15. Oktober 2008 0
Einführung in die Hermeneutik XIV – Hermeneutische Prinzipien III – (un)klare Stellen
2. Unklare Stellen im Lichte der klaren auslegen
Im Großen und Ganzen ist die Bibel eigentlich kein unverständliches Buch. Sie ist für ganz normale Menschen ohne besondere Vorkenntnisse und akademische Bildung geschrieben worden und kann deshalb auch von solchen gelesen und verstanden werden. Die historische Distanz, die uns von den biblischen Texten trennt, erschwert zwar das Verständnis an vielen Punkten, aber eben nicht an allen. Die meisten Bibelstellen sind klar und einfach zu verstehen.
Eine wichtige hermeneutische Regel ist daher, unklare Stellen im Licht von klaren Stellen auszulegen und nicht umgekehrt die klaren noch unnötig zu verschleiern.
Die Gemeinde steht auf dem festen Fundament der apostolischen Lehre, und von diesem Fundament her versteht sich die Bibel. Der Mittelpunkt und zugleich das Ende der Offenbarung Gottes ist Jesus Christus. Er muss auch der Ausgangspunkt der Hermeneutik sein.
Johannes schreibt über Jesus, dass er das Licht ist, das in die Finsternis hineinleuchtet (Johannes 1,5). Ein schönes Bild. Stellen wir uns ein Licht in der Dunkelheit vor, so gibt es einen Bereich unmittelbar um die Lichtquelle herum, in dem man lesen kann, weiter weg verliert sich das Licht in der Dunkelheit. Es wird zunehmend dunkler.
Ebenso ist es mit der Bibelauslegung. Es gibt Dinge, die eindeutig feststehen, und andere, die es nicht tun. Manche Dinge in der Bibel sind so unklar, dass man kein zuverlässiges Urteil darüber abgeben kann, und das ist auch ganz ok so.
Alle Erkenntnis vor dem Himmel ist Stückwerk (1.Korinther 13,9). Niemand wird je alles wissen oder keine Fehler mehr haben. Das gilt auch für Theologie. Die Offenbarung Gottes ist zu groß, als dass sie von einer Person, einer Gemeinde oder auch einer Glaubensrichtung getragen werden könnte. Und Gott ist noch einmal größer als das, was er uns bisher gezeigt hat.
Konsequent angewandt bedeutet das, dass wir nicht über die – teilweise offensichtlichen – Irrtümer anderer Christen und Zeiten lachen können, denn unsere eigene Theologie wird noch genügend Fehler enthalten!
Hier gilt wiedermal der Splitter-Balken-Test: Wie kannst du zu deinem Bruder sagen: Halt, ich will den Splitter aus deinem Auge ziehen, und siehe, der Balken ist in deinem Auge? Du Heuchler, ziehe zuerst den Balken aus deinem Auge und dann siehe zu, wie du den Splitter aus deines Bruders Auge ziehest! (Matthäus 7,4-5)
Eine gute Methode, den Splitter-Balken-Test zumindest im Bereich der Theologie zu bestehen, ist sich dogmatisch auf eindeutige Hauptsachen der Schrift zu beschränken und in den Nebensächlichkeiten Liebe und Toleranz zu zeigen. Eine typische Nebensache ist z.B. die eschatologische Frage, ob die Entrückung vor oder nach der großen Trübsalszeit stattfindet. Der eine Theologe sagt mit Bestimmtheit ja, der andere genauso überzeugt nein. Man fühlt sich hin und her gerissen wie der Richter, der erst den Angeklagten verhört und sagt: „Du hast Recht.“ Dann verhört er den Ankläger und sagt: „Du hast auch recht.“
Daran erkennt man eine Nebensache, die wohl nicht so klar offenbart ist, man kann allen Seiten Recht geben.
Wie erkennt man, welche Stelle nicht nur klar ist, sondern auch eine Hauptsache ist?
Definition
Klar ist etwas dann, wenn man keine Fragen mehr dazu hat. Eine Hauptsache ist es dann, wenn es den meisten anderen auch klar ist und wenn es als Lehrsatz wichtig genug ist, verteidigt zu werden.
Über die Hauptsachen des Glaubens haben sich die Christen etwa seit der Auferstehung Gedanken gemacht. Was macht uns als Christen eigentlich aus, was sind die eindeutigen Herzstücke unseres Glaubens? Um Definitionen zu finden, hat man immer wieder Glaubensbekenntnisse formuliert. Ein Glaubensbekenntnis ist also das, was viele Christen für eindeutig und wichtig halten. Ein Glaubensbekenntnis fasst Dogmen (Lehrsätze) zusammen.
Um Haupt- und Nebensachen voneinander zu trennen, ist es nicht falsch, vom Glaubenbekenntnis auszugehen, deshalb zitiere ich hier das so genannte Apostolische Glaubensbekenntnis.
Beispiel: Das Apostolische Glaubensbekenntnis:
Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde.
Und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn, empfangen durch den Heiligen Geist,
geboren von der Jungfrau Maria, gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben,
hinab gestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel;
er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters;
von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten.
Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige christliche Kirche, Gemeinschaft der Heiligen,
Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben.
Amen.
Viele Bereiche sind dabei nicht abgedeckt und werden von verschiedenen Bekenntnisrichtungen und Christen verschieden ausgelegt. Beispielsweise die Frage, wie Gott der Schöpfer des Himmels und der Erde wurde, ob in sechs Tagen oder durch Evolution. Oder die Frage nach dem Heiligen Geist.
Es gibt Dinge, die sind uns als Jesus Freaks wichtiger als anderen Denominationen, aber die Aussagen des Apostolischen Glaubensbekenntnisses könnten wir alle unterschreiben.
Neueste Kommentare