Wie aber die Kirche sich Christus unterordnet, sollen sich die Frauen in allem den Männern unterordnen.
25 Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie Christus die Kirche geliebt und sich für sie hingegeben hat,
26 um sie im Wasser und durch das Wort rein und heilig zu machen.
27 So will er die Kirche herrlich vor sich erscheinen lassen, ohne Flecken, Falten oder andere Fehler; heilig soll sie sein und makellos. (Epheser 5,24-27 nach der Einheitsübersetzung)

Jede Münze hat zwei Seiten. So spricht Paulus auch hier eine Seite für die Frauen an und eine für die Männer. Mit solchen Stellen wird immer wieder Schindluder getrieben, was daran liegt, dass wir die Stellen für die anderen besser kennen als die für uns. So kommt es, dass Männer von ihren Frauen Gehorsam fordern (und damit den biblischen Rahmen schon verlassen), aber ihre Frauen nicht lieben wie Christus die Gemeinde.
Wer seine Frau liebt wie Christus die Gemeinde, der wird keine Unterordnung verlangen, denn Liebe unterjocht nicht sondern befreit. Wir können Jesus leicht folgen weil wir wissen, dass wir von ihm nichts zu befürchten haben – seine bedingungslose wird uns immer in Freiheit und nicht in ungesunde Abhängigkeit und Enge führen. Wer nicht liebt muss Unterordnung gar nicht erst erwarten, niemand ordnet sich einem lieblosen Menschen unter. Man wird vielleicht unterdrückt, aber die freiwillige Unterordnung wird es nicht geben.
In der Bibel taucht immer wieder einmal die Ehe als Bild für die Gemeinde auf. Das Bild funktioniert in beide Richtungen: zum einen haben wir ein irdisches Bild für Intimität, Schutz, Gemeinschaft usw. an dem wir uns vorstellen können, was in der Beziehung mit Jesus noch geht. Auf der anderen Seite hilft uns aber auch die Beziehung und speziell der Charakter Jesu, unsere Ehen auf ein besseres Fundament zu stellen.

Paulus ändert im letzten Vers etwas das Thema und geht ganz über zur Gemeinde. Jesus reinigt seine Gemeinde durch das Wort. Je mehr wir uns Gottes Wort aussetzen indem wir sein Reden suchen und in der Bibel lesen, umso mehr geben wir dem Heiligen Geist Raum uns zu überführen und uns Schwachstellen in unserem Leben zu zeigen. Ohne Gottes Wort ist geistliches und charakterliches Wachstum kaum denkbar. Die tägliche Zeit mit Gott ist wichtig um Jesus die Chance zu geben seine Braut zu reinigen und eines Tages eine herrliche, heilige Gemeinde heim zu führen.

3. Vom Ursprung her denken

Von Anfang an aber ist es nicht so gewesen. – Matthäus 19,8

First things first. Ein wichtiges Prinzip der Bibelauslegung ist es, vorne anzufangen. Nirgendwo in der Bibel offenbart sich Gottes eigentlicher Plan mit den Menschen so klar wie auf den ersten Seiten der Bibel.
Die Welt, in der wir seit dem Sündenfall leben, ist nicht die Welt, die Gott ursprünglich als Lebensraum für den Menschen geplant hatte. In der Welt, in der wir jetzt leben, ist vieles nicht optimal und entspricht auch nicht dem Willen Gottes. Die gefallene Schöpfung hat Einfluss auf alles, was in ihr stattfindet. Bis hin zu den Entscheidungen und dem Willen Gottes.

Ursprünglich sollte der Mensch in einer paradiesischen Umwelt leben, in der Sünde und Gottesferne kein Problem wären, das jemals auftauchen würde. Das war Gottes A-Plan. Alles, was nach dem Sündenfall geschehen ist, war damit nur Gottes B-Plan. Schadensbegrenzung. Das wirft ein interessantes Licht auf das Alte und das Neue Testament. Viele Fragen klären sich: Wollte Gott ein Gesetz? Wollte Gott, dass Jesus gekreuzigt wurde? Nein, er wollte es nicht, es war nur die einzige Möglichkeit, mit einer gefallenen Schöpfung umzugehen.

Von hierher klären sich einige der dringendsten theologischen Fragen überhaupt. Seit Boethius (480-521) zum ersten Mal die Frage stellte, wie es denn in einer Welt, die von einem guten und allmächtigen Gott geschaffen wurde, Böses geben könne, beschäftigt uns die so genannte „Theodizee-Frage“. Die Antwort ist einfach: Von Anfang an aber ist es nicht so gewesen. Gott hat es sich anders vorgestellt.

Die Theologen unterscheiden hier zwischen Gottes ursprünglichem Willen und seinem zulassenden Willen. In der gefallenen Schöpfung lässt Gott einiges zu, was nicht in seinem ursprünglichen Willen stand. Er tut es deshalb, weil der Mensch sonst nicht weiter bestehen könnte. Es reichte eine winzige Sünde, um aus dem Paradies verjagt zu werden (was ist das schon: eine verbotenen Frucht essen?). Das ist Gottes Heiligkeitsstandard. Mittlerweile sind die Sünden viel extremer geworden, und dennoch gibt es Vergebung, und wir kommen in Gottes Gegenwart. Das ist Gottes zulassender Wille.
Liest man speziell das Alte Testament, ist man immer wieder erstaunt, was sich heilige Männer Gottes alles herausgenommen haben an Sünden. Gerade was sexuelle Sünden angeht, begegnet uns da eine wahre Fülle. Das war nicht Gottes ursprüngliche Absicht, aber er lässt es dennoch zu, weil er sonst die Heilsgeschichte nicht hätte zu Ende führen können.
Das letzte Ziel wird sein, den paradiesischen Zustand wieder herzustellen: wie es am Anfang war, so soll es am Ende wieder werden. Teilweise soll dieser Zustand bereits auf dieser Erde wiederhergestellt werden. Deshalb ist es so wichtig, in der Bibelauslegung immer wieder zurückzuschauen zu Gottes ursprünglicher Schöpfungsabsicht.

Beispiel: Sklaverei
Befremdlicherweise enthält die Bibel viele Stellen, die sich mit Sklaverei beschäftigen, aber keine, die klar dagegen spricht. Z.B. wird in 2.Mose 20 von Rechten gesprochen, die Sklaven haben, aber das Halten von Sklaven wird nicht als unmenschlich gebrandmarkt und verboten. Ähnlich geht es im Neuen Testament weiter, hier werden Sklaven ermutigt, ihren Herren gut zu dienen, z.B. Was Knechte sind, im Sklavenstand, die sollen ihre eigenen Herren aller Ehre wert halten, damit nicht der Name Gottes und die Lehre verlästert werden – 1.Timotheus 6,1.
Solche Bibelstellen haben den Befürwortern der Sklaverei natürlich gute Argumente geliefert. Trotzdem ist mittlerweile jeder Christ davon überzeugt, dass Sklaverei ein Gräuel ist. Warum?
Weil es von Anfang her nicht so gewesen ist. Gott hatte den Menschen geschaffen, um zu herrschen, nicht um beherrscht und von anderen Menschen besessen zu werden (1.Mose 1,26.28).

21 Ordnet euch einander unter in der Furcht Christi,
22 die Frauen den eigenen Männern als dem Herrn!
23 Denn der Mann ist das Haupt der Frau, wie auch der Christus das Haupt der Gemeinde ist, er als der Heiland des Leibes. (Epheser 5,21-23 – nach der Elberfelder)

Es ist bemerkenswert, wie oft diese Stelle falsch zitiert und übersetzt wird. Manche Bibeln fügen zwischen Vers 21 und 22 eine Überschrift ein und übersetzen so, als wäre Vers 22 ein eigener Satz, der nicht zu Vers 21 gehört. Tatsächlich gehören diese Verse aber zusammen. Das Ideal des Neuen Tesatmentes ist gegenseitige Unterordnung, das ein jeder den anderen höher achte als sich selbst (Philipper 2,8). Hierein reiht sich auch die Stellung der Ehepartner.
Es ist eine grobe Verzerrung des Wortes Gottes zu sagen, dass die Frau sich dem Manne unterzuordnen hat ohne zu erwähnen, dass er sich auch ihr unterordnen soll wo das angeraten ist.

Unterordnen hat niemals etwas mit herrschen zu tun. Man wird nicht untergeordnet sondern ordnet sich selber unter, was ein erheblicher Unterschied ist! Sich jemandem unterzuordnen bedeutet, seine höhere Kompetenz in einem bestimmten Bereich anzuerkennen und sich entsprechend zu verhalten; nämlich indem man sich selbst in diesem Bereich führen und leiten lässt und nihct auf der eigenen Meinung besteht.
Das Paulus hier von gegenseitiger Unterordnung in der Ehe spricht, lässt einen grossen Spielraum. Die Bibel sagt nicht in welchen Bereichen der Mann und in welchen Bereichen die Frau kompetenter ist und wer sich wem wo unterordnen soll. Das kann sie auch gar nicht, denn das ist eine sehr individuelle Sache, die wohl in jeder Ehe unterschiedlich geregelt sein dürfte und den kulturellen und sozialen Faktoren der jeweiligen Zeit und Region stark unterworfen ist.
Zu Paulus Zeiten war es üblich, dass sich die Frau der Kompetenz des Mannes in allen Bereichen unterstellte, die über den Haushalt hinausgingen. Das betraf besonders finanzielle, politische und auch religiöse Dinge. Auf der anderen Seite kümmerten sich dieMänner nicht um die Erziehung der Kinder. Heute sind diese klassischen Rollen längst aus dem Leben unserer Gesellschaft verschwunden. Die Reglungen für Ehe sind sehr viel individueller, es gibt keine „Ehenorm“ mehr.
Heute ist es keine Seltenheit, dass Frauen das Geld verdienen und die Männer daheim den Haushalt schmeissen und die Kinder erziehen. Das befremdet noch immer manche, ist aber vom Epheserbrief her gar kein Problem, denn wer sich in welchem Bereich wem unterordnet wird von der Bibel nicht geregelt.

Eine Warnung oder einen Hinweis enthält die Bibelstelle noch, die ich nihct unerwähnt lassen möchte:
Die Frauen sollen sich den Männen unterordnen als dem Herrn. Andere Bibelübersetzungen (z.B. die Einheitsübersetzung) übersetzen etwas klarer: wie dem Herrn. Die Unterordnung der Frau unter den Mann soll nicht anders sein als ihre Unterordnung unter Christus. Es geht hier nicht darum, dass der Mann der Herr der Frau sein soll, in dem Sinne, dass er das Recht hätte über seine Frau herrschend zu verfügen.
Vielmehr soll die Ehebeziehung die Beziehung zwischen Christus und seiner Braut widerspiegeln. Die gegenseitige Unterordnung (auch der Frau!) soll sich an der Beziehung Jesu zu seiner Gemeinde orientieren. So wie wir unsere Leben freiwillig Christus unterstellen weil wir wissen, dass er uns gut leiten wird, so soll die Unterordnung untereinander auch sein. Deshalb werden auch die Männer aufgefordert, ihre Frauen zu lieben, wie Christus die Gemeinde (Epheser 5,25). Dieses Bild ist für uns wichtig, denn es zeigt die Grenzen oder besser: die Rahmenbedingungen christlicher Ehe auf. Unterordnung in der Furcht des Herrn heisst ja nichts anderes, als sich unter zu ordnen wegen Jesus.
Vielfach wurde die Epheserstelle bemüht um zu zeigen, dass die Frauen sich ihren Ehemännern immer unterordnen müssten, dass sie auf Gedeih und Verderb im Kadvergehorsam ihren Männern ausgeliefert seien. Das ist leider nicht übertrieben. Selbst Ehemännern, die saufen, ihre Frauen schlagen und Haus und Hof verspielten wurde die Herrschaft über ihre Frauen weiter zuerkannt. Viele weltliche Humanisten haben zu Recht auf die Ungerechtigkeit einer solchen Situation hingewiesen.
Genau das kann aber nicht gemeint sein. Wie Christus heisst, sich einem guten Mann in Liebe unterzuordnen. Wenn die Leitungskompetenz fehlt und der Mann die Familie in den Ruin treibt kann selbstverständlich niemand von der Frau erwarten, sich weiterhin unterzuordnen.

Ähnliches wie für die Ehe gilt meiner Meinung nach auch für die Gemeinde. Das Ideal ist auch hier Unterordnung unter die grössere Kompetenz eines anderen. Das wird in den meisten Leitungskreisen auch so gelebt – selbst da, wo es einen Hauptpastor gibt, ordnet er sich doch in gewissen Bereichen seinen Ältesten oder anderen Personen mit leitungsbefugnis unter. Eben in den Bereichen, von denen die andern mehr verstehen. Das ist das Prinzip der Teamleitung: nicht jeder muss alles können, es gibt Spezialisten, deren Meinung in ihrem Bereich massgebelich ist.
Für Kompetenz ist Geschlecht mittlerweile zum Glück kein Kriterium mehr.

Das Ideal des Neuen Testaments ist also gegenseitige Unterordnung in einem Team, ein Leib, in dem jeder Teil seinen von Gott bestimmten Platz einnimmt und nicht eine einseitige Herrschaft der Männer.

[s.dazu auch mein Buch „die Prinzessin auf der Kanzel“ oder diskutiere hier mit über Frauenordination]

Nicht zuviel Gewicht auf eine Stelle legen
Auch in der Bibel selber kann man Gewichtungen feststellen. Manche Glaubensgrundsätze und Wahrheiten tauchen oft auf, andere selten. Besonders wichtige Dinge ziehen sich wie ein roter Faden von Anfang bis Ende durch. Es ist gefährlich, theologische Gebäude auf der Auslegung eines einzigen Verses aufzubauen.
Gesunde Lehre (2.Timotheus 4,3) baut sich nicht nur auf einer Erwähnung auf. Das, was Gott wichtig ist, wird man an mehreren Stellen in der Bibel finden.
Im Alten Testament wird ein sehr wichtiges Rechtsprinzip aufgestellt: auf der Aussage von zwei oder drei Zeugen soll jede Sache beruhen. (5.Mose 19,15). Dieses Prinzip wird vom Neuen Testament bestätigt: Matthäus 18,16 / 2.Korinther 13,1 / 1.Timotheus 5,19 / Hebräer 10,28. Vergleicht man diese Stellen miteinander fällt auf, dass sie einen Bedeutungswandel durchgemacht haben.
–> Im Mosebuch ging es um rein rechtliche Dinge, ebenso zitieren auch Jesus und der Hebräerbrief.
–> Paulus bezieht die Stelle im 2.Korintherbrief auf seinen dritten Besuch.
–> Im Brief an Timotheus geht es nicht mehr um Staatsrecht, sondern um Gemeindestreitigkeiten.

Das legt den Verdacht nahe, dass es sich bei dem Zeugenprinzip um ein sehr allgemeines Prinzip handelt, das sich auf alle möglichen Situationen anwenden lässt. Es wurde vorgeschlagen , dieses Prinzip auch hermeneutisch anzuwenden.(1) Ich finde das eine sehr gute Faustregel: für eine wichtige Sache lassen sich mehrere Textzeugen finden.
Unwichtige(re) Dinge werden eben nur selten erwähnt und lassen sich nicht immer klar auslegen.
Beispiele für unklare Nebenaspekte der Bibel:
• Die Riesen der Vorzeit (Nephilim): 1.Mose 6,4
• Asasel: 3.Mose 16,8.10.26
• Der Leviatan: Psalm 104,26 / Jesaja 27,1
• Totentaufe: 1.Korinther 15,29
• Der Grossteil der Offenbarung
Auf solche unklaren Aspekte der Schrift kann man keine Theologie aufbauen. Man kann darüber reden, predigen, nachdenken usw., aber es ist nicht ratsam, diese Stellen heranzuziehen, um „reine Lehre“ aus ihnen zu destillieren.

Eine Sonderrolle nehmen hier einige der prophetischen Texte des Alten Testaments und die Offenbarung des Johannes ein. Diese Texte sind zwar unklar, werden aber im Laufe der Zeit mit zunehmender Offenbarung Gottes klarer. Je weiter der Zeiger auf der Endzeituhr fortschreitet, umso eindeutiger und sicherer wird man jeden Teil der prophetischen Texte auslegen können.
________
Anmerkungen:
(1) Uwe Schäfer: Die Theologie des Zimmermanns, Seite 33f

19 Laßt in eurer Mitte Psalmen, Hymnen und Lieder erklingen, wie der Geist sie eingibt. Singt und jubelt aus vollem Herzen zum Lob des Herrn!
20 Sagt Gott, dem Vater, jederzeit Dank für alles im Namen Jesu Christi, unseres Herrn! (Epheser 5,19-20 nach der Einheitsübersetzung)

Paulus bleibt nicht bei einer rein negativen Betrachtungsweise. Er spricht nicht nur von den Dingen, die wir nicht tun sollen, sondern auch von denen, die wir tun sollen. Tatsächlich ist es einer der effektivsten Schlüssel um Sünde und Schlechtes zu überwinden, sich einfach um das Gute zu drehen. Je mehr man etwas nicht will, umso mehr denkt man daran und tut es in der Folge dann doch. Deswegen ist es so wichtig etwas Gutes zu haben, das man dem Bösen entgegensetzen und das man stattdessen tun kann.
Eine der effektivsten Waffen in unserem Kampf ist Lobpreis. Wenn wir Gott die Ehre geben und darüber singen, beten und nachdenken, wer er ist und was Jesus Christus für uns getan hat, dann drehen wir uns um das Beste überhaupt. Wir können so voll von Gott und seinem Lob sein, dass wir gar keine Zeit mehr haben unsere Gedanken um Sünde kreisen zu lassen.
Egal, was in unserem Leben gerade passiert, wir können Gott danken. Grund gibt es immer. Manchmal wird diese Aufforderung missverstanden, als sollten wir Gott für etwas danken, worunter wir leiden. Das ist nicht der Fall, von Gott kommt nur Gutes in unser Leben und wir müssen ihm nicht für etwas danken, das er nicht getan hat. Wir können Gott aber in jeder Situation unseres Lebens danken. Egal wie verfahren es ist, Du wirst immer etwas haben, wofür Du dankbar sein kannst. Vielleicht ist es manchmal nur die Gewissheit, dass einmal jedes Leid aus Deinem Leben verschwinden wird und Du in die Wohnung einziehen wirst, die Jesus schon seit 2000 für Dich im Himmel vorbereitet. Wenn das kein Grund zur Dankbarkeit ist!
Dankbarkeit hat immer den Effekt, dass wir aufhören uns um das Schlechte zu drehen. Dadurch wirst Du feststellen, dass es in Deinem Leben hell wird. Wer sich nur um das Schlecht dreht, der hat ja keinen Grund sich zu freuen. Deswegen sind dankbare Menschen immer glücklicher als undankbare – Dankbarkeit schützt vor Selbstmitleid.
Die Anbetung von der hier die Rede ist, ist aber nicht nur eine mit einstudierten Liedern und Gesten. Sie kommt aus dem Geist, ist vom Heiligen Geist inspiriert. Wahre Anbetung geschieht im Geist und in der Wahrheit (Johannes 4), sie ist etwas anderes, als reines Lieder singen. Ich vermute, dass Paulus hier auch von der Gabe des Singens und Sprechens in neuen Sprachen redet, dass es aber auch darum geht, dass Gottes Geist unser Herz so (über)erfüllen kann, dass die Dankbarkeit einfach nur aus uns herausfliesst. Ich habe das oft erlebt, gerade in dunklen Stunden, dass sich meine Stimmung um 180° gedreht hat wenn ich Gott von Herzen angebetet habe und ich auf einmal eine übernatürliche Freude hatte, wo vorher nur Frust war. So ist das Leben mit unserem Herrn!

2. Unklare Stellen im Lichte der klaren auslegen
Im Großen und Ganzen ist die Bibel eigentlich kein unverständliches Buch. Sie ist für ganz normale Menschen ohne besondere Vorkenntnisse und akademische Bildung geschrieben worden und kann deshalb auch von solchen gelesen und verstanden werden. Die historische Distanz, die uns von den biblischen Texten trennt, erschwert zwar das Verständnis an vielen Punkten, aber eben nicht an allen. Die meisten Bibelstellen sind klar und einfach zu verstehen.
Eine wichtige hermeneutische Regel ist daher, unklare Stellen im Licht von klaren Stellen auszulegen und nicht umgekehrt die klaren noch unnötig zu verschleiern.

Die Gemeinde steht auf dem festen Fundament der apostolischen Lehre, und von diesem Fundament her versteht sich die Bibel. Der Mittelpunkt und zugleich das Ende der Offenbarung Gottes ist Jesus Christus. Er muss auch der Ausgangspunkt der Hermeneutik sein.
Johannes schreibt über Jesus, dass er das Licht ist, das in die Finsternis hineinleuchtet (Johannes 1,5). Ein schönes Bild. Stellen wir uns ein Licht in der Dunkelheit vor, so gibt es einen Bereich unmittelbar um die Lichtquelle herum, in dem man lesen kann, weiter weg verliert sich das Licht in der Dunkelheit. Es wird zunehmend dunkler.
Ebenso ist es mit der Bibelauslegung. Es gibt Dinge, die eindeutig feststehen, und andere, die es nicht tun. Manche Dinge in der Bibel sind so unklar, dass man kein zuverlässiges Urteil darüber abgeben kann, und das ist auch ganz ok so.

Alle Erkenntnis vor dem Himmel ist Stückwerk (1.Korinther 13,9). Niemand wird je alles wissen oder keine Fehler mehr haben. Das gilt auch für Theologie. Die Offenbarung Gottes ist zu groß, als dass sie von einer Person, einer Gemeinde oder auch einer Glaubensrichtung getragen werden könnte. Und Gott ist noch einmal größer als das, was er uns bisher gezeigt hat.
Konsequent angewandt bedeutet das, dass wir nicht über die – teilweise offensichtlichen – Irrtümer anderer Christen und Zeiten lachen können, denn unsere eigene Theologie wird noch genügend Fehler enthalten!
Hier gilt wiedermal der Splitter-Balken-Test: Wie kannst du zu deinem Bruder sagen: Halt, ich will den Splitter aus deinem Auge ziehen, und siehe, der Balken ist in deinem Auge? Du Heuchler, ziehe zuerst den Balken aus deinem Auge und dann siehe zu, wie du den Splitter aus deines Bruders Auge ziehest! (Matthäus 7,4-5)
Eine gute Methode, den Splitter-Balken-Test zumindest im Bereich der Theologie zu bestehen, ist sich dogmatisch auf eindeutige Hauptsachen der Schrift zu beschränken und in den Nebensächlichkeiten Liebe und Toleranz zu zeigen. Eine typische Nebensache ist z.B. die eschatologische Frage, ob die Entrückung vor oder nach der großen Trübsalszeit stattfindet. Der eine Theologe sagt mit Bestimmtheit ja, der andere genauso überzeugt nein. Man fühlt sich hin und her gerissen wie der Richter, der erst den Angeklagten verhört und sagt: „Du hast Recht.“ Dann verhört er den Ankläger und sagt: „Du hast auch recht.“
Daran erkennt man eine Nebensache, die wohl nicht so klar offenbart ist, man kann allen Seiten Recht geben.
Wie erkennt man, welche Stelle nicht nur klar ist, sondern auch eine Hauptsache ist?

Definition
Klar ist etwas dann, wenn man keine Fragen mehr dazu hat. Eine Hauptsache ist es dann, wenn es den meisten anderen auch klar ist und wenn es als Lehrsatz wichtig genug ist, verteidigt zu werden.

Über die Hauptsachen des Glaubens haben sich die Christen etwa seit der Auferstehung Gedanken gemacht. Was macht uns als Christen eigentlich aus, was sind die eindeutigen Herzstücke unseres Glaubens? Um Definitionen zu finden, hat man immer wieder Glaubensbekenntnisse formuliert. Ein Glaubensbekenntnis ist also das, was viele Christen für eindeutig und wichtig halten. Ein Glaubensbekenntnis fasst Dogmen (Lehrsätze) zusammen.
Um Haupt- und Nebensachen voneinander zu trennen, ist es nicht falsch, vom Glaubenbekenntnis auszugehen, deshalb zitiere ich hier das so genannte Apostolische Glaubensbekenntnis.

Beispiel: Das Apostolische Glaubensbekenntnis:
Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde.
Und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn, empfangen durch den Heiligen Geist,
geboren von der Jungfrau Maria, gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben,
hinab gestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel;
er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters;
von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten.
Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige christliche Kirche, Gemeinschaft der Heiligen,
Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben.
Amen.

Viele Bereiche sind dabei nicht abgedeckt und werden von verschiedenen Bekenntnisrichtungen und Christen verschieden ausgelegt. Beispielsweise die Frage, wie Gott der Schöpfer des Himmels und der Erde wurde, ob in sechs Tagen oder durch Evolution. Oder die Frage nach dem Heiligen Geist.
Es gibt Dinge, die sind uns als Jesus Freaks wichtiger als anderen Denominationen, aber die Aussagen des Apostolischen Glaubensbekenntnisses könnten wir alle unterschreiben.

17 Darum seid nicht unverständig, sondern begreift, was der Wille des Herrn ist.
18 Berauscht euch nicht mit Wein – das macht zügellos -, sondern laßt euch vom Geist erfüllen! (Epheser 5,17-18 nach der Einheitsübersetzung)

Es ist möglich, Christ zu sein und den Willen Gottes nicht zu kennen. Natürlich wird man schon wissen, was Gottes Wille in Bezug auf Bekehrung und die Ewigkeit ist, aber vieles andere weiss man unter Umständen nicht. Viele wissen nicht, was Gottes Wille bezüglich ihres Lebens, der Sünde, Geistesgaben und vieler anderer Dinge ist. Wir müssen Gottes Wort kennen und Zeit mit dem Heiligen Geist verbringen um den Willen Gottes in allen Bereichen des Lebens zu erkennen.
Die Erkenntnis, dass man das Wissen um Gottes Willen nicht automatisch in die (geistliche) Wiege gelegt bekommt, ist schon sehr wichtig, denn sie macht uns dafür bereit, Gottes Willen zu erkennen und geistlich zu wachsen.
Mit Gott zu leben ist ein Lebensstil, es reicht nicht Gott einmal zu suchen und dann nicht wieder. So ist es auch mit dem Alkohol. Natürlich ist man nicht zügellos, wenn man einmal zu viel getrunken hat, aber man wird zügellos, wenn es zur Gewohnheit wird. Viel besser ist es, mit dem Heiligen Geist erfüllt zu sein, als sich zu betrinken. Aber auch hier gilt, dass ein einmaliges Erlebnis Gottes nicht reicht um ein verändertes Leben zu führen. Es muss zur Gewohnheit werden, dann wird sich Gottes Geist auf alle Bereiche unseres Lebens auswirken.
Der Vergleich zwischen Gottes Geist und Alkohol erscheint auf den ersten Blick fast gotteslästerlich – was hat betrunken sein mit der Erfüllung durch Gottes Geist zu tun? Apostelgeschichte 2 zeigt, dass der Vergleich nicht so weit hergeholt ist wie es auf den ersten Blick scheint. Als der Heilige Geist Pfingsten vor 2000 Jahren ausgegossen wurde, sah es für die Zuschauer aus, als ob die Apostel und alle anderen betrunken gewesen wären. Gottes Geist kann einen Menschen also auf eine Weise erfüllen, die durchaus wie ein Rausch sein kann. Das habe ich selber erlebt und natürlich auch Millionen andere Christen – wenn Gott kommt, kann alles passieren.

1.2. Nicht von der (eigenen) Tradition her auslegen
Ein weiteres Problem ist erkenntnistheoretischer Natur. Wir lesen nicht nur die Dinge in die Bibel hinein, die wir wollen oder die von Versionskonflikten herrühren, sondern auch unseren gesamten Hintergrund. Wir nähern uns der Bibel als ganze Menschen mit unserer ganzen Biographie: seelisch, sozial und nicht zuletzt theologisch. Man kann das als eine Brille bezeichnen, die wir beim Lesen der Bibel aufhaben. Hat man eine Brille mit roten Gläsern auf der Nase, erscheint einem die Bibel „rot“, hat man eine grüne auf, erscheint sie „grün“. Viele theologische Konflikte rühren daher, dass wir beim Bibellesen unsere theologischen Brillen aufhaben. Wir lesen nicht voraussetzungsfrei und vorurteilslos, sondern als Baptisten, Pfingstler oder Mennoniten.
Das ist an sich nicht schlimm und überdies auch unvermeidbar. Schlimm wird es, wenn man nicht mehr in der Lage ist, die eigene Vorprägung zu hinterfragen. Leider ist eine Tendenz festzustellen, Theologie und Bibel gleichzusetzen. Nicht nur an die Bibel zu glauben, sondern an eine definitive Auslegung der Bibel.
Das ist falsch. Die Bibel ist Gottes Wort, nicht die Bibelauslegung.
Wenn sich Bibelauslegungen in unserem Kopf zu großen Gedankengebäuden zusammentürmen, versperren sie uns oft den Blick auf die Wirklichkeit der Schrift. Das kann mal ganz kleine Auswirkungen haben, manchmal aber auch katastrophale.

Beispiel: Liebe und Geistesgaben
Ein harmloses Beispiel dafür, wie eine theologische Prägung unser Verständnis der Bibel verschleiern kann, findet sich in 1.Korinther 13. Hast Du auch schon mal gehört, dass Geistesgaben ohne Liebe wirkungslos sind und nichts bringen? Ich habe schon einiges an Predigten darüber gehört und auch in Büchern vieles gelesen, was in diese Richtung geht. Oft ist der Tenor: wir müssen nach Liebe eifern, nicht nach den Gaben, denn ohne Liebe bringen die Gaben ja sowieso nichts.
Aber was sagt Paulus selbst?

Wenn ich mit Menschen und Engelzungen rede, aber keine Liebe habe, so bin ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle.
Und wenn ich weissagen kann und alle Geheimnisse weiß und alle Erkenntnis habe, und wenn ich allen Glauben besitze, so dass ich Berge versetze, habe aber keine Liebe, so bin ich nichts.
Und wenn ich alle meine Habe austeile und meinen Leib hergebe, damit ich verbrannt werde, habe aber keine Liebe, so nützt es mir nichts! – 1.Korinther 13,1-3

Wenn er keine Liebe hat, nützt es ihm nichts, Geistesgaben auszuüben. Die Gaben nützen dennoch was. Wenn ich von einem total arroganten Menschen geheilt werde, hat mir das einiges genützt. Aber dem Heiler nicht. Gott hat ihn mit dieser Gabe ausgestattet und ist deshalb nicht davon beeindruckt, wenn sein Dienst funktioniert. Gott ist motivorientiert, und eine Haltung der Liebe hätte auch den Heiler selber vor Gott in einem guten Licht dastehen lassen.
Manchmal können solche Vorprägungen ein geistliches Leben zerstören oder extrem behindern. Wie viele Menschen kommen nie in ihre Berufung hinein, weil sie eine falsche Theologie für verbindlich halten? Theologie ist immer Stückwerk und darf niemals gleichberechtigt neben der Bibel stehen. Man darf alles in Frage stellen!
Unter Umständen muss Gott selbst unsere Prägungen durchbrechen und uns die theologische Brille von der Nase reißen, um uns zu einem tieferen Verständnis der Bibel zu verhelfen.

Beispiel: Martin Luther (1)
Inzwischen war ich in diesem Jahr [1518/19] bereits zur erneuten Psalterauslegung zurückgekehrt, da ich darauf vertraute, dass ich nun geübter sei, nachdem ich die Briefe des hl. Paulus an die Römer, an die Galater und den an die Hebräer in den Vorlesungen behandelt hatte. Ich war ja von einem bewundernswerten Verlangen ergriffen worden, Paulus im Brief an die Römer kennen zu lernen. Aber mir hatte bis dahin nicht die Kälte des Herzens im Wege gestanden, sondern ein einziges Wort, das im ersten Kapitel [1,17] steht: Die Gerechtigkeit Gottes wird in ihm [dem Evangelium] offenbar. Denn ich hasste dieses Wort „Gerechtigkeit Gottes“, das ich durch den Gebrauch und die gewohnte Verwendung bei allen Gelehrten gelehrt worden war, philosophisch zu verstehen von der, wie sie sagen, formalen oder aktiven Gerechtigkeit, durch die Gott gerecht ist und die Sünder und die Ungerechten straft.
Ich aber, der ich, obgleich ich als untadeliger Mönch lebte, mich vor Gott als Sünder mit unruhigstem Gewissen fühlte und nicht vertrauen konnte, dass ich durch meine Genugtuung versöhnt sei, liebte nicht, nein ich hasste den gerechten und die Sünder strafenden Gott. Im geheimen war ich – wenn auch nicht in Verfluchung, so doch in gewaltigem Murren – aufgebracht gegen Gott, indem ich sagte: Gleichsam als ob es wahrlich nicht genug sei, dass die armen Sünder und die durch die Erbsünde ewig verlorenen durch jede Art von Unheil durch das Gesetz des Dekaloges bedroht sind, wenn nicht Gott durch das Evangelium Leid zum Leid hinzufügte, und auch durch das Evangelium uns Gerechtigkeit und seinen Zorn androhte! Ich raste so mit grimmigem und verwirrtem Gewissen, bedrängte aber ungestüm an dieser Stelle Paulus, brennend dürstend, um zu wissen, was der hl. Paulus wollte.
Tag und Nacht dachte ich unablässig darüber nach, bis Gott sich meiner erbarmte und ich auf den Zusammenhang der Worte achtete, nämlich: Die Gerechtigkeit Gottes wird in ihm offenbar, wie geschrieben steht: ‚Der Gerechte lebt aus Glauben‘. Da fing ich an, die Gerechtigkeit Gottes als die Gerechtigkeit zu verstehen, durch die der Gerechte als durch Gottes Geschenk lebt, nämlich aus dem Glauben, und begriff, dass dies der Sinn sei: Durch das Evangelium wird die Gerechtigkeit Gottes offenbar, und zwar die passive, durch die uns der barmherzige Gott durch den Glauben rechtfertigt, wie geschrieben steht: ‚Der Gerechte lebt aus Glauben‘. Da fühlte ich, dass ich geradezu neugeboren und durch die geöffneten Pforten in das Paradies selbst eingetreten war. Da erschien mir durchgehend ein anderes Gesicht der ganzen Schrift. Ich durchlief danach die Schrift, soweit ich sie im Gedächtnis hatte, und fand auch in anderen Ausdrücken einen ähnlichen Sinn: Werk Gottes, d.h. durch das Gott in uns wirkt; Kraft Gottes, durch die er uns kräftig macht (virtus Dei, qua nos potentes facit); Weisheit Gottes, durch die er uns weise macht; Stärke Gottes; Rettung Gottes (salus Dei); Herrlichkeit Gottes.
Und mit welchem Hass ich vorher das Wort ‚Gerechtigkeit Gottes‘ hasste, mit solcher Liebe schätzte ich es nun als allerliebstes Wort. So wurde mir jene Stelle bei Paulus wahrhaft Pforte des Paradieses. Danach las ich Augustinus‘ Schrift Über den Geist und den Buchstaben. Dort fand ich wider Erwarten, dass auch er die Gerechtigkeit Gottes ähnlich auslegte, nämlich als die Gerechtigkeit, mit der uns Gott bekleidet, indem er uns rechtfertigt. Und obgleich dies noch unvollkommen gesagt war und er hinsichtlich der Zurechnung (imputatio) nicht alles klar darlegte, gefiel es mir doch, dass die Gerechtigkeit Gottes gelehrt wurde als die, durch die wir gerecht gemacht werden. (WA 54, 185f)

_______
Anmerkungen:

(1) Luther, Vorrede zum 1. Bd der Gesamtausgabe seiner lateinischen Werke, Wittenberg 1545
(vgl. K. Aland, Hilfsbuch zum Lutherstudium, Nr. 753). Zitiert nach:
http://fb02.uni-muenster.de/fb02/minekg/pfnuer/turmerlebnis.html – Hervorhebungen von mir (storch)

12. Oktober 2008 in theologie und gemeinde 7

Epheser 5,16

16 Nutzt die Zeit; denn diese Tage sind böse. (Epheser 5,16 nach der Einheitsübersetzung)

Solche Bibelverse sind die Ursache für manchen Burnout und Herzinfarkt. Verschwendete Zeit ist böse, und es liegt an uns, den Tag mit möglichst vielen sinnbringenden Aktivitäten zu füllen, um die Zeit, die wir haben, auszukaufen. Wer nach einer solchen Theologie lebt, hat es schwer. Einfach mal die Seele baumeln zu lassen und etwas Schönes machen wird auf einmal zur Sünde. Wie können wir eigentlich ins Kino gehen, während „da draussen“ eine Welt verloren geht?!
Es geht Paulus nicht darum, uns das Leben zu erschweren sondern darum, ein geistliches Prinzip zu erläutern, dessen Anwendung uns das Leben erleichtern wird.
Im Griechischen gibt es mehrere Worte für Zeit. Das Wort, das Paulus hier verwendet, bedeutet so viel wie „Zeitpunkt“. Nicht die 24 Stunden am Tag, sondern ganz bestimmte, von Gott gesetzte Zeitpunkte.

Im Buch Prediger im Alten Testament heisst es, dass alles „seine Zeit“ hat (Prediger 3,1-8).
Ebenso wie es im Natürlichen Zeiten zum Säen und Ernten gibt, gibt es sie auch im Geistlichen und im Leben mit Gott bestimmte Zeiten. Im Natürlichen fällt es uns oft leicht, die richtigen Zeiten zu erkennen und zu wissen, dass man z.B. im Winter nichts ernten kann, aber im Geistlichen fällt es uns schwer. Es muss aber möglich sein, denn sonst hätte Jesus nicht mit den Pharisäern in Matthäus 16 schimpfen können, dass sie nicht die geistlichen Zeiten erkannt haben.
Es gibt Zeiten, in denen sich Gott uns ungewöhnlich offenbart und uns sehr nahe ist. Geistliches Wachstum fällt in solchen Zeiten sehr leicht. Auch die Zeiten geistlicher Zähigkeit, in denen wenig Enthusiasmus da ist und das Leben auch mit Gott etwas zäher ist, sind normal.

Es bleibt, dass die Zeit (oder genauer: die Tage) böse ist. Das Leben gleicht einer staubigen Strasse, auf der hin und wieder ein Diamant funkelt. Mitten in der bösen Zeit sind immer wieder Zeitpunkte Gottes eingestreut, die uns geistlich nach vorne bringen. Diese Zeiten gilt es auszunutzen.

Man könnte Epheser 5,16 auch so übersetzen:

„Nutzt die Zeitpunkte Gottes in diesen bösen Tagen.“

Das Problem ist nun, diese Zeitpunkte zu erkennen und zu nutzen. Die Israeliten wussten in der Zeit ihrer Wüstenwanderung immer genau, wann sie weiterziehen mussten und wann es nicht an der Zeit war zu wandern und sie einfach rasten konnten. Im zweiten Buch Mose ist Gottes Führungsmethode beschrieben: bei Tag wurde sie von einer Rauchsäule geleitet, bei Nacht von einer Feuersäule. Wenn die Säule sich erhob, war es an der Zeit, die Sachen zu packen und weiterzuziehen. Es war ein sehr dynamisches Leben, und man konnte nie genau vorher wissen, wann es wieder weiterging.
Genauso ist auch das Glaubensleben dynamisch und in einem spannenden Sinne unberechenbar. Es mag Zeiten geben, in denen man es sich gerade in seinem Leben gemütlich gemacht hat, und auf einmal spürt man eine Unruhe des Geistes in sich, die einen weitertreibt.

Das, was früher die Wolken- oder Feuersäule war, ist nun der Heilige Geist. Man spürt, wenn es weitergeht. Auf einmal ist Unruhe, wo vorher Gemütlichkeit war. Geistliche Aufbruchstimmung – vielleicht weißt du nicht, wo es hingeht, aber du spürst es in den Knochen, es geht weiter.

Göttliche Zeitpunkte zeigen sich auch oft als Herausforderungen. Türen, die sich im Dienst und im Leben plötzlich öffnen und Chancen, die sich ergeben. Herausforderungen sind natürlich unbequem, und Chancen zu ergreifen, birgt immer ein Risiko in sich, aber letzten Endes sind das die Dinge, an denen wir als Menschen wachsen und durch die Gott unseren Charakter formen will.
Wenn du spürst, dass Gottes Geist dich weitertreibt, dass beten, Gemeinschaft, Dienst etc. auf einmal viel leichter fallen, als sonst und dass du eine Zeit der Gnade erlebst, in der geistliches Wachstum leicht fällt, dann versuch so weit zu kommen wie irgend möglich. Konzentriere dich auf Gott und eure Beziehung, koste die Zeit voll aus.

Wenn es anders ist, lebe dein Leben in Treue und freue dich darauf, dass irgendwann wieder ein göttlicher Zeitpunkt eintreten wird.

[hier noch eine weiterer Post dazu]

Seite 107 von 217« Erste...102030...105106107108109...120130140...Letzte »