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Kapitel fünf: Die Nachfolge und der Einzelne. Im vorliegenden Kapitel schreibt Dietrich Bonhoeffer darüber wie das Kreuz den Einzelnen vereinzelt, ihn im Grunde genommen erst zu einem Einzelnen vor Jesus macht, indem es ihn aus der Menge herauslöst. Der einleitende Vers ist Lukas 14,26:

Wenn jemand zu mir kommt und haßt nicht seinen Vater, Mutter, Frau, Kinder, Brüder, Schwestern und dazu sich selbst, der kann nicht mein Jünger sein. (nach Luther, in der “Nachfolge” sind die Verse selbst übersetzt)

Entscheidend für das Verständnis dieses Kapitels ist der Begriff der „Unmittelbarkeit“. Durch Christus vereinzelt hat der Christ kein unmittelbares Verhältnis mehr zu seinen Mitmenschen. Alles geht nur noch durch den Mittler Jesus Christus. Durch ihn begegnet man anderen Menschen, durch ihn sieht man sie. Deswegen ist gemeinsames Gebet die tiefste Form der Gemeinschaft, denn sie findet in Christus statt.

Es führt kein eigener Weg von Mensch zu Mensch. Die liebevollste Einfühlung, die durchdachteste Psychologie, die natürlichste Offenheit dringt nicht zum anderen Menschen vor, es gibt keine seelischen Unmittelbarkeiten. Christus steht dazwischen. Nur durch ihn hindurch geht der Weg zum Nächsten. (Seite 91)

Weil das so ist, stellt die unmittelbare Beziehung zu anderen Menschen eine Gefahr für die Nachfolge dar. Sie wirkt gegen die Vereinzelung des Menschen indem sie ihn wieder in der Masse aufgehen lässt. Auf dieser Grundlage legt Bonhoeffer das „hassen“ aus. Wir müssen unmittelbare Gemeinschaft hassen weil sie uns aus Christus entfernen. Man muss allein vor Gott stehen und die Welt nur noch durch ihn wahrnehmen: Es gibt nur eine unmittelbare Beziehung in der Nachfolge: Die Beziehung zu Jesus Christus. In der Sprache Bonhoeffers klingt das so:

Wo immer eine Gemeinschaft uns hindert, vor Christus ein Einzelner zu sein, wo immer eine Gemeinschaft Anspruch auf Unmittelbarkeit erhebt, dort muss sie um Christi willen gehasst werden; denn jede Unmittelbarkeit ist, wissentlich oder nicht, Hass gegen Christus den Mittler, auch und gerade dort, wo sie sich christlich verstanden wissen will. (Seite 90)

Wer aufrichtig geht, fürchtet den HERRN, wer aber krumme Wege geht, verachtet ihn. (Sprüche 14,2 nach der Zürcher)

Letzten Endes, wenn man alle Gedanken zu dem Thema zu Ende gedacht hat, weist unser Lebensstil auf unsere Beziehung zu Gott. Man kann vielleicht nicht sehen ob jemand glaubt, man kann aber durchaus die Auswirkungen des Glaubens im Leben eines Menschen sehen.
Wer dauerhaft krumme Wege geht, er wird nicht in der richtigen Beziehung zu Gott leben. Er wird nach eigenen Maßstäben weltlich leben. Glaube macht sich bemerkbar darin, dass die ganze Art wie man sein Leben führt, sich ändert. Krumme Wege zu gehen, Kompromisse zu machen und nach beiden Seiten zu hinken zeigt letztlich, dass jemand Gott verachtet. Ein moralisch gutes Leben zeigt umgekehrt eine Liebe zu Gott.
Ich weiß dass man fast automatisch nach denen fragt, die ohne Gott leben, entweder als Atheisten oder Nachfolger eines anderen Gottes, und dennoch ein moralisch einwandfreies Leben führen. Gelegentlich scheinen gerade Anders- oder Ungläubige Christen voraus zu sein wenn es um das gute Leben geht.
Darüber macht diese Stelle keine Aussage. Hier geht es um Menschen die als (zumindest dem Namen nach) Juden an den Gott des Alten Testamentes glauben. Über diesen spezifischen Glauben macht der Lebensstil eine Aussage die lauter ist als alles was sie sagen könnten.

[systematisch durch die Bibel]

Das erste Christusleiden, das jeder erfahren muss, ist der Ruf, der uns aus den Bindungen dieser Welt hinausruft. Es ist das Sterben des alten Menschen in der Begegnung mit Jesus Christus. (…) das Kreuz ist nicht das schreckliche Ende eines frommen glücklichen Lebens, sondern es steht am Anfang der Gemeinschaft mit Jesus Christus. Jeder Ruf Christi führt in den Tod. (Seite 81)

Es klingt fast trivial, was hier gesagt ist. Am Anfang des Lebens mit Jesus steht der Tod des alten Lebens. Auch wenn es einfach klingt zeigen die vorangegangenen Kapitel, dass es keineswegs einfach ist. Es ist der heutigen Kirche keine Selbstverständlichkeit mehr, dass man durch den Tod ins Leben geht. Wir scheuen den Tod und bauen theologische Gebäude auf um ihn zu vermeiden.
Wie oft erleben wir das neue Leben als etwas, das das alte Leben nicht ersetzt sondern ergänzt. So steht am Anfang des Lebens mit Jesus nicht mehr der Tod sondern das Versprechen des ewigen Lebens, egal, was wir tun. Als ich Christ wurde, war es noch anders. Ich habe mich vom alten Leben getrennt, habe meine Schallplatten weggeworfen, mich von einigen T-Shirts getrennt und mit dem alten Leben gebrochen. Auch wenn es Zeiten gab, in denen mir das zu radikal erschien, bin ich heute sehr dankbar dafür. Ich weiß nicht, ob ich heute da wäre wo ich bin, wenn ich nicht einen radikalen Bruch gemacht hätte.
Dieser Bruch fehlt heute leider in der Biographie mancher Glaubensgeschwister, sie hatten beides und damit keins von beidem. Denn ist nicht gerade das die Lehre von Tauf und Nachfolge, dass man eben nicht beides haben kann? Dass göttliches Leben und weltliches Leben nicht zusammen gehen? Während ich dies schreibe bin ich mehr denn je davon überzeugt, dass wir einen klaren Bruch brauchen und dass es diesen Bruch auch heute, in einer Zeit ohne Verfolgung gibt. Christus stellt uns in den Konflikt zu unserem alten Leben, unserem alten Denken und alten Beziehungen.
Wer nicht zu einem Bruch bereit ist, entscheidet sich damit zum Kompromiss und wird sich dem Umfeld, mit dem er nicht brechen wollte, wieder anpassen. Anders geht es nicht, denn man kann nicht altes und neues Leben zusammen haben.

Die Weisheit der Frauen hat ihr Haus gebaut, aber Torheit reißt es nieder mit ihren Händen. (Sprüche 14,1 nach der Zürcher)

Der Weisheit der Frauen ist es zu verdanken, wenn ein Haushalt gut läuft. Heute ist die klassische Rollenverteilung immer weniger von Bedeutung, aber zur Zeit der Sprüche war sie noch fest etabliert: Der Mann beschaffte Geld, zog in den Krieg, bestellte das Feld, hütete die Tiere und machte Politik. Die Frau kümmerte sich um Haus und Kinder.
Man mag von solchen Rollenverteilungen halten was man will, zunächst einmal ist das nichts anderes als der Status Quo von dem der Schreiber der Sprüche ausging. Es ist unfair daraus einen generellen „Chauvinismus der Bibel“ ableiten zu wollen. Ebenso falsch ist es, daraus eine Geschlechterregel für ewige Zeiten abzuleiten. Wenn es heute oft anders läuft als damals und die Geschlechterrollen häufig anders verteilt sind, ist das zunächst auch nichts anderes als der heutige Status Quo und man würde heutige Weisheitsliteratur vielleicht in manchen Belangen anders formulieren.
Eine Wahrheit bleibt aber über die Geschlechterdiskussion hinaus bestehen: Es gibt eine Weisheit ein Haus zu führen. Wo Torheit alles niederreißt und dem Untergang preisgibt, baut eine weise Haushaltsführung ein Haus auf. Man kann die Prinzipien der Sprüche auch auf den privaten Bereich anwenden und man kann Gottes Weisheit für Hausarbeit und Kindererziehung suchen. Meine niemand, dass sich Gott nicht für die kleinen Dinge unseres Alltags interessiert.

[systematisch durch die Bibel]

Im vierten, kurzen, Kapitel beschäftigt sich Bonhoeffer mit der Nachfolge und dem Kreuz. Es legt die Stelle in Markus 8,31-38 aus in der es um die Kosten der Nachfolge geht. Obwohl es in dem Kapitel um Leiden geht, hat es einen positiven Unterton den ich, ehrlich gesagt, nicht erwartet hätte.

Kreuz ist nicht Ungemach und schweres Schicksal, sondern das Leiden, das uns aus der Bindung an Jesus Christus allein erwächst. (Seite 79)

Das Kreuz ist also nicht irgendein Leiden, dass man als Christ erleidet sondern Christusleiden. Es kommt nicht von Christus, aber aus der Nachfolge Christi. Das ist ein Aspekt bei dem ich hellhörig werde. In manchen Posts über Heilung ging es darum, dass nicht jedes Leiden etwas mit Nachfolge zu tun hat. Wir beschreiben oft Krankheit und ähnliches als Leiden „um Christi willen“, das ist meiner Ansicht nach nicht biblisch. Wie ich Bonhoeffer verstehe (der es allerdings nicht explizit sagt) unterscheidet auch er zwischen dem Leiden der Nachfolge und anderem Leiden.

Kreuz ist Mitleiden mit Christus , Christusleiden. Allein die Bindung an Christus, wie sie in der Nachfolge geschieht, steht ernstlich unter dem Kreuz. (Seite 80)

Genau dieser Aspekt macht auch die Leiden der Nachfolge zu einem sanften Joch: Man sieht in ihnen nur Jesus, der vorangeht. Der Fokus ist von uns weg gesetzt auf Jesus.

Selbstverleugnung heißt nur Christus kennen, nicht mehr sich selbst, nur noch ihn sehen, der vorangeht, und nicht mehr den Weg, der uns zu schwer ist. Selbstverleugnung sagt wiederum: Er geht voran, halte dich fest an ihn. (Seite 79)

Ich schätze solche mystischen Aussagen sehr. Man denkt in dem Zusammenhang an Neros lebendige Fackeln, die bis zum Tode Gottes Lob gesungen haben. Bonhoeffer hat eine intensive Sprache um über die mystische Einheit mit Christus in seinem Leiden zu sprechen. In vergangenen Jahrhunderten war dieser Aspekt der Nachfolge gegenwärtiger; in der Theologie unserer Zeit vermisse ich ihn sehr. Einheit mit Christus, auch und gerade in den Leiden seiner Nachfolge, ist ein großes Thema für jede Zeit. Nur dadurch kann Bonhoeffer von der „Freude der Nachfolge“ sprechen.

Liebe Freunde,

heute kommt mal kein theologischer Text sondern eine Bitte. Ihr könntet mir helfen unsere Konferenz „Relevanz 2011“ bekannt zu machen. Im Internet findet Ihr hier stets aktuelle Informationen:
http://www.hermann-zaiss-seminar.de/relevanz-2011/

Um diese Seite zu verlinken gibt es hier ein Banner: Relevanz_statisch.gif. (Rechtsklick zum speichern)

Ihr könnt auch gerne über Newsletter informieren, wenn Ihr einen habt. Dazu gibt es hier Dateien:
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Infoblatt
über das Hermann-Zaiss-Seminar und die Konferenz.

Natürlich sind wir mit der Veranstaltung auch bei FaceBook!

Vielen Dank an jede(n) der oder die uns hilft, die Veranstaltung zu bewerben. Gottes Segen!

Storch

Es muss einer evangelischen Hermeneutik klar sein dass es zwar nicht ohne weiteres angeht, uns mit den von Jesus Gerufenen unmittelbar zu identifizieren; vielmehr gehören ja die Gerufenen der Schrift selbst mit zum Worte Gottes und damit zur Verkündigung. (Seite 74)

Ich würde diese Trennlinie nicht so deutlich ziehen wie Bonhoeffer. Indem wir heute die Gerufenen sind identifizieren wir uns sehr wohl mit ihnen. Derselbe Jesus, der vor 2000 Jahren Petrus und Jakobus berief, beruft heute Storch und die Menschen unseres Jahrtausends. Der Unterschied zwischen ihnen und uns ist ein historischer, kein qualitativer.

Mag sein, dass derselbe Konflikt der Diskussion um das Apostolat des Paulus zugrunde lag – auch er war nicht direkt von Jesus (im Fleisch) berufen worden. Dennoch folgte er einem unmittelbaren Ruf, der in einer Vision an ihn erging. Auch wir folgen einem unmittelbaren Ruf Jesu an uns. In einem bestimmten Sinne sind auch wir Teil einer Verkündigung. Es ist eine falsche Denkweise, nach der Bibel erst einmal einen Schnitt zu machen. Wir sind heute Teil derselben Geschichte die Jesus mit seinen ursprünglichen 12 Jüngern zu schreiben begann.

Der Gerechte kann essen, bis sein Hunger gestillt ist, der Bauch der Frevler aber muss darben. (Sprüche 13,25 nach der Zürcher)

Der letzte Spruch des Kapitels handelt von Versorgung. Er gehört in eine Reihe mit anderen Sprüchen, die mit Wohlstand zu tun haben. Der Grund, warum der Gerechte so viel essen kann wie er braucht ist, dass er vorgesorgt hat.
Er hat investiert, gearbeitet und gespart. Jetzt hat er, gerade in Zeiten der Not in denen der Frevler Kohldampf schiebt, genug. Gerechtigkeit sorgt gerade für solche Zeiten vor. Sie hat die Zukunft im Blick und hängt nicht allein am Hier und Jetzt. Gerechtigkeit hat eine langfristige Perspektive, die aufbaut.

[systematisch durch die Bibel]

Der wichtigste Gehalt des zweiten Kapitels ist die Beobachtung, dass wir Gottes Anspruch an uns – speziell den Ruf Jesu in die Nachfolge – relativieren indem wir im eine tiefere, innerliche Bedeutung geben, die er gar nicht hat. Wenn Jesus sagt, dass wir etwas verlassen sollen hören wir, dass wir bleiben aber innerlich frei sein sollen.

Jesus würde also rufen: Heraus! – Wir verstehen ihn aber, wie er es eigentlich meint: „Bleib drinnen!, freilich als einer, der innerlich herausgetreten ist.“ (Seite 71)

Ertappt! Wie oft habe ich selber schon so gedacht wenn Jesus mich um etwas gebeten hat… Der Gedanke war dann immer, dass mich der Ruf auf eine innere Unfreiheit aufmerksam machen sollte. Wenn ich bereit wäre zu folgen, wäre es schon nicht mehr verlangt weil Jesus nur meine Bereitschaft wollte und meine innere Freiheit.

Im Grunde ein widersinniger Gedanke. Warum sollte Nachfolge bedeuten, dass man theoretisch bereit wäre, Jesus zu folgen? In diesem Falle hätte man ja noch keinen Fuß vor den anderen gesetzt um dem Ruf Jesu zu folgen. Wäre Nachfolge schon immer auf diese Weise verstanden worden gäbe es kein Neues Testament, das Christentum wäre nicht verbreitet worden und wäre maximal ein winziger Geheimzirkel von Eingeweihten; und auch das nur in dem unwahrscheinlichen Fall, dass es sich nicht totgelaufen hätte.
Nein! Nachfolge ist stets praktisch und wir können Jesus zutrauen, dass er weiß, was er sagt und es sich auch gut überlegt hat. Bonhoeffer illustriert diese schräge Denke mit einem pädagogischen Beispiel:

Ein Vater sagt zu seinem Kind: Geh ins Bett!, so weiß das Kind wohl,woran es ist. Ein pseudeotheologisch dressiertes Kind aber müsste nun folgendermaßen argumentieren: Der Vater sagt: Geh ins Bett. Er meint, du bist müde; er will nicht, dass ich müde bin. Ich kann über meine Müdigkeit auch hinwegkommen in dem ich spielen gehe. Also, der Vater sagt zwar: Geh ins Bett!, er meint aber eigentlich: Geh spielen. Mit einer solchen Argumentation würde das Kind beim Vater, würde der Bürger bei der Obrigkeit auf eine sehr unmissverständliche Sprache stoßen, nämlich auf Strafe.

Es ist in der tat verrückt, wie sehr uns manche Denkweisen in Fleisch und Blut übergegangen sind, die Gottes Ruf ins Gegenteil verkehren. So gibt man das „Gebot Gottes Preis und hält sich an die Überlieferung und Satzung von Menschen“ (Markus 7,8).

Es ist möglich, dass ein Gebot Jesu unterkellert ist, also noch einen tieferen Sinn hat. Für uns gilt aber zunächst das klare. Wenn wir in dem Offensichtlichen leben können wir auch tiefer gehen. Es ist aber „illegal“ nach einem paradoxen Verständnis der Worte Jesu zu suchen wenn wir sie nicht erst einmal so nehmen wie sie sind:

Wer nicht weiß, dass es ihm unendlich viel leichter wäre, das Gebot Jesu einfältig zu verstehen und wörtlich zu gehorchen, also etwa die Güter auf den Befehl Jesu tatsächlich hinzugeben, statt sie zu behalten, der hat kein Recht zu dem paradoxen Verständnis des Wortes Jesu. (Seite 73)

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