08. Paradoxie

Paradoxien sind Redewendungen, die dem Zuhörer widersprüchlich erscheinen müssen. Sie geben ihm gewissermaßen ein Rätsel auf und beleidigen seinen Verstand. Viele der Paradoxien, die Jesus gebraucht, kommen uns als Christen nicht mehr paradox vor. Wir haben uns so sehr an die Denkweise des Reiches Gottes gewöhnt, dass es uns gar nicht mehr auffällt, wie widersinnig viele Lehren Jesu eigentlich dem normalen weltlichen Verstand erscheinen müssen. Paradoxie ist natürlich nicht nur ein rhetorisches Mittel, es ist auch ein ganz „natürlicher“ Teil des Reiches Gottes, denn das Wort vom Kreuz ist eine Torheit denen, die verloren gehen (1.Korinther 1,18).

Auch dazu zwei Beispiele:

Markus 10,43-44: Unter euch aber soll es nicht so sein; sondern wer unter euch groß werden will, der sei euer Diener, und wer unter euch der Erste sein will, der sei aller Knecht

Matthäus 21,31: Welcher von diesen beiden hat den Willen des Vaters getan? Sie sprachen zu ihm: Der erste. Da spricht Jesus zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch, die Zöllner und die Huren kommen eher ins Reich Gottes als ihr!

09. A Forteriori

Ein A Forteriori ist nicht nur ein sprachliches Mittel, sondern eigentlich auch eine Form des Arguments, bei der auf eine Feststellung eine zweite folgt, die mit noch mehr Sicherheit stimmt als die erste: „wenn schon….dann erst recht“. Jesus benutzt diese Form der Rede relativ häufig in seinen Predigten, und sie eignet sich auch heute noch hervorragend, um z.B. den Charakter Gottes zu illustrieren.

Beispiele:

Matthäus 7,9-11: Oder ist unter euch ein Mensch, der, wenn sein Sohn ihn um Brot bittet, ihm einen Stein gäbe, oder, wenn er um einen Fisch bittet, er ihm eine Schlange gäbe? Wenn nun ihr, die ihr arg seid, euren Kindern gute Gaben zu geben versteht, wieviel mehr wird euer Vater im Himmel denen Gutes geben, die ihn bitten!

Matthäus 10,25: Es ist für den Jünger genug, daß er sei wie sein Meister und der Knecht wie sein Herr. Haben sie den Hausvater Beelzebul geheißen, wieviel mehr seine Hausgenossen!

10. Ironie

Ironie hat immer etwas Paradoxes. Man sagt etwas anderes, als man meint, um etwas ins Lächerliche zu ziehen. Gewöhnlich hat Ironie etwas Feinsinniges und Tragisch-Trauriges. Wenn Ironie grob, beleidigend und vernichtend wird, etwa aus einer Bitterkeit heraus, spricht man von Zynismus oder Sarkasmus. Alle drei Formen sind in der Sprache sehr häufig anzutreffen, aber in der Predigtpraxis mit Vorsicht zu genießen.

Gerade etwas, das „von vorne“ kommt, wird großer Glauben geschenkt, und vielen Menschen fehlt das Verständnis für Ironie. Deshalb gilt: Ironie vorsichtig einsetzen und am besten immer noch in der Predigt wieder richtigstellen, um Missverständnisse zu vermeiden. In den Predigten Jesu kommt Ironie an manchen Stellen vor, wobei es sicher diskussionswürdig ist, ob es sich tatsächlich um Ironie im heutigen, modernen Sinne handelt.

Matthäus 16,2-3: Er aber antwortete und sprach zu ihnen: Am Abend sagt ihr: Es wird schön; denn der Himmel ist rot; und am Morgen: Heute kommt ein Ungewitter; denn der Himmel ist rot und trübe. Ihr Heuchler, das Aussehen des Himmels versteht ihr zu beurteilen, die Zeichen der Zeit aber nicht.

5 Vertraue auf den HERRN mit deinem ganzem Herzen, und verlass dich nicht auf deinen eigenen Verstand.
6 Erkenne ihn auf allen deinen Wegen, dann wird er deine Pfade gerade machen.
7 Sei nicht weise in deinen eigenen Augen, fürchte den HERRN und meide das Böse.
8 Das wird heilsam sein für deinen Leib und eine Erfrischung für deine Glieder. (Sprüche 3,5-8 nach der Zürcher)

Andere Bibelübersetzungen haben den Zusatz „eigenen“ Verstand nicht. Das finde ich sinnvoller, denn hier geht es nicht darum, dass der eigene Verstand nichts taugt und man sich besser auf einen anderen Verstand verlassen sollte. Der Verstand ist generell nicht zuverlässig, egal ob es der eigene oder der eines anderen ist. Man muss nicht die Bibel studieren um zu wissen, dass das richtig ist. Wer nur aus dem Verstand lebt findet sich oft zwischen zwei Argumenten wie zwischen Hammer und Amboss wieder. Wie viele Situation gibt es, in denen man einfach keine Entscheidung aus reiner Vernunft fällen kann? Ich wage zu behaupten, dass es die meisten wichtigen Entscheidungen im Leben sind.
Dein Verstand kann Dir einen Rat geben, aber er wird Dir keine Entscheidung darüber abnehmen, welchen Beruf Du wählen oder wen Du heiraten sollst. Es wird immer Pros und Kontras geben und am Ende entscheidet man nach Gefühl und Intuition.
Für Menschen, die mit Gott leben, kommt noch eine weitere Entscheidungshilfe dazu: Gott. Wir sind nicht allein von unserer eigenen menschlichen Intuition abhängig sondern haben eine zusätzliche Informationsquelle, die sich dem erschließt, der Gott vertraut. Der Schlüssel ist hier das Vertrauen. Die letzten beiden Kapitel haben die Zuverlässigkeit von Weisheit und Gottesfurcht hervorgehoben. Nun geht es darum, dieses Wissen durch Vertrauen umzusetzen. Wir können Gott vertrauen, dass er uns auf einem guten Weg leitet. Dabei kommt eine übernatürliche Komponente ins Spiel, die man leicht überliest. Gott leitet uns nicht nur auf geradem Weg, er wird auch Pfade gerade machen, die eigentlich krumm sind. Selbst wenn man mit Gott lebt und sich bemüht, ihn auf allen Wegen zu erkennen, kann es sein, dass wir nicht mitbekommen, was er zu sagen hat, und in die Irre gehen. Dann gilt uns die Verheissung, dass er auch diesen krummen Weg begradigen wird. Gott rechnet nicht damit, dass wir vollkommen sind und immer das Richtige machen. Er hat einen B-Plan für den Fall, dass es mal nicht klappt.

Vers sieben enthält eine Warnung. Es gibt echte Weisheit und falsche. Mancher hält sich für weise, ist es aber in Wirklichkeit gar nicht. Die Trennlinie ist die Demut. Wer meint weise zu sein, wird unbelehrbar. Er hält sich etwas auf die Weisheit zugute, die er in seinen Augen hat. Oft sieht jeder andere, dass es keine echte Weisheit ist, nur die betreffende Person selbst nicht. Wie peinlich! Die bessere Haltung ist es, auf der Suche zu bleiben, zu lernen und Gott auf allen Wegen erkennen zu wollen. Weisheit ist eine Haltung konstanter Suche. Wer Gott erkannt hat, will ihn wieder und tiefer erkennen. Geistlicher Stillstand tritt in dem Moment ein, in dem man aufhört zu suchen weil man meint, angekommen zu sein.
So seltsam es klingt, aber es ist eben diese Suche, dieses Nicht-Angekommensein, das uns gesund und erfrischt hält. Wer rastet, der rostet!

05. Gleichnis

Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte. Deshalb benutzt man bildhafte Wendungen und kleine Geschichten, um das, was man sagen will, verständlich und dem Zuhörer einprägsam zu machen. An eine gute Geschichte erinnert man sich erheblich länger als an eine Predigt. In Jesu Predigten stößt man auf Schritt und Tritt auf Gleichnisse, und auch heute fehlen sie selten in guten Predigten. Allerdings ist es für Bibelleser schwierig, die Pointe zu verstehen und aus der Geschichte herauszudestillieren, und für Prediger, selber Geschichtchen zu erfinden, die gute Illustrationen sind.

Einige bekannte Gleichnisse Jesu:

–       Vierfaches Ackerfeld (Matthäus 13,3-8/ Markus 4,3-8 / Lukas 8,5-8)

–       Barmherziger Samariter (Lukas 10,30-37)

–       Zehn Jungfrauen (Matthäus 25,1-13)

–       Bittende Witwe (Lukas 11,5-8)

06. Metapher

Eine Metapher ist etwas Ähnliches wie ein Vergleich: bei beiden werden zwei Dinge, die eigentlich unterschiedlich sind, aufeinander bezogen und miteinander verglichen. Jesus hat sehr gerne verglichen, egal ob als direkter Vergleich, Gleichnis oder Metapher. Der Unterschied zwischen Vergleichen und Metaphern besteht darin, dass der Vergleich explizit ist („das Auge ist wie die Lampe des Leibes“), die Metapher aber implizit („das Auge ist des Leibes Lampe“).

Dazu zwei Beispiele aus dem Matthäusevangelium:

Matthäus 5,13: Ihr seid das Salz der Erde. Wenn aber das Salz fade wird, womit soll es wieder salzig gemacht werden? Es taugt zu nichts mehr, als daß es hinausgeworfen und von den Leuten zertreten werde.

Matthäus 23,33: Ihr Schlangen! Ihr Otterngezüchte! Wie wollt ihr dem Gerichte der Hölle entgehen?

07. Merksätze

Merksätze sind in diesem Zusammenhang kleine Spruchweisheiten, die gewöhnlich aus nur einem Satz bestehen und so einprägsam formuliert sind, das man sie sich gut merken kann. Der Einsatz von Merksätzen ist immer sinnvoll, und vielfach bleibt von einer Predigt nicht mehr hängen als dieser eine Satz. Merksätze bilden, bei uns wie bei Jesus, eine Gruppe von rhetorischen Mitteln, zu der Sprichwörter, griffige Definitionen, Aphorismen, kurze Zitate usw. zählen.

Merksätze eignen sich auch immer selber als Zitat. Allerdings geht viel von der ursprünglichen Griffigkeit der Merksätze in Jesu Predigten durch die Übersetzung verloren.

Auch hierfür gibt es viele Beispiele.

Matthäus 6,21: Denn wo dein Schatz ist, da wird auch dein Herz sein.

Matthäus 26,52: Da sprach Jesus zu ihm: Stecke dein Schwert an seinen Ort! Denn alle, die das Schwert ergreifen, werden durch das Schwert umkommen.

1 Mein Sohn, vergiss nicht meine Weisung, und dein Herz bewahre meine Gebote,
2 denn sie werden die Tage und Jahre deines Lebens vermehren und dir reichlich Wohlergehen bringen.
3 Güte und Treue sollen dich nicht verlassen. Binde sie dir um den Hals, schreibe sie auf die Tafel deines Herzens,
4 und finde so Gunst und Anerkennung in den Augen Gottes und bei den Menschen. (Sprüche 3,1-4 nach der Zürcher)

Diese Verse waren für Kenneth Hagin wichtig und er predigte immer wieder über sie. Die Sprüche stellen hier einen Zusammenhang zwischen Geboten und einem langen, gesunden Leben her. Solche Zusammenhänge sollten uns aufmerken lassen, denn hier geht es um unser Leben und Gott gibt uns einen Hinweis darauf, wie wir gut leben können. Wer wünscht sich nicht ein langes, gesundes Leben?
Zunächst einmal ist es wichtig, überhaupt zu verstehen, dass Gebote nicht sinnlos gegeben sind um uns einzuschränken und zu quälen. Ein Vater wird seinem Sohn helfen einen guten Start ins Leben zu finden. Er wird ihm alles beibringen was er weiß, damit der Sohn es im Leben gut hat. Ich weiß, dass manche Leser das als etwas idealisierte Form eines Vaters empfinden werden. In den Sprüchen geht es aber nicht um Väter, wie sie manche von uns kennengelernt haben, die missbräuchlich, kontrollierend, lieblos oder weit weg waren. Es geht um Väter, wie sie sein sollten: Menschen, von denen man lernen kann und die in sinnvoller Weise erziehen.
Wieder können müssen wir hier auf Gott übertragen, er ist unser Vater, dessen Gebote und Weisungen sinnvoll sind. Es kommt vor, dass wir nicht verstehen, warum Gott etwas von uns verlangt. Manchmal ist es auch schwer, das zu tun, was Gott will. Aber im Rückblick wird es sich immer als gut erweisen. Der Trick ist nun, zu verstehen, dass Gottes Gebote immer gut sind und wir daran nicht zu zweifeln brauchen. Es ist schwer, etwas zu tun von dem man nicht überzeugt ist, aber es ist einfach, etwas zu tun von dem man weiß, dass es gut ist. Wenn Du mit Gott haderst, weil Du seine Anweisungen für Dein Leben nicht verstehst, meditiere über diese Verse bis Du verstanden hast, dass Gott nur Dein Bestes will.
Gottes Gebote müssen ins Hirn und ins Herz. Wir dürfen sie weder vergessen, noch aus unserem Herzen lassen. Oft erreicht Gott unser Herz durch den Kopf: erst verstehen wir etwas, dann rutscht es langsam ins Herz und wird Teil unserer Persönlichkeit. Seltsamerweise wird manchmal das eine gegen das andere ausgespielt, dabei brauchen wir beides. Christen sind keine Kopffüssler, die alles aus dem Verstand heraus machen und immer alles kognitiv erfassen müssen. Sie sind aber auch nicht emotionsgesteuert und leben nur aus der Intuition. Sie sind beides. Deshalb meditieren wir über Gottes Wort und lassen es unser Wesen so prägen, dass wir nicht mehr darüber nachdenken müssen bevor wir handeln.
Wer so nach Gottes Maßstäben lebt wird merken, dass sich das Leben zum Besseren wendet. Gottes Wort in uns wird uns vor Schaden bewahren und unser Leben verlängern. Dieser Zusammenhang ist im Übrigen sogar statistisch nachweisbar. Gläubige haben einen gesundheitlichen Vorteil gegenüber Ungläubigen. Häufig werden diese Statistiken so interpretiert, dass Christen in Gemeinschaft leben, so das soziale Bedürfnisse in ihrem Leben eher erfüllt sind als bei nicht gläubigen. Zudem leben sie nach einem Kodex, der exzessiven Rauschmittelgebrauch und Rauchen ausschließt, was sich natürlich positiv auf die Gesundheit auswirkt. Auch wenn solche Interpretationen geistliche Ursachen ausser acht lassen, bestätigen sie, was die Sprüche lehren.
Vers vier spricht darüber, dass man so Anerkennung bei Gott und den Menschen findet. Ich verstehe das so, dass sich ein Leben nach Gottes Maßstäben im Natürlichen ebenso auswirkt wie im Geistlichen. Jeder Mensch lebt in einer Welt die größer ist als das was er mit seinen fünf Sinnen wahrnehmen kann. Im Westen wird einer Realität jenseits der Sinne kaum Beachtung geschenkt, in anderen Teilen der Welt ist diese Welt wichtiger als die sichtbare. Auch Gott ist ein Wesen beider Welten, das im Unsichtbaren lebt, aber im Sichtbaren handelt und sich mitteilt. Da ist es nur konsequent, dass es Auswirkungen auf den ganzen Bereich der Realität hat, sich auf Gottes Worte zu verlassen.

Das alles funktioniert nur, wenn wir der Offenbarung treu bleiben. Wer mal danach lebt und dann wieder nicht, wird den positiven Effekt nicht spüren.

Heute habe ich Geburtstag. Da veröffentliche ich nichts anderes. Bevor alle fragen: 38 Jahre werde ich – ganz schön alt.

16 Sie werden dich bewahren vor der fremden Frau, vor der Fremden, die schmeichlerisch redet,
17 die den Freund ihrer Jugendzeit verlässt und den Bund ihres Gottes vergessen hat.
18 Ihr Haus neigt sich dem Tode zu, und zu den Schatten führen ihre Bahnen.
19 Wer zu ihr geht, kehrt nicht zurück und gelangt nicht wieder auf die Pfade des Lebens.
20 So gehst du auf dem Weg der Guten und bleibst auf den Pfaden der Gerechten.
21 Die Rechtschaffenen werden das Land bewohnen, und die Schuldlosen werden darin bleiben.
22 Die Frevler aber werden aus dem Land getilgt, und die Treulosen werden aus ihm vertrieben. (Sprüche 2,16-20 nach der Zürcher)

Die „fremde Frau“ wird in manchen Übersetzungen als „Ausländerin“ bezeichnet. Für die Juden des Alten Testamentes war es eine wichtige Sache, sich nicht mit Menschen einzulassen, die keine Juden waren. Durch das ganze Alte Testament hindurch sieht man immer wieder, dass Segen und Fluch Israels davon abhingen, wie sie mit den Einflüssen fremder Völker umgingen. Gottes Handeln war exklusiv auf ein geographisch genau umrissenes auserwähltes Volk beschränkt und jeder Einfluss von außen führte zu negativen Konsequenzen. Wenn Israel oder seine Könige sich mit fremden Völker einließen, übernahmen sie immer auch etwas von deren Göttern und entfernten sich von dem lebendigen Gott, der sie als sein Volk erwählt hatte.
Die Warnung vor der fremden Frau ist also nicht per se ausländerfeindlich, es geht nicht im engeren Sinne um eine nationale Zugehörigkeit sondern um einen fremden Einfluss. Mit einem Juden aus einer anderen Nation hätte sicherlich kein Problem bestanden, allerdings scheint es nicht viele solcher Menschen gegeben zu haben.
Es ist sicherlich auch kein Zufall, dass hier von einer fremden Frau die Rede ist, denn nichts hat einen größeren Einfluss auf einen Mann als eine Frau.

Dieser Spruch enthält eine konkrete Verheißung: die Rechtschaffenen werden das Land behalten. Im Deutschen gibt es ein ähnliches Sprichwort: „ehrlich währt am längsten“. Solche Ermutigungen sind wichtig für die Rechtschaffenen, denn oft locken Sünde und Betrug mit schnellem Erfolg. Viele fallen darauf herein. Gerade in unserer Zeit sollte es uns langsam klar werden, dass man mit Lauterkeit und Nachhaltigkeit letztlich besser fährt als mit schnellem Gewinn. Der Raubbau an der Natur und die unrechtmäßige Behandlung der dritten Welt zeigen immer mehr Folgen. Die Welt sähe anders aus, wenn die Menschen verstehen würden, dass Rechtschaffenheit und Integrität sich letztlich auszahlen.

02. Unrealistische Übertreibung

Die unrealistische Übertreibung ist in sich so überzogen, dass sie nicht wörtlich genommen werden kann. Es ist auf den ersten Blick klar, dass der Schreiber übertreibt. Solche Übertreibungen können nicht nur den Zweck verfolgen, Dinge zu verdeutlichen, sie können auch noch ungeheuer unterhaltsam sein, wenn sie richtig eingesetzt werden. Ein Beispiel aus dem Matthäusevangelium:

Matthäus 23,23-24: Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, daß ihr die Minze und den Anis und den Kümmel verzehntet und das Wichtigere im Gesetz vernachlässiget, nämlich das Gericht und das Erbarmen und den Glauben! Dies sollte man tun und jenes nicht lassen. Ihr blinden Führer, die ihr Mücken seihet und Kamele verschlucket!

Das ist unterhaltend. Mücken aussieben und Kamele verschlucken! Hahaha!

Noch eins aus Matthäus:

Matthäus 7,3-5: Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge und wirst nicht gewahr des Balkens in deinem Auge? Oder wie kannst du zu deinem Bruder sagen: Halt, ich will den Splitter aus deinem Auge ziehen, und siehe, der Balken ist in deinem Auge? Du Heuchler, ziehe zuerst den Balken aus deinem Auge und dann siehe zu, wie du den Splitter aus deines Bruders Auge ziehest!

Mal ehrlich: in welches Auge passt schon ein Balken…?

03. Wortspiel

In Wortspielen benutzt man ähnlich klingende Worte, oder mehrmals das gleiche Wort, das nur in einem anderen Zusammenhang etwas ganz anderes meint. Solche Wortspiele sind oftmals sehr unterhaltsam, gehen allerdings natürlich in der Übersetzung verloren. Oft kommt es nicht einmal mehr im griechischen Original des NTs rüber, weil Jesus ja Aramäisch gesprochen hat und das NT an sich schon eine Übersetzung darstellt. In der Rückübersetzung erst bemerkt man das Wortspiel.

Deshalb beschränke ich mich hier auf ein einziges Wortspiel, das durch viele Predigten und Auslegungen sehr bekannt geworden ist.

Matthäus 16,18: Und ich sage dir auch: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen, und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen.

Im Griechischen ist hier ein Wortspiel mit dem Namen des Petrus. PETROS heißt Stein und der Felsen PETRA. Gemeint ist hier nicht, dass Petrus der Felsen ist, auf dem die Gemeinde stehen soll, denn er ist ja nur der Stein. Der Felsen ist das Bekenntnis aus Vers 16.

04. Vergleich

Vergleiche illustrieren einen Sachverhalt, etwa so wie Gleichnisse, sind aber erheblich kürzer, gewöhnlich nur ein Satz. Solche Vergleiche gibt es in den Worten Jesu in der Bibel und in anderen Agraphen viele. Um nur drei Beispiele zu nennen: Matthäus 10,16 |  Matthäus 12,40 | Matthäus 23,27

9 Dann wirst du verstehen, was Gerechtigkeit ist und Recht, Geradheit und jede Bahn des Guten.
10 Denn die Weisheit wird in dein Herz einziehen, und das Wissen wird deiner Seele wohltun.
11 Die Umsicht wird über dir wachen, die Einsicht wird dich beschützen.
12 Sie werden dich bewahren vor dem Weg des Bösen, vor dem Mann, der Falsches redet,
13 vor denen, die die geraden Pfade verlassen, um auf den Wegen der Finsternis zu gehen,
14 die sich freuen, Böses zu tun, die die Verkehrtheit des Bösen bejubeln,
15 deren Pfade krumm sind und die auf ihren Bahnen in die Irre gehen. (Sprüche 2,9-15 nach der Zürcher)

Weisheit bewahrt vor dem Weg des Bösen und dem Verführer, der zum Bösen verführen will. Wenn man zu lange im frommem Ghetto gelebt hat, mag es einem seltsam vorkommen, aber es gibt tatsächlich Menschen, die Böses tun wollen, die es nicht versehentlich tun oder fahrlässig sondern tatsächlich aus Vorsatz. Niemand ist gern auf seinem Weg allein und so suchen sich auch die Bösen Weggefährten.
Wieder legt das Neue Testament das Alte aus und im Römerbrief heißt es über diese Menschen, dass sie nicht nur „selber  solches verüben, [was nach dem Gesetz des Alten Testamentes] des Todes würdig [ist…], sondern auch Gefallen haben an denen, die es verüben (Römer 1,32 nach der Schlachter). Sünde und moralisches Fehlverhalten sind auch deshalb ansteckend, weil es Menschen gibt, die es bei anderen bewusst fördern.
Es ist offensichtlich, dass man sich gegen eine ansteckende Krankheit impfen sollte. Während ich das schreibe, liegt gerade ein übertriebener Hype um die Schweinegrippe hinter uns, eine Zeit in der viel davon die Rede war, wie viel Impfstoff die Bundesländer kaufen sollten um eine mögliche Epidemie im Keim zu ersticken. Auch gegen das Böse gibt es eine solche Impfung: Weisheit und Umsicht. Wer Weisheit erworben hat und sie mit Umsicht anwendet, wird nicht schnell auf den Weg des Bösen gehen.
Im Absatz zuvor ging es darum, dass man Weisheit begehren muss. Man muss sie verfolgen und hinter ihr her sein. Es genügt nicht, einmal etwas kapiert zu haben; vielmehr kommt es darauf an, das ganze Leben der Liebe zu Gott und der Weisheit zu widmen. Damit hat man schon mehr als die halbe Miete – wer mit den Gedanken bei der Weisheit ist und sich in Gottesfurcht übt, wird sich nicht in seinen Gedanken um Sünde drehen und entsprechend weniger massiv der Versuchung ausgesetzt sein.
Es läuft immer wieder darauf hinaus, womit man sich beschäftigt. Man wird das, womit man sich beschäftigt. Wer sich mit Gutem beschäftigt, wird Gutes in seinem Leben wieder finden. Wer sich um Schlechtes dreht und sich permanent damit auseinandersetzt, wird über kurz oder lang Schlechtes in seinem Leben finden. Der beste Schutz ist nicht zu kämpfen, sondern sich mit Gutem zu füllen.

01. Realistische Übertreibung

Übertreibung ist ein sehr häufiges Stilmittel in semitischen Sprachen, und wir haben in den Evangelien viele Beispiele dafür. Übertreibungen machen ein Prinzip so überdeutlich klar, dass auch der Letzte es verstehen sollte, rütteln oft durch ihre Härte auf und zwingen so den Zuhörer, einen Standpunkt zu beziehen. In der Form der realistischen Übertreibung (im Gegensatz zur unrealistischen in Punkt 2) kann die Übertreibung allerdings auch wörtlich genommen werden. So kommt es manchmal zu Verwirrungen. Ein Beispiel findet sich im Lukasevangelium:

Lukas 14,2.6: Wenn jemand zu mir kommt und nicht seinen Vater und die Mutter, Weib und Kinder, Brüder und Schwestern haßt, dazu aber auch seine eigene Seele, der kann nicht mein Jünger sein. Es wäre Quatsch, diese Stelle wörtlich zu nehmen und seine Eltern hassen zu wollen, weil man ja Jesus nachfolgt. Das stünde im Gegensatz zum Gesamtzusammenhang der Bibel (z.B. Markus 7,9-13 oder Lukas 6,2).

Die Parallelstelle im Matthäusevangelium zeigt hier den eigentlichen Punkt, um den es Jesus ging: Matthäus 10,3.7: Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, der ist meiner nicht wert; und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, der ist meiner nicht wert.

Ein weiteres Beispiel, diesmal aus Matthäus:

Matthäus 5,29-30: Wenn dir aber dein rechtes Auge ein Anstoß zur Sünde wird, so reiß es aus und wirf es von dir. Denn es ist besser für dich, daß eins deiner Glieder verloren gehe, als daß dein ganzer Leib in die Hölle geworfen werde. Und wenn deine rechte Hand für dich ein Anstoß zur Sünde wird, so haue sie ab und wirf sie von dir. Denn es ist besser für dich, daß eins deiner Glieder verloren gehe, als daß dein ganzer Leib in die Hölle geworfen werde.

Parallelstelle: Markus 9,43-47 Hier will Jesus klarmachen, wie wichtig es ist, sich von Dingen zu trennen, die die Nachfolge behindern. Alles, was uns zur Sünde verleitet, soll aus unseren Leben weichen! Auf keinen Fall kann es darum gehen, sich selbst zu verstümmeln. „Die Worte Jesu waren nicht Selbstzweck, sondern ein Beförderungsmittel seiner Botschaft.“

Unglücklicherweise gibt es immer wieder Ausnahmen, die auch solche Stellen wörtlich nehmen. Zum Beispiel William Minor:

„(…) nichts auf der Welt bereitete ihm so viel Freude wie sexuelle Abenteuer und Phantasien. Doch als er bekehrt wurde, erkannte er, dass er dem lüsternen Leben entsagen musste, das er geführt hatte – und er kam zu der Überzeugung, dass die Amputation seines Penis das Problem lösen würde.“[1]

[1] Aus dem Krankenbericht. Zitiert nach: Simon Winchester, Seite 230. Das ist eine wahre Geschichte.

Integrität und Kraft

Man kann die Lehre Jesu nur schlecht von seinem Leben trennen. Jesus lebte, was er lehrte und das wird mindestens zum Teil seine Anziehungskraft auf seine Zuhörer ausgemacht haben. Es war etwas hinter den Worten Jesu und wir können nicht ganz verstehen, was seine Lehre ausmacht, wenn wir das nicht wissen. Zusätzlich ist hier eine Lektion für jeden Prediger, der Gottes Evangelium weitergibt.

Wieder kann man es auf eine einfache Formel bringen: hinter der Lehre stand der Mensch Jesus und Gott. Bei der Person des Predigers geht es um die menschliche Seite, die sich in Integrität zeigt und um die göttliche Bestätigung, die sich in Kraft zeigt.

3.1 Integrität

Man sagt: „lebe, was Du predigst“ und meint damit, dass Leben und Predigt nach Möglichkeit übereinstimmen sollten. Es ist nicht korrekt, von anderen etwas zu verlangen, was man selbst nicht lebt. Der Standard, den man anderen zeigt, sollte auch an das eigene Leben angelegt werden. Den schwersten Vorwurf gegen die Pharisäer erhebt Jesus in Matthäus 23:

Das Lehramt des Mose haben heute die Schriftgelehrten und die Pharisäer inne. Richtet euch daher nach allem, was sie euch sagen, und befolgt es. Doch richtet euch nicht nach dem, was sie tun; denn sie reden zwar, handeln aber nicht danach. Sie binden schwere Lasten zusammen, die man kaum tragen kann, und laden sie den Menschen auf die Schultern: doch sie selbst denken nicht daran, diese Lasten auch nur anzurühren. (Matthäus 23,2-4 nach der NGÜ)

Die Lasten, die Pharisäer anderen aufbürdeten waren Gesetze und Vorschriften, nach denen niemand wirklich leben konnte. Sie konnten es selber nicht, verlangten es aber von anderen. Als sich später in der Apostelgeschichte die ersten Gemeinden gründeten, gab es eine große Diskussion darüber, nach welchen Geboten des AT und der rabbinischen Literatur sich die neuen Gläubigen zu richten hätten, die nicht aus dem Judentum kamen sondern Heidenchristen waren. Letztlich geklärt wurde der Konflikt in Apostelgeschichte15 damit, dass man den neuen Christen keine unnötigen Lasten aufbürden wollte – das Christentum war von Anfang an eine Religion der Freiheit und nicht des Gesetzes.

Über Jesus hätte freilich niemand sagen können, dass er nicht lebte was er predigte. Auch wenn er die Messlatte hoch hängte, verkörperte er seine Lehre und lebte sie.

Werdet also Nachahmer Gottes als geliebte Kinder (Epheser 5,1 nach Herder)

3.2 Gottes Kraft

Nicht nur der Mensch Jesus stand vollkommen hinter seiner Lehre und verkörperte sie. Auch Gott sagte regelmäßig „amen!“ zu dem, was Jesus sagte. Das wesentlichste Merkmal, das Jesus von den anderen Lehrern seiner Zeit unterschied, war Gottes Kraft, die in seiner Lehre sichtbar wurde. Ohne diese Kraft wäre er nur ein weiterer Lehrer gewesen, der weise Wort hat, aber durch die Kraft erkannten die Menschen, dass Jesus etwas Besonderes war und seine Lehre nicht von dieser Welt ist.

Am Ende der Bergpredigt war „die Menge von seiner Lehre tief beeindruckt, denn er lehrte sie nicht wie ihre Schriftgelehrten, sondern mit Vollmacht.“ (Matthäus 7,28-29 nach der NGÜ). Diese Vollmacht bezog sich also zunächst einmal darauf, dass durch seine Worte Herzen bewegt wurden. Auch in der Apostelgeschichte ist an mehreren Stellen die Rede davon, dass eine Predigt den Zuhörern durchs Herz geht. Wenn Jesus oder seine Apostel predigten, bewegte Gott die Herzen und bezeugte selbst, dass das Wort wahr ist.

Der deutlichste Beweis dafür, dass Gott sich hinter die Lehre stellte, waren allerdings die Zeichen und Wunder, die er tat, wenn Jesus das Evangelium verkündigte. Auch wenn die Zuhörer nicht immer alles verstanden, was Jesus ihnen sagte, merkten sie doch, dass Gott hinter ihm stand. Nikodemus, ein hochrangiger Schriftgelehrter sagt das sogar ausdrücklich in einem Gespräch mit Jesus.

„Rabbi“, sagte er zu ihm, „wir wissen, dass du ein Lehrer bist, den Gott gesandt hat. Denn niemand kann solche Wunder tun wie du, wenn Gott nicht mit ihm ist.“ (Johannes 3,2 nach der NGÜ)

Jesus zeigte es seinen Jüngern immer wieder, wie wichtig dieses göttliche „amen!“ ist und machte in beiden Fassungen des Missionsbefehls deutlich, dass Gottes Kraft ihre Predigten ebenso bestätigen würde wie seine. Es ist eine Sache, mit seiner ganzen Persönlichkeit hinter dem zu stehen was man sagt, aber noch eine ganz andere, wenn Gott selbst dahinter steht.

Nachdem Jesus zum Vater gegangen war erlebten die Jünger, dass er nicht zu viel versprochen hatte und Gott sie tatsächlich bestätigte. Auch wir sollten dafür beten und daran glauben, dass sich Gott zu seinem Wort stellt.

Sie aber gingen überallhin und verkündeten das Evangelium. Der Herr wirkte mit und bekräftigte das Wort durch die Zeichen die die Verkündigung begleiteten. (Markus 16,20 nach der NGÜ)

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