39 Ihr forscht in der Schrift, weil ihr meint, durch sie das ewige Leben zu finden. Aber gerade die Schrift weist auf mich hin. 40 Und doch wollt ihr nicht zu mir kommen, obwohl ihr bei mir das Leben finden würdet. (Johannes 5,39-40 nach der NGÜ)
Jesus selber hat diese Worte an Pharisäer gerichtet, mit denen er im Streit lag. Die Pharisäer waren hochgelehrte Leute, sie lasen die heiligen Schriften schon seit ihrer Jugend, hatten höchstes intellektuelles Niveau und lebten nach ihrer Lehre. Dennoch verpassten sie in ihrem Bibelstudium das Wichtigste: Gott.
Die ganze Bibel berichtet über Jesus, das AT ist von einer Hoffnung auf den Messias durchzogen, die an manchen Stellen mit Händen zu greifen ist. Das Gesetz schreit geradezu nach einem Erlöser. Dennoch erkannten gerade diejenigen, die diese Schriften kannten wie kaum eine andere Gruppe, den Christus nicht als er vor ihnen stand. Der Grund dafür liegt in der messianischen Literatur der Übergangszeit zwischen den Testamenten. Sie rechneten mit einem Messias, der dem zweiten Kommen Christi glich – und verpassten so das erste Kommen.
Bis heute hat sich nichts daran geändert, dass gerade die Menschen, die sich am professionellsten und intellektuellsten mit der Bibel beschäftigen, oft am weitesten von Jesus entfernt sind. Es ist erschreckend, wie Atheismus es gerade unter Theologen gibt. Sie kennen das Buch, aber nicht den Autor.
Ich finde das sehr schlimm, denn der auferstandene Jesus ist wichtiger als der historische und der Jesus, den wir persönlich kennen und lieben ist bedeutender als der, von dem wir lesen. Es gibt in der modernen Popkultur viele Menschen, die Stars verehren. Sie haben jedes Poster, jede Aufnahme und jeden Informationsfetzen, den es über den betreffenden Star zu bekommen gibt. In manchen Bereichen wissen sie alles über ihn und vielleicht sogar mehr, als er selber. Dennoch kennen sie ihn nicht und vor allem: der Star kennt den Fan nicht.
Etwas ganz ähnliches kann geschehen, wenn wir Bibel lesen, ohne Jesus persönlich zu kennen. Dann bekommen wir ein Kopfwissen über Jesus, aber den eigentlichen Punkt: Beziehung zu Gott und Errettung für die Ewigkeit, verpassen wir. Die erste Periode der Kirchengeschichte, die sogenannte Patristik, strahlt eine tiefe Beziehung zum auferstandenen Jesus aus. Gerade die Briefe des NT zeigen, wie intensiv die Jünger nach Pfingsten mit Jesus gelebt haben. Dabei hatten sie nicht mal eine komplette Bibel. Es kann also nicht wahr sein, dass wir Jesus nur durch die Bibel kennen lernen.
Als Jesus zum Vater gegangen ist, hat er seine Jünger nicht mit der Hoffnung auf ein Buch zurückgelassen, sondern mit der Verheißung des Heiligen Geistes (Johannes 16,7). Dieser Heilige Geist sollte sie in alle Wahrheit führen (Johannes 16,13) und sie an alles erinnern, was Jesus sie gelehrt hatte (Johannes 14,26). Wir können nicht annehmen, dass wir Jesus auf dieselbe Weise kennen lernen können wie die ersten Christen, wenn wir ein Buch, das sie nicht hatten; mehr ehren als den Geist den sie hatten.
Damit meine ich nicht, dass wir die Bibel vernachlässigen sollten. Im Gegenteil, wir sollten sie mehr lieben, studieren und über dem Wort meditieren als je zuvor. Wir sollten sie nur so lesen, dass sie Christus offenbaren, denn die Heilige Schrift handelt von ihm. Kenneth Hagin paraphrasierte die eingangs genannte Bibelstelle gern so: „das geschriebene Wort offenbart das lebendige Wort“.
So ist es. Bibelstudium muss uns mit Christus bekannt machen und dazu führen, dass er in unserem Leben Gestalt annimmt. Es geht nicht darum, das Buch nach Punkt und Komma zu kennen, sondern darum Jesus so tief wie möglich zu begegnen. (Um dieses Thema zu vertiefen empfehle ich, ganz unbescheiden, mein „Wortbuch“, erschienen im Orkrist-Verlag.)
Neueste Kommentare