18. Oktober 2008 1
Epheser 5,21-23
21 Ordnet euch einander unter in der Furcht Christi,
22 die Frauen den eigenen Männern als dem Herrn!
23 Denn der Mann ist das Haupt der Frau, wie auch der Christus das Haupt der Gemeinde ist, er als der Heiland des Leibes. (Epheser 5,21-23 – nach der Elberfelder)
Es ist bemerkenswert, wie oft diese Stelle falsch zitiert und übersetzt wird. Manche Bibeln fügen zwischen Vers 21 und 22 eine Überschrift ein und übersetzen so, als wäre Vers 22 ein eigener Satz, der nicht zu Vers 21 gehört. Tatsächlich gehören diese Verse aber zusammen. Das Ideal des Neuen Tesatmentes ist gegenseitige Unterordnung, das ein jeder den anderen höher achte als sich selbst (Philipper 2,8). Hierein reiht sich auch die Stellung der Ehepartner.
Es ist eine grobe Verzerrung des Wortes Gottes zu sagen, dass die Frau sich dem Manne unterzuordnen hat ohne zu erwähnen, dass er sich auch ihr unterordnen soll wo das angeraten ist.
Unterordnen hat niemals etwas mit herrschen zu tun. Man wird nicht untergeordnet sondern ordnet sich selber unter, was ein erheblicher Unterschied ist! Sich jemandem unterzuordnen bedeutet, seine höhere Kompetenz in einem bestimmten Bereich anzuerkennen und sich entsprechend zu verhalten; nämlich indem man sich selbst in diesem Bereich führen und leiten lässt und nihct auf der eigenen Meinung besteht.
Das Paulus hier von gegenseitiger Unterordnung in der Ehe spricht, lässt einen grossen Spielraum. Die Bibel sagt nicht in welchen Bereichen der Mann und in welchen Bereichen die Frau kompetenter ist und wer sich wem wo unterordnen soll. Das kann sie auch gar nicht, denn das ist eine sehr individuelle Sache, die wohl in jeder Ehe unterschiedlich geregelt sein dürfte und den kulturellen und sozialen Faktoren der jeweiligen Zeit und Region stark unterworfen ist.
Zu Paulus Zeiten war es üblich, dass sich die Frau der Kompetenz des Mannes in allen Bereichen unterstellte, die über den Haushalt hinausgingen. Das betraf besonders finanzielle, politische und auch religiöse Dinge. Auf der anderen Seite kümmerten sich dieMänner nicht um die Erziehung der Kinder. Heute sind diese klassischen Rollen längst aus dem Leben unserer Gesellschaft verschwunden. Die Reglungen für Ehe sind sehr viel individueller, es gibt keine „Ehenorm“ mehr.
Heute ist es keine Seltenheit, dass Frauen das Geld verdienen und die Männer daheim den Haushalt schmeissen und die Kinder erziehen. Das befremdet noch immer manche, ist aber vom Epheserbrief her gar kein Problem, denn wer sich in welchem Bereich wem unterordnet wird von der Bibel nicht geregelt.
Eine Warnung oder einen Hinweis enthält die Bibelstelle noch, die ich nihct unerwähnt lassen möchte:
Die Frauen sollen sich den Männen unterordnen als dem Herrn. Andere Bibelübersetzungen (z.B. die Einheitsübersetzung) übersetzen etwas klarer: wie dem Herrn. Die Unterordnung der Frau unter den Mann soll nicht anders sein als ihre Unterordnung unter Christus. Es geht hier nicht darum, dass der Mann der Herr der Frau sein soll, in dem Sinne, dass er das Recht hätte über seine Frau herrschend zu verfügen.
Vielmehr soll die Ehebeziehung die Beziehung zwischen Christus und seiner Braut widerspiegeln. Die gegenseitige Unterordnung (auch der Frau!) soll sich an der Beziehung Jesu zu seiner Gemeinde orientieren. So wie wir unsere Leben freiwillig Christus unterstellen weil wir wissen, dass er uns gut leiten wird, so soll die Unterordnung untereinander auch sein. Deshalb werden auch die Männer aufgefordert, ihre Frauen zu lieben, wie Christus die Gemeinde (Epheser 5,25). Dieses Bild ist für uns wichtig, denn es zeigt die Grenzen oder besser: die Rahmenbedingungen christlicher Ehe auf. Unterordnung in der Furcht des Herrn heisst ja nichts anderes, als sich unter zu ordnen wegen Jesus.
Vielfach wurde die Epheserstelle bemüht um zu zeigen, dass die Frauen sich ihren Ehemännern immer unterordnen müssten, dass sie auf Gedeih und Verderb im Kadvergehorsam ihren Männern ausgeliefert seien. Das ist leider nicht übertrieben. Selbst Ehemännern, die saufen, ihre Frauen schlagen und Haus und Hof verspielten wurde die Herrschaft über ihre Frauen weiter zuerkannt. Viele weltliche Humanisten haben zu Recht auf die Ungerechtigkeit einer solchen Situation hingewiesen.
Genau das kann aber nicht gemeint sein. Wie Christus heisst, sich einem guten Mann in Liebe unterzuordnen. Wenn die Leitungskompetenz fehlt und der Mann die Familie in den Ruin treibt kann selbstverständlich niemand von der Frau erwarten, sich weiterhin unterzuordnen.
Ähnliches wie für die Ehe gilt meiner Meinung nach auch für die Gemeinde. Das Ideal ist auch hier Unterordnung unter die grössere Kompetenz eines anderen. Das wird in den meisten Leitungskreisen auch so gelebt – selbst da, wo es einen Hauptpastor gibt, ordnet er sich doch in gewissen Bereichen seinen Ältesten oder anderen Personen mit leitungsbefugnis unter. Eben in den Bereichen, von denen die andern mehr verstehen. Das ist das Prinzip der Teamleitung: nicht jeder muss alles können, es gibt Spezialisten, deren Meinung in ihrem Bereich massgebelich ist.
Für Kompetenz ist Geschlecht mittlerweile zum Glück kein Kriterium mehr.
Das Ideal des Neuen Testaments ist also gegenseitige Unterordnung in einem Team, ein Leib, in dem jeder Teil seinen von Gott bestimmten Platz einnimmt und nicht eine einseitige Herrschaft der Männer.
[s.dazu auch mein Buch „die Prinzessin auf der Kanzel“ oder diskutiere hier mit über Frauenordination]
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