In der untersten Ebene der Engelskala erlebt man keine Wunder. Wenn mal etwas übernatürliches passiert, dann eher aus Zufall und es passt dann einfach nicht in die eigene Weltanschauung hinein. „Weltanschauung“ ist ein wichtiger Begriff wenn es um den Heilungsdienst im Besonderen und das Übernatürliche im Allgemeinen geht. Die Art, wie wir uns die Welt erklären hat alles mit dem zu tun was wir erleben. Wer in einem völlig materialistischen Weltbild verhaftet ist, in dem alles Übernatürliche von vorneherein als Spinnerei und Aberglaube abgetan wird, der wird es mehr als schwer haben Gottes Wunder regelmässig zu erleben.
Weil ich davon ausgehe, dass niemand der Christ ist ein durch und durch materialistisches Weltbild hat gehe ich auf der niedrigsten Stufe der Engelskala nur auf Theologien ein. Atheismus ist sicher auch ein Problem wenn es um das Erleben von Wundern geht, aber ich setze etwas höher an und gehe davon aus, dass es primär Christen sind, die hier lesen, meine Seminare besuchen oder sonstwie bemüht sind, in den Heilungsdienst zu kommen.
Wer das Thema „Weltanschauung“ weiter vertiefen möchte, dem empfehle ich von Charles Kraft christianity with power. Eine deutsche Übersetzung ist mir leider nicht bekannt.
der Dispensationalismus
Ein anderer Erklärungsansatz ist mit dem Namen Scofield verknüpft. Cyrus I. Scofield schuf den Dispensationalismus zwar nicht direkt, machte ihn mit anderen wichtigen Vertretern der Brüderbewegung (unter ihnen John Nelson Darby selbst) aber weltberühmt. Das lag vor allem an der Scofieldbibel, die auch in Deutschland sehr populär ist und in ihren Kommentaren den Disepnsationalismus vertritt.
Der Dispensationalismus ist eine Theologie, die zwar bibelgläubig ist, aber erklärt, dass es keine Geistesgaben mehr gibt. Dispensationalisten teilen die Menschheitsgeschichte nach der Bibel in verschiedene Zeitabschnitte (Dispensationen) ein, in den Gott mit den Menschen unterschiedlich umging.
Weder Scofield noch die anderen Hauptvertreter sprechen ausdrücklich von einer Dispensation der Apostel, in ihren Auslegungen machen sie es aber deutlich, dass es Geistesgaben, das Übernatürliche und eben auch Heilung nur in der Anfangszeit der Kirche gab. Sie waren dazu da das Evangelium erst einmal bekannt zu machen und die Kirche zu etablieren.
Seit die Kirche etabliert und die Bibel geschrieben ist, würden Geistesgaben nicht mehr benötigt und dünnten dann in den ersten Jahrhunderten immer mehr aus. Der wichtigste Vers, der in diesem Zusammenhang zitiert wird ist 1.Korinther 13,10:
wenn aber das Vollkommene kommt, wird das, was stückweise ist, weggetan werden. (nach der Elberfelder)
Für Dispensationalisten ist das Vollkommene, das kommt nicht der Himmel sondern die Bibel. Die Bibel schließt die göttliche Offenbarung ab, seit es sie gibt ist sie Gottes einziges Kommunikationsmittel. Der Zusammenhang macht es allerdings sehr deutlich, dass es sich bei dem „Vollkommenen“ hier nicht um ein Buch handelt sondern um den Himmel. Überdies würde viel Gewicht auf einen einzelnen Vers gelegt, aber es geht mir hier nicht um eine theologische Kritik des Dispensationalismus sondern nur um eine Darstellung.
Der Dispensationalismus ist zutiefst bibelgläubig. Für Dispensationalisten sind die Wunder der Bibel geschehen, sie sind nur für uns heute nicht mehr relevant, oder besser: nicht mehr möglich, weil der Heilige Geist nicht mehr auf diese Weise wirkt.
Die Position ist angesichts der gigantischen Fülle an Wundern in der Kirchengeschichte absolut unhaltbar. Um ihn halten zu können musste man die geschehenen Wunder anders interpretieren und schrieb sie nicht selten der Verführung des Feindes zu – eine fatale Fehlinterpretation die zu viel Streit in der Christenheit geführt hat und auch dazu, dass der Charakter Gottes bei vielen Menschen in Misskredit gekommen ist. Es ist oft so, dass ein Fehler zum nächsten führt – in der Matheklausur würde dann „Folgefehler“ dastehen. Wenn es keine Wunder mehr geben kann, es aber offensichtlich welche gibt, dann gibt es nur zwei Auswege: entweder sind die Wunder falsch, bzw. sie kommen aus einer ungöttlichen Quelle, oder die Theorie stimmt nicht.
Für Hardliner des Dispensationalismus ist die Sache klar: Wunder und Geistesgaben sind von unten. In der Berliner Erklärung von 1909 heisst es wörtlich:
1. Wir sind nach ernster gemeinsamer Prüfung eines umfangreichen und zuverlässigen Materials vor dem Herrn zu folgendem Ergebnis gekommen:
a)…
b) Die sogen. Pfingstbewegung ist nicht von oben, sondern von unten; sie hat viele Erscheinungen mit dem Spiritismus gemein. Es wirken in ihr Dämonen, welche, vom Satan mit List geleitet, Lüge und Wahrheit vermengen, um die Kinder Gottes zu verführen. In vielen Fällen haben sich die sogen. „Geistbegabten“ nachträglich als besessen erwiesen.
c) An der Überzeugung, dass diese Bewegung von unten her ist, kann die persönliche Treue und Hingebung einzelner führender Geschwister nicht irre machen, auch nicht die Heilungen, Zungen, Weissagungen usw., von denen die Bewegung begleitet ist. Schon oft sind solche Zeichen mit ähnlichen Bewegungen verbunden gewesen, z.B. mit dem Irvingianismus, ja selbst mit der „christl. Wissenschaft“ (Christian Science) und dem Spiritismus.
d) Der Geist dieser Bewegung bringt geistige und körperliche Machtwirkungen hervor; dennoch ist es ein falscher Geist. Er hat sich als solcher entlarvt. Die hässlichen Erscheinungen wie Hinstürzen, Gesichtszuckungen, Zittern, Schreien, widerliches, lautes Lachen usw. treten auch diesmal in Versammlungen auf. Wir lassen dahingestellt, wie viel davon dämonisch, wie viel hysterisch oder seelisch ist, gottgewirkt sind solche Erscheinungen nicht.
e) Der Geist dieser Bewegung führt sich durch das Wort Gottes ein, drängt es aber in den Hintergrund durch sogen. „Weissagungen“. Vgl. 2. Chron. 18, 18-22. Überhaupt liegt in diesen Weissagungen eine große Gefahr; nicht nur haben sich in ihnen handgreifliche Widersprüche herausgestellt, sondern sie bringen da und dort Brüder und ihre ganze Arbeit in sklavische Abhängigkeit von diesen „Botschaften“. In der Art ihrer Übermittlung gleichen die letzteren den Botschaften spiritistischer Medien. Die Übermittler sind meist Frauen. Das hat an verschiedenen Punkten die Bewegung dahin geführt, dass gegen die klaren Weissagungen der Schrift Frauen, sogar junge Mädchen, leitend im Mittelpunkt stehen.
(…)
So sind Wunder auf einmal nicht mehr Zeichen für die Gegenwart Gottes sondern für das Wirken des Teufels! Dispensationalismus führt in einen Erklärungsnotstand der zuletzt zu dem Eindruck führen muss, dass Gott und der Teufel in den letzten 2000 Jahren irgendwann die Jobs getauscht haben müssen – jetzt ist es Gott, der Menschen krank macht um ihren Charakter zu bessern und Christen, die erfolgreich für Heilung beten stehen in der Gefahr, das aus dämonischer Kraft zu tun.
Der Dispensationalismus rechnet in der letzten Zeit (in der letzten Dispensation vor dem Himmel) noch einmal mit einer Zeichen- und Wunderbewegung. Doch wird diese Bewegung keine Jesusbewegung sein.
Jesus hat für die Enphase der Weltgeschichte nochmals eine Wunderbewegung in größerem Stil angekündigt … jedoch im Dienst des Antichristen. (Wolfgang Nestvogel, Die Heilung des ganzen Menschen aus biblischer Sicht, in: Kelle und Schwert 1/2007)
Eine solche Auffassung führt natürlich zu Verspannungen mit der charismatischen Bewegung und allen anderen, die an Heilung glauben und womöglich sogar Heilungen erleben. Man wittert schnell Endzeitphänomene hinter allem was übernatürlich ist.
Das ist auch der Grund warum jemand mit der Weltsicht des Dispensationalismus es schwer haben wird Wunder zu erleben. Er wird sie schlicht ablehnen. Man kann sich nicht gleichzeitig nach Geistesgaben ausstrecken und sie bekämpfen. Man kann nicht zur gleichen Zeit versuchen mehr Übernatürliches zu erleben und es aus ganzem Herzen theologisch ablehnen.
Wer mehr in Gottes Kraft kommen will muss diese Ansicht auf jeden Fall überwinden und wissen, dass Gott sich kein bisschen geändert hat – er ist so übernatürlich wie eh und je und Christsein ist eine übernatürliche Angelegenheit!
[s.a. hier]
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