder die der Menschen (mehr, als menshcl. Wille vermag; vgl. Bauer Wörterbuch s.v. eu und s.v. hyper 1.e) gemeint sein. Spricht der bisherige pauulinische Wortgebrauch für die zweite Möglichkeit, so macht der allg. Hintergrund die erste doch wahrscheinlicher.“

    Wenns nicht schon so spät wäre, würd ich ja noch mal in den „Kittel“ (ThWNT) kucken .. oder mal ein konkordanzstudium machen.. die 9 vorkommen im NT abklappern und die 26 Vorkommen in der LXX.. und zu versuchen, das Wort alleine aus dem jeweiligen Kontext heruas zu verstehen.. so als ob ich gar keine Ahnung hätte, was eudokia bedeuten könnte.
    (Blaß/Debrunner .. die hamm eine griechische Grammatik zum NT geschreiben, die hab ich aber nicht.. daher auch den genauen titel nciht.. heißt siucherlich „griechische Grammatik zum NT“ oder so.. is jedenfalls ein Standardwerk und mir unter dem Namen „der Blaß-Debrunner-Rehkopf“ ein Begriff)

    Nun: nach Kurzlektüre von Balz/Schneider bleb ich bei meiner Eingangsbehauptung.
    Nämlich: es ist wohl nich eindeutig.

  5. danke schön, micha. da habe ich leider keine zeit für. also tue ich so, als hätte ich noch nie wasvon griechisch gehört und nehme die einheit. das muss auch mal gehen und okay sein, machen ja auch die meisten so.

  6. mein vorschlag: gott wirkt in uns wollen und vollbringen „für [unsere] eudokia“ (= damit unser handeln in eudokia geschehen kann.)

    in phil 1,15 beschreibt paulus zwei gruppen von christen, die das evangelium verkünden: (1) die einen tun es aus sekundären motiven wie neid und streit; (2) die anderen tun es aus eudokia. eudokia hat also etwas damit zu tun, dass es einem um die sache selber geht, die sache selber das anliegen ist, die sache selber einem wohlgefällt.

    auf allgemein christliches handeln übertragen bedeutet das: man kann (1) die richtigen dinge aus den falschen gründen tun, z.b. angst vor der hölle oder der strafe, streben nach einem guten image in der gemeinde etc.; man kann (2) die richtigen dinge aber auch tun, weil man sie liebt, weil das innere so verändert ist, dass man das gute um des guten willen tut und das sogar als befriedigend erlebt (was mit eudokia gut beschrieben ist).

    in diesem sinne bedeutet phil 2,13: gott fordert nicht einfach das richtige handeln, sondern gott verändert uns von innen heraus, indem er mit dem willen beginnt, so dass richtiges handeln unser eigener wunsch wird. und dann schenkt er uns die kraft zur umsetzung, so dass wir es auch schaffen. so „macht“ christliches handeln „bock“ (was die neuzeitliche entsprechung für „hyper täs eudokias“ wäre).

  7. auch eine idee, haso. so wie ich es verstehe (und wie es sich mit der einheit deckt) ist es so, dass gott ein unbedingtes wollen wirken kann, dass über unser mögen hinausgeht. also so, dass wir gerne etwas hätten, diese einstellung aber nie ausreichen kann um das gewünschte zu bekommen. erst wenn gott einen unbedingten willen in uns wirkt können wir das erreichen, was mit unserem mögen nicht geht.

    ich bin auf die stelle gekommen als ich mir darüber gedanken gemacht habe, dass meine eigene motivation in gaben etc. zu kommen einfach nicht ausreicht um wirklich anzukommen und ich göttliche motivation brauche.

  8. Na holla, wenn das mal kein Exegetentreffen wird hier. Also, als Dogmatiker nur eine kleine bescheidene Anmerkung.
    Ist doch die Wirkmächtigkeit des Heiles kein Automatismus, losgelöst von Willens- und Gehorsamsentscheidungen (V12) sondern vollzieht und wirkt im Wollen und Vollbringer zweier Patner. Dem Heiligenden und dem Heilempfangenden. Paulus stellt doch im Hymnus (Vv 6 – 11) den Willen des Christus dar, impliziert in V1,6 auch die Willensbereitschaft des Vaters und schließt in diesem Vers letztlich auf den Menschen – welcher doch hoffentlich durch Vaters und Christus Willen einwilligt, den Entschluss fasst (eudokia!) das Heil zu ergreifen.
    Wie sonst ergäbe die ungewöhliche Aufforderung um das Heil zu zittern (V12) einen Sinn? Gott will. Jesus will… na, hoffentlich will der Mensch auch- und entschließt sich. (auch in 2 Kor 3,5). Somit würde ich uper mit wegen und eudokia mit Entschluss übersetzten:

    Gott wirkt in euch Wollen und Vollbringen, wegen dem Entschluss.

    Das gibt für mich die „cooperatio“ zum Heil am besten wieder. Gott entschließt und wirkt hin auf unseren Entschluss.

    • Danke für deine Erklärung. Deine Ausführungen zum Thema sind richtig. Der Mensch wird von Gott aufgefordert mit ihm zu Kooperieren. Das Beispiel der drei Freunde von Daniel in der Ebene Dura ( Feuerofen), ist ein Beispiel dafür . Die Antworten die sie Nebukatnezar dem König gaben, zeigt die Treue und den Gehorsam zu Gott. Die Folgen, überliessen sie dem Gott des Himmels. ( Glauben).

  9. @ storch: dein anliegen der göttlichen motivation ist auf jeden fall in dem vers enthalten, aber bereits früher. „gott wirkt das wollen“ bedeutet doch nichts anderes, als dass im christen ein übernatürliches, über sein „mögen“ hinausgehendes wollen zustandekommen kann.

    die letzte klausel „hyper täs eudokias“ bräuchte – trotz einheitsübersetzung – wirklich einen akkusativ, um das auch noch einmal auszudrücken. insofern bleibt nur die übersetzung „für das wohlgefallen“. das heißt: die göttliche erzeugung von wollen und vollbringen soll am ende in wohlgefallen resultieren. auf wessen seite – gottes oder unserer? meine meinung war, auf unserer. auch jakobus meint, wir sollten „selig“ sein in unserer tat.

  10. ei.. ich hab den Blass-debrunner ja doch..

    der sagt was von “
    1. die umgekehrte att. und hell. üblische Vertauschung hyper für peri ist seltener und fiundet sich vornehmlich bei Paulus..(2.Kor 8,23 „eite hyper titou „was Titus anbetrifft“
    2. Auch das, was man erreichen will, kann durch hyper eingeführt werden: 2. Kor 1,6a.b „hyper täs hymwn parakläsews“ „im interesse“=“zu“
    (und hierzu eine Fußnote: „Phil 2,13 verbindet Schrenk ThWB II 744 hyper täs eudokias mit V14 panta poieite, gewöhnlich wird es mit dem voorhergehenden energein verbunden.

    (Griech. Grammatik Hoffmann/Siebenthal haste bestimmt schon gekuckt.. S.279, §184r )

  11. was ist so falsch dran, den letzten teiulsatz einfach uneindeutig zu lassen.. man muss ja nicht unbedingt etwas viel eindeutiger machen als des die Bibel selbst tut..und dass Gott nicht nur das Wollen sondern auch das Vollbringen wirkt.. das ist ja schon krass genug..

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