Eine Theologie, die sich der intellektuellen Verpflichtung bewußt bleibt, die der Gebrauch des Wortes „Gott“ mit sich bringt, wird sich tunlichst darum bemühen, alle Wahrheit und daher nicht zuletzt die Erkenntnisse der außertheologischen Wissenschaften auf den Gott der Bibel zu beziehen und von ihm her neu zu verstehen. Das mag wie Anmaßung aussehen, aber es ist die unabdingbare Last, die einem Reden von Gott, sofern es bedenkt, wovon es spricht, auferlegt ist.1
Wolfhart Pannenberg spricht hier etwas Interessantes an, das ich selber seit langem lebe. Theologie kann eine Brille werden durch die man die Welt betrachtet Das ist auch sehr gut so und gewünscht. Schließlich will jemand, der mit Gott lebt und seine Offenbarung im Leben schätzt, alles von Gott her verstehen.
So wird jeder Text und jede Information ein Born der Erkenntnis. Man erkennt in allem Gott, weil man alles von ihm her versteht. Im Grunde passiert so Weltanschauung. Jeder Mensch hat ein Konzept von dem her er die Welt versteht oder durch dessen Brille er die Welt sieht. Unseres ist Gott. Manchmal kann sich diese Brille negativ auswirken weil sie unsere Wahrnehmung sehr verzerrt und Objektivität einschränkt; dieses Problem taucht häufig in wissenschaftlichen Diskussionen zwischen Theisten und Atheisten auf. Generell ist man als Mensch aber wohl nicht in der Lage ohne ein zugrundeliegendes Paradigma zu denken oder wahrzunehmen.
Ich schätze es persönlich sehr hoch ein, Gott ebenso in einem Roman zu finden wie in einem technischen Museum oder der Bibel. Ich schätze es auch hoch ein, einen Maßstab zu haben an dem sich Wissen orientiert und einordnet. Pannenberg trägt dem Rechnung wenn er fortfährt:
…recht verstanden ist die Offenbarung Gottes als Offenbarung Gottes eben erst dann bedacht, wenn alle sonstige Wahrheit und Erkenntnis auf sie hingeordnet und in sie aufgenommen wird. ((Pannenberg, Wolfhart (1967): Grundfragen systematischer Theologie 1, S. 12))
Man kann nicht Gott im Leben haben und ihn nicht zum absoluten Maßstab aller Dinge erheben!
Dieser Artikel Pannenbergs hat mich hinreichend neugierig gemacht, etwas längeres von ihm zu lesen. So habe ich mir „Offenbarung als Geschichte“ gekauft und es ist das erste Buch, das mir in die neue Wohnung nach Remscheid geliefert wurde. Auf einem Theologentreffen habe ich gelernt, dass diese Programmschrift den Bruch mit Karl Barth, dessen Kronprinz Pannenberg war, herbeigeführt hatte; das war 1961. Barth lehrte eine Offenbarungstheologie die das Christentum in einen Raum stellte in den keine andere Wissenschaft eindringen konnte – Pannenberg lehnte diese Sonderstellung ab. Einige weitere Gründe führen mich dahin dass ich mehr zu Pannenberg als zu Barth tendiere, man darf also auf die Lektüre ehrlich gespannt sein.
- Pannenberg, Wolfhart (1967): Grundfragen systematischer Theologie 1, S. 11 [↩]
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