7. September 2010 in theologie und gemeinde 5

Lake's Diary 1

In der nächsten Zeit gibt es einige Posts zu den Tagebüchern von John G.Lake, die Talbert Morgan herausgebracht hat. Insgesamt war ich leider etwas enttäuscht, aber das würde wohl auch jedem so gehen, der meine Tagebücher liest 🙂 Die Tagebücher enthalten viele Predigtschnipsel und angerissene Gedanken, einige sehr schöne Jesus-Geschichten und recht wenig persönlichen Kram – naja, Tagebücher eben. Abgerundet ist das Ganze durch ein paar (leider recht wenige) Kopien von Originaldokumenten. Übrigens ist auch das Tagebuch ein kopiertes Originaldokument: links der kopierte Text, rechts die Transkription.

Ich beginne wie immer ganz vorne, mit ein paar kurzen Ausschnitten aus „Lake’s Health Messenger“, einer Zeitschrift, die Lake in Spokane herausgab (wenn jemand Originale davon hat, bin ich immer interessiert!). Datum ist der 21.05.1916.

Jesus answered the Jews that the whole idea of the devil healing people is utterly absurd…

Hier geht es um die Stelle in der Jesus vorgeworfen wird, den Teufel mit dem Belzebub auszutreiben. Lake hat Recht: Jesus widerlegt im Gespräch mit den Juden eine im Grunde moderne Theologie. Wie oft höre ich heute dass manche Christen in einer dämonischen Kraft Wunder tun und Gottes Reich bauen? Ich vermute, dass die Antwort Jesu darauf ebenso ausfallen würde wie damals. Wenn sich die Frage nicht geändert hat, wieso sollte sich die Antwort ändern?
Das große Problem in eigentlich allen Geisteswissenschaften ist, dass es keinen echten Fortschritt gibt. Jede Generation muss sich unausweichlich denselben Fragen stellen wie alle Generationen vor ihr. Theologie ist in diesem Sinne eine echte Sisyphos-Arbeit.

For to heal the sick is to destroy the works of the devil, and to destroy the works of the devil is always a good and noble act…

Ein Gedanke, der mich immer wieder beschäftigt ist, dass es tatsächlich IMMER eine gute Sache ist, die Werke des Teufels zu zerstören. Wir sehen es oft in einer Engführung auf das Übernatürliche, aber im Grunde zerstört auch jeder Arzt Werke des Teufels. Es geht darum, einen schädlichen Einfluss in dieser Welt zu zerstören und dafür hat uns Gott eine ganze Palette an Werkzeugen gegeben; einige sind natürlich, andere übernatürlich. Wir sollten nicht das Eine gegen das Andere ausspielen sondern lieber jede zieldienliche Möglichkeit nutzen die wir haben.

Zuletzt macht Lake noch eine interessante Bemerkung über Spiritualisten, Magnetiseure und ähnliches. Seiner Ansicht nach sind es zunächst einmal sehr wenige Menschen, die auf diese Weise geheilt werden (verglichen mit seinem eigenen Heilungsdienst dürfte das allerdings auf jeden anderen zutreffen.) Dann sagt er auch, dass er darin keine Kraft des Teufels sieht (was eine übliche Ansicht in manchen christlichen Kreisen ist) sondern dass diese Heilungen aufgrund natürlicher Phänomene passieren.
Leider weiß ich nicht, was er anderer Stelle dazu sagt, aber es scheint, als hätte er die Ansicht, dass Heilung niemals vom Teufel kommen kann und somit immer entweder von Gott oder natürlich ist. Persönlich bin ich mir an dem Punkt unsicher ob ich seine Meinung teile.

4 Besitz nützt nichts am Tag des Zorns, Gerechtigkeit aber rettet vor dem Tod. (Sprüche 11,4 nach der Zürcher)

Der große Betrug des Reichtums ist es, dass er Sicherheit böte. In normalen Zeiten, die ohnehin schon sicher sind, mag das zutreffen, aber es gibt viele Unwägbarkeiten des Lebens in denen Besitz nichts mehr nützt. Der Tag des Zorns ist ein solcher Tag der Unwägbarkeit. Es kann ein Tag göttlichen Gerichtes sein, womit sich die Ursache dem Menschen komplett entzieht und in einem übernatürlichen Bereich angesiedelt ist auf den wir keinen Zugriff haben.
Es kann aber auch ein anderer katastrophaler Tag sein: Der Tag des Erdbebens oder des Kriegsausbruchs. An diesem Tag ist auf einmal aller Reichtum dahin und nützt seinem Besitzer nichts mehr.
Wenn es zum Schlimmsten kommt ist es gut, nicht nur in äußerliche Dinge investiert zu haben sondern einen Schatz im Herzen angesammelt zu haben, den niemand nehmen kann. Das Innere ist kostbarer als das Äußere. So ist Weisheit auf lange Sicht wertvoller als Geld. Spätestens wenn es ans Sterben geht wird jeder Mensch das verstehen.

[systematisch durch die Bibel]

Wenn man, so wie ich derzeit, umzieht, fallen einem die verschiedensten Gegenstände wieder in die Hände, die man lange nicht gesehen hat. Bei mir sind das hauptsächlich Bücher. Ich nutze die Gunst der Stunde und nehme jedes Buch in unserem Hauhalt in Citavi auf (ca.3.600 bisher und es stehen noch einige Regale…). Dabei fiel mir auch ein kleines Büchlein von Eduard Schweizer in die Hände: „Heiliger Geist“, von 1978. Schweizers Thema ist natürlich durch den Titel der Arbeit bereits vorgegeben, er untersucht aber unter dem Oberthemen verschiedene Unterthemen. So kommt er schnell auf den Heiligen Geist und sein Verhältnis zur heiligen Schrift zu sprechen.

Schon Ursinus (1534-83) meint, Gott »erleuchte und regiere durch seinen Geist die Gedanken (der biblischen Schriftsteller), daß er sie in keinem Teil der Lehre irren lasse«, und Cocceius (1603-69) formuliert: »Wie sie nicht durch eigenen Willen, sondern getrieben vom Heiligen Geist, gesprochen haben, so haben sie auch geschrieben.« Eindeutig wird dann durch Voetius (1589-1676) festgelegt, die ganze Heilige Schrift sei im Sinne historischer Zuverlässigkeit echt, »irrtumslose und von Gott inspirierte Wahrheit, in allen und jedem einzelnen ihrer Teile ausgebreitet, so daß ihre Verfasser alle und jeden einzelnen ihrer Sätze der Sache und der Form nach nicht aus eigenem Antrieb und nach eigenem Gutdünken, sondern unter dem Diktat des Heiligen Geistes hervorgebracht haben«, was sich sogar auf die Punkte unter den hebräischen Buchstaben des Alten Testamentes bezieht. Das wird zum alleinigen Maßstab, an dem rechtes und falsches Glauben gemessen wird: »Wir anerkennen nicht die Kirche als Richter, sondern den Heiligen Geist, der zu uns in der Schrift spricht und seine Worte klar zu erkennen gibt«, erklärt Ursinus. Einen anderen Glauben oder gar Unglauben kann er sich darum nur als Handeln gegen das Gewissen und als Widerstand gegen den Heiligen Geist vorstellen.1

Interessante Beobachtung! Dass der Heilige Geist durch die Schrift wirkt ist klar. Sein Wirken allerdings mit der Schrift zu identifizieren halte ich für maßlos übertrieben. Jesus hat uns kein Buch hinterlassen als er zum Vater gegangen ist, sondern seinen Geist. Er spricht durch die Bibel, aber auch anders. Gottes Geist wählt viele Kanäle und Möglichkeiten sich mitzuteilen, auch wenn die Bibel sein prominentestes Mittel ist.
Ich bin ohnehin kein Fan der Verbalinspiration und auf Seite 11 steht ein sic! neben  der These der inspirierten Punkte der hebräischen Buchstaben. Nicht dass mir der Glaube fehlt, dass Gott ein Buch diktieren könnte. Ich meine nur, dass die These des göttlichen Diktates der Selbstoffenbarung der Bibel widerspricht: Einige Autoren beschreiben, wie sie zu ihren Texten kamen; keiner spricht von Diktat.
Nun fügt Schweizer eine interessante Beobachtung bei, dass nämlich die Lehre der Verbalinspiration zur Ablehnung des Geisteswirkens führt (zumindest führen kann). Das passt zur Beobachtung, dass Dispensationalismus und die Lehre der Verbalinspiration häufig Hand in Hand durch den geräumigen Park der Theologie schlendern. Der Gedanke ist zumindest logisch. Versteht man in 1.Korinther 13,10  das „Vollkommene“ als die Bibel ist das zwar falsch, es drängt sich aber der Folgefehler nahezu auf, dass damit das Wirken des Heiligen Geistes mindestens in der Art wie wir sie in der Apostelgeschichte sehen, zuende gekommen ist.
Natürlich muss man nicht jeden Gedanken zuende gehen. Man kann auch sagen, dass mit der Inspiration der Schrift ein Abschnitt des Wirkens des Geistes beendet ist, während die Gaben noch immer intakt sind. Der Zusammenhang zwischen beiden theologischen Strängen sollte allerdings eher dazu motivieren, sich die Frage nach der Inspiration der Bibel noch einmal zu stellen. Persönlich gehe ich von einer doppelten Inspiration aus: Gottes Geist war an der Schaffung des Wortes beteiligt, diese Beteiligung ist aber wesentlich komplexer als in der Verbalinspiration dargestellt; diese erste Inspiration kommt jedoch nicht ohne die zweite aus: Nicht nur der Schreiber muss inspiriert sein, sondern auch der Leser. Schließt uns Gott das Wort nicht auf, können wir nicht einmal erkennen, dass es sein Wort ist. Diese zweite Inspiration ist nicht auf die Bibel beschränkt, Gott spricht zu verschiedenen Menschen durch verschiedene Mittel und damit schließt sich der Kreis in diesem Post.

  1. Schweizer, Eduard (1978): Heiliger Geist. 1. Aufl., (1.-7. Tsd.). Stuttgart: Kreuz-Verl. (Themen der TheologieErgänzungsband, 4), S. 11 []

3 Die Rechtschaffenen leitet ihre Unschuld, die Abtrünnigen aber richtet ihre Verkehrtheit zugrunde. (Sprüche 11,3 nach der Zürcher)

Unschuld bildet einen inneren Kompass, der moralische Entscheidungen erleichtert. Man kann hier auch von Werte sprechen, die so tief in uns verankert sind, dass wir in bestimmten Situationen gar nicht mehr anders können, als uns richtig zu verhalten.
(Natürlich bildet kein Wert einen Verhaltenszwang. Man kann sich immer entscheiden und anders handeln, aber die Summe unserer Handlungen bildet Werte die uns in eine bestimmte Richtung ziehen.)
Wenn wir uns oft in einer gegebenen Situation auf eine bestimmte Weise verhalten haben, werden wir irgendwann nicht mehr darüber nachdenken. Beim Rechtschaffenen wird sich das darin bemerkbar machen, dass er sich instinktiv rechtschaffen verhält; der Abtrünnige wird seinen krummen Weg so lange weiter gehen bis er ihn ins Verderben geführt hat.
So kann es sein, dass es dem Rechtschaffenen fern liegt zu lügen oder zu betrügen, der Abtrünnige genau das aber schon so oft getan hat, dass er keine Hemmschwelle mehr hat wenn er wieder in einer Situation ist in der es am einfachsten wäre die Wahrheit zu beugen. Auf diese Weise führt die innere Ausrichtung den Weg.
Sprüche 11,5 geht in dieselbe Richtung, es lohnt sich also weiter zu lesen.

[systematisch durch die Bibel]

Als ich letztes Mal in Remscheid gepredigt habe ging es um die Frage, was das Wichtigste ist. Offensichtlich war für Jesus das Wichtigste das Evangelium, denn am Ende seines irdischen Dienstes gab er uns einen Auftrag und einen Geist. Der Auftrag ist, in alle Welt zu gehen und alle Menschen zu Jüngern zu machen; der Geist ist dazu da, dass wir diesen Auftrag auch erfüllen können. Ohne den Heiligen Geist es nicht möglich, dem Missionsbefehl Jesu nachzukommen.
Lukas stellte beides, den Auftrag und die Verheißung des Heiligen Geistes, nicht nur an das Ende seines Evangeliums sondern auch an den Anfang seiner Apostelgeschichte. Damit macht er bereits ganz zu Anfang eine bemerkenswerte Aussage: Die Gemeinde beginnt mit dem Heiligen Geist und sie dazu da, Jesu Auftrag in dieser Welt zu leben. Gebe Gott, dass seine Gemeinde sich wieder dieser simplen Wahrheiten besinnt und das Evangelium in Kraft verkündet!

Heute geht es um ein Modell, dass Paulus uns hinterlassen hat um diesen Auftrag auszuführen. In Römer 15 gibt er uns drei Wege, die er benutzt hat um das Evangelium unter den Völkern zu verkündigen.

Dass ich so voller Freude und Stolz von meinem Dienst für Gott reden kann, hat seinen Grund einzig und allein in Jesus Christus.
Ich würde es niemals wagen, von dem zu reden, was ich getan habe, wenn nicht Christus durch mich gewirkt hätte, damit Menschen aus den nichtjüdischen Völkern das Evangelium annehmen. Er hat durch das gewirkt, was ich sagte und tat,
und hat es durch machtvolle Wunder und außergewöhnliche Dinge und durch die Kraft des Geistes Gottes bestätigt. 18 Auf diese Weise ist es mir möglich gewesen, von Jerusalem aus in dem ganzen Gebiet bis hin nach Illyrien meinen Auftrag zu erfüllen und das Evangelium von Christus bekannt zu machen.
Dabei machte ich es mir zum Grundsatz, das Evangelium nur dorthin zu bringen, wo sich noch niemand zu Christus bekannte 19; denn ich wollte nicht da bauen, wo schon ein anderer das Fundament gelegt hatte. (Römer 15,17-20 nach der NGÜ)

Paulus hat viel Wert darauf gelegt, nicht Christen zu evangelisieren sondern Ungläubige. Deswegen ist er dahin gereist, wo noch niemand anders das Evangelium verkündet hatte und predigte dort den Menschen. Er war ein echter Pionier und es wäre wünschenswert, wenn wir heute mehr solcher Pioniere hätten, die Gott das verkündigen wo er nicht bekannt ist. In unserer Zeit ist es viel üblicher, dass Gemeinden auf Kosten anderer Gemeinden wachsen und es die Ausnahme ist, wenn wirklich noch da evangelisiert wird, wo das Evangelium nötig ist.
Wir nehmen auch den Bedarf unseres Landes nach Gottes Botschaft kaum noch wahr. Ungläubige vermuten wir in Pakistan, aber nicht in Remscheid. Deshalb fahren manche Christen in die weite Welt hinaus um am anderen Ende es Globusses Menschen von Jesus zu erzählen, während sie hier ihren Nachbarn nichts von Jesus erzählen. Ich bin sicher, dass Gott eine andere Perspektive hat und dass wir das Evangelium anders verkünden würden, wenn wir näher an seinem Herzen leben würden. Das wäre schon eine Predigt für sich und sicherlich auch eine notwendige, aber heute geht es erst einmal darum, wie wir das Evangelium verkündigen können, wenn wir seine Bedeutung verstanden haben. Paulus nennt drei Wege:

1 durch Wort
Als Deutsche leben wir im „Land der Dichter und Denker“. Es fällt uns daher verhältnismäßig leicht, das Evangelium in Worten weiter zu geben. Spricht man über Evangelisation, hören die meisten „Rausgehen“ und meinen damit Aktionen auf der Straße. Dahinter steht die Erfahrung, dass auch die beste evangelistische Predigt in der Gemeinde nichts nutzt wenn kein Ungläubiger kommt.

Das ist schon mal ein Fortschritt, denn in der Vergangenheit hatte Evangelisation oft den Beigeschmack, dass Christen anderen Christen erzählen wie man Christ wird. Da ist es schon besser, wenn Gottes Wort in Form von Predigten, Zeugnissen und Flyern in die Fußgängerzonen kommt.
Ich bin selber Prediger und habe so alles Mögliche ausprobiert um das Evangelium mit Worten zu verkündigen. Daran ist beileibe nichts falsch und ich will auch weiterhin jede Bühne nutzen die Gott mir gibt, um das Evangelium in Worten zu verkünden. Ich habe allerdings nicht nur gute Erfahrungen damit gemacht, die Gute Nachricht allein mit Worten zu verkünden und meine, dass es zu kurz greift, nur Worte zu haben.
Im Englischen gibt es die Redensart „talk is cheap“, was auf deutsch „reden ist billig“ bedeutet. Das stimmt. Wer nur Worte hat um jemand anderem Gottes Liebe rüberzubringen, der hat auf Dauer zu wenig. Die Welt hat viele Fragen, die man nicht verbal beantworten kann. Deshalb hat Paulus Evangelisation nicht auf reden beschränkt sondern hat noch zwei weitere Möglichkeiten genannt.

2 durch Tat
In dieser Dreierreihe ist das Wort Tat das am schwierigsten auszulegende. Andere Übersetzungen sagen „Werk“, was aber auch nicht hilfreicher ist. Sowohl das Deutsche als auch das Griechische Wort Werk haben sehr vielschichtige Bedeutzungen und da Paulus hier nicht ins Detail geht, woraus seine Werke oder Taten bestanden haben, müssen wir etwas interpretieren.
Als Schlüssel nehme ich Apostelgeschichte 9,36:

In Joppe lebte eine Jüngerin ´Jesu` namens Tabita. (Tabita – oder Dorkas, wie ihr Name auf Griechisch lautete – bedeutet »Gazelle«.) 20 Tabita tat viel Gutes und half den Bedürftigen, wo sie nur konnte. (nach der NGÜ)

Das Gute, das Tabita an den Armen tat, würde man heute als Sozialarbeit bezeichnen. Die Bibel ist voller Aufforderungen für die Armen zu sorgen und sich auch praktisch mit der Not der Menschen auseinander zu setzen. Gott ist nicht nur an unserer Ewigkeit interessiert sondern will uns auch in diesem Leben segnen.
Besonders der Jakobusbrief macht es sehr deutlich, dass Christentum mehr ist als reden.

14 Meine Brüder, was nützt es, wenn einer sagt, er habe Glauben, aber es fehlen die Werke? Kann etwa der Glaube ihn retten?
15 Wenn ein Bruder oder eine Schwester ohne Kleidung ist und ohne das tägliche Brot
16 und einer von euch zu ihnen sagt: Geht in Frieden, wärmt und sättigt euch!, ihr gebt ihnen aber nicht, was sie zum Leben brauchen – was nützt das? (Jakobus 2,14-16)

Gerade in der etwas charismatisch orientierten Glaubensecke haben wir oft die Tendenz, nur für Leute zu beten, aber weiter nichts zu tun. Ich vermute ehrlich gesagt, dass wir es uns damit oft sehr leicht machen, aber nicht den Gott vorstellen, der sich um den ganzen Menschen sorgt und sich ihm liebevoll zuwendet. Wir sollten nicht alle Sozialarbeit dem Staat überlassen, denn dadurch würde uns eine gewaltige Chance entgehen Gottes Liebe rüberzubringen.
Natürlich geht es nicht, dass jede Gemeinde Suppenküchen und Krankenhäuser baut, aber in der Vision der GEILEn Gemeinde bedeutet das letzte „E“ engagiert und es ist ein normaler Teil von Gemeinde und christlichen Leben sich sozial zu engagieren. Wenn die Gemeinde selbst dazu keine Möglichkeiten hat, gibt es noch immer das ehrenamtliche Engagement bei städtischen oder anderen Trägern wie der Tafel.

In den letzten Jahren hat eine neue Theologie um sich gegriffen, die vom „sozialen Evangelium“ redet und für die Jesus eine Art Gutmensch war, der gelehrt hat, dass wir uns alle ethisch verhalten sollen. Diese Theologie kennt kein rettendes Evangelium; man glaubt nicht mehr an die Ewigkeit und Himmel und Hölle. Entsprechend ist das Evangelium rein auf den sozialen Aspekt der Barmherzigkeit reduziert. Davon ist hier natürlich nicht die Rede; auch wenn Gott Menschen in diesem Leben segnen will ist die Ewigkeit entscheidender als dieses kurze Leben. Es geht nicht darum, das eine auf Kosten des anderen zu tun sondern darum, beides zu leben. Wir müssen uns nicht zwischen zwei guten Herangehensweisen entscheiden, Paulus hat auch alle Wege genutzt damit die Völker das Evangelium annehmen.

3 durch Kraft
Der dritte Weg ist ziemlich selbsterklärend: Wir verkündigen das Evangelium in der Kraft von Zeichen und Wunder. So hat es zumindest Paulus getan, wie die Apostelgeschichte an einigen Stellen zeigt. Zeichen und Wunder sind in der Evangelisation an Bedeutung nicht zu unterschätzen.
Ich kann jeden verstehen, der unseren Worten nicht glaubt, wenn Gott nicht einmal kräftig „Amen!“ dazu sagt. In der Fußgängerzone steht unser kleiner Büchertisch neben einem Stand der Mormonen, neben einem Handyverkäufer, neben einer Partei die ihr politisches Evangelium anpreist, neben…. Wie soll man sich da auskennen?
Für mich war einer der schwierigsten Ansprüche des Christentums eben sein Wahrheitsanspruch. Wer wollte mir beweisen, dass nicht der Islam oder der Buddhismus Recht hat? Letztlich hat Gott mich so berührt, dass ich ihn nicht mehr wegdiskutieren konnte, aber Menschen hätten das nicht gekonnt. Ich bin davon überzeugt, das bei den meisten Quereinsteigern ein übernatürliches Element bei ihrer Bekehrung ist, dass sie von Gott überzeugte. Wir können es uns als Christen kaum leisten, das zu vernachlässigen. Vielmehr sollten wir es begehren, dass Gott sich zu unserer Botschaft stellt und uns als seine Botschafter ausweist.

Kommen alle diese drei Strategien zusammen, hat das Gesamtpaket echte Sprengkraft. Wir brauchen in Deutschland Gemeinden, die auf diese Weise ausgewogen und ganzheitlich sind!

2 Kommt der Hochmut, kommt auch die Schande, bei den Bescheidenen aber ist Weisheit. (Sprüche 11,2 nach der Zürcher)

Hochmut ist ein anderes Wort für Arroganz oder negativen Stolz. Es ist eine innere Haltung die uns veranlasst mehr von uns zu halten als realistisch ist und uns zu überheben. Hochmütige Menschen neigen dazu sich in ihrem Nimbus alles zu können und zu wissen, lächerlich zu machen.
Wie viel weiser ist es, sein Licht etwas unter den Scheffel zu stellen und die eigenen Fähigkeiten realistischer zu betrachten! Weisheit ist häufig zusammen mit Bescheidenheit anzutreffen, denn Weisheit prahlt nicht. Das hat sie auch gar nicht nötig. Hochmut entspringt umgekehrt oft einer Unsicherheit die durch Aufschneiderei kompensiert wird. Wieder einmal ist es die innere Sicherheit des Weisen die ihn zu einem umgänglicheren Zeitgenossen macht.

[systematisch durch die Bibel]

Wundert Euch nicht, dass heute die Musiker während der Predigt auf der Bühne bleiben. Wir probieren heute etwas Neues aus und wollen gemeinsam sehr praktisch verschiedene Arten musikalischer Anbetung kennen lernen und üben. Die Bibel ist voller Anbetung Gottes, speziell im Alten Testament ist viel davon die Rede wie Gott ist, wer Gott ist und wie wir ihm begegnen und ihn anbeten können. Das ist ein großes Thema mit dem man sich viel und aus den verschiedensten Perspektiven beschäftigen kann. Wir wollen Euch heute nur drei Formen der Anbetung zeigen, die in den Psalmen und auch in unseren Gottesdiensten regelmäßig vorkommen.
Die Psalmen sind das Gebetsbuch Israels und auch wir als Gemeinde des Neuen Testamentes können viel aus ihnen lernen.

1 Lobpreis aus der eigenen Erfahrung

Bei einem Lobpreisertreffen haben wir darüber diskutiert mit welchen Worten man Gott anbeten kann. Muss Lobpreis immer positiv sein? Muss immer der Name Gottes darin vorkommen und Gott im Mittelpunkt aller Lieder stehen?
Sicherlich geht es in der Anbetung letzten Endes um Gott, aber das Ganze hat immer zwei Seiten. Auf der einen Seite haben wir Gott, der angebetet werden will und auf der anderen Seite den Menschen, der anbetet. Es ist nicht möglich, sich selbst aus der Sache rauszuhalten, also geht es um Gott und den Menschen.
Manche Psalmen haben nur einen einzigen Inhalt: Die momentane Befindlichkeit des Dichters. Viele dieser Psalmen entstanden in schwierigen Umständen und enthalten eigentlich nur an Gott gerichtete Klagen. Ich lese mal ein besonders drastisches Beispiel vor in dem jemand im babylonischen Exil seine ganzen negativen Gefühle vor Gott ausbreitet.

An den Strömen von Babel, / da saßen wir und weinten, wenn wir an Zion dachten.
2 Wir hängten unsere Harfen an die Weiden in jenem Land.
3 Dort verlangten von uns die Zwingherren Lieder, / unsere Peiniger forderten Jubel: «Singt uns Lieder vom Zion!»
4 Wie könnten wir singen die Lieder des Herrn, fern, auf fremder Erde?
5 Wenn ich dich je vergesse, Jerusalem, dann soll mir die rechte Hand verdorren.
6 Die Zunge soll mir am Gaumen kleben, / wenn ich an dich nicht mehr denke, wenn ich Jerusalem nicht zu meiner höchsten Freude erhebe.
7 Herr, vergiß den Söhnen Edoms nicht den Tag von Jerusalem; sie sagten: «Reißt nieder, bis auf den Grund reißt es nieder!»
8 Tochter Babel, du Zerstörerin! Wohl dem, der dir heimzahlt, was du uns getan hast!
9 Wohl dem, der deine Kinder packt und sie am Felsen zerschmettert!
(Psalm 137 nach der Einheitsübersetzung)

Darf man wirklich so beten? Wir haben einige Gebete im Alten Testament die nicht eben vor Feindesliebe glänzen und bei denen ein neutestamentlicher Leser rot werden will. Wir haben eine religiöse Kultur entwickelt in der wir politisch korrekt mit Gott reden und in der Konsequenz unsere negativen Gefühle mit uns allein ausmachen. Vermutlich trägt diese Kultur zu den Burnouts und der Heuchelei bei, die man in der frommen Szene vorfindet und die Ungläubige so stört. Wenn man nicht mehr mit Gott ehrlich sein kann, mit wem dann?
Im Grunde ergibt es keinen Sinn einem allmächtigen Gott etwas vormachen zu wollen. Dennoch fällt es uns manchmal schwer wirklich unser Inneres vor ihm auszuschütten, wenn das Innerste negativ ist. Wir haben aber nicht einen Sommergott, der nur in den guten Tagen taugt sondern einen Gott für alle Tage der immer für uns da ist.
Im Gottesdienst ist es manchmal schwer, mit negativen Gefühlen umzugehen. Natürlich singen wir keine Lieder mit einer Pointe wie Psalm 137. Man muss sich nur einmal die Presse vorstellen, wenn man solche Lieder singen würde. Damit würde man es garantiert in den Kölner Express und die Bild schaffen. Statt dessen nehmen wir ein Modell des Neuen Testamentes:

13 Leidet jemand unter euch? Er bete. Ist jemand guten Mutes? Er singe Psalmen. (Jakobus 5,13 nach der Elberfelder)

Es gibt in jedem Gottesdienst die Möglichkeit, mit sich beten zu lassen, wenn man leidet. Aber auch in der Lobpreiszeit kann man dem Rat des Jakobus folgen. Wenn es mir schlecht geht, bete ich dennoch Gott an. Oft singe ich dann nicht die Lieder mit sondern nutze die Zeit in Gottes Gegenwart zum beten. Ich schließe die Augen, konzentriere mich auf Jesus und schütte ihm mein Herz aus.
Das ist viel besser als zu quatschen oder rauszugehen wenn man gerade nicht in Lobpreislaune ist. Wir haben auch manche Lieder, die sich weniger mit Gottes Größe als mehr mit unserer eigenen Befindlichkeit beschäftigen.
Davon wollen wir jetzt zwei singen und ich bitte Euch, die Zeit zu nutzen und ehrlich mit Gott und Euch selbst zu sein. Nutzt die Zeit um emotionalen Ballst abzuwerfen.

2 Anbetung Gottes

Einen wichtigen Teil der Anbetung hat mit dem tatsächlichen Lob Gottes zu tun. In Liedern dieser Kategorie wird Gott verherrlicht und man dankt ihm dafür dass er ist, wer er eben ist. Natürlich hat das mehr mit uns zu tun als mit Gott. Es rückt unsere Perspektive gerade und richtet uns auf den großen Gott aus dem wir dienen.

[Für den Chormeister. Nach dem Kelterlied. Ein Psalm Davids.]
2 Herr, unser Herrscher, / wie gewaltig ist dein Name auf der ganzen Erde; über den Himmel breitest du deine Hoheit aus.
3 Aus dem Mund der Kinder und Säuglinge schaffst du dir Lob, / deinen Gegnern zum Trotz; deine Feinde und Widersacher müssen verstummen.
4 Seh‘ ich den Himmel, das Werk deiner Finger, Mond und Sterne, die du befestigt:
5 Was ist der Mensch, daß du an ihn denkst, des Menschen Kind, daß du dich seiner annimmst?
6 Du hast ihn nur wenig geringer gemacht als Gott, hast ihn mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt.
7 Du hast ihn als Herrscher eingesetzt über das Werk deiner Hände, hast ihm alles zu Füßen gelegt:
8 All die Schafe, Ziegen und Rinder und auch die wilden Tiere,
9 die Vögel des Himmels und die Fische im Meer, alles, was auf den Pfaden der Meere dahinzieht.
10 Herr, unser Herrscher, wie gewaltig ist dein Name auf der ganzen Erde!
(Psalm 8 nach der Einheitsübersetzung)

Im Kolosserbrief ermahnt Paulus die Gemeinde: „Sinnt auf das, was droben ist, nicht auf das, was auf der Erde ist!” (Kolosser 3,2 nach der Elberfelder) Genau das geschieht in der Anbetung: Wir heben den Blick von unseren Problemen und schauen auf Gott. Dieser Teil kommt in den Psalmen häufig nach einem Teil in dem der Psalmist seinem Kummer Ausdruc verliehen hat. Nachdem wir unsere Lasten abgeworfen haben können wir Gott anbeten.
Philosophen aller Zeiten haben Gott diese Anbetung vorgeworfen. Sie stellten fest, dass kein Mensch sich so anbeten und anhimmeln lassen würde wie Gott es von den Menschen verlangt. Sie hätten Recht wenn es nur um einen Auftrag Gottes ginge. Ihr Denkfehler liegt darin, das sie nie selbst ihren Sinn über das Irdische erhoben haben und so nicht wissen, wie lebensnotwendig Anbetung für den geistlichen Menschen ist.
Gottes Anbetung geschieht nicht nur mit Worten sondern mit der ganzen Person. Der ganze Mensch betet an, nicht nur sein Mund. Deshalb drückt Anbetung sich auch in der körperlichen Haltung aus. Wir begegnen einem großen König und da gibt e seine gewisse Etikette. Oft missachten wir das und stellen unser Recht darauf, zu tun was wir wollen, über die Anbetung.
Paulus befahl, dass beim Gebet “heilige Hände erhoben werden” (2.Timotheus 2,8). David tanzte in der Anbetung. Im Alten Testament wurde ein Heidenkrach veranstaltet um Gott anzubeten. Um auf einen unichtbaren zu schauen kann es sinnvoll sein die Augen zu schließen um sich ganz auf Gott zu konzentrieren und von seiner Umgebung wegzuschauen.

3 Meditation und Proklamation

Die letzte Form der Anbetung, um die es heute geht, nenne ich Meditation und Proklamation. In der Meditation geht es darum, Gottes Wahrheit zu ergreifen; in der Proklamation darum, sie auf unser Leben anzuwenden. Ein Beispiel dafür ist Psalm 1 in dem es erst darum geht, Gottes Wort kennen zu lernen (Meditation) und dann um den positiven Einfluss den es auf uns hat, das Wort zu kennen.

Wohl dem Mann, der nicht dem Rat der Frevler folgt, / nicht auf dem Weg der Sünder geht, nicht im Kreis der Spötter sitzt,
2 sondern Freude hat an der Weisung des Herrn, über seine Weisung nachsinnt bei Tag und bei Nacht.
3 Er ist wie ein Baum, der an Wasserbächen gepflanzt ist, der zur rechten Zeit seine Frucht bringt und dessen Blätter nicht welken. Alles, was er tut, wird ihm gut gelingen.
4 Nicht so die Frevler: Sie sind wie Spreu, die der Wind verweht.
5 Darum werden die Frevler im Gericht nicht besteh’n noch die Sünder in der Gemeinde der Gerechten.
6 Denn der Herr kennt den Weg der Gerechten, der Weg der Frevler aber führt in den Abgrund. (Psalm 1 nach der Einheitsübersetzung)

Christliche Meditation ist das Gegenteil von östlicher Meditation. An diesem Punkt kommt es manchmal zu Verwirrungen. In der Meditation östlicher Religionen geht es darum leer zu werden. Christliche Meditation füllt uns mit Gottes Wort. Das hebräische Wort für „sinnen“ in Psalm 1 bedeutet wörtlich übersetzt „murmeln“. Dahinter steht das Bild dass man sich bis zum überlaufen mit etwas füllt. Man beschäftigt sich so intensiv mit einem Thema, dass man beginnt laut zu denken.
Wenn man etwas von Gottes Wahrheit mit dem Verstand begriffen hat geht es darum, es mit dem Herzen zu ergreifen. Es genügt nicht, zu wissen, dass Gott uns vergibt und wiederherstellt. Es muss Erfahrung, ein Teil von uns werden. Wir ergreifen eine Wahrheit indem wir sie aussprechen und uns dazu bekennen. Das neutestamentliche Wort für bekennen heißt wörtlich „dasselbe sagen“. Wir sagen das, was Gott sagt.

Um das zu verdeutlichen machen wir eine kleine Meditation. In der Meditation gibt es einige wenige Bibelverse mit Musik und bunten Bildern. Es geht darum, sich mit Bibeltexten zu beschäftigen.
Als Abschluss gibt es dann noch zwei Lieder, die Bekenntnistexte enthalten.

[Leider war es schwer, die Predigt aufzunehmen weil zwischendurch immer wieder Lieder gesungen wurden und es ganz schön abging.]

Eine falsche Waage verabscheut der HERR, ein volles Gewicht aber gefällt ihm. (Sprüche 11,1 nach der Zürcher)

In der langen Zeit bevor es genormte Gewichte und Waagen gab, war es üblich mit falschen Gewichten zu betrügen. Das funktionierte z.B. so, dass man seine Waage mit einem leichteren Gewicht wog als die Bezahlung. So entstand eine Differenz. Unser heute noch gebrauchter Ausdruck mit „zweierlei Maß messen“ stammt aus dieser Vorgehensweise.
Sprüche 11,1 ist also eine Aufforderung zur Ehrlichkeit und eine Absage Gottes an unehrliche Geschäftspraktiken. Gott verabscheut Betrug. Dieses Prinzip gilt auch heute noch und jeder gottesfürchtige Geschäftsmann sollte sich daran orientieren und sein Geschäft ehrlich und zuverlässig führen.
Jeder kommt einmal in die Versuchung fünfe gerade sein zu lassen. Dann ist es gut, dass wir Gottes Einstellung dazu kennen und uns jesusmäßig verhalten zu können.

[systematisch durch die Bibel]

Heute gibt es einen weiteren Teil über Tugenden und speziell die Frucht des Geistes aus Galater 5. Es wird um treue gehen und wir lesen noch einmal die Verse, die uns mittlerweile wohlbekannt sind:

22 Die Frucht hingegen, die der Geist Gottes hervorbringt, besteht in Liebe, Freude, Frieden, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, 23 Rücksichtnahme und Selbstbeherrschung. Gegen solches ´Verhalten` hat kein Gesetz etwas einzuwenden. (Galater 5,22-23 nach der NGÜ)

Jedes Mal, wenn ich über diese Verse nachdenke, gehen mir neue Lichter auf oder ich entdecke zumindest andere Aspekte. Dieses mal habe ich mich gefragt, warum Gott wohl extra in uns Tugenden schafft. Wieso ist es ihm so wichtig, manches in unserem Leben zu finden, dass er es sogar selber in uns hervorbringen will? Im Grunde genommen ist keine dieser Tugenden spezifisch christlich oder etwas, das man nicht in Menschen findet. Es gibt Menschen, die sind unglaublich geduldig, auch ohne dass sie Christen sind. Oder haben eine Selbstdisziplin, nach der sich mancher Christ nur die Finger lecken kann.
Scheinbar sind diese Tugenden also durchaus im Menschen veranlagt und es ist nicht unbedingt so, dass Gottes Geist sie aus dem Nichts hervorbringt, sondern vielleicht eher, dass er sie entwickelt. Aber wieso macht er das überhaupt uns verlässt sich nicht auf unsere eigene Kapazität Gutes aus unserem Charakter hervorzubringen?
Ich kann mir vorstellen, dass es daran liegt, dass er Menschen kennt und dass er weiß, dass man vieles selber machen muss, wenn man will, dass es gemacht wird. Man kann sich nicht darauf verlassen, dass jemand von selbst auf etwas kommt oder an etwas denkt. Es ist besser, wenn man selbst dafür sorgt, dass es etwas da ist, was man unbedingt haben will oder braucht. Wenn man eine Grillparty macht ist es nicht klug, sich darauf zu verlassen, dass schon jemand die Würstchen oder eine Zange mitbringt. Es ist nicht einmal besonders klug, jemandem zu sagen, dass er Würstchen mitbringen soll, weil man bei so was leicht hängen gelassen wird und es besser ist, selber vorzusorgen. In diesem Sinne bringt Gott eigentlich alles selber mit, was nötig ist um sein Reich in dieser Welt zu bauen: Er gibt Gaben und hilft, den Charakter so zu entwickeln, dass wir mit seinen Gaben und Aufträgen verantwortungsvoll umgehen können.

Treue ist eine meiner Lieblingseigenschaften. Treue bedeutet Loyalität und Zuverlässigkeit. Sie bedeutet, dass man jemandem etwas anvertrauen kann. Es ist eine Eigenschaft, die ich bei mir selber sehr pflege und leider eine, die ich bei anderen oft vermisse. Ich sage das nicht aus einer richtenden Haltung heraus, es ist einfach so, dass viele Menschen unzuverlässig sind. Sie sagen, dass sie etwas tun oder ihnen etwas wichtig ist und tun dann das genaue Gegenteil. Oder sie brennen lichterloh, aber kurz für eine Sache, die sie schnell wieder drangeben.
Das Neue Testament ist sehr deutlich darin, dass Treue etwas ist, das Gott absolut schätzt und das er bei Menschen gerne sieht.

Vor Jahren habe ich eine Geschichte gelesen. Ich bin nicht sicher wo, meine aber, es wäre in einem Buch von Bill Hybels gewesen mit dem ich mich zu der Zeit viel beschäftigt habe. Er erzählte, dass er sich in der Gründungsphase seiner Gemeinde mit einem reichen und erfolgreichen Geschäftsmann zum Essen getroffen hatte. Der Mann hatte alles erreicht wovon die meisten Menschen träumen. Bill erzählte von seiner Vision eine Gemeinde zu bauen, die unerreichte erreicht und von seiner Berufung als Pastor. Mitten im Restaurant fing der Mann an zu weinen. Die Tränen liefen ihm die Wangen herunter und er erzählte, wie er selber als junger Mann dieselbe Vision gehabt hatte. Er hatte eine Bibelschule absolviert und verspürte den Ruf in den hauptamtlichen Dienst als Prediger. Er wollte Gottes Reich bauen und Seine Herrlichkeit erleben. Die Dinge entwickelten sich anders. Er nahm einen Job an und wurde befördert, machte Zusatzausbildungen und stolperte die Karriereleiter immer weiter hinauf. Schließlich war er ganz oben, musste aber zugeben, dass er das wichtigste im Leben verpasst hatte: Gottes Ruf.
Gott liebte diesen Mann. Er segnete ihn sogar! Keine Spur davon, dass Gott ihn verstoßen hätte oder hassen würde. Er hatte nur einfach seine Berufung verpasst.
Aus seelsorgerlicher Sicht tut es mir leid, solche Geschichten hören zu müssen. Sie passieren zu tausenden, ständig. Christen empfangen Gaben und Aufträge von Gott, sind eine Weile dahinter her mit ihren Gaben zu wuchern und ihre Aufträge anzugehen, und verlieren sie dann aus den Augen und machen etwas anderes. Am Ende stehen sie vor dem Ende ihres Lebens und müssen feststellen, dass sie das Wichtigste im Leben verpasst haben. So will ich nicht leben – uns sterben schon gar nicht. Es gibt nichts Wichtigeres, als in die gottgegebene Bestimmung zu kommen.
Treue sorgt dafür, dass wir keine Eintagsfliegen sind sondern das leben, was uns Gott gegeben hat. Es kommen immer Zeiten in denen man ohne Treue nicht durchhält, deshalb ist es so wichtig, treu zu sein und Gott diese Charaktereigenschaft in uns hervorbringen zu lassen. Ich habe von Eltern gehört, dass sie ihren Kindern keine Haustiere kaufen wollen. Das hat nichts mit bösem Willen zu tun und bedeutet auch nicht, dass sie ihren Kindern pelzige Hausgenossen missgönnen. Sie wissen einfach, dass die Begeisterung für den Hamster nur einen Monat anhält und dass danach die Eltern sich um die weitere Pflege des uninteressant gewordenen Haustieres zu kümmern haben.
Bei Kindern ist es total okay sich so zu verhalten. Sie stehen noch am Anfang ihres Lebens und ihrer charakterlichen Entwicklung und dürfen sich so verhalten. Bei Erwachsenen hingegen geht solches Verhalten gar nicht. Wir haben uns verantwortlich zu verhalten und dazu gehört Verlässlichkeit.
Noch schlimmer ist es, wenn eine geistliche Komponente dazu kommt und jemand untreu mit den Dingen Gottes ist. Im Laufe der Jahre habe ich so viele Leute kennengelernt, die mir mit leuchtenden Augen von ihrer großen Berufung erzählt haben oder von der Gabe, die sie in sich entdeckt haben. Wenn ich sie zwei Jahre später wieder darauf angesprochen habe, war oft alles wieder vorbei. Sie hatten nicht in die Gabe investiert und auch keine Anstrengungen unternommen, die Berufung zu leben und den Auftrag auszuführen.
Was wir einsetzen, entwickelt sich und was wir vergessen und nicht fördern, geht ein. Es ist egal wie begabt jemand ist; setzt er seine Gabe nicht ein und trainiert die Begabung, wird er sie wieder verlieren. Auch der begabteste Musiker muss üben und auch der berufenste wird durch Durststrecken hindurch müssen.
Normalerweise liebe ich es, Gottes Reich zu bauen, aber auch ich hatte schon über Monate hinweg Durststrecken in denen mich letztlich nur die Treue gerettet hat. Es gab Zeiten in denen ich dachte kotzen zu müssen, wenn ich noch eine Predigt halten müsste. Gerade in solchen Zeiten braucht man Treue. In den guten, einfachen Zeiten braucht man keine Treue, dann läuft ohnehin alles wie von selbst. Treue ist in den Zeiten gefragt in denen man versucht ist aufzugeben.
Ich möchte jeden ermutigen, treu mit dem zu sein, was Gott ihm gegeben hat. Lasst uns Gott den nötigen Raum geben, die komplette Frucht des Geistes in unserem Leben zu entwickeln. Dann haben wir an nichts Mangel und ein tragfähiges Fundament im Leben auf dem wir anderes aufbauen können.

[Audiopredigt dazu]

32 Die Lippen des Gerechten wissen, was Gefallen findet, der Mund der Frevler aber weiß Dinge zu verdrehen. (Sprüche 10,32 nach der Zürcher)

Diesmal fange ich hinten an. Ich hasse es, wenn Menschen Dinge verdrehen. Ich habe es so oft in Diskussionen erlebt, dass mir das Wort im Mund herumgedreht und ich habe es nie gemocht. Es ist nicht einfach, das nicht zu tun, gerade wenn man nur diskutiert um Recht zu behalten und zu gewinnen, ist es ein einfaches Mittel, die Wort des anderen so zu verdrehen, dass sie sich schließlich gegen ihn wenden. Schlechter Stil ist es dennoch und ich bemühe mich sehr darum, meinen Gesprächspartner erst einmal zu verstehen bevor ich etwa erwidere.
Gerade im Internet, wo man nicht ohne weiteres nachfragen kann, wie etwas gemeint ist und man sich nicht ins Gesicht schauen kann, wird sehr viel verdreht. Viele Diskussionen bei FaceBook oder in Blogs sind im Grunde total gegenstandslos und würden im echten Leben viel entspannter verlaufen als vor dem Computer.
Der Wortverdreherei des Frevlers setzt Salomo entgegen, dass der Gerechte weiß, was Gefallen findet. Das klingt auf den ersten Blick etwas seltsam. Bedeutet es, dass der Gerechte einem anderen nach dem Mund redet und nur das sagt, was ihm gefällt? Das wäre ja eine schöne Gerechtigkeit, die opportunistisch ist und den Konflikt scheut! Der Sinn erschließt sich, wenn man die Stelle in anderen Übersetzungen studiert. Luther übersetzt: „Die Lippen der Gerechten lehren heilsame Dinge.” Schlachter sagt: “Die Lippen des Gerechten verkünden Gnade.”
Damit werden gleich zwei Gegensätze zum Reden des Frevlers ausgedrückt: A) während der Frevler Worte verdreht und so verletzt, wird der Gerechte heilsame Worte sprechen und Menschen gesund machen. B) der Gerechte spricht gnädig. Nicht nur, dass er nicht verdreht, er redet auch au seiner positiven Haltung seinen Mitmenschen gegenüber. Er sieht das Beste in ihnen und geht mit roßen Vorschussvertauen und Wohlwollen in Gespräche.
Ich mag Diskussionen, gerne auch sehr kontrovers. Aber das Klima muss stimmen. Wenn sich Menschen unterschiedlicher Ansicht fair auf Augenhöhe begegnen ist es egal wie unterschiedlich die Meinungen sind. Man wird sich nicht auseinander dividieren sondern kann mit unterschiedlichen Meinungen zusammen unterwegs sein.

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