3 Von Unzucht aber und Schamlosigkeit jeder Art oder von Habgier soll bei euch, wie es sich für Heilige gehört, nicht einmal die Rede sein.
4 Auch Sittenlosigkeit und albernes oder zweideutiges Geschwätz schickt sich nicht für euch, sondern Dankbarkeit.
5 Denn das sollt ihr wissen: Kein unzüchtiger, schamloser oder habgieriger Mensch – das heißt kein Götzendiener – erhält ein Erbteil im Reich Christi und Gottes. (Epheser 5,3-5 nach der Einheitsübersetzung)

Die Gemeinde Gottes ist keine weltliche Sache und sie sollte so heilig sein, dass es in den Augen brennt sie an zu sehen. Unzucht und andere Sünden sollten uns so fern liegen, dass in der Gemeinde nicht einmal davon geredet wird. Man beschäftigt sich logischerweise mit Dingen von denen man redet. Das Ziel für Christen sollte es sein, so stark auf Jesus und sein Reich fokussiert zu sein, dass wir nicht mal mehr an Sünde denken, geschweige denn, davon reden.
An dieser Stelle kommt es immer wieder zu Missverständnissen im Leib Christi. Wir denken schnell, dass wir diese Heiligkeit mit Gesetzen erzwingen könnten. Es wird dann einfach verboten, fern zu sehen, in Diskos zu gehen, bestimmte Musik zu hören, Bücher zu lesen usw. Das Ergebnis ist dann aber keine Heiligkeit, weil so nicht unbedingt mehr von Gott in der Gemeinde sichtbar wird – es gibt nur mehr Krampf, Askese und nicht selten Heuchelei.
Paulus spricht im letzten Absatz nicht vom Himmel, er redet immer noch über Gemeinde und Heiligkeit auf der Erde. Wahre Heiligkeit zieht Gottes Geist an. Wenn jemand in Sünde lebt, lässt das Rückschlüsse auf sein geistliches Leben zu. Wer ständig mit Jesus am Start ist, der wird sich der Sünde für tot halten und sein Leben wird sich ändern. Sünde und ein nicht-erben (oder erleben) des Reiches und der Kraft Gottes haben also eine gemeinsame Ursache und so kann Sünde als Messwert dafür gelten, Gottes Kraft nicht zu erleben.
Der Weg zu mehr Heiligkeit führt aber niemals über den Umweg von Gesetz, er führt immer über mehr Zeit mit Jesus – je mehr wir uns Gott aussetzen, umso weniger werden wir die Dinge tun, die nicht in seinem Willen sind.

Zwei Autoren
Die Bibel ist also nicht vom Himmel gefallen, wie das anderen heiligen Büchern zugeschrieben wird, sondern hat durchaus einen menschlichen Ursprung. Aber das ist natürlich nicht alles. Wenn sie auch von Menschen geschrieben ist, wurde sie doch von Gott inspiriert.
Wie diese Inspiration genau aussieht ist schwer zu sagen. Es gibt in den verschiedenen theologischen Lagern eine ganze Bandbreite von Glaubensüberzeugungen: die einen glauben an ein wörtliches Diktat des Heiligen Geists, andere glauben, dass Gott nicht mehr als eine grundlegende Idee beigesteuert hat. Irgendwo zwischen diesen beiden Polen wird die Wahrheit liegen. Die Frage der Inspiration der Schrift zu klären ist auch nicht Aufgabe dieser Schrift, aber als Tatsache steht fest, dass Gott maßgeblich an der Bibel beteiligt war, so dass wir mit Fug und Recht die Bibel als das Wort Gottes ansehen.

Eine der größten Herausforderungen der Theologie ist es nun, Menschliches von Göttlichem zu trennen. Herauszufinden, was Gottes ewiges Wort an uns ist, und was einfach nur Spiegel der Zeit gewesen ist, so dass wir es mit Recht als unverbindlich für uns betrachten können.
Paulus wies seinen Schüler Timotheus an, das Wort „in gerader Richtung zu schneiden“ (Elberfelder). Das griechische orthotome?, wird verschieden übersetzt und gedeutet, kann aber auf jeden Fall auch die Bedeutung von gerade schneiden haben. Genauso sollen wir säuberlich und ordentlich Menschliches von Göttlichem trennen, um das herauszufinden, was für uns als Menschen des 21.Jahrhunderts wichtig ist.
Dabei ist es allerdings wichtig, im Hinterkopf zu behalten, dass die Bibel Gottes Wort ist, nicht enthält. Wir suchen nicht nach einem göttlichen Kern in der Bibel, sondern glauben, dass die ganze Bibel Gottes Wort ist. Nur, sie ist nicht immer Gottes Wort an uns. Das zeigt sich gerade in den Briefen und dem Alten Testament immer wieder. Selbst die Gebote sind nicht immer Gottes Gebote an uns.

Beispiel: Der Mantel des Paulus

Den Reisemantel, den ich in Troas bei Karpus ließ, bringe mit, wenn du kommst, auch die Bücher, namentlich die Pergamente. – 2.Timotheus 4,13

Unzweifelhaft handelt es sich bei dieser Stelle um einen Auftrag, ein Gebot sozusagen. Nur ist es eben kein Gebot an uns, auch wenn es im Wort Gottes steht.

Beispiel: Das Gesetz des Alten Testamentes
Während das erste Beispiel eher humoristisch gemeint war, ist das zweite eine theologisch absolut ernste Sache. Wie sollen wir als Christen mit dem Gesetz des Alten Testamentes umgehen? Die Frage bezieht sich natürlich mehr oder weniger auf das ganze Alte Testament, das ja im grossen und ganzen nur wenig mehr ist als das Gesetz Gottes und seine Anwendung. Ich will aber an dieser Stelle nur auf das Gesetz im engeren Sinne eingehen.
Vielfach erscheint es sehr wahllos, wenn Christen sich auf Gesetze des Alten Testamentes berufen. Die einen sollen (angeblich) befolgt werden, die anderen (angeblich) nicht. Insgesamt gilt es festzustellen, dass die Gesetze des Alten Testamentes Bundesauflagen an Israel waren. Der Bund Gottes mit dem Volk Israel zeigte sich von Gottes Seite her in Segen, von menschlicher Seite her in Erfüllung der Bundesauflagen, eben der Gesetze.
Teil der Gesetze des Alten Testamentes ist das Recht des alten Staates Israel. Unter diesem Gesetz lebt heute niemand mehr. Selbst zu Zeiten des Neuen Testamentes, als Israel ein Teil des römischen Reiches war, konnten manche Gesetze dieses Landes schon nicht mehr ohne weiteres zur Anwendung gebracht werden (die Römer behielten sich ein Monopol auf die Todesstrafe vor). An die Zivil- und Strafgesetze des Alten Testamentes können wir uns gar nicht halten.
Wir leben als Christen nicht mehr im Bund des Alten Testamentes, sondern im Bund des Neuen Testamentes, der im Blut Christi geschlossen ist (1.Korinther 11,25). Wenn ein alter Bund von einem neuen Bund abgelöst wird, gelten direkt nur die Auflagen des alten Bundes, die direkt wiederholt werden. Alles andere hat eher illustrativen Charakter.

Wiederholt wurden z.B. neun der zehn Gebote (das Sabbatgebot wurde nicht wiederholt), so dass man davon ausgehen kann, dass diese Gebote für uns nach wie vor eine wichtige Basis ethischen Handelns darstellen.

Nicht wiederholt wurde das berühmteste Zitat des Alten Testamentes überhaupt:

Auge um Auge, Zahn um Zahn, Hand um Hand, Fuß um Fuß, Brandmal um Brandmal, Wunde um Wunde, Beule um Beule. (2.Mose 21,24-25)

Dieses Gebot gilt wohl nicht mehr für uns (manche finden das bedauerlich…), an seine Stelle trat:

Ihr habt gehört, daß gesagt ist: «Auge um Auge und Zahn um Zahn!»
Ich aber sage euch: Ihr sollt dem Bösen nicht widerstehen; sondern wenn dich jemand auf deinen rechten Backen schlägt, so biete ihm auch den andern dar; und wer mit dir rechten und deinen Rock nehmen will, dem laß auch den Mantel; und wenn dich jemand eine Meile weit zu gehen nötigt, so gehe mit ihm zwei. – Matthäus 5,38-41

Fee und Stuart haben einige Regeln für den Umgang mit dem Alten Testament so griffig formuliert, dass ich sie abschliessend zu diesem Beispiel zitieren möchte :

• Du sollst das alttestamentliche Gesetz als völlig von Gott inspiriertes Wort für dich sehen.
Du sollst das alttestamentliche Gesetz nicht als Gottes direktes Gebot an dich sehen.
• Du sollst das Alttestamentliche Gesetz als Grundlage für den Alten Bund und damit für Israels Geschichte sehen.
Du sollst die alttestamentlichen Gesetze nicht als für Christen im Neuen Bund verbindlich sehen, es sei denn, sie werden ausdrücklich erneuert.
• Du sollst Gottes Gerechtigkeit, Liebe und hohe Maßstäbe erkennen, wie sie im alttestamentlichen Gesetz offenbart werden.
Du sollst nicht übersehen, dass Gottes Gnade im entsprechenden Mass zur Strenge des Gesetzes steht.
• Du sollst das alttestamentliche Gesetz nicht als vollständig betrachten. Es ist nicht allumfassend.
Du sollst das alttestamentliche Gesetz als Paradigma verstehen, das exemplarisch zeigt, welches Verhalten in der Vielfalt der verschiedenen Lebensumstände erwartet wird.
• Du sollst nicht erwarten, dass das alttestamentliche Gesetz in den Propheten oder im Neuen Testament häufig zitiert wird.
Du sollst im Gedächtnis behalten, dass die Essenz des Gesetzes (die Zehn Gebote und die beiden höchsten Gebote) in den Propheten wiederholt und im Neuen Testament erneuert wird.
• Du sollst das alttestamentliche Gesetz als grosses Geschenk an Israel sehen, das viel Segen brachte, wenn man ihm gehorchte.
Du sollst das alttestamentliche Gesetz nicht als Zusammenstellung willkürlicher, lästiger Bestimmungen betrachten, die die Freiheit der Menschen beschränken sollten.

30. September 2008 in theologie und gemeinde 8

Epheser 5,1-2

Ahmt Gott nach als seine geliebten Kinder,
2 und liebt einander, weil auch Christus uns geliebt und sich für uns hingegeben hat als Gabe und als Opfer, das Gott gefällt. (Epheser 5,1-2 nach der Einheitsübersetzung)

Im Laufe der Zeit haben wir viele Vorbilder an denen wir unser Leben ausrichten. Diese Vorbilder können Politiker, Musiker, Schauspieler oder Freunde sein – im Grunde genommen jeder, von dem wir meinen, dass man ihm nacheifern sollte. Paulus macht hier klar, dass es nur einen gibt, dem wir nacheifern sollten: Gott. Es gibt nur einen, bei dem es in Ordnung ist, ihn sich zum Vorbild zu nehmen und so sein zu wollen wie er: Jesus Christus.
Wenn Jesus unser Vorbild ist, heisst das, dass wir so leben wollen wie er. Wir versuchen von ihm zu lernen und uns so zu verhalten wie er es getan hätte. Das tun wir aber nicht mit der üblichen Distanz die man zu seinen Vorbildern hat, die entweder tot oder unerreichbar sind. Wir tun es vielmehr als geliebte Kinder. Hier liegt eine interessante Spannung: wir sind Gottes Knechte und tun alles, was er sagt. Aber wir sind auch Gottes Kinder, die er liebt und die ihn lieben und die ihm aus Liebe heraus gehorsam sind.

Der wichtigste Bereich in dem wir Jesus nachahmen sollen ist in der Liebe. Jesus selber hatte die Liebe als das höchste Gebot bezeichnet (Markus 12,28-34) und klar gemacht, dass man alle anderen Gebote automatisch erfüllt, wenn man in der Liebe ist. Jesus ist unser grösstes Vorbild in dieser Liebe, denn er hat uns Menschen so sehr geliebt, dass er sein Leben für uns hingegeben hat. Wenn wir ihn nachahmen wollen, dann müssen wir ebenso leben. Dabei geht es nicht darum, für einander zu sterben, sondern erst einmal für einander zu leben. Wer Christ ist, wird nicht nur für sich selber leben sondern auch für andere. Er wird einen Teil seiner Zeit und Ressourcen für andere zur Verfügung stellen um ihnen zu dienen. Er wird anderen nichts Böses wollen sondern ihnen in der Gnade und dem Wohlwollen Jesu gegenüber treten.

Zeitlicher Ablauf der Entwicklung und Überlieferung der Bibel (1|2)
[Leider kann man mit wordpress keine schönen Tabellen setzen.]

8.-2.Jh.
Entstehung der Schriften des Alten Testaments (z.T. aus sehr viel älteren Schriften)

ca 300-130
Das hebräische Alte Testament in Ägypten wird ins Griechische übersetzt (Septuaginta, LXX)

2.-1. Jh.
Älteste erhaltene hebräische Handschriften des Alten Testaments. Funde im Fajum (Papyrus Nash), in Kairo (Geniza) und in den Höhlen am Toten Meer. Älteste erhaltene Handschriften der griechischen Übersetzung des Alten Testaments (Papyrus Manchester, Zwölf-Propheten-Rolle in Qumran)

um 27-30
Jesu Wirken in Palästina

51
Thessalonicherbriefe

53
1.Korinther und Galater

56
2.Korinther

57
Römer

61-62
Philemon, Kolosser, Epheser und Philipper

63-66
1.Timotheus und Titus

64-67
Petrusbriefe

67
2.Timotheus, Matthäus, Markus, Lukas, Apostelgeschichte, Judas und Hebräer

100
Johannesevangelium, Johannesbriefe und Offenbarung

Ab Ende 1.Jh
Zahlreiche Abschriften der biblischen Schriften auf Papyrus. Statt der traditionellen Schriftrollen bevorzugen Christen die Form des Kodex, eines Vorläufers der heutigen Buchform.

um 125
Ältestes erhaltenes Bruchstück des Neuen Testaments (Papyrus, F2)

um 144
Marcion in Rom stellt das Lukas-Evangelium und zehn Paulusbriefe in einer verkürzten Bearbeitung zusammen. Mit dieser sehr engen Auswahl gibt er der Kirche verstärkt Anlaß, das zahlreich gewordene christliche Schrifttum zu prüfen und einen »Kanon« der als verbindlich anerkannten Schriften abzugrenzen (Neues Testament).

Ende 1.Jh.
Jüdische Schriftgelehrte bestimmen den genauen Umfang der hebräischen Bibel. Einige Schriften werden seitdem nur noch in der griechischen Übersetzung überliefert (Deuterokanonische Schriften / Apokryphen).

um 200
Der Kanon des Neuen Testaments steht in großen Zügen fest. Frühe Übersetzungen des Neuen Testaments ins Lateinische (Vetus Latina oder Itala)

3. Jh.
Wichtige Papyrushandschriften: Chester-Beatty-Papyri (große Teile des Alten und Neuen Testaments), Bodmer-Papyri (u.a. Lukas und Johannes)

240-245
Origenes (185-254) stellt sechs verschiedene Textfassungen des Alten Testaments nebeneinander (Hexapla = »sechsfältiges« Bibelwerk): den hebräischen Grundtext, denselben Text in griechischen Buchstaben und vier griechische Übersetzungen. Ziel ist eine Überprüfung der Septuaginta am hebräischen Text.

Anfang 4.Jh
Frühe Übersetzungen des Neuen Testaments ins Syrische (Vetus Syra), daraus geht in der 1. Hälfte des 5.Jh. die sog. Peschitta hervor.

350-380
Wulfila übersetzt im heutigen Bulgarien die Bibel ins Gotische.

382-420
Hieronymus bearbeitet die altlateinische Bibel. Er übersetzt das Alte Testament neu aus dem Hebräischen ins Lateinische und revidiert den altlateinischen Text des Neuen Testaments. So entsteht die später sogenannte »Vulgata«.

393
Die Synode in Hippo stellt ein erstes Kanonverzeichnis (=Verzeichnis der Teile der Bibel) auf.

4.-5. Jh.
Die großen Pergament-Kodizes werden geschrieben (Codex Vaticanus, Sinaiticus, Alexandrinus, Ephraemi rescriptus, Bezae Cantabrigiensis).

8.-10.Jh.
Tätigkeit der Masoreten in Tiberias und Babylonien am hebräischen Text des Alten Testaments (Ben Ascher)
um 800 Revision der lateinischen Bibel durch Alkuin auf Veranlassung Karls des Großen. Übersetzung des Matthäus-Evangeliums ins Deutsche (althochdeutsch): Mondseer Matthäus

8.-11.Jh.
Prunkvolle Bibelhandschriften mit Miniaturmalereien entstehen.

11.Jh.
Notker Labeo übersetzt den Psalter, Williram das Hohelied ins Deutsche.

11.-15.Jh.
Zahlreiche Übersetzungen biblischer Schriften und der ganzen Bibel ins Deutsche und in andere Volkssprachen. Entstehung der Bilderbibeln. Übergang vom Pergament zum Papier. Drucke der Armenbibel von geschnittenen Holztafeln als Vorstufe des Bibeldrucks

um 1440
Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern durch Johannes Gutenberg in Mainz

1452-1455
Erster Druck der lateinischen Bibel durch Gutenberg (42zeilige Bibel)

1466
Mentelin in Straßburg druckt die erste deutsche Bibel. Es folgen Drucke von Bibelübersetzungen in anderen deutschen Städten und in zahlreichen anderen Sprachen.

1477
Der Psalter in Oberitalien zum erstenmal hebräisch gedruckt (1488 das ganze Alte Testament)

1516
Das erste gedruckte griechische Neue Testament, bearbeitet von Erasmus, erscheint in Basel.

09. 1522
Luthers deutsches Neues Testament erscheint in Wittenberg.

1534
Luthers deutsche Bibel erscheint in Wittenberg.

1546
stellt die katholische Kirche auf der Basis der Entscheidung von 393 den Umfang der biblischen Bücher fest.

1590/1592
Die Vulgata wird neu bearbeitet.

1710
Freiherr von Canstein gründet in Halle die erste Bibelgesellschaft der Welt.

1734
Ausgabe des griechischen Neuen Testaments durch Johann Albrecht Bengel

ab 1812
Gründung von deutschen Bibelgesellschaften, z.B. Württembergische Bibelanstalt

1814
Gründung der preußischen Hauptbibelanstalt in Berlin. Gründung der sächsischen Hauptbibelgesellschaft in Dresden.

1844 /1859
Auffindung des Codex Sinaiticus durch Constantin von Tischendorf im Katharinen-Kloster am Sinai

1892
Erste kirchenamtliche Revision der Lutherbibel abgeschlossen

1898
Eberhard Nestles Griechisches Neues Testament, das später laufend dem Stand der neutestamentlichen Forschung angepasst wird, erscheint erstmals bei der Württembergischen Bibelanstalt.

seit Ende 19.Jh.
Funde biblischer Papyri in Ägypten

1906
Herausgabe der Biblia Hebraica durch Rudolf Kittel

1912
Lutherbibel neu durchgesehen nach dem vom Deutschen Evangelischen Kirchenaus-schuß genehmigten Text

1921
Beginn der dritten, umfassenden Revision von Luthers Bibelübersetzung

1937
Die Biblia Hebraica durch Kittel, Eißfeldt, Alt und Kahle neu bearbeitet auf der Grundlage des Ben-Ascher-Textes, d.h. des Leningrader Codex von 1008 n. Chr.

ab 1947
In Höhlen bei Qumran am Toten Meer werden Handschriften des hebräischen Alten Testaments gefunden (zwei Jesaja-Rollen, Habakuk und anderes). Lit.: u.a. Sabine Rückert: „Ans Licht der Welt“ in DIE ZEIT Nr. 53 vom 25.12.1992 Seite 11 ff

1966
Gemeinsame Ausgabe des griechischen Neuen Testaments durch den Weltbund der Bibelgesellschaften (The Greek New Testament)

Ab 1967
beteiligt sich die Evangelische Kirche an der Ev./Kath. Einheitsübersetzung.

1968-1977
Neubearbeitung der Biblia Hebraica (Biblia Hebraica Stuttgartensia)

1979
Das Griechische Neue Testament von Nestle erscheint in 26., völlig neu bearbeiteter Auflage (Nestle-Aland).

1980
Die für die deutschsprachigen katholischen Diözesen in Auftrag gegebene »Einheitsübersetzung« erscheint. Neues Testament und Psalmen sind unter evangelischer Mitarbeit übersetzt und als ökumenischer Text anerkannt, nicht jedoch die anderen Teile des Alten Testaments.

1982
»Die Bibel in heutigem Deutsch« (Die Gute Nachricht des Alten und Neuen Testaments)

1983
Die Bibel oder Teile der Bibel sind in 1785 Sprachen übersetzt.

1984
Abschluss der Revision der Lutherbibel (Altes Testament 1964, Apokryphen 1970, Neues Testament 1984)
_______

Anmerkungen:
(1) Nach www.elbikon.de. Die Datierung der einzelnen Bücher des Alten Testamentes ist sehr schwierig, wer mehr darüber wissen will, sollte am besten die Einleitungen der einzelnen Bücher in einer Studienbibel nachlesen.
(2) Gerade die genauen Abfassungszeiten der NT-Schriften sind natürlich sehr spekulativ und
differieren unter Umständen von Autor zu Autor erheblich. Eine gute Diskussion möglicher
Abfassungszeiten bietet z.B. die Wuppertaler Studienbibel. Diese Datierung folgt BibleWorks.

28. September 2008 in theologie und gemeinde 0

Epheser 4,28-32

28 Der Dieb soll nicht mehr stehlen, sondern arbeiten und sich mit seinen Händen etwas verdienen, damit er den Notleidenden davon geben kann.
29 Über eure Lippen komme kein böses Wort, sondern nur ein gutes, das den, der es braucht, stärkt, und dem, der es hört, Nutzen bringt.
30 Beleidigt nicht den Heiligen Geist Gottes, dessen Siegel ihr tragt für den Tag der Erlösung.
31 Jede Art von Bitterkeit, Wut, Zorn, Geschrei und Lästerung und alles Böse verbannt aus eurer Mitte!
32 Seid gütig zueinander, seid barmherzig, vergebt einander, weil auch Gott euch durch Christus vergeben hat. (Epheser 4,25-32 nach der Einheitsübersetzung)

Paulus führt seine Beispiele über den Verhaltenskodex in der Gemeinde weiter fort. Im Grunde ist es derselbe Sinnabschnitt wie die Verse zuvor, ich habe es hier nur getrennt damit die einzelnen Artikel nicht zu lang werden. Das dritte Beispiel ist Diebstahl. Christen stehlen nicht. Wenn jemand vor seiner Bekehrung gestohlen hat, dann soll er es jetzt, da er Jesus kennt, nicht mehr tun. Einer Gemeinschaft wird durch Diebstahl grosser Schaden zugefügt, denn irgendwann wird jeder jeden verdächtigen und das Vertrauen in der Gemeinde ist dahin.
Dasselbe gilt für böse Worte. Unser Umgang miteinander soll nicht durch Zynismus und fiese Sprüche geprägt sein sondern davon, dass wir einander aufbauen. Wer das einmal versucht hat wird festgestellt haben, dass es viel schwieriger ist, gut übereinander und miteinander zu reden als schlecht. Hier greift es besonders, dass wir es üben müssen, anders miteinander umzugehen, als es in weltlichen Cliquen der Fall ist in denen es vollkommen normal ist, übereinander zu lästern und sich böse Sprüche zu drücken.
Alles unjesusmässige Verhalten kann letzten Endes den Heiligen Geist betrüben. Was bedeutet das? Es heisst, dass unser Lebensstil uns von der fühlbaren Gegenwart des Heiligen Geistes und von seiner Kraft trennt. Das bedeutet nicht, dass uns Gott verstossen hat, aber es bedeutet, dass wir nicht mehr das intensive Leben als Christen führen werden, dass wir haben wenn wir einen heiligen Lebenswandel führen.
Wenn es schon nicht ausreicht, dass Sünde einen Menschen selber und die Gemeinschaft schädigt, dann wird es uns vielleicht zum nachdenken bringen, wenn sich der Heilige Geist zurück zieht. Was wir dann machen ist wohl klar: wir legen den Rückwärtsgang ein, sind wieder gütig und barmherzig, vergeben, stellen Dinge klar, leisten Wiedergutmachung und gehen jeden anderen Schritt auf Jesus und die Geschwister zu.

Zwei weitere Einträge zu Epheser 4,30: 1|2

1. Die Bibel
Um die Bibel zu studieren, ist es wichtig eine zu haben. Sie ist das grundsätzlichste Instrument der Auslegung, ohne sie geht nichts. Eine Frage, die immer wieder gestellt wird, lautet: „Welche Bibelübersetzung ist die beste?“ Um es vorwegzunehmen: ich weiß es nicht. Es gibt sehr viele Bibelübersetzungen in deutscher Sprache, und alle haben ihre Vor- und Nachteile.
Aber einer Tatsache sollte man sich, gleich welche Bibelübersetzung man benutzt, immer bewusst sein: mit der Übersetzung zusammen kauft man immer auch Interpretation. Jede Bibelübersetzung ist zugleich auch Kommentar. Das ist schade, aber nicht zu ändern. Ein kurzer Überblick über den Entstehungsprozess einer Bibelübersetzung soll das verdeutlichen. (1)

Ebenso wie die Originale der 10 Gebote Mose abhanden gekommen sind(2) , haben wir auch keine Originalschriften der Bibel mehr. Alles, was wir haben, ist eine sehr große, mehrere tausend (ca 20.000) Einzelexemplare umfassende Sammlung von Textfragmenten.
Diese Fragmente unterscheiden sich bezüglich Zustand, Alter und Inhalt zum Teil beträchtlich. Keine zwei sind identisch. Teilweise liegen sie auch schon als Übersetzung vor. So ist z.B. eine der wichtigsten Quellen für den Text des Alten Testamentes die griechische Septuaginta-Übersetzung (LXX) (3).
Die erste Schwierigkeit ist es nun, aus dieser Fülle an Material den „Grundtext“ herauszufiltern. Da die Textkritik eine Wissenschaft ist, die wie jede andere auch mit festen Regeln und Kontrollen arbeitet, ist es bei den allermeisten Fragmenten und Bibelstellen kein Problem, die Authentizität festzustellen. Aber es bleiben immer Reste von Unsicherheit übrig. Manchmal ist es bei zwei verschiedenen Lesarten (unterschiedliche Texte) nicht möglich, wissenschaftlich zu entscheiden, welches richtig ist und welches nicht; dann wird nach nicht-wissenschaftlichen und nicht selten theologischen Kriterien ausgewählt. Also ist bereits das, was wir als hebräischen und griechischen Grundtext kennen, in kleinen Mengen Interpretation.
Dass die Interpretation mit dem Grundtext beginnt zeigt schon die Tatsache, dass es verschiedene Grundtexte gibt. Der für uns maßgebliche für das Neue Testament ist Nestle-Aland (aktuell in der 27.Auflage, abgekürzt als NA27). Daneben gibt es den textus receptus, den 1516 Erasmus von Rotterdam herausgegeben hat. Als im 18. und 19. Jahrhundert immer mehr Grundtextfragmente gefunden wurden, war der Text bald überholt und wurde von den genaueren, textkritisch besser bearbeiteten Ausgaben von Tischendorff und Westcott/Hort ersetzt.
Bis heute gibt es konservative Kreise, die NA27 ablehnen weil der Text von Nichtchristen bearbeitet wird und am textus receptus festhalten. Die englische King-Kames-Version und die deutsche Schlachter sind die einzigen bekannten und verbreiteten Bibeln die aus dem textus receptus übersetzen. Die Neue Welt Übersetzung der Zeugen Jehovas verwendet als einzige moderne Übersetzung noch Westcott/Hort.
Manchmal erklären sich die Unterschiede zwischen den verschiedenen Übersetzungen daher, das unterschiedliche Grundtexte verwendet wurden.

Noch schwieriger ist es, vom Grundtext zur deutschen Übersetzung zu gelangen. Hier gibt es vieles zu beachten. Es ist schwierig in einer anderen Sprache Worte zu finden, die denen der Grundsprache exakt, auch in Nebenbedeutungen entsprechen. Das Griechische hat z.B. fünf verschiedene Worte, die wir alle mit „Liebe“ übersetzen würden. Um klar zu machen, welche Liebe jeweils gemeint ist muss man im Deutschen jeweils ein Adjektiv hinzusetzen.
Die Schwierigkeit zeigt sich schon, wenn man versucht, einen englischen Liedtext so zu übersetzen, dass sowohl der Inhalt als auch die Form erhalten bleiben. Wie viele Übersetzungen englischer Lobpreislieder zeigen ist das fast unmöglich. Wenn man dann noch bedenkt, dass Englisch und Deutsch sich viel ähnlicher sind als Deutsch und Hebräisch, kann man sich in etwa die Schwierigkeiten vorstellen, vor denen ein Übersetzer steht.

Hebräer 11,1 nach der Übersetzung…

… Hoffnung für Alle:
Was aber heißt: Glaube? Der Glaube ist die feste Gewissheit, dass sich erfüllt, was Gott hat; er ist die tiefe Überzeugung, dass die unsichtbare Welt Gottes Wirklichkeit ist, auch wenn wir sie noch nicht sehen können.

… Mühlheimer NT:
Der Glaube ist nämlich eine Verwirklichung dessen, was man hofft, und eine zweifellose Gewissheit über Tatsachen, die man noch nicht sieht.

… Die Neue Welt Übersetzung:
Der Glaube ist die gesicherte Erwartung erhoffter Dinge, die offenkundige Darstellung von Wirklichkeiten, obwohl man sie nicht sieht.

…VOLXBIBEL:
Wie geht das jetzt überhaupt, zu glauben? Glauben bedeutet, dass man auf etwas hofft und ganz fest darauf vertraut, dass es auch passiert, und dass man Sachen einfach weiß, obwohl man sie nicht beweisen kann.

… Die Geschriebene:
Es ist aber das Treun ein Untenstehn betreffs des Erwartetseienden, ein Überführtwerden betreffs der Nichterblicketseienden Tatsachen.

Ich glaube nicht, dass man von einer Übersetzung sagen kann, dass es die beste wäre. Jede Übersetzung hat ihre Vor- und Nachteile, und Kommentar sind sie eben alle. Ein gutes Kriterium bei der Auswahl einer Bibel ist es, ob man sich damit wohl fühlt. Gefällt es einem, in dieser Übersetzung zu lesen, oder hat man permanent das Gefühl, über- oder unterfordert zu sein?
Ein weiteres Kriterium kann der Anhangs- und Quellenapparat sein. Manche Übersetzungen haben sehr praktische Anhänge mit Worterklärungen, kleinen Konkordanzen usw.

Tipp
In jedem Fall ist es immer gut, mehrere Übersetzungen zu haben und bei kritischen Versen in mehreren Bibel nachlesen zu können, was andere an dieser Stelle übersetzen.
So gut es beim Lesen ist, eine Bibel zu verwenden, in der es einfach Spaß macht, zu lesen und in der man es sich im Laufe der Zeit durch Anstreichungen und Randbemerkungen gemütlich gemacht hat, so wichtig ist es für das Studium, mehrere Übersetzungen nebeneinander legen zu können.

Um Bibelübersetzungen besser beurteilen zu können empfehle ich von Rudolf Kassühlke das Buch: eine Bibel, verschiedene Übersetzungen. (weitere Angaben dazu in der Bibliographie am Ende)

Bergsteigen mit der Bibel
Ein weiteres Kriterium für die Auswahl einer Bibel ist Griffigkeit. Bibellesen ist wie Bergsteigen, man braucht eine raue Oberfläche, um weiterzukommen. Zeitgemäße Übersetzungen bemühen sich, Unebenheiten aus dem Text auszubügeln und schaffen so einen sehr glatten Text, der keine Fragen mehr aufwirft.
Da ist es manchmal besser, eine schwierigere Übersetzung zu wählen, die mehr Packende bietet. Da Fragen tiefer in das Verständnis führen, ist es gut, wenn sie aufgeworfen werden.

Beispiel: Hebräer 11,1
Die Hoffnung für Alle bügelt den Text so glatt, dass man sicher ist, alles verstanden zu haben:
Was aber heißt: Glaube? Der Glaube ist die feste Gewissheit, dass sich erfüllt, was Gott hat; er ist die tiefe Überzeugung, dass die unsichtbare Welt Gottes Wirklichkeit ist, auch wenn wir sie noch nicht sehen können.
Demgegenüber lädt die Elberfelder hier zum Nachdenken über den Text ein:
Der Glaube aber ist eine Verwirklichung dessen, was man hofft, ein Überführtsein von Dingen, die man nicht sieht.
____________
Anmerkungen:
(1) Fee und Stuart vertiefen diese Überlegungen. Die Seiten 29-46 sind in diesem Zusammenhang absolut lesenswert.
Ein weiteres interessantes Buch zum Thema ist Kassühlke, Robert: Eine Bibel – viele Übersetzungen
(2) Die ursprünglichen Zehn Gebote, die ihm von Gott übergeben wurden, zerstörte Mose aus Wut über den Götzendienst der Israeliten: Mose aber wandte sich und stieg vom Berg hinab und hatte die zwei Tafeln des Zeugnisses in seiner Hand; die waren auf beiden Seiten beschrieben. Und die Tafeln waren Gottes Werk, und die Schrift war Gottes Schrift, darein gegraben.
Als nun Josua das Geschrei des Volkes hörte, das jauchzte, sprach er zu Mose: Es ist ein Kriegsgeschrei im Lager! Er aber antwortete: Man singt da weder von Sieg noch Niederlage, sondern ich höre einen Wechselgesang!
Als er aber nahe zum Lager kam und das Kalb und den Reigen sah, entbrannte Moses Zorn, so daß er die Tafeln wegwarf und sie unten am Berg zerschmetterte. (2.Mose 32,15-19)
Die Folge war, dass Mose die Gebote später eigenhändig wieder aufschreiben musste: 2.Mose 34
(3) Zur Entwicklung, Überlieferung und Glaubwürdigkeit der Bibel empfehle ich Josh McDowell:
Die Bibel im Test

26. September 2008 in theologie und gemeinde 1

Epheser 4,25-27

25 Legt deshalb die Lüge ab, und redet untereinander die Wahrheit; denn wir sind als Glieder miteinander verbunden.
26 Laßt euch durch den Zorn nicht zur Sünde hinreißen! Die Sonne soll über eurem Zorn nicht untergehen.
27 Gebt dem Teufel keinen Raum!  (Epheser 4,25-27 nach der Einheitsübersetzung)

Die letzten Verse des Kapitels handeln von Verhaltensregeln in der Gemeinde. Viele Christen mögen so etwas nicht, weil es ihnen gesetzlich erscheint und sie ihr Leben mit Jesus nicht nach Gesetzen leben wollen. Der Zusammenhang des Kapitels ist aber nicht Gesetz sondern das Verhalten untereinander und die Veränderung des Denkens. Man verändert sich nicht nur, wenn man über das richtige nachdenkt und es betet und bekennt, sondern auch indem man es einübt. Die Sachen, die Paulus hier beschreibt sind also Vorschläge, worauf wir achten sollen und welches Verhalten wir einüben sollen. Wer an seinem Verhalten arbeitet, wird letztlich sich selber und die Gemeinde verändern.

Das erste Beispiel ist, dass wir ehrlich miteinander umgehen sollen. Wir sitzen im selben Boot und sind Teil desselben Körpers. Wenn wir uns ständig gegenseitig in die Tasche lügen, wird das die Beziehungen untereinander belasten. Wer lügt, dem kann man nicht vertrauen, was letztlich dazu führt, dass man ihm gegenüber nicht mehr offen ist. Wenn wir offene Beziehungen wollen ist es deshalb wichtig, die Wahrheit zu sagen und zu seinem Wort zu stehen. Mit solchen Dingen kann man ruhig auch mal etwas deutlicher sein; man muss Sünde nicht immer vorsichtig ansprechen und versuchen, niemandem auf den Schlips zu treten. Lügen ist einfach daneben und wir sollten es als Christen nicht tun.

Der zweite Bereich, den Paulus anspricht ist der Zorn. Es ist offenbar möglich, zornig zu sein ohne zu sündigen. Aber jeder, der mal zornig war weiss auch, wie schwer das ist. Wenn man richtig sauer ist, dann will man verletzen. Man ist nicht auf Frieden und Vergebung aus sondern will Rache und Genugtuung. Die einzige Möglichkeit im Zorn nicht zu sündigen ist es, mit diesem Reflex klar zu kommen.
Man kann sich leicht vorstellen, was Jähzorn mit einer Gemeinde macht. Jemand, der sich immer aufregt und seinem Zorn freien Lauf lässt indem er andere beleidigt und verletzt wird der ganzen Gemeinde schaden. Irgendwann haben andere Angst vor ihm und werden ihn meiden. Das ganze Klima einer Gemeinschaft kann dadurch verändert werden.
Um so etwas zu begegnen stellt Paulus eine Regel auf die sich hervorragend eignet um sich in dem Bereich zu verändern: „lasst die Sonne nicht untergehen über Eurem Zorn“. Das bedeutet nichts anderes als zu vergeben bevor man zu Bett geht. Mit seinem Zorn klar zu kommen und nicht noch die ganze Nacht wach zu liegen und darüber nach zu denken sondern sich mit seinen negativen Gefühlen auseinander zu setzen, so lange sie noch frisch sind. Wenn man sich immer am selben Tag damit auseinander setzt und nichts anstaut kommt man in eine gute und regelmässige Gedankenhygiene hinein die auf Dauer dazu führen wird, dass Zorn immer weniger Raum in unserem Verhalten hat.

3. Hermeneutik und Exegese
Im allgemeinen Sprachgebrauch verschwimmt der Unterschied zwischen Hermeneutik und Exegese immer mehr. Da aber beide unterschiedliche und sehr wichtige Herangehensweisen an die Bibel darstellen, möchte ich kurz erläutern, was ich mit beiden meine.
Dass die Bibel ausgelegt werden muss, ergibt sich schon daraus, dass sie ein sehr altes Buch ist. Die jüngsten Teile des Neuen Testamentes sind etwa 1900 Jahre alt, die ältesten Teile des Alten Testaments etwa 2800 Jahre alt (siehe Entwicklung der Bibel – zeitlicher Ablauf Seite 10).
Das ergibt eine enorme historische Distanz. Je weiter weg etwas liegt, umso schlechter kann man es sich vorstellen. Es ist schon ziemlich schwierig nachzuvollziehen, wie sich die eigenen Grosseltern im Dritten Reich gefühlt haben. Um so schwerer ist es zu verstehen, was mit einem Text gemeint ist, der vor mindestens zwei Jahrtausenden in einem uns nahezu unbekannten Kulturkreis in einer Sprache geschrieben wurde, die wir nicht sprechen.
Hier kommt die Exegese ins Spiel. Sie versucht herauszufinden, was der Text ursprünglich gemeint hat. Das ist gar nicht so einfach und auf gar keinen Fall 100%ig exakt. Die Exegese erhebt für sich den Anspruch, eine Wissenschaft zu sein. Es geht darum, die Originalsprachen immer besser zu verstehen und den kulturellen Hintergrund eines Textes besser nachvollziehen zu können.
Obwohl das schwierig ist, steckt eigentlich in jedem Bibelleser auch ein Exeget. Wir alle fragen uns, was mit dem Gleichnis der zehn Jungfrauen (Matthäus 25) gemeint war. Was wollte Jesus damit sagen? Manchmal erwischen wir uns dabei, wie wir anderen exegetische Informationen weitergeben: „Damals war es so, dass….und deshalb heißt der Text….“. Mit Exegese kommt man nicht an Grenzen. Es kommen immer wieder neue Fakten dazu und erweitern unser Bild vom Leben in biblischen Zeiten, und man lernt buchstäblich nicht aus. Viele Details verändern unsere Sicht der Bibel mehr und mehr.

Beispiel: das Nadelöhr

Matthäus 19,24 Und wiederum sage ich euch, ein Kamel kann leichter durch ein Nadelöhr eingehen, als ein Reicher in das Reich Gottes!
25 Als die Jünger das hörten, entsetzten sie sich sehr und sprachen: Wer kann denn gerettet werden?
26 Jesus aber sah sie an und sprach zu ihnen: Bei den Menschen ist das unmöglich; aber bei Gott ist alles möglich.

Irgendwann hatte ich einmal eine Auslegung zu dem Vers gehört, die besagte, es hätte ihn Jerusalem ein Tor gegeben, das „Nadelöhr“ genannt wurde, weil es so niedrig war, dass ein Kamel nur auf seinen Knien hindurch konnte. Klar, dass ich das jedem erzählte, den ich kannte, denn die Auslegung gefiel mir gut: in Gottes Reich kommt man nur auf den Knien. Den Stolzen bleibt der Himmel verschlossen, aber den Demütigen öffnet Gott sein Reich.
Später lernte ich, dass es kein Nadelöhrtor gegeben hat, zu keiner Zeit. Der früheste bekannte Beleg dieser Auslegungsvariante stammt aus dem 11.Jahrhundert. Jesus meinte etwas anderes, nämlich dass es für Menschen unmöglich ist, in den Himmel zu kommen, Gott aber das Wunder vollbringen kann, dass es doch geht. Die Jünger hatten das auch verstanden (Vers 25). Ich jetzt auch.
Aber Exegese ist nicht die einzige Aufgabe. Das heißt, manchmal doch. Es gibt leider Bibelforscher, die sich nur für die geschichtliche Seite interessieren und den Anspruch der Bibel als Wort Gottes nicht anerkennen. Für sie ist hier Schluss. Aber für uns als bibelgläubige Christen fängt der Spaß hier erst an.
Viel interessanter als zu wissen, was der Text früher einmal bedeutet hat, ist doch, was er heute für uns bedeutet. Die Bibel ist eben nicht nur eine historische Quelle, sondern Gottes inspiriertes Wort und für uns der Maßstab in Glaubensdingen. Die Hermeneutik stellt jetzt die Frage: „Was will Gott mir hiermit sagen?“
Diese Frage geht eindeutig über den ursprünglichen Sinn der Texte hinaus. Die Bibel sagt mir als Menschen des 21.Jahrhunderts etwas vollkommen anderes als den Menschen damals.
Darum geht es also in der Hermeneutik: mit Hilfe des Heiligen Geistes den uralten Text auf das eigene Leben übertragen. Die Exegese schützt uns dabei vor Willkür, indem sie uns manchmal zurückpfeift, wenn unsere Übertragung völlig am eigentlichen Sinn vorbeigeht.

Beispiel: es gibt keine Geistesgaben mehr
Paulus schrieb im 1.Korinther 13 das „hohe Lied der Liebe“. Darin heißt es, dass alle Geistesgaben nur Stückwerk sind und einmal aufhören werden, wenn „das Vollkommene da ist“ (Vers 10). Manche Bibelausleger sagen nun, das „Vollkommene“ sei die Bibel und Gott habe aufgehört, durch Geistesgaben zu reden, weil die Bibel ja nun fertig ist. Im Umkehrschluss heißt das, dass alle unsere Geistesgaben heute „unecht“ sind. Bestenfalls seelisch eingebildet, schlimmstenfalls dämonisch .
Natürlich stimmt das nicht, und eine ordentliche Exegese des Verses hätte das auch klar gemacht.
Paulus beschreibt ja, wie es sein wird, wenn das Vollkommene da ist: jetzt erkenne ich stückweise, dann aber werde ich erkennen, gleichwie ich erkannt bin. (Vers 12). Auch die Bibel enthält nicht alle Erkenntnis über Gott. Überdies hat Paulus nicht auf die Bibel gewartet (vermutlich hat er nicht einmal damit gerechnet, dass es mal eine geben würde!). Was gemeint ist, ist der Himmel. Dann wird sicherlich nicht mehr prophezeit usw. Aber vorher wird es Geistesgaben immer geben.

Alles in allem hat sich meine Einstellung zur Exegese in den letzten Jahren erheblich gewandelt. Zuerst hielt ich sie für eine staubtrockene, glaubenstötende Angelegenheit. Mittlerweile weiß ich sie als Anker der Hermeneutik absolut zu schätzen.
Wir werden im Gemeindebau immer wieder mit den seltsamsten Theologien konfrontiert, die alle mit dem Satz beginnen: „Gott hat mir …. gezeigt!“ Wie gut ist es dann, mit der Bibel in der Hand argumentieren zu können, dass es sich um falsche Theologie handelt.

24. September 2008 in theologie und gemeinde 2

Epheser 4,20-24

20 Das aber entspricht nicht dem, was ihr von Christus gelernt habt.
21 Ihr habt doch von ihm gehört und seid unterrichtet worden in der Wahrheit, die Jesus ist.
22 Legt den alten Menschen ab, der in Verblendung und Begierde zugrunde geht, ändert euer früheres Leben,
23 und erneuert euren Geist und Sinn!
24 Zieht den neuen Menschen an, der nach dem Bild Gottes geschaffen ist in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit.  (Epheser 4,20-24 nach der Einheitsübersetzung)

Es ist unnötig zu sagen, dass wir es nicht von Jesus gelernt haben wie man sündigt. Paulus weist hier nur noch einmal darauf hin, dass wir ja dem Vorbild Jesus folgen wollen und dass wir schon deshalb nicht sündigen sollen. Wir wissen, was Gottes Wille ist und sind in der Wahrheit Jesu unterrichtet.
Interessant ist, dass Paulus über Sünde und auch über unser neues Leben spricht wie über Kleider, wie etwas, das aussen ist und nicht ein Teil von uns ist. Wir legen den alten Menschen einfach ab, wie einen alten Mantel. Der „alte Mensch“ und sein Pendant der „neue Mensch“ sind Spezialausdrücke, die Paulus hier und im Römerbrief verwendet. Sie stehen für das alte und das neue Leben. Durch die Wiedergeburt sind wir wesentlich verändert. Die Bibel sagt über uns, dass wir eine neue Schöpfung sind und alles neu geworden ist (2.Korinther 5,17).
Aber auch wenn wir neu sind, können wir noch so leben wie früher. Wir sind es nicht mehr, aber wir können noch so leben. Auch reiche Männer können sich wie Bettler kleiden. Es dauert nur einen Moment, Gottes ewiges Leben zu empfangen. Aber es dauert ein ganzes Leben in diesem neuen Leben zu wandeln. Wir müssen unser Denken verändern und Stück für Stück mehr so über uns denken wie Gott es tut.
Während wir den alten Menschen ablegen, legen wir den neuen an. Praktisch bedeutet das, Denkmuster und Verhaltensweisen des alten Lebens zu verlernen und Verhaltensweisen und Denkmuster des neuen Lebens zu erlernen. Es ist abgefahren, wie viele falsche Muster und ungöttliches Verhalten wir an uns finden nachdem wir angefangen haben mit Jesus zu leben. Der Prozess Gott kennen zu lernen und in unserem Leben um zu lernen wird vermutlich erst im Himmel abgeschlossen sein (vgl. Epheser 4,13).

2. Ein prinzipienorientierter Ansatz
Man kann die Bibelauslegung von verschiedenen Seiten angehen. Verschiedene Ansätze sind vorgeschlagen worden und haben sich in der Praxis als hilfreich und effektiv erwiesen.
Einen sehr guten Ansatz benutzen Gordon D.Fee und Douglas Stuart in ihrem Buch effektives Bibelstudium. Sie gehen zu Recht davon aus, dass man beim Auslegen der Bibel die literarische Gattung der einzelnen Bücher berücksichtigen muss. Ein Brief muss anders ausgelegt werden als ein Psalm oder ein historischer Bericht.
Ich kann dem nur beipflichten und empfehle jedem, das Buch einmal zu lesen. Auch wenn es streckenweise etwas anstrengend zu lesen ist, lohnt es sich trotzdem.
Dieses Handout verfolgt einen anderen Ansatz und versteht sich ein bisschen als Ergänzung zu Fee/Stuart. Es geht mir in erster Linie um zwei Dinge: a) praktisch zu sein und den Umgang mit Werkzeugen, die das Bibelverständnis vertiefen, zu zeigen und b) Prinzipien für den Umgang mit der Bibel aufzuzeigen, die für jede Literaturgattung und jeden Text der Bibel anwendbar sind.
Es ist wie in der Fahrschule. Man lernt Auto fahren und nicht ein bestimmtes Auto zu fahren. Die Unterschiede zwischen einer Knüppelschaltung, einer Revolverschaltung und einem Automatikwagen sind zwar da und sie sind auch wichtig, aber es geht dennoch, Auto fahren zu lernen, ohne auf diese Unterschiede einzugehen, indem man das lernt, was allen Wagen gemeinsam ist.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Anwendung des Wortes Gottes, denn das ist es, worauf es eigentlich ankommt. Es geht nicht um eine Ansammlung von Bibelwissen, sondern darum, Gott besser kennen zu lernen und Jesus ähnlicher zu werden.

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