„… dass die Gegner böswillig die Heilige Schrift auf ihre eigenen Vorstellungen hin verdrehen, dass sie auch die meisten Stellen verstümmelt zitieren, dass sie unter Außerachtlassung der ganz klaren Stellen über den Glauben nur Stellen über die Werke aus der Hl.Schrift herausklauben und verkehren, dass sie überall bestimmte menschliche Vorstellungen hinzudichten, die über die Worte der Schrift hinausgehen, dass sie auf diese Weise das Gesetz lehren, um das Evangelium von Christus zu verschütten…“

1. Sola Scriptura – die Bibel mit der Bibel auslegen

Die hermeneutischen Prinzipien beginnen mit der Ausschließlichkeit der Bibel. Die Bibel ist als Gottes Wort ausreichend. Wir benötigen nicht mehr Informationen über Gott und seine Beziehung zu den Menschen als die, die wir in der Bibel finden. Alle weitere Information darf nicht mehr sein als Kommentar, als Gottes offenbartes Wort steht die Bibel allein.

1.1. Heraus-, nicht hineinlesen
Wir stehen immer vor dem Problem, Dinge in die Bibel hinein zu interpretieren. Wolfhard Margies schreibt in der Einleitung seines Buches „Die einzigartige Gemeinschaft mit dem Heiligen Geist“: Ich muss allerdings zugeben, dass die neuen Erfahrungen, die wir gemacht haben, der äußere Anlass dafür waren, die Schrift genauer darüber zu befragen, wie weit diese interessanten Manifestationen eine biblische Erklärung und einen Hintergrund haben.
Mit dieser Reihenfolge von Erfahrung und Reaktion meinerseits ist damit genau das eingetreten, was manche geistlichen Beobachter für eine theologische Todsünde halten: Erst Erfahrungen zu machen, die man dann nachträglich durch die Schrift deuten will und muss. (Seiten 4f)

Man kann das nicht vermeiden. Smith Wigglesworth wurde einmal gefragt, wer den Anstoß zu den großen Wundern geben würde, die in seinem Dienst geschahen, Gott oder er selber? Er antwortete, dass beides vorkäme. Mal würde er den Heiligen Geist aus eigenem Antrieb bitten, ein Wunder zu tun, mal würde der Heilige Geist ihn bewegen, für einen Kranken zu beten.
Ebenso wenig, wie man sich in diesen Sachen auf eine alleinige Methode festlegen kann, geht das beim Bibelstudium. Manchmal führen eben äußere Anlässe wie Gespräche oder Erlebnisse dazu, „über ein Thema ins Wort zu gehen“. Genauso geht es aber auch andersherum: man liest in der Bibel und entdeckt Unterschiede zwischen dem, was Gott will und dem, wie das eigene Leben sich darstellt. In der Folge wird man dann zumindest versuchen, die Realität des eigenen Lebens dem Ideal der Bibel anzugleichen. Die zweite Variante mag besser erscheinen, aber in der Praxis ist beides vertreten.
Wichtig ist nur, dass man sich der Gefahr bewusst ist, die eigene Ansicht in die Bibel hinein zu interpretieren. Wenn ich meinen Palm synchronisiere, kommt es gelegentlich zu „Versionskonflikten“. Ich habe eine Datei sowohl im Computer als auch im Palm geändert, und das Programm fragt mich nun, welche Version beibehalten werden soll. Die auf dem Palm oder die auf dem Computer?
Das gleiche Problem taucht manchmal beim Bibellesen auf. Meine Ansicht und die Ansicht der Bibel sind nicht gleich. Wer hat Recht? Wenn an dieser Stelle nicht klar ist, wie man mit einem Versionskonflikt umzugehen hat, kann es passieren, dass man seine Bibelauslegung der eigenen Erfahrung und Meinung anpasst. So etwas kommt leider häufig vor und geschieht mitunter sogar völlig bewusst. Tatsächlich kann man ungefähr alles aus der Bibel herauslesen, wenn man dem Text nur genug Gewalt antut.

Beispiel: die Inquisition und die Genesis
1598 unternahm der Inquisitor von Sizilien, Luis Paramo, den Versuch, die Inquisition und damit einen Völkermord, theologisch zu rechfertigen. In seinem Buch „Über die Entstehung und Entwicklung der heiligen Inquisition“ (2) behauptet er, Gott selber sei der erste Inquisitor gewesen, der Adam und Eva, die ersten Ketzer, aus dem Paradies vertrieben hat, nachdem er sie vorher seinem Verhör und seinem Gericht unterworfen hatte. „Die Inquisitoren“, so fährt Paramo fort, „verfolgen genau die gleiche Prozedur, die sie von Gott übernommen haben.“ (3)

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Anmerkungen:
(1) Unser Glaube, Seite 153
(2) De origine et progressu Officii Sanctae Inquisitionis
(3) Grigulevi?, Seite 23

13 Alles, was aufgedeckt ist, wird vom Licht erleuchtet.
14 Alles Erleuchtete aber ist Licht. Deshalb heißt es: Wach auf, du Schläfer, und steh auf von den Toten, und Christus wird dein Licht sein.
15 Achtet also sorgfältig darauf, wie ihr euer Leben führt, nicht töricht, sondern klug. (Epheser 5,13-15 nach der Einheitsübersetzung)

Paulus malt hier schön mit Worten: so lange etwas abgedeckt ist, wird es nicht erleuchtet – ist ja klar. Wenn man eine Wunde hat, ist es gut, das Pflaster mal ab zu machen und „Luft dran kommen zu lassen“. Davon redet Paulus hier. Im letzten Kapitel ging es viel um Sünde und Paulus ist immer noch in diesem Gedanken: so lange wir etwas verbergen kommt kein Licht daran. Wenn wir wollen, dass Jesus uns von etwas befreit und sein Licht in unser Leben kommt, dann müssen wir die Decke des Schweigens wegnehmen und darüber reden.
Das fällt uns Menschen aber schwer. Wir fürchten, dass unser guter Ruf darunter leidet wenn andere wissen, was wir tun oder getan haben. Deshalb sprechen wir oft erst über etwas das uns quält, wenn es gar nicht mehr anders geht. Die Psychologen sprechen dabei von „Leidensdruck“. Eigentlich sollte es anders sein. Unser Wunsch danach, „im Licht zu leben“, sollte stärker sein als jedes Schamgefühl und uns motivieren, nicht erst kurz vor zwölf Licht an unsere dunklen Stellen zu lassen.
Der kleine Spruch, den Paulus zitiert, könnte ein Lied sein. Andere haben auf einen Taufspruch getippt, genau kann man es nicht sagen, aber er steht jedenfalls nicht in der Bibel oder einem anderen überlieferten Text. „Schlaf“ und „Tod“ sind hier natürliche geistliche Metaphern. Es geht um einen geistlichen Schlaf und einen geistlichen Tod. Während die Bibel sehr klar sagt, dass jemand, der nicht mit Jesus lebt vor Gott tot ist, sind mit den Schlafenden wahrscheinlich nicht die Ungläubigen gemeint, sondern Christen, die wichtige geistliche Zusammenhänge verpennt haben. Vom Zusammenhang her werden es Leute sein, die zwar mit Jesus leben, aber nicht die immense Bedeutung eines heiligen Lebens verstanden haben.
Wir alle sind aufgerufen, darauf zu achten, wie wir unser Leben führen. Wir können es dumm oder klug machen. Wenn wir nicht auf unser Leben achten ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass wir „dumm“ leben. Klug zu leben heisst, ein Leben zu führen, dass sich an Gottes Maßstäben ausrichtet und Jesus Christus in der Mitte hat. Es bedeutet, das Leben zu führen,das unser Vater im Himmel für uns vorgesehen hat.

4. Bibelkommentare und -Lexika

Wenn ich etwas weiter sah als andere, so deshalb, weil ich auf den Schultern von Riesen stand. – Sir Isaac Newton

Natürlich wäre es zuviel verlangt, sich alles Wissen, das man für eine gute Exegese braucht, selbst zu erarbeiten. Das ist auch gar nicht nötig. Seit vielen Jahrhunderten werden die biblischen Texte kommentiert. Für das Alte Testament gibt es jüdische und christliche Auslegungen, die teilweise sehr alt sind, und auch für neutestamentliche Texte reicht die Auslegungstradition bereits Jahrhunderte zurück.

Um exegetisch arbeiten zu können, kommt man um Bibelkommentare nicht herum. Im Literaturteil sind ein paar Bibelkommentare aufgelistet, der Buchhandel kann weitere besorgen.
Bei der Wahl eines Kommentars gilt noch mehr als bei der Wahl der „richtigen“ Bibel, dass es sich um Auslegung handelt. Hier wird nicht das reine Wort Gottes verbreitet, sondern eben eine Auslegung desselben. Deshalb empfiehlt es sich unbedingt, mehrere Kommentare zu lesen und nicht immer alles für bare Münze zu nehmen.
Das Gute an Kommentaren ist, dass sie uns mit einem Hintergrundwissen versorgen, das wir ohne sie niemals bekommen würden. Die Gefahr ist, dass wir uns von Bibelkommentaren das eigene Denken abgewöhnen lassen.
Auch wenn Du einen guten Kommentar hast, sollte bei einer Unklarheit nicht der erste Griff zum Bücherregal gehen. Die Regel ist: erst selber denken und beten, dann erst zum Bibelkommentar greifen.

Heutzutage sollte eigentlich jeder, der sich ernsthaft mit der Bibel auseinandersetzt eine OnlineBibel auf dem Computer haben. Die meisten dieser Bibelprogramme haben Hilfen, die das Textverständnis erleichtern. Dazu gehören in der Regel Lexika, Strongs-Nummern, oder andere Grundtexthilfen und Landkarten.
Bibelprogramme sind ein unschätzbares Hilfsmittel für Exegese und Hermeneutik.

8. Oktober 2008 in theologie und gemeinde 20

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10 Prüft, was dem Herrn gefällt,
11 und habt nichts gemein mit den Werken der Finsternis, die keine Frucht bringen, sondern deckt sie auf!
12 Denn man muß sich schämen, von dem, was sie heimlich tun, auch nur zu reden. (Epheser 5,10-12 nach der Einheitsübersetzung)

Prüfen bedeutet im Neuen Testament immer, dass man etwas für sich selbst herausfindet. Es gibt keine zentrale christliche Prüfstelle, die uns immer sagen könnte, was gut für uns ist und was wir tun sollten. Wir müssen das selber herausfinden. Das ist eine Verantwortung mit der manchmal schwer umzugehen ist. Es bedeutet für uns selbst, dass wir Gott suchen, beten und sein Wort studieren müssen. Es bedeutet für unsere Beziehung zu anderen, dass wir ihnen nicht immer sagen können, was gut oder falsch für sie ist. Viele Christen versuchen aber genau das und warnen anderen vor Dingen mit denen sie selbst nichts anfangen können: bestimmte Musikstile oder Arten mit Jesus zu leben. So funktioniert das aber nicht, wir müssen selber erfahren, was Gott gefällt, denn es ist unser Leben und nur wir selbst können es leben und sind dafür vor dem Herrn verantwortlich.
Natürlich gibt es Dinge, von denen die Bibel ganz klar sagt, dass sie nicht gehen, aber es gibt auch viele Grauzonen. Bei Mord, Lüge, Vergewaltigung, Diebstahl, Raub und vielem anderen ist es klar, dass wir es als Christen nicht tun – Gottes Wort ist sehr eindeutig dagegen. Aber bei vielen Dingen des täglichen Lebens und auch unseres Dienstes in Gottes Reich gibt es Dinge, die nicht für jeden sind. Für den einen ist es okay, fern zu sehen, für den anderen nicht. Der eine kann ohne Probleme in einem Rotlichtviertel evangelisieren, der andere sollte sich auf jeden Fall davon fern halten, usw.
Paulus redet hier aber offensichtlich auch von sehr drastischem Fehlverhalten; von Dingen, die so schlimm sind, dass man sich schon schämen muss, davon zu reden. Damit stellt der Apostel ein hohes Maß an Heiligkeit auf. Wenn sündiges Verhalten uns so sehr zuwider ist, dass wir nicht mal davon sprechen können ohne rot an zu laufen, dann ist das schon eine gute Sache. Vielleicht kennst Du es auch, dass Du vor manchen Dingen einen so grossen Widerwillen hast, dass Du nicht mal darüber reden willst – es kann sich so anfühlen, als wäre man schon besudelt, wenn man nur über eine Sache redet – das ist der Zustand, von dem Paulus hier redet.
Wer so lebt, der wird die „Werke der Finsternis aufdecken“, nicht indem er überall herum läuft und alles kommentiert, was ihm nicht gefällt, sondern einfach durch sein verändertes Verhalten. Wenn man das Licht anmacht sieht man den Schmutz, den man vorher nicht gesehen hat. So sind Christen, sie machen das Licht an und offenbaren allein dadurch, dass sie da sind, einen sündigen Lebensstil.

3. Der Heilige Geist
Gott hat die Bibel geschrieben, und er kann sie auch auslegen. Bibelauslegung ist in hohem Masse von der Offenbarung des Heiligen Geistes abhängig. Genau so, wie Gott Petrus die Göttlichkeit Jesu offenbarte (Matthäus 16,17), muss er uns den göttlichen Ursprung der Bibel und ihre Interpretation offenbaren.
Effektives Bibellesen ist eine übernatürliche Sache. Seltsamerweise wird in der Literatur zur Hermeneutik auf diese Rolle nicht oder nur wenig eingegangen. Das Ziel des Bibellesens ist es aber nun einmal nicht, dass wir Wissen über das Buch der Bücher anhäufen, sondern dass wir vom Wort Gottes verändert werden und Gott durch die Bibel besser kennen lernen.
Nachdem Jesus den Emmausjüngern begegnete, erinnerten sie sich: Brannte nicht unser Herz in uns, da er mit uns redete auf dem Weg, als er uns die Schrift öffnete? (Lukas 24,34). Gott selbst muss uns sein Wort aufschließen, damit etwas Lebendiges daraus wird. Andernfalls sammeln wir totes Wissen an.
Dieser Punkt kann gar nicht übertrieben werden. Bibel lesen ohne Heiligen Geist führt nicht zu geistlicher Reife, sondern zu starrer Leblosigkeit.

Gott hat uns tüchtig gemacht zu Dienern des neuen Bundes, nicht des Buchstabens, sondern des Geistes; denn der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig. – 2.Korinther 3,6

Wir leben alle in der Gefahr, wie die Pharisäer zu werden und dem Buchstaben zu dienen.
Deshalb empfehle ich, die Bibel nicht nur nach allen Regeln der Kunst zu studieren, sondern auch über das Wort zu beten. Es in Gottes Licht zu halten und darüber zu meditieren. Das Bibellesen soll ein Teil des geistlichen Lebens sein, der nicht weniger Übernatürliches und Offenbarungen Gottes enthält als die Geistesgaben.

Der Bildhauer

Um das mal an einem Bild zu veranschaulichen: Zwei Leute bekommen einen wunderschönen, makellosen Marmorblock. Beide Blöcke sind identisch. Nun machen sich unsere beiden Leute daran, aus diesem Marmorblock mit Hammer und Meißel ein Kunstwerk zu schaffen.
Einer dieser beiden Bildhauer ist Michelangelo, der andere eine zufällig ausgesuchte Versuchsperson. Der Ergebnis ist klar: Michelangelo schafft ein Kunstwerk, dass den Betrachter zu Tränen rührt, der andere verquast einen wertvollen Stein.
So ist Bibellesen mit und ohne den Heiligen Geist. Der Heilige Geist ist genauso wenig fassbar und sichtbar wie die Kreativität Michelangelos, aber der Unterschied ist genauso groß. Dem Leser ohne Heiligen Geist wird die Bibel ein Buch mit sieben Siegeln bleiben, dem Leser mit Heiligem Geist wird sie eine lebensverändernde Kraft.
Aber auch bei aller Kreativität musste Michelangelo üben und lernen, mit seinen Werkzeugen umzugehen, wann welcher Hammer und welchen Meißel und wann Schleifpapier benutzt werden musste. Ebenso erspart uns der Heilige Geist nicht die Arbeit mit dem Text. Auch wir müssen uns in der Anwendung der hermeneutischen Prinzipien und dem Umgang mit theologischen Werkzeugen üben.

8 Denn einst wart ihr Finsternis, jetzt aber seid ihr durch den Herrn Licht geworden. Lebt als Kinder des Lichts!
9 Das Licht bringt lauter Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit hervor. (Epheser 5,8-9 nach der Einheitsübersetzung)

Im Leben eines jeden Christen gibt es einen Wendepunkt: die Bekehrung. Ab diesem Zeitpunkt ist alles neu (2.Korinther 5,17). Dinge, die wir früher gemacht haben tun wir auf nun nicht mehr (oder hören auf jeden Fall nach und nach damit auf). Wir erleben an Punkten Freiheit an denen wir es uns nie hätten träumen lassen und unser Leben verändert sich.
Als Paulus seine Briefe schrieb kannte noch nahezu jeder in den Gemeinden ein Bekehrungserlebnis. Viele Gemeinden zu denen Paulus geschrieben hat waren von ihm selber gegründet worden, dazu gehörte auch Ephesus. In diesen Gemeinden gab es also keine Christen in zweiter Generation, die von ihren Eltern mit in den Gottesdienst genommen wurden und dann in den Glauben hineinwuchsen ohne es recht zu merken. Vielleicht gab es ein paar, aber die überwiegende Mehrheit hatte ein schwarz-weiß-Erlebnis.
Sie wussten, worüber Paulus hier redete, nämlich über etwas, das zu ihrem Leben gehört hatte, das sie aber hinter sich gelassen hatten und das kein Kennzeichen ihres aktuellen Lebensstils mehr sein sollte.
Wenn wir über Sünde reden, dann sprechen wir über etwas, das nicht mehr in unserem Charakter zu finden ist. Das ist absolut wichtig zu verstehen. Es ist traurig, wenn Christen sich mit ihrer Sünde identifizieren. Wir sollten nicht sagen: „ich bin nur ein Sünder!“ oder „ich bin geizig, egoistisch, oder sonst was“. Das gehörte zu unserem Leben und es kann sein, dass es immer noch vorkommt, aber es ist nicht unsere Natur. Auch wenn wir noch sündigen ist unsere Natur das, was Jesus bei der Wiedergeburt aus uns gemacht hat.
Jeder, der Sünde überwinden und ein heiliges Leben führen will, muss zunächst einmal verstehen, dass Sünde zu einem Leben gehört, dass er hinter sich gelassen hat. Wir sind Kinder des Lichts. Wir werden es nicht. Wir sind es!

Die Basis für ein Leben der Heiligkeit ist diese tiefstgreifende Veränderung in unserem Leben durch die Wiedergeburt. Sie ist der Startschuss für alles andere.
Wenn wir in diesem Licht leben, im Lichte dessen, was Jesus für und in uns getan hat, dann werden wir unser altes Leben immer mehr hinter uns lassen und immer mehr so leben, wie Gott es sich vorstellt. Der Schlüssel ist immer das Opfer Jesu.

2. Der Verstand
Wer die Bibel verstehen will, muss seinen Verstand einsetzen. Die wichtigste Methode der Theologie ist es, Fragen zu stellen. Fragen hat jeder, aber nur wer sie zu stellen weiß, bekommt auch Antworten. Manchem mag das seltsam erscheinen, aber auch Jesus lernte, indem er Fragen stellte: Und es begab sich, nach drei Tagen fanden sie ihn im Tempel sitzend mitten unter den Lehrern, wie er ihnen zuhörte und sie fragte. – Lukas 2,46

Wenn wir mit unserem Verständnis der Bibel weiterkommen wollen, müssen wir auch bereit sein, Fragen zuzulassen, denn man wird nur tiefer in den Text eindringen, wenn man mit den Antworten, die man bisher hatte, unzufrieden wird.
Die Kunst ist nun, die richtigen Fragen zu stellen. Es gibt auch ein Hinterfragen, das einfach nur ätzend ist und den Glauben zerstört(1) . Man kann sich um absolute Nebensachen in der Bibel immer im Kreis drehen, bis einem schlecht ist. Das soll nicht so sein. Das wichtigste an der Bibellese ist, dass sie den Glauben aufbauen soll. Wenn es abbauend wird, ist es besser, die Fragen beiseite zu legen und nicht mehr darüber nachzudenken. Für solche Fälle gibt es eine gute Regel:

Man sollte Bibel lesen, wie man Fisch isst: die Gräten beiseite lassen.

Die Frage, was denn theologische Hauptsachen sind, wird weiter unten behandelt. Wenn diese Hauptsachen im Leben feststehen, sollte es keine Probleme mit Fragen geben, die dem Glauben abträglich sind.
Richtige Fragen, die man an einen Bibeltext stellen sollte, sind:

1. Was bedeutete dieser Text in seinem ursprünglichen Zusammenhang?
Hier geht es um den Komplex der Exegese. Die Bibeltexte hatten auch damals schon Adressaten, was sollte ihnen mitgeteilt werden?

2. Was will Gott damit zum Ausdruck bringen?
Der letzte Urheber der Bibel ist Gott. Also können wir davon ausgehen, dass er Absichten damit hatte, dass die Bibel gerade so überliefert wurde, wie sie eben überliefert wurde. Es ist also eine gute Frage, warum ein Text überhaupt in der Bibel steht. Was ist Gottes Absicht dahinter?

3. Was bedeutet dieser Text für mein Leben?
Das Verstandene will umgesetzt werden. Gottes Wort soll nicht leer zu ihm zurückkehren, sondern etwas ausrichten (Jesaja 55,1). Deshalb muss die letzte Frage an den Text heißen: „Was will Gott mir damit sagen? Wie kann ich das in mein Leben einbauen und umsetzen?“

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Anmerkungen:

(1) So verführt z.B. die Schlange in der Genesis die Menschen durch eine Frage: „Sollte Gott gesagt haben…“ (1.Mose 3,1) und zerstörte damit die Beziehung der ersten Menschen zu Gott auf das Nachhaltigste.

6 Niemand täusche euch mit leeren Worten: All das zieht auf die Ungehorsamen den Zorn Gottes herab.
7 Habt darum nichts mit ihnen gemein!  (Epheser 5,6-7 nach der Einheitsübersetzung)

Was sind die leeren Worte, die uns immer wieder zu täuschen versuchen indem sie uns zur Sünde bringen oder uns Verführungen gegenüber gefügiger machen sollen?
Es sind die Lügen, die jeder von uns kennt: „Du wirst Dich gut fühlen, wenn Du dieses oder jenes tust.“ „Es wird keine Konsequenzen haben und Gott wird sowieso ein Auge zudrücken.“ Aber letztlich wissen wir doch, dass unser Lebenswandel einiges damit zu tun hat, wie wir Gott erleben. Es sind alles leere Worte.
Wir sollten nichts mit Leuten zu tun haben, die ungöttlich leben. Zumindest nicht auf eine Weise, die ihnen Einfluss auf unser Leben gibt. Die Menschen mit denen wir uns umgeben entscheiden letztlich darüber, wie es uns geistlich geht. Wenn wir viel mit Christen zu tun haben, die uns zum Guten anspornen und uns ein gutes Vorbild sind, wird das einen positiven Einfluss auf unser Leben haben. Umgekehrt zieht es uns runter ständig mit Leuten rum zu hängen, die uns zu Schlechtem verführen. Es ist reiner Selbstschutz, wenn wir mit manchen Menschen keine Zeit verbringen.


Laßt euch nicht irreführen! Schlechter Umgang verdirbt gute Sitten. (1.Korinther 15,33 nach der Einheitsübersetzung)

Der Rhema-Logos-Kreislauf
Es ist hermeutisch immer wieder eine spannende Sache, herauszufinden, wie Briefe, die sich an Menschen vor zweitausend Jahren richten, oder Psalmen, die direkt zu Gott geschrieben wurden, das Wort Gottes an uns werden können.
Dazu bedarf es des Heiligen Geistes, der Herr sowohl über das geschriebene als auch über das gesprochene Wort Gottes ist.
Manche Theologen unterscheiden beides streng. Auf der einen Seite das zeitlose, in allen Situationen an allen Orten gültige Wort Gottes, das uns in der Bibel offenbart wurde, auf der anderen Seite das Wort Gottes, das in eine bestimmte Situation einem bestimmten Menschen oder einer Menschengruppe gegeben wurde. Das Wort der Bibel wird häufig als Logos bezeichnet, das gesprochene Wort als Rhema, beide Ausdrücke kommen aus dem griechischen.
Die Bibel ist in einer geschichtlich einmaligen Situation entstanden. Menschen bekamen eine Offenbarung Gottes (Rhema) und schrieben diese auf. Durch die Entstehung des Kanon wurden diese Rhemata zu Logos, Gottes verbindlichem Wort. Hermeneutik geschieht nun da, wo der Heilige Geist uns das Wort Gottes aufschließt und wir es als Wort Gottes an uns erkennen. Das ist an und für sich ein großes Wunder: ein jahrtausendealtes Buch spricht über das Meer der Zeit hinweg mit lauter Stimme. Dadurch, dass der Heilige Geist uns das Wort aufschließt, wird aus Logos wieder Rhema, eben Gottes Wort an uns – der Kreislauf schließt sich.

Beispiel:Archippus

Und saget dem Archippus: Siehe auf den Dienst, den du im Herrn empfangen hast, damit du ihn erfüllest! – Kolosser 4,17

Wir können mit Sicherheit davon ausgehen, dass Archippus gelebt hat – den Mann hat es gegeben. Trotzdem ist er nicht der einzige, dem dieser Vers gilt. Zusammen mit Archippus werden wir alle aufgefordert, auf unseren Dienst zu sehen und ihn zu erfüllen.

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