4 Wer mit träger Hand arbeitet, wird arm, die Hand der Fleissigen aber macht reich.
5 Wer im Sommer sammelt, ist ein verständiger Sohn, wer die Erntezeit verschläft, ist ein schändlicher Sohn. (Sprüche 10,4-5 nach der Zürcher)

Versorgung, Auskommen und Wohlstand sind wichtige Themen in der Bibel und speziell in den Sprüchen. Die Weisheitslehre kommt immer wieder auf sie zu sprechen. Da Geld einen bedeutenden Teil unseres Lebens ausmacht, wäre es sonderbar, wenn Gott dazu nichts zu sagen hätte. In unseren Gemeinden ist es oft anders, da ist das einzige, was der Pastor über Finanzen zu sagen hat, dass Geld für Bauprojekte oder Kirchenglocken fehlt. Das sollte nicht so sein, vielmehr sollten wir lernen, uns mit diesem wichtigen Thema auch theologisch auseinander zu setzen.
Es ist wichtig, dass hier von Armut und Mangel die Rede ist. Reichtum ist als Kontrast zur Armut genannt, aber die Sprüche liefern nicht eine Anweisung dazu reich zu werden. Im Buch Prediger, das auch von Salomo stammt, wird deutlich, dass Reichtum nicht glücklich macht. Für das gelungene Leben eines Weisen ist Reichtum maximal von untergeordneter Bedeutung, aber Wohlergehen ist wichtig.
Armut kommt durch Faulheit, daher, dass man träge arbeitet. Man kann sich das gut an der Situation von Tagelöhnern vorstellen, wie sie damals eine ganz normale Erscheinung des Arbeitsmarktes waren. Erntehelfer und andere Arbeiter wurden tageweise eingestellt und bezahlt. Wer bei der Arbeit nachlässig war, hatte es am nächsten Tag entsprechend schwerer, noch einmal eingestellt zu werden. So konnte unmotiviertes Arbeiten zu Mangel und Hunger führen.
In unserer Gesellschaftsordnung ist dieser Zusammenhang nicht so deutlich spürbar, weil unser Sozialsystem völlig anders funktioniert als zur Zeit Salomos. Aber es gibt einen Zusammenhang zwischen Faulheit und Armut auf der einen und Fleiß und Wohlstand auf der anderen Seite.

Das Thema Fleiß taucht mehrmals in den Sprüchen auf, lies daher auch: 6,6-11, 12,9-14 und 12,27.

[systematisch durch die Bibel]

Die achte Vorlesung der Einführung in die evangelische Theologie ist der Verpflichtung gewidmet. Barth beginnt mit der ultimativen Verpflichtung jeder Theologie: Der Verpflichtung gegenüber Gott:

Es ist eine helle und schöne, aber auch eine strenge, eine erhebende, aber auch erschreckende Sache, durch den Gott des Evangeliums, der der Gegenstand der evangelischen Theologie ist, in Pflicht genommen zu werden. ((Barth, Karl (1985): Einführung in die evangelische Theologie. 3. Aufl. Zürich: Theolog. Verl, S. 95))

Hier ist auch einmal eine klare Definition des Gegenstandes der evangelischen Theologie: Es ist der Gott des Evangeliums. Vermutlich wurde das bereits vorher gesagt, aber beim Herausschreiben meiner Anstreichungen war mir keine Stelle aufgefallen in der Barth so klar den Gegenstand seiner Theologie bezeichnete. Die Verpflichtung Gott gegenüber ist tatsächlich die höchste Verpflichtung, die ein Mensch eingehen kann. Alle anderen Verpflichtungen sind zeitlich und haben einen untergeordneten Stellenwert gegenüber dieser einen. Insofern liegt es nur nahe, dass es eine erhebende, zugleich aber auch schreckliche ist, denn in dieser Verpflichtung geht es um alles.
Wenig später wird dieser Gegenstand der Theologie noch weiter präzisiert:

Der Gegenstand der theologischen Wissenschaft in allen ihren Disziplinen ist das Werk und Wort Gottes in seiner Fülle – aber in seiner Fülle das eine Werk und Wort Gottes: der eine als König der Juden zum Heiland der Welt gekrönte, den einen Gott unter den Menschen wie den Menschen vor dem einen Gott vertretende – der eine erwartete, gekommene und nun erst recht erwartete Knecht und Herr Jesus Christus.1

Genau betrachtet wäre es gleichermaßen simplistisch wie positiv, auf die Frage nach dem Gegenstand der Theologie einfach nur „Gott“ zu sagen. Nachdem die Frage klar ist, um welchen Gott es geht, wird auch klar, dass es sich um die Offenbarung dieses Gottes in Wort und Werk handelt, die den Gegenstand evangelischer Theologie ausmacht. Ich weiß nicht, ob ich Barth an der Stelle richtig verstehe, aber da er mich inspiriert in diese Richtung zu denken, ist das auch nicht so entscheidend. Für mich klingt bei der Phrase „Wort und Werk Gottes“ immer die doppelte Offenbarung in Bibel und Geschichte an. Der Gott der Bibel erweist sich durch die ganze Geschichte im Leben eines jeden Menschen. Dieser Erweis ist wertlos ohne die Bibel, denn dann können wir ihn nur falsch deuten. Aber auch die Bibel ist in einem Sinne „wertlos“, denn ohne die Stimme Gottes verstehen wir die Bibel nicht. Beides gehört zusammen und so muss die Theologie sich auch mit beidem beschäftigen: Mit dem Wort und dem Werk Gottes.

[mehr über Karl Barth]

  1. Barth, Karl (1985): Einführung in die evangelische Theologie. 3. Aufl. Zürich: Theolog. Verl, S. 98 []

3 Den Gerechten lässt der HERR nicht hungern, aber die Gier der Frevler stösst er weg.

Gott unterscheidet zwischen Gerechten und Frevler. Während er sich um den Gerechten kümmert, geht der Frevler leer aus, was Gottes Versorgung angeht. Gäbe es zu diesem Thema nur diese eine Bibelstelle wäre das eine sehr reduktionistische Weltsicht. Wir sehen aber an anderen Stellen, gerade des Alten Testamentes, dass sich die Gier des Frevlers durchaus in klingender Münze auszahlen kann. Viele Gebete in den Psalmen handeln davon, dass es den Gerechten schlechter geht als den Ungerechten und dass diese Beobachtung mitunter ganz schön schwer zu erklären ist.

Bemerkenswert ist auch, dass es nicht pauschal der Frevler ist, den Gott wegstößt. Es ist die Gier des Frevlers. Während Gott sicherlich Liebe zu jedem Menschen hat, liebt er nicht alles, was ein Mensch tut oder was ihn ausmacht. Gier ist ganz offensichtlich nichts, was Gott gut findet. Es wäre auch möglich, dass ein Gerechter sich gierig verhält, dann ist Heiligung wichtig – wir sollten in unserem Leben das überwinden, was Gott abstößt.

[systematisch durch die Bibel]

Das folgende Zitat ließ mir das Herz höher schlagen. Die Gründe dafür sind vermutlich klar…

Von dem einst berühmten Hallenser Professor Tholuck wird erzählt, dass er seinen Studenten auf die Bude zu steigen und sie mit der Frage zu bedrängen pflegte: „Bruder, wie steht es mit deinem Herzen?“ – nicht mit deinen Ohren, nicht mit deinem Kopf, nicht mit deinem Mundwerk, auch nicht mit deinem Sitzleder (obwohl das Alles auch zum Theologen gehört), sondern mit dir selbst, biblisch ausgedrückt eben: mit deinem Herzen?1

Das muss eine tolle Zeit an der Hallenser Universität gewesen sein, als es noch Professoren gab, die ihren Studenten mit den wesentlichen Fragen des Glaubens auf die Bude stiegen. Vielleicht ist es ein Vorurteil, dass ich annehme, dass so etwas heute eher die Ausnahme bildet; vielleicht stimmt es aber auch. Nach meinem Dafürhalten sollte ein Theologiestudium nicht nur wissenschaftlich sein sondern unbedingt auch persönlich. Man muss Gott persönlich kennen und dazu braucht man gelegentlich jemanden, der einem auf die Bude steigt. Gäbe es doch mehr solcher Professoren!

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  1. Barth, Karl (1985): Einführung in die evangelische Theologie. 3. Aufl. Zürich: Theolog. Verl, S. 93 []

1 Die Sprüche Salomos. Ein weiser Sohn macht seinem Vater Freude,
2 Unrecht erworbene Schätze nützen nichts, Gerechtigkeit aber rettet vor dem Tod. (Sprüche 10,1-2 nach der Zürcher)

Sprüche 10,1 markiert einen Einschnitt in den Sprüchen. Dieser Einschnitt ist zunächst daran zu erkennen, dass eine Autorenangabe erscheint: Die Sprüche Salomos. Es ist unklar, wie lang diese Abteilung der Sprüche ist. R.Murphy und E.Huwiler schlagen im New International Biblical Commentary vor, dass die Abteilung 22,16 geht. Darin wären 375 Sprüche enthalten, was dem nummerischen Wert des hebräischen Namens „Salomon“ entspräche. Ob es für diese Annahme noch andere Begründungen gibt, weiß ich leider nicht, aber interessant klingt sie allemal.
Auf der anderen Seite schlägt die Elberfelder vor, dass die Sprüche von 10,1-31 zusammengehören, was mir auf den ersten Blick nicht schlüssig erscheint, weil in diesen einundzwanzig Kapiteln noch andere Autoren genannt werden. Es wäre dann eher eine Sammlung kurzer Sprichwörter als eine Sammlung der Sprüche Salomos.
Die Elberfelder trägt mit dieser Einordnung immerhin einer offensichtlichen Tatsache Rechnung: Der Stil ändert sich und diese Sammlung ist erheblich kürzer als die vorhergegangenen; oft handelt es sich bei den Sprüchen in dieser Sammlung um nur einen einzigen Vers.

Wie viele andere Verse in den Sprüchen beginnt auch dieser mit einem Hinweis auf den Sohn. Die Erziehung zur Weisheit wird im antiken Israel nicht in erster Linie in Schulen geschehen sein sondern zuhause. In diesen regelmäßigen Wendungen ist also ein Hinweis auf den Wert der Familie in der Erziehung zur Weisheit gesagt. In einer Zeit in der Familie einen schwankenden Stellenwert hat ist das ein interessanter und wichtiger Hinweis. Wer eine Gesellschaft auf das Leben vorbereiten will, kommt an den Familien nicht vorbei. Oft stehen Pädagogen ohnmächtig einer negativen Prägung gegenüber die Kinder aus ihrem Elternhaus mitbekommen haben. Ähnliche Einleitungen mit Hinweisen auf den Sohn finden sich in Sprüche 13,1 und 23,24-25.

Eine wichtige Grundtugend ist die Ehrlichkeit. Redensarten wie diese gibt es auch in anderen Sprachen, auf Deutsch sagt man z.B. „ehrlich währt am längsten“. Die Versuchung, Abkürzungen zum Reichtum zu nehmen, ist tief im Menschen verankert. Wer hat nicht schon einmal vor der Versuchung gestanden, durch Unrecht zu Geld zu kommen? Dabei ist es egal, ob es durch Betrug, Diebstahl, Steuerhinterziehung oder auf noch anderem Wege geschieht: „Unrecht Gut gedeiht nicht“.
Am einfachsten ist es, ethische Masßstäbe bereits als Kind zu erlernen. In der Kindheit wird das Gewissen geprägt und es ist oft schwer, als Erwachsener noch eine moralische Haltung zu bekommen, die man als Kind nicht mit auf den Weg bekommen hat. Hier schließt sich der Kreis zum ersten Vers: Die Erziehung ist entscheidend für den Weg der Weisheit.

[systematisch durch die Bibel]

Im letzten Post ging es unter anderem um Barths Ansicht, dass Humor zur theologischen Existenz gehört. Mit diesem Satz im Ohr habe ich mir das folgende Zitat herausgeschrieben, dass ich absolut lustig finde. Barth hat zuweilen eine witzige Selbstironie, die er hier unter Beweis stellt:

Wehe und Heil den Europäern und den Asiaten, den Amerikanern und den Afrikanern, Wehe und Heil den armen verkrampften Kommunisten und Wehe und Heil den noch ärmeren, weil noch verkrampfteren Antikommunisten – Wehe und Heil sogar uns ebenso selbstgerechten wie erwerbstüchtigen wie im tiefsten ängstlichen Schweizern mit unserer Milch und unseren Uhren, mit unserer Fremdenindustrie, mit unserer bornierten Ablehnung des Frauenstimmrechts und mit unserem etwas kindischen Begehren nach ein paar zünftigen Atomkanonen.1

Barth gehört zu einer Riege von Theologen, die sehr politisch sind und sich auch selbst als politisch empfinden. Ich wähle bewusst das Präsens, weil es sicher viele gibt, die sich so sehen. Bei Barth, Tillich und Bonhoeffer war das Politische augenfällig, wenn auch vielleicht durch ihre Lebensumstände erzwungen. Gerade Barth wird gerne von sozialdemokratischen Christen zitiert:

Entweder das ist Gott, was das Neue Testament so nennt. Dann bedeutet aber ‘Gott’ die Umkehrung nicht nur weniger, sondern aller Dinge, die Erneuerung der ganzen Welt, eine Veränderung des Baus, bei dem kein Stein auf dem anderen bleiben kann. Dann bedeutet Glauben das Einstehen für diese Umkehrung, die Vorbereitung darauf, das Rechnen damit als mit der sichersten Tatsache. Dann haben aber die Sozialdemokraten recht und nicht die Sozialreformer, ja dann sind die radikalsten Sozialdemokraten noch nicht radikal genug, dann ist das Bekenntnis zur Sozialdemokratie nur eine kleine, selbstverständliche, sehr ungenügende, ärmliche und vorläufige Abschlagszahlung auf das, was ein ‘Christ’ heute seinem Glauben schuldig ist.2

Vor diesem Hintergrund sind politische Seitenhiebe auf schweizer Spießigkeit, das Frauenwahlrecht und Atombomben mehr als nur eine Marginalie in einer Vorlesung. Ich selber bin, was Parteipolitik angeht, enttäuscht und resigniert. Dennoch sehe ich einen politische Verantwortlichkeit, die wir als Christen haben. Im Grunde ist die Frage, ob man die Botschaft von Gottes Reich überhaupt unpolitisch leben kann? In dem Maße in dem wir Einfluss auf die Gesellschaft nehmen und sie mit unseren Idealen prägen, betätigen wir uns bereits politisch. Da Politik einen wichtigen Einfluss auf eine Stadt und die ganze Gesellschaft hat ist es darüber hinaus wünschenswert, dass wir uns auch dort einmischen. Wie das praktisch aussieht weiß ich auch nicht, aber ich spüre derlei Gedanken immer mehr in mir aufkeimen. Beispiele für politisch engagierte Christen gibt es zwar viele, ich möchte aber keine nennen um die Diskussion nicht auf ein Schlachtfeld zu führen, auf das ich nicht hinauswill.

Mit einigem Zögern gebe ich noch einen Linktipp: hier geht es zur Seite des Bundes der Religiösen Sozialistinnen und Sozialisten Deutschlands e.V., auch wenn dieser Bund vermutlich zu neu ist um mit Barth direkt assoziiert gewesen sein zu können, hätte es ihn vielleicht gefreut, diesen Link unter einem Artikel über sich zu sehen.

[mehr über Karl Barth]

  1. Barth, Karl (1985): Einführung in die evangelische Theologie. 3. Aufl. Zürich: Theolog. Verl, S. 88–89 []
  2. so 1919. Quelle: http://www.brsd.de/zeitschrift-cus/artikel/44-sozialismus-und-christentum-am-ende-des-zweiten-und-zu-beginn-des-dritten-jahrtausends []

13 Frau Torheit ist unruhig, einfältig und versteht nichts.

14 Sie sitzt an der Tür ihres Hauses auf einem Sessel auf den Höhen der Stadt

15 und ruft jene, die auf dem Weg vorüberziehen, die auf geraden Pfaden gehen:

16 Wer einfältig ist, kehre hier ein! Und zum Unvernünftigen spricht sie:

17 Gestohlenes Wasser ist süss, und im Verborgenen schmeckt das Brot köstlich.

18 Er aber weiss nicht, dass dort die Schatten wohnen, in den Tiefen des Totenreichs sind, die sie gerufen hat.

(Sprüche 9,13-18 nach der Zürcher)

Das Kapitel fing an mit einer Beschreibung der Werbung der Weisheit (Sprüche 9,1-5). Das Ende kontrastiert das und zeigt die Werbung der Torheit. Frau Torheit ist faul: Sie sitzt vor ihrem Haus auf den Höhen Stadt und ruft denen zu, die vorübergehen. Interessant ist, dass sie eine erhöhte Position einnimmt, sie thront auf den Höhen über der Stadt. Man sieht sie und geht an ihr vorbei.

Das Bild ist treffend, denn Torheit ist in der Welt immer erhöht, man sie sieht sie von Weitem auf Werbeplakaten, hört ihre Stimme im Radio und sieht sie im Fernsehen. Die Stimme der Weisheit ist viel verborgener als die Stimme der Torheit, die überall auf sich aufmerksam machen will.

Sie sagt heute noch dasselbe wie damals: Dass es angenehm ist, den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen und Vergnügen das Wichtigste ist. Das Entscheidende ist aber nicht was sie sagt, sondern was sie verschweigt. Nämlich, dass ihr Weg in den Abgrund führt.

Es ist schwer damit umzugehen, dass allenthalben die Torheit wirbt. Oft versuchen Christen etwas dagegen zu setzen indem sie die Lüge entlarven und mit denen diskutieren, die auf die plumpe Werbung hereingefallen sind. Das ist zum Scheitern verurteilt denn die Lehre der Sprüche rät davon ab, einen Spötter zu rügen (Sprüche 9,6-9). Es ist immer effektiver etwas Gutes zu tun als etwas Schlechtes zu bekämpfen. Viele meinen es gut und stellen sich gegen die Torheit, aber es wäre hilfreicher, die gute Nachricht zu bringen statt die schlechte zu bekämpfen.

(Natürlich hat auch dieses Prinzip Grenzen und Gottes Leute müssen gegen Ungerechtigkeit und Missstände einstehen. Das ist aber ein anderes Thema, dass in dieser Bibelstelle nicht angesprochen wird.)

Wenden wir uns nun dem II.Teil der Einführung in die evangelische Theologie zu: Der theologischen Existenz. Was ist ein Theologe und wie ist er? Für Barth steht am Anfang der theologischen Erkenntnis die Verwunderung.

Am Anfang alles theologischen Wahrnehmens, Forschens und Denkens – und nicht zuletzt auch jeden theologischen Wortes steht nämlich, wenn da bescheidene, freie, kritische und dann auch fröhliche Wissenschaft Ereignis sein und immer neu werden soll, eine ganz spezische Verwunderung.1

Man ist verwundert, wenn einem Neues begegnet, in diesem Sinne ist der Urgrund der Theologie nicht anders als derjenige der Philosophie oder – streng genommen – jeder wissenschaftlichen Betätigung. Die Verwunderung der Theologie ist indes eine besondere, denn sie rührt direkt von ihrem „Gegenstand“, der Offenbarung Gottes her. Damit ist klar, dass diese Verwunderung nie aufhört, oder zumindest nicht aufhören darf. Beim lesen habe ich Barths Verwunderung zuweilen als ein Interesse empfunden, das in die Forschung treibt; ein fasziniert-sein von Gott. Gnade uns Gott, wenn diese Faszination einmal erlöscht!
Gerade unsere Studienobjekt führt dazu, dass wir niemals auslernen. Ständig gibt es Neues an diesem Gott zu entdecken dem wir dienen, so dass wir aus dem Staunen, aus der Verwunderung nicht mehr herauskommen. Damit sind die Segel gesetzt in Richtung einer lebenslangen Schülerschaft: Wer Theologie studiert, der wird nicht irgendwann ausstudiert haben. Er wird sich trotz (oder gerade wegen?) aller Gelehrsamkeit, die er sich angeeignet hat, immer als Studenten dieser Disziplin verstehen. Barth weist in diesem Zusammenhang auf den alten Schleiermacher (?) hin, der sich auch nachdem er als Professor der Theologie bereist emeritiert war, noch als Studenten der Theologie bezeichnete. Leider habe ich die Stelle nicht markiert, so dass ich sie nicht im O-Ton zitieren kann.

Ungewöhnlich mutet Barths Erkennungskriterium für einen solchen Theologen an: Man erkennt ihn am Humor… ausgerechnet! Humor und der Charakter der Theologie als „fröhliche Wissenschaft“ spielt bei Barth eine wichtige Rolle. Immer wieder kommt er in verschiedenen Zusammenhängen darauf zu sprechen und wird auch von anderen als fröhlich beschrieben. Auch wenn ich keinen inneren Zusammenhang entdecke, der Humor und die Beschäftigung mit Theologie notwendig verknüpft, gefällt mir die Vorstellung des fröhlichen Theologen ungemein – es gibt Hoffnung für unsere Zunft!

An einem gewissen echten oder unechten, wirklichen oder nur zur Schau getragenen Ernst oder Humor wird, wer Augen hat zu sehen, einen von der Theologie und also vom Worte Gottes heimgesuchten und also irreperabel verwunderten Menschen immer schon von weitem erkennen.2

[mehr über Karl Barth]

  1. Barth, Karl (1985): Einführung in die evangelische Theologie. 3. Aufl. Zürich: Theolog. Verl, S. 72 []
  2. Barth, Karl (1985): Einführung in die evangelische Theologie. 3. Aufl. Zürich: Theolog. Verl, S. 81 []

12 Bist du weise, so bist du weise für dich selbst, und bist du ein Spötter, musst du allein es tragen. (Sprüche 9,12 nach der Zürcher)

Letztlich steht jeder Mensch mit seiner Entwicklung allein da. Empathie weckt in uns den Wunsch, das Leben mit anderen zu teilen, sie in unsere Erfahrungen mit hineinzunehmen und sie von unserer Weisheit profitieren zu lassen. Leider ist das eine Illusion, denn hinter unserer Weisheit (oder Torheit) steht ein ganzes Leben mit vielen tausend kleinen und großen Entscheidungen die uns zu dem gemacht haben, was wir heute sind. Wir können vielleicht Prinzipien weitergeben und anderen sagen, was wir gelernt haben, aber dann ist auch schon Schluss – letzten Endes stehen wir allein da und müssen oft kopfschüttelnd unerquickliche Dinge mit ansehen.
Jeder Mensch hat das Recht, seine eigenen Erfahrungen und Fehler zu machen. Das muss sich jeder ins Gedächtnis rufen, der sich mit Weisheitslehre, Erziehung usw. beschäftigt. Für Salomo wird es vermutlich zu den schwierigsten Erfahrungen gehört haben zu sehen, dass seine Schüler sich nicht so verhalten haben wie er es ihnen nahegelegt hat. Es wird immer wieder Situationen gegeben haben, in denen sie sich für einen anderen Weg entschieden haben und er einfach nur zusehen musste.
(Natürlich gab es auch in seinem eigenen Leben Situationen in denen er sich nicht so verhalten hat, wie er es anderen gepredigt hat, aber das ist ein anderes Thema…)

Eben (09.06. also etwas bevor dieser Artikel pünktlich zum Start von iAds veröffentlicht wird) lese ich, dass Steve Jobs iAds ankündigt. iAds soll eine völlig neue Werbemöglichkeit auf Mobilgeräten werden. In der deutschen Pressemeldung klingt das so:

„iAd bietet Werbeschaffenden die Emotion des Fernsehens zusammen mit der Interaktivität des Internet und eröffnet Nutzern eine neue Art Werbung zu entdecken, ohne dass sie dabei zum Verlassen ihrer Lieblings-Apps gezwungen werden,“ sagt Steve Jobs, CEO von Apple. „iAds werden Millionen Nutzer von iPhone und iPod touch erreichen – eine höchst begehrenswerte demographische Zielgruppe für Werbetreibende. Sie bieten Entwicklern eine neue Möglichkeit Geld zu verdienen, so dass sie weiterhin kostenlose und kostengünstige Anwendungen entwickeln können.“1

Was ist denn das für ein Blödsinn?! Ich habe endlich die Möglichkeit, Werbung zu entdecken ohne meine Lieblingsprogramme zu verlassen? Gibt es irgendjemanden, der diese Funktion haben will? Wenn ich ein Programm benutze ist das letzte was ich will, Werbung. Vielleicht hat Steve das nicht mitbekommen, aber bei vielen Sharewareprogrammen bezahlt man dafür, dass man eben keine Werbung zu sehen bekommt.

Ich hoffe ehrlich, dass das iPhone nicht mit Werbung zugemüllt wird, sonst wäre das sicherlich ein Grund sich für ein anderes Handy zu entscheiden. Im Grunde stehe ich ja auf Apple, aber das klingt mal wirklich nach einer absoluten Schnapsidee.

  1. http://www.apple.com/de/pr/library/2010/06/07iads.html []
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