Die achte Vorlesung der Einführung in die evangelische Theologie ist der Verpflichtung gewidmet. Barth beginnt mit der ultimativen Verpflichtung jeder Theologie: Der Verpflichtung gegenüber Gott:

Es ist eine helle und schöne, aber auch eine strenge, eine erhebende, aber auch erschreckende Sache, durch den Gott des Evangeliums, der der Gegenstand der evangelischen Theologie ist, in Pflicht genommen zu werden. ((Barth, Karl (1985): Einführung in die evangelische Theologie. 3. Aufl. Zürich: Theolog. Verl, S. 95))

Hier ist auch einmal eine klare Definition des Gegenstandes der evangelischen Theologie: Es ist der Gott des Evangeliums. Vermutlich wurde das bereits vorher gesagt, aber beim Herausschreiben meiner Anstreichungen war mir keine Stelle aufgefallen in der Barth so klar den Gegenstand seiner Theologie bezeichnete. Die Verpflichtung Gott gegenüber ist tatsächlich die höchste Verpflichtung, die ein Mensch eingehen kann. Alle anderen Verpflichtungen sind zeitlich und haben einen untergeordneten Stellenwert gegenüber dieser einen. Insofern liegt es nur nahe, dass es eine erhebende, zugleich aber auch schreckliche ist, denn in dieser Verpflichtung geht es um alles.
Wenig später wird dieser Gegenstand der Theologie noch weiter präzisiert:

Der Gegenstand der theologischen Wissenschaft in allen ihren Disziplinen ist das Werk und Wort Gottes in seiner Fülle – aber in seiner Fülle das eine Werk und Wort Gottes: der eine als König der Juden zum Heiland der Welt gekrönte, den einen Gott unter den Menschen wie den Menschen vor dem einen Gott vertretende – der eine erwartete, gekommene und nun erst recht erwartete Knecht und Herr Jesus Christus.1

Genau betrachtet wäre es gleichermaßen simplistisch wie positiv, auf die Frage nach dem Gegenstand der Theologie einfach nur „Gott“ zu sagen. Nachdem die Frage klar ist, um welchen Gott es geht, wird auch klar, dass es sich um die Offenbarung dieses Gottes in Wort und Werk handelt, die den Gegenstand evangelischer Theologie ausmacht. Ich weiß nicht, ob ich Barth an der Stelle richtig verstehe, aber da er mich inspiriert in diese Richtung zu denken, ist das auch nicht so entscheidend. Für mich klingt bei der Phrase „Wort und Werk Gottes“ immer die doppelte Offenbarung in Bibel und Geschichte an. Der Gott der Bibel erweist sich durch die ganze Geschichte im Leben eines jeden Menschen. Dieser Erweis ist wertlos ohne die Bibel, denn dann können wir ihn nur falsch deuten. Aber auch die Bibel ist in einem Sinne „wertlos“, denn ohne die Stimme Gottes verstehen wir die Bibel nicht. Beides gehört zusammen und so muss die Theologie sich auch mit beidem beschäftigen: Mit dem Wort und dem Werk Gottes.

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  1. Barth, Karl (1985): Einführung in die evangelische Theologie. 3. Aufl. Zürich: Theolog. Verl, S. 98 []

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