03. Januar 2011 0

Nachfolge 11

Der wichtigste Gehalt des zweiten Kapitels ist die Beobachtung, dass wir Gottes Anspruch an uns – speziell den Ruf Jesu in die Nachfolge – relativieren indem wir im eine tiefere, innerliche Bedeutung geben, die er gar nicht hat. Wenn Jesus sagt, dass wir etwas verlassen sollen hören wir, dass wir bleiben aber innerlich frei sein sollen.

Jesus würde also rufen: Heraus! – Wir verstehen ihn aber, wie er es eigentlich meint: „Bleib drinnen!, freilich als einer, der innerlich herausgetreten ist.“ (Seite 71)

Ertappt! Wie oft habe ich selber schon so gedacht wenn Jesus mich um etwas gebeten hat… Der Gedanke war dann immer, dass mich der Ruf auf eine innere Unfreiheit aufmerksam machen sollte. Wenn ich bereit wäre zu folgen, wäre es schon nicht mehr verlangt weil Jesus nur meine Bereitschaft wollte und meine innere Freiheit.

Im Grunde ein widersinniger Gedanke. Warum sollte Nachfolge bedeuten, dass man theoretisch bereit wäre, Jesus zu folgen? In diesem Falle hätte man ja noch keinen Fuß vor den anderen gesetzt um dem Ruf Jesu zu folgen. Wäre Nachfolge schon immer auf diese Weise verstanden worden gäbe es kein Neues Testament, das Christentum wäre nicht verbreitet worden und wäre maximal ein winziger Geheimzirkel von Eingeweihten; und auch das nur in dem unwahrscheinlichen Fall, dass es sich nicht totgelaufen hätte.
Nein! Nachfolge ist stets praktisch und wir können Jesus zutrauen, dass er weiß, was er sagt und es sich auch gut überlegt hat. Bonhoeffer illustriert diese schräge Denke mit einem pädagogischen Beispiel:

Ein Vater sagt zu seinem Kind: Geh ins Bett!, so weiß das Kind wohl,woran es ist. Ein pseudeotheologisch dressiertes Kind aber müsste nun folgendermaßen argumentieren: Der Vater sagt: Geh ins Bett. Er meint, du bist müde; er will nicht, dass ich müde bin. Ich kann über meine Müdigkeit auch hinwegkommen in dem ich spielen gehe. Also, der Vater sagt zwar: Geh ins Bett!, er meint aber eigentlich: Geh spielen. Mit einer solchen Argumentation würde das Kind beim Vater, würde der Bürger bei der Obrigkeit auf eine sehr unmissverständliche Sprache stoßen, nämlich auf Strafe.

Es ist in der tat verrückt, wie sehr uns manche Denkweisen in Fleisch und Blut übergegangen sind, die Gottes Ruf ins Gegenteil verkehren. So gibt man das „Gebot Gottes Preis und hält sich an die Überlieferung und Satzung von Menschen“ (Markus 7,8).

Es ist möglich, dass ein Gebot Jesu unterkellert ist, also noch einen tieferen Sinn hat. Für uns gilt aber zunächst das klare. Wenn wir in dem Offensichtlichen leben können wir auch tiefer gehen. Es ist aber „illegal“ nach einem paradoxen Verständnis der Worte Jesu zu suchen wenn wir sie nicht erst einmal so nehmen wie sie sind:

Wer nicht weiß, dass es ihm unendlich viel leichter wäre, das Gebot Jesu einfältig zu verstehen und wörtlich zu gehorchen, also etwa die Güter auf den Befehl Jesu tatsächlich hinzugeben, statt sie zu behalten, der hat kein Recht zu dem paradoxen Verständnis des Wortes Jesu. (Seite 73)

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