30. August 2010 1

Predigt: Treue

Heute gibt es einen weiteren Teil über Tugenden und speziell die Frucht des Geistes aus Galater 5. Es wird um treue gehen und wir lesen noch einmal die Verse, die uns mittlerweile wohlbekannt sind:

22 Die Frucht hingegen, die der Geist Gottes hervorbringt, besteht in Liebe, Freude, Frieden, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, 23 Rücksichtnahme und Selbstbeherrschung. Gegen solches ´Verhalten` hat kein Gesetz etwas einzuwenden. (Galater 5,22-23 nach der NGÜ)

Jedes Mal, wenn ich über diese Verse nachdenke, gehen mir neue Lichter auf oder ich entdecke zumindest andere Aspekte. Dieses mal habe ich mich gefragt, warum Gott wohl extra in uns Tugenden schafft. Wieso ist es ihm so wichtig, manches in unserem Leben zu finden, dass er es sogar selber in uns hervorbringen will? Im Grunde genommen ist keine dieser Tugenden spezifisch christlich oder etwas, das man nicht in Menschen findet. Es gibt Menschen, die sind unglaublich geduldig, auch ohne dass sie Christen sind. Oder haben eine Selbstdisziplin, nach der sich mancher Christ nur die Finger lecken kann.
Scheinbar sind diese Tugenden also durchaus im Menschen veranlagt und es ist nicht unbedingt so, dass Gottes Geist sie aus dem Nichts hervorbringt, sondern vielleicht eher, dass er sie entwickelt. Aber wieso macht er das überhaupt uns verlässt sich nicht auf unsere eigene Kapazität Gutes aus unserem Charakter hervorzubringen?
Ich kann mir vorstellen, dass es daran liegt, dass er Menschen kennt und dass er weiß, dass man vieles selber machen muss, wenn man will, dass es gemacht wird. Man kann sich nicht darauf verlassen, dass jemand von selbst auf etwas kommt oder an etwas denkt. Es ist besser, wenn man selbst dafür sorgt, dass es etwas da ist, was man unbedingt haben will oder braucht. Wenn man eine Grillparty macht ist es nicht klug, sich darauf zu verlassen, dass schon jemand die Würstchen oder eine Zange mitbringt. Es ist nicht einmal besonders klug, jemandem zu sagen, dass er Würstchen mitbringen soll, weil man bei so was leicht hängen gelassen wird und es besser ist, selber vorzusorgen. In diesem Sinne bringt Gott eigentlich alles selber mit, was nötig ist um sein Reich in dieser Welt zu bauen: Er gibt Gaben und hilft, den Charakter so zu entwickeln, dass wir mit seinen Gaben und Aufträgen verantwortungsvoll umgehen können.

Treue ist eine meiner Lieblingseigenschaften. Treue bedeutet Loyalität und Zuverlässigkeit. Sie bedeutet, dass man jemandem etwas anvertrauen kann. Es ist eine Eigenschaft, die ich bei mir selber sehr pflege und leider eine, die ich bei anderen oft vermisse. Ich sage das nicht aus einer richtenden Haltung heraus, es ist einfach so, dass viele Menschen unzuverlässig sind. Sie sagen, dass sie etwas tun oder ihnen etwas wichtig ist und tun dann das genaue Gegenteil. Oder sie brennen lichterloh, aber kurz für eine Sache, die sie schnell wieder drangeben.
Das Neue Testament ist sehr deutlich darin, dass Treue etwas ist, das Gott absolut schätzt und das er bei Menschen gerne sieht.

Vor Jahren habe ich eine Geschichte gelesen. Ich bin nicht sicher wo, meine aber, es wäre in einem Buch von Bill Hybels gewesen mit dem ich mich zu der Zeit viel beschäftigt habe. Er erzählte, dass er sich in der Gründungsphase seiner Gemeinde mit einem reichen und erfolgreichen Geschäftsmann zum Essen getroffen hatte. Der Mann hatte alles erreicht wovon die meisten Menschen träumen. Bill erzählte von seiner Vision eine Gemeinde zu bauen, die unerreichte erreicht und von seiner Berufung als Pastor. Mitten im Restaurant fing der Mann an zu weinen. Die Tränen liefen ihm die Wangen herunter und er erzählte, wie er selber als junger Mann dieselbe Vision gehabt hatte. Er hatte eine Bibelschule absolviert und verspürte den Ruf in den hauptamtlichen Dienst als Prediger. Er wollte Gottes Reich bauen und Seine Herrlichkeit erleben. Die Dinge entwickelten sich anders. Er nahm einen Job an und wurde befördert, machte Zusatzausbildungen und stolperte die Karriereleiter immer weiter hinauf. Schließlich war er ganz oben, musste aber zugeben, dass er das wichtigste im Leben verpasst hatte: Gottes Ruf.
Gott liebte diesen Mann. Er segnete ihn sogar! Keine Spur davon, dass Gott ihn verstoßen hätte oder hassen würde. Er hatte nur einfach seine Berufung verpasst.
Aus seelsorgerlicher Sicht tut es mir leid, solche Geschichten hören zu müssen. Sie passieren zu tausenden, ständig. Christen empfangen Gaben und Aufträge von Gott, sind eine Weile dahinter her mit ihren Gaben zu wuchern und ihre Aufträge anzugehen, und verlieren sie dann aus den Augen und machen etwas anderes. Am Ende stehen sie vor dem Ende ihres Lebens und müssen feststellen, dass sie das Wichtigste im Leben verpasst haben. So will ich nicht leben – uns sterben schon gar nicht. Es gibt nichts Wichtigeres, als in die gottgegebene Bestimmung zu kommen.
Treue sorgt dafür, dass wir keine Eintagsfliegen sind sondern das leben, was uns Gott gegeben hat. Es kommen immer Zeiten in denen man ohne Treue nicht durchhält, deshalb ist es so wichtig, treu zu sein und Gott diese Charaktereigenschaft in uns hervorbringen zu lassen. Ich habe von Eltern gehört, dass sie ihren Kindern keine Haustiere kaufen wollen. Das hat nichts mit bösem Willen zu tun und bedeutet auch nicht, dass sie ihren Kindern pelzige Hausgenossen missgönnen. Sie wissen einfach, dass die Begeisterung für den Hamster nur einen Monat anhält und dass danach die Eltern sich um die weitere Pflege des uninteressant gewordenen Haustieres zu kümmern haben.
Bei Kindern ist es total okay sich so zu verhalten. Sie stehen noch am Anfang ihres Lebens und ihrer charakterlichen Entwicklung und dürfen sich so verhalten. Bei Erwachsenen hingegen geht solches Verhalten gar nicht. Wir haben uns verantwortlich zu verhalten und dazu gehört Verlässlichkeit.
Noch schlimmer ist es, wenn eine geistliche Komponente dazu kommt und jemand untreu mit den Dingen Gottes ist. Im Laufe der Jahre habe ich so viele Leute kennengelernt, die mir mit leuchtenden Augen von ihrer großen Berufung erzählt haben oder von der Gabe, die sie in sich entdeckt haben. Wenn ich sie zwei Jahre später wieder darauf angesprochen habe, war oft alles wieder vorbei. Sie hatten nicht in die Gabe investiert und auch keine Anstrengungen unternommen, die Berufung zu leben und den Auftrag auszuführen.
Was wir einsetzen, entwickelt sich und was wir vergessen und nicht fördern, geht ein. Es ist egal wie begabt jemand ist; setzt er seine Gabe nicht ein und trainiert die Begabung, wird er sie wieder verlieren. Auch der begabteste Musiker muss üben und auch der berufenste wird durch Durststrecken hindurch müssen.
Normalerweise liebe ich es, Gottes Reich zu bauen, aber auch ich hatte schon über Monate hinweg Durststrecken in denen mich letztlich nur die Treue gerettet hat. Es gab Zeiten in denen ich dachte kotzen zu müssen, wenn ich noch eine Predigt halten müsste. Gerade in solchen Zeiten braucht man Treue. In den guten, einfachen Zeiten braucht man keine Treue, dann läuft ohnehin alles wie von selbst. Treue ist in den Zeiten gefragt in denen man versucht ist aufzugeben.
Ich möchte jeden ermutigen, treu mit dem zu sein, was Gott ihm gegeben hat. Lasst uns Gott den nötigen Raum geben, die komplette Frucht des Geistes in unserem Leben zu entwickeln. Dann haben wir an nichts Mangel und ein tragfähiges Fundament im Leben auf dem wir anderes aufbauen können.

[Audiopredigt dazu]

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Ein Kommentar

  1. Ich finde das Thema mit der Berufung schwierig. Da ist wieder diese Spannung zwischen Eigenverantwortung und Gnade, die sich bei jedem Menschen anders auswirkt. Es gibt auch Jona-Charaktere, die abhauen, sich um nix einen Kopf machen und dann trotzdem auf Ninive ausgespuckt werden, während der treue, zuverlässige Sohn beim Vater zu Hause das Leben mit IHM verpasst.
    Da gibt es kein klares System, „Gott lenkt die Herzen wie Wasserbäche“ …das ist die andere Seite.
    Bin mit dem Thema überfordert (seit Jahren).

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