Von Bill Hybels (Willow Creek) habe ich den Tipp, schriftlich zu beten. Er schreibt darüber in dem Buch „Aufbruch zur Stille“. Eigentlich hatte ich schon vorher davon gehört, dass manche Gläubige Gott Briefe schreiben, was ja ungefähr dasselbe ist, wie Gebete in ein Notizbuch zu schreiben.
Ich selber habe das einige Mal ausprobiert und festgestellt, dass es gerade in Zeiten, in denen ich innerlich unruhig bin, helfen kann mich auf Jesus zu konzentrieren. Die Gedanken schweifen weniger ab, wenn man schreibt, als wenn man spricht, oder denkt.
Ausserdem ist es ein Vorteil, dass man in einem Gebetstagebuch nach verfolgen kann, was man gebetet hat, und wie Gott diese Gebet erhört hat.

Dennoch bete ich selber fast nie schriftlich und kann deswegen auch nicht viel dazu sagen. Aber wenn Du es noch nie ausprobiert hast, wäre das vielleicht mal eine Möglichkeit, etwas Neues zu machen. Wenn Du Erfahrungen mit dieser Art zu beten hast, würde es mich auch freuen, wenn Du einen Kommentar hinterlassen und uns daran teilhaben lassen könntest.

Der Bundeverlag bringt ein neues Magazin heraus, dass sich an SeelsorgerInnen richtet. Als die E-Mail kam habe ich mal in die erste online-Ausgabe hinein gelesen und einen Artikel über die MANTRA II – Studie gelesen. Die Studie untersuchte den Einfluss von Fürbittegebet auf den Heilungsprozess. Natürlich war sie wissenschaftlich völlig in Ordnung, theologisch hätte ich aber einige Anfragen. Das Ergebnis war vorhersagbar: „es gibt keinen Zusammenhang zwischen Gebet und Heilung“.
Aus theologischer Sicht hätte ich vor allem folgende Kritikpunkte an der Studie:

1) Es war schon ein methodischer Fehler, dass es nur Fürbitten im Doppelblindverfahren gab. Die allermeisten Heilungen geschahen in der Bibel, und geschehen auch heute noch, im Kontakt mit dem Kranken: Gespräch, Handauflegung, Salbung usw. sind einfach wichtig. Über weite Distanzen und ohne Feedbackmöglichkeiten funktioniert es mindestens wesentlich schlechter.

2) Der Artikel sagt nichts darüber aus, wie die Beter ausgewählt wurden. Da es Angehörige verschiedener Religionen (Christen, Juden und Muslime) waren, gehe ich davon aus, dass der spezielle Glaube für Heilung nicht abgefragt wurde. Fürbitte ist aber definitiv nicht gleich Fürbitte. Auch wenn ich, wie oben erwähnt, dem Konzept ohnehin kritisch gegenüberstehe würde ich bei der Auswahl der Beter schauen, dass sie überhaupt an göttliche Heilung als Tatsache (nicht als Möglichkeit) glauben und aus Gemeinden kommen in denen Heilung normal ist.

3) Die Bibel zeigt einen deutlichen Zusammenhang zwischen Heilung und Lehre (zur Evangelisation und Glaubensstärkung). Dadurch dass kein Kontakt zwischen den Betern und den Kranken bestand war es unmöglich zu lehren. Damit fällt der ganze Bereich der Vorbereitung der Kranken aus. Es ist aber wichtig mit Kranken zu arbeiten damit sie aktiv an ihrer Heilung mitarbeiten können.

Insgesamt fände ich es interessanter Studien über Christen zu verfassen die bereits im Heilungsdienst sind und Erfolge darin haben mit Kranken zu beten. So war die Studie darauf angelegt zu zeigen, dass es keinen Zusammenhang zwischen Gebet und Heilung gibt. Jede Studie zeigt letztlich das Ergebnis das bereits in ihrem Versuchsaufbau angelegt ist.
Bleibt die Frage, was MANTRA II für die erste Auflage eines christlichen Magazins qualifiziert.

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Der Herr gab mir Antwort und sagte: Schreib nieder, was du siehst, schreib es deutlich auf die Tafeln, damit man es mühelos lesen kann. (Habakuk 2,2)

Ich scheine nicht für alle Dinge ein gutes Gedächtnis zu haben. Früher ist es mir dauernd passiert, dass ich eine tolle geistliche Erkenntnis hatte und meine Frau dann sagte: „Kenne ich, das hast Du letztes Jahr schon gepredigt.“
Irgendwann ist mir das ziemlich auf die Nerven gegangen, und ich habe angefangen, alles aufzuschreiben, was Gott mir sagt. Mit der Zeit habe ich ein System entwickelt, um mich an alles zu erinnern, was Gott mir gesagt hat. Es hilft mir enorm, Dinge aufzuschreiben und immer wieder zu lesen, um zu sehen, was sich in meinem Leben erfüllt und woran ich noch arbeiten muss.
Obwohl das Führen eines Tagebuches nie zu meinen größten Stärken gehört hat, haben sich über die Jahre so einige hundert Seiten mit Erlebnissen, Prophetien und Gedanken angesammelt. Einiges ergab nicht viel Sinn, als ich es aufschrieb. Aber in der Rückschau verstehe ich vieles besser. Es gibt Seiten, die mich total dankbar machen. Prophetien, die Leute vor fast zehn Jahren hatten und die zu der Zeit völlig abwegig erschienen, sind genauso eingetroffen, wie es gesagt wurde. Andere Einträge zeigen, dass ich seit Jahren auf ein Ziel zugehe, das ich nicht aus den Augen verloren habe.

Die Texte der Propheten sind voller Aufforderungen Gottes, das Gehörte nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Offenbar kannten sie das Problem, dass sie eine Vision hatten und während Gott sprach, dachten „das werde ich nie wieder vergessen.“ Kaum war alles vorbei und sie mussten wieder ihrem normalen Tagwerk nachgehen, verblasste die Vision, Gottes Stimme verhallte und nach ein paar Tagen konnten sie sich nur noch dunkel daran erinnern, dass Gott etwas gesagt hatte, aber nicht mehr was er gesagt hatte. Wir können uns das nicht leisten. Gottes Reden ist zu kostbar um vergessen zu werden.
Ich will nicht, dass auch nur ein Wort Gottes an mich in Vergessenheit gerät. Deshalb habe ich manche Prophetien auf Zettel geschrieben und in meine Bibel gelegt, wo ich regelmäßig darüber stolpere. Andere stehen in Tagebüchern, die ich gelegentlich durchsehe, oder in Computerdateien.

Wenn jemand Gott nicht mehr hört liegt es oft daran, dass er Gottes Reden nicht genug wertschätzt. Entweder nicht genug, um das zu tun, was Gott sagt, oder nicht genug, um es sich zu merken. Beides kann zu geistlicher Taubheit führen. Der Heilige Geist wird aufhören zu reden wenn wir permanent etwas anderes tun als er sagt. Das ist pure Bewahrung, denn jedes Mal wenn wir nicht tun, was Gott uns sagt verhärtet sich unser Herz ein Stückchen mehr. Wenn wir uns nicht merken, was er sagt ist es ähnlich, denn es ist nicht möglich der Leitung Jesu zu folgen wenn wir ständig vergessen, was er gesagt hat.

Als sie hörten, dass er in hebräischer Sprache zu ihnen redete, waren sie noch ruhiger. (Apostelgeschichte 22,2 nach der Einheitsübersetzung)

“Noch ruhiger werden” bezeichnet eine innere Einstellung die sich äusserlich zeigt. Es ist das griechische Wort “häsuchia”, still werden. In unseren Gebetszeiten fehlt diese Ruhe oft. Wir sind so sehr mit anderen Dingen beschäftigt, dass wir mit den Gedanken gar nicht richtig bei der Sache sind. In manchen Gebetstreffen wird offen geschwatzt, in anderen sitzt man zwar schweigend da, beweist aber durch den häufigen Blick auf die Uhr mentale Abwesenheit. Ob man nun mit den Gedanken bei seinem Gesprächspartner ist, beim Abendessen oder dem nächsten Tag, ist erst einmal egal. Das offene Schwatzen stört die anderen Beter mehr, aber alles zeigt einen Mangel an still sein.
Bei “ruhig werden” denke ich an eine Stelle aus dem Alten Testament:1.Samuel 3. Gott weckt den jungen Samuel in der Nacht auf; nachdem dieser erst nicht verstanden hat, dass es Gott war, der ihn geweckt hat, gibt er die einzige richtige Antwort: „rede Herr, denn Dein Knecht hört.“ Wie ein Knecht zu hören bedeutet, wie jemand zu hören, der es sich schlicht nicht leisten kann, ein Wort von dem zu versäumen was der Herr sagen will. Ein Grund dafür, dass wir oft so wenig von Gott hören ist, dass wir nicht so zuhören als würde es uns wirklich etwas bedeuten, Gott zu hören. Oft informieren wir Gott im Gebet über alles, was wir gerne hätten, aber wir nehmen uns nicht die Zeit auf die Stimme des Heiligen Geistes zu hören.
Unsere innere Haltung bestimmt, wie viel wir von Gott hören. Wer wirklich nach Gottes Willen sucht, der wird auch etwas von Gott hören.

Still werden ist aber nicht einfach. Mose war eine ganze Weile auf dem Berg bevor er die Zehn Gebote bekam. Es kann lange dauern, bis man Gott reden hört. Ein wichtiger Grund dafür ist, dass wir so viele Stimmen in uns haben, dass wir Gott nicht mehr hören – da sind Ängste, Sehnsüchte, Freude und alles mögliche, was in unserem Innern so viel Unruhe schafft, dass wir nicht mehr in der Lage sind, Gott zu hören.
Ein guter Rat ist es, sich Zeit zu nehmen. Gerade wenn Du voller Unruhe bist reichen fünf Minuten einfach nicht. Wenn Du gerade keinen guten Draht zu Jesus und kein regelmässiges Gebetsleben hast, solltest Du Dir etwas mehr Zeit nehmen, vielleicht spazieren gehen und erst einmal alles, was Dich bewegt zu Gott bringen. Wenn Du Dich „leer gebetet“ hast indem Du alles, was Dich beschäftigt an Jesus abgeben hast, wird es Dir viel leichter fallen still zu werden und Gott zu hören.

Beim Lesen über Galilei stieß ich auch auf das Konzil von Trient. Ich habe mir dann mal das Glaubensbekenntnis durchgelesen, das auf diesem Konzil verabschiedet wurde – mit dem Ergebnis, dass ich mehr denn je froh bin Protestant zu sein. So etwas könnte ich im Leben nicht unterschreiben. Das ist der Stoff der Märtyrer hervorbringt.
Ich würde das Konzil gerne zeitgeschichtlich betrachten können. Es war eine Reaktion auf Luther und die Reformation; damit könnte man es leicht als eine politische, zumindest nicht rein-theologische Verlautbarung verstehen. In diesem Sinne wäre manches überholt und man könnte sich leicht von manchen Inhalten distanzieren. Leider schreibt das ökumenische Heiligenlexikon aber: „1564 bestätigte Papst Pius IV. die Beschlüsse des Konzils, die meist bis heute innerhalb der katholischen Kirche als verbindlich gelten.“ Um welche Beschlüsse es sich genau handelt kann ich als outsider nicht sagen, aber ich liste mal ein paar „highlights“, die ich echt abgefahren finde und denen ich nur widersprechen kann.

Die apostolischen und kirchlichen Überlieferungen und übrigen Bräuche und Bestimmungen der Kirche anerkenne und halte ich ganz fest. Ebenso anerkenne ich die heilige Schrift gemäß jenem Sinn, den die heilige Mutter Kirche festgehalten hat und festhält, deren Aufgabe es ist, über den wahren Sinn und die Auslegung der heiligen Schriften zu urteilen, und werde sie niemals anders auffassen und auslegen als gemäß der einmütigen Übereinstimmung der Väter.1

Ich erkenne die Bibel als Gott Wort an, aber eine Auslegung der Schrift, oder schlimmer noch einen Ausleger, als allein-richtig anzuerkennen halte ich für sehr gefährlich. Das hieße seine Gewissensfreiheit abzugeben und Erkenntnis zu delegieren. Natürlich tun das auch viele in protestantischen Kirchen und Freikirchen, aber das ist nicht weniger falsch. Damit widerspricht die Kirche dem sola scriptura-Grundsatz der Reformation und es ist nicht mehr „die Schrift allein“ sondern die Schrift+die katholische Interpretation.
Natürlich ist es auch unschön so etwas als Reaktion auf die abweichende Meinung eines Mannes zu schreiben. Das ist genau das Gegenteil von Dialog, es ist geistlicher Mauerbau. Im Grunde genommen zementierten solche Aussagen das entstandene Schisma noch zustätzlich.

Gleichfalls bekenne ich, daß in der Messe Gott ein wahres, eigentliches und sühnendes Opfer für Lebende und Verstorbene dargebracht wird, daß im heiligsten Sakrament der Eucharistie wahrhaft, wirklich und wesenhaft der Leib und das Blut zusammen mit der Seele und Gottheit unseres Herrn Jesus Christus gegenwärtig sind, und daß eine Wandlung der ganzen Brotsubstanz in den Leib und der ganzen Weinsubstanz in das Blut geschieht; diese Wandlung nennt die katholische Kirche Wesensverwandlung. […]

Dass ich nicht an die tatsächliche Wandlung glaube ist ja klar. Ich finde es auch nicht nachvollziehbar, so etwas anzunehmen, da Jesus ja noch lebte, als er das Abendmahl einsetzte. Brot und Wein sind also von Anfang an nur Symbol gewesen. Ich finde es aber völlig in Ordnung, wenn eine Kirche ihre Abendmahlstheologie in der Form eines Bekenntnisses festhält. Allerdings frage ich mich, ob das wirklich ein in-out-Kriterium sein sollte. Es gibt viele Abendmahlstheologien, warum ist Einheit an dem Punkt so extrem wichtig?

Ich halte standhaft fest, daß es einen Reinigungsort gibt und daß den dort festgehaltenen Seelen durch die Fürbitten der Gläubigen geholfen wird; ebenso auch, daß man die zusammen mit Christus herrschenden Heiligen verehren und anrufen soll, daß sie Gott Gebete für uns darbringen, und daß man ihre Reliquien verehren soll.
Ich behaupte fest, daß man die Bilder Christi und der allzeit jungfräulichen Gottesgebärerin sowie anderer Heiliger haben und beibehalten und ihnen die gebührende Ehre und Verehrung erweisen soll; ich versichere auch, daß die Vollmacht zu Ablässen von Christus in der Kirche hinterlassen wurde und ihr Gebrauch für das christliche Volk höchst heilsam ist.

Da zucke ich zusammen. Ablässe offiziell zu bestätigen ist ein starkes Stück. Im Grunde ergibt das nur zeitgeschichtlich Sinn, denn der Ablasshandel war  einer der großen Streitpunkte zwischen Luther und der katholischen Kirche. Natürlich ist auch das Fegefeuer aus protestantischer Sicht nicht vorhanden, so dass es sinnlos wäre Ablässe von etwas zu verkaufen (oder sonstwie aus zu geben) an dass man nicht glaubt. Ich finde es auch ganz schön unethisch, wenn man Menschen helfen kann sich einige Jahre (oder noch längere Zeiten?) Feuer zu ersparen und man das dann nicht tut. Oder sich dafür bezahlen lässt, dass man einem Menschen etwas so Gutes tut. Zum Glück finde ich kein Fegefeuer in der Bibel…
Heiligenverehrung (und noch schlimmer: Reliquienvererehrung) gehen natürlich gar nicht. Ich bin dafür unsere Väter und Mütter im Glauben in hohen Ehren zu halten, aber sie zu verehren und um ihre Gebet zu bitten ist absurd. Sie sind Vorbilder, aber keine Fürbitter.

Naja, es gäbe noch einiges zu schreiben, denn jetzt geht es um die Anerkennung des Papstes. Aber im Grunde reicht es ja auch. Mir war besonders der Absatz mit der Bibelauslegung wichtig, denn über den bin ich gestolpert. Galilei und seine Kritiker warfen sich gegenseitig vor gegen diesen verstossen zu haben. Es wäre wünschenswert gewesen einen offenen Dialog darüber zu haben. Leider erinnert mich die Diskussion aber auch an Gespräche die in freikirchlichen Kreisen üblich sind. Bei uns wirft man sich nicht vor, eine andere Auslegung zu haben sondern „unbiblisch“ oder „widerbiblisch“ zu sein oder „Irrlehre“ zu verbreiten. Letztlich sind das nur Umschreibungen dafür, dass jemand mit der eigenen Auslegung nicht übereinstimmt.
Insofern sollte uns Trient nachdenklich machen. Um die eigene Erkenntnis herum zu mauern ist in allen Konfessionen üblich.

  1. Lateinischer und deutscher Text aus: H. Denzinger/P. Hünermann [Hrsg.], Kompendium
    der Glaubensbekenntnisse und kirchlichen Lehrentscheidungen, Freiburg, Basel, Rom, Wien 1991, S. 587-589. []

[de]

Es gibt die Geschichte eines amerikanischen Evangelisten, der gerade betete, als der Präsident ihn besuchen kam. Eine Kolonne schwarzer Limousinen mit Motorradeskorte hielt im Hof, der Secret Service riegelte die Gegend ab. Störsender wurden installiert, überall liefen glattrasierte Männer mit weißen Hemden, schwarzen Krawatten und ausgebeulten Jacketts herum. Der rote Teppich wurde ausgerollt, und Mr. President betrat das Haus…
Drinnen, im Halbdunkel des aufgeräumten Wohnzimmer empfing ihn die Frau des Evangelisten mit den Worten: „Nehmen Sie bitte Platz, Mr. President, mein Mann betet gerade, aber er wird in etwa zwei Stunden zu Ihrer Verfügung stehen.“
Viele der „großen“ Männer und Frauen Gottes lebten mit dieser Einstellung: es gibt absolut nichts, was wichtiger ist als meine Zeit mit Gott. Kein Mensch ist wichtiger als der Herr, und komme, was wolle, ich werde so und so lange beten. Natürlich haben nicht alle so gelebt, manche haben sogar ausgesprochen wenig gebetet, aber mir imponieren die Beter mehr, und außerdem ist das hier ja eine Gebetsreihe.
Persönlich kenne ich niemanden, der Gebet eine so hohe Priorität einräumt. Wenn Frau Merkel mich besuchen käme, würde ich meine Gebetszeit auf ein „Mach, dass es ein gutes Treffen wird“-Stoßgebet reduzieren. Vermutlich würde ich schon vorher an das Treffen denken und die Zeit mit Jesus nicht wirklich genießen.
Für Jesus hatte Gebet diese Wichtigkeit:

In aller Frühe, als es noch dunkel war, stand er auf und ging an einen einsamen Ort, um zu beten. Simon und seine Begleiter eilten ihm nach, und als sie ihn fanden, sagten sie zu ihm: Alle suchen dich. (Markus 1,35-37 nach der Einheitsübersetzung)

Alle Leute haben Jesus gesucht und er – verzog sich zum Beten. Mir fallen zwei Geschichten ein, in denen Jesus gesucht wurde. Einmal war er zwölf Jahre alt und war unbemerkt im Tempel geblieben, dann war er dreißig Jahre alt und war heimlich auf einen Berg gestiegen, um zu beten. In beiden Stellen war Jesus da, wo sein Vater ist. Interessant. Wenn wir ihn suchen, finden wir ihn immer vor Gottes Thron.
Gebet spielte im Leben Jesu eine so große Rolle, dass er es in Kauf nahm, Leuten vor den Kopf zu stoßen indem er sie warten ließ. In diesen Momenten war die Zeit mit seinem Vater im Himmel das Wichtigste, und alles andere nebensächlich. Ich stelle mir vor, wie die Leute aus dem Dorf um sieben Uhr anfingen zu klingeln und zu klopfen. Sie wollten Jesus sehen, manche von ihnen hatten einen echt weiten Weg zurückgelegt. Aber Jesus war nicht da. Er war schon seit vier Uhr auf den Beinen, um dem Trubel zu entgehen.
Die Menschenmenge vor dem Haus wurde immer größer. Bald hing ein Zettel am Eingang: „Nein, wir wissen nicht, wo Jesus Christus ist.“ Irgendwann wurden die Jünger unruhig. Die Menge skandierte schon: „Wir woll’n Jesus sehn – schalalalala!“ Sie schickten Suchtrupps los in alle Himmelsrichtungen, um es Jesus zu sagen: „Alle suchen Dich!“

Das macht mich nachdenklich. Ich bin schnell abzulenken. Manchmal fällt es mir schon schwer beim Beten nicht noch E-Mails zu lesen. Aber ich will eine so intime Beziehung zum Vater haben, dass ich aufstehen würde, wenn es noch dunkel ist und alles stehen und liegen ließe, um mich mit ihm zu treffen.

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[en]

There is a story about an American Evangelist who prayed as the President came to visit him. A convoy of black limousines and a motorbike escort drove up the driveway. The Secret Service assures the surrounding. Jamming stations got set up and everywhere were shaved men clothed in white shirts, black ties and suit coats. The red carpet got rolled out and Mr. President entered the house…
Inside, the wife of the evangelist welcomed the President saying:”Please, Mr. President, have a seat. My husband just went praying but he will be here for you in like two hours.”
Many of the “great” people of the Lord lived with such an attitude that there is absolutely nothing more important than their time with God. No other person is more important than the Lord, no matter what or who is coming, I’m going to pray. Sure, not all of them lived like this but those people impress me and this is a prayer-series.
I don’t know anyone who has such a high priority of prayer. If Mrs. Merkel visited me, I might shorten up my prayer time into a quick prayer like: “Make this good meeting!” Probably I would think a lot about the meeting that I couldn’t even enjoy my time with the Lord.
For Jesus, prayer had this priority:

In the early morning, while it was still dark, Jesus got up, left the house, and went away to a secluded place, and was praying there. Simon and his companions searched for Him; they found Him, and said to Him, “Everyone is looking for You.”(Mark 1, 35-37 NASB)
Everybody looked out for Jesus and he went away to pray. I remember two stories where Jesus was searched: One time when he was twelve years old and stayed in the temple, and the other time when he was 30 years old and secretly climbed up a mountain to pray. In both situations he was where his father was. Interesting. When we look out for him, we’ll find him always before God’s throne.
It looks like that prayer had a very important role in the life of Jesus that he even left people alone and alienated them. His time with his father in heaven was the most important thing in these moments. Everything else was secondary. I can imagine how the people in this village got up at 7am and started to ring the bell and knock the door. They wanted to see Jesus and some of them traveled a long way for that. But He wasn’t there. He was already up for four hours to avoid the crowds.
More and more people were coming. Soon there was a note on the door:”No, we don’t know where Jesus Christ is.” The disciples must have been worried. The crowds went crazy: “We wanna see Jesus – schalalalala!” They sent out a posse of searchers in all directions just to tell Jesus that everybody is looking for him!
That makes me reflective. I’m distracted really fast. Sometimes it’s hard for me to not check emails during prayer. I want such an intimate relationship to the father that I would get up really early and leave everything behind just to meet with him.
[translated by Jonathan]

[/en]

Galileo Galilei hatte sein ganzes wissenschaftliches Leben mit einem Problem zu kämpfen: obwohl er selbst gläubiger und loyaler Katholik war, brachten seine Forschungen ihn immer wieder an die Grenze der Häresie. Deshalb schrieb er im Laufe seines Lebens nicht nur vieles über Wissenschaft sondern auch einiges an theologischen Texten. Die Theologie ist nicht in Büchern veröffentlicht sondern in seinen Briefen enthalten, wie z.B. dieser Abschnitt aus derm Brief an die Großherzogin1:

Was die erste allgemeine Frage der erlauchten Madama2 betrifft, so scheint mir, dass sie Euch sehr klug vorgetragen und von Euch zugestanden und begründet wurde, dass nämlich die Heilige Schríft nicht irren kann und die darin enthaltenen Aussagen von absoluter und unantastbarer Wahrheit sind. Ich hätte nur hinzugefügt, dass zwar die Schrift niemals irren kann, ihre Interpreten und Ausleger jedoch in vielerlei Hinsicht irren können […] wenn sie sich nämlich auf die wörtliche Bedeutung der Worte stützen. Denn auf diese Weise träten in der Bibel nicht nur mannigfaltige Widersprüche auf, sondern sogar schwere Ketzereien und Gotteslästerungen, weil es dann nötig wäre, Gott Füße und Hände und Augen zuzuschreiben und ebenso menschliche Gefühle wie Zorn, Reue und Hass, und manchmal sogar Vergesslichkeit vergangener Dinge oder Unkenntnis der Zukunft.3

Ein schönes Argument, dass er hier bringt. Tatsächlich gibt es immer weniger Leute, die die Bibel wörtlich nehmen. Zum Glück, denn wo Interpretationsregeln vernachlässigt werden kommt Murks heraus. Ich bin ehrlich froh, dass wir Gottes Wort auslegen (= entdecken) können und dürfen. Es wäre schade wenn Gott nur ein paar Anweisungen da gelassen hätte. Die Auslegung (und gerade die betende Auslegung) macht die Bibel erst zu dem dynamischen Beziehungsbuch, das ich so liebe.
[auf diesem Blog gibt es eine längere Reihe zur „Hermeneutik“, also der Bibelauslegung, die hier startet und hier als .pdf verfügbar ist.]
[weitere Posts zu Frau Sobels Buch über Galilei finden sich hier]

  1. aus dem Brief an die Großherzogin, EN 5, S.319 []
  2. die Rede ist von Großherzogin Christina, der Witwe von Ferdinand I von Medici []
  3. Sobel, Dava; Schaden, Barbara (1999): Galileos Tochter. Eine Geschichte von der Wissenschaft, den Sternen und der Liebe. Berlin: Berlin Verl, S. 76 []

[de]

Am besten bereitet man alles gut vor, denn frühmorgens muss jeder Handgriff sitzen. Aufstehen, unter die Dusche, anziehen und an den Frühstückstisch. Der Teebeutel hängt schon in der Tasse, kalte Milch ins Müsli und beim Löffeln den Andachtskalender lesen. Während man das schmutzige Geschirr in die Spüle stellt wird das erste Gebet gesprochen und im Bus denkt man über den Neukirchener Bibelhappen nach.
So sieht für viele der ideale christliche Tagesanfang aus.

Die stille Zeit gehört zu den grössten Mythen der modernen Christenheit. Jeder macht sie – angeblich – und wer sie nicht macht, dem macht sie ein schlechtes Gewissen. Die Wirklichkeit sieht oft anders aus: der Wecker hat mal wieder nicht geklingelt, die Kinder sind zu früh wach geworden oder man ist zu spät ins Bett gegangen. Die kleinen und grossen Katastrophen des Alltags vereiteln die gute Absicht und am 15.August steckt das Lesezeichen im Andachtsbuch noch bei Mitte Januar. Silvester weiss man ganz genau, dass es auch dieses Jahr nicht hingehauen hat. Aber nächstes Jahr wird alles anders.

„Warum überhaupt?“, denken sich einige und lassen die stille Zeit ganz sein. Christsein soll schliesslich Spaß machen. Für mache ist das frühe Aufstehen eben nichts.
Fast richtig. Die Zeit mit Gott ist wichtig; die Tageszeit nicht. In Psalm 119,147 hat der Autor frühmorgens Gott gesucht. Adam und Eva ist Gott in der Abendkühle begegnet (1.Mose 3,8) und der Spitzenpolitiker Daniel betete mehrmals täglich (Daniel 6,10). Auch Jesus betete zu verschiedenen Zeiten und unterschiedlich lang.
Es gibt kein Gesetz das regelt, wann wir Zeit mit Gott verbringen sollen. Ich versuche jeden Tag Zeit für Gott zu reservieren. Das ist selten morgens, weil ich dann noch müde bin. Öfter ist es um die Mittagszeit, nachmittags oder abends. Wie diese Zeiten aussehen ist unterschiedlich: mal Anbetung, mal Fürbitte, Bibelstudium oder etwas ganz anderes. Wir leben in einer Beziehung mit Jesus und was ist schrecklicher als eine Beziehung, in der man immer das Gleiche zur selben Zeit macht?

Das bedeutet aber nicht, dass Disziplin und Regelmäßigkeit nicht wichtig sind. Beziehung lebt von Abwechslung und Kontinuität. Es gibt Höhen und Tiefen. Zeiten der Routine und Zeiten die so schön sind, dass man nicht voneinander lassen kann. Es gibt Tage an denen Gott uns so nah ist wie die Bibel auf dem Tisch und Zeiten, in denen Jesus unendlich weit weg zu sein scheint. Das ist kein Grund, keine Zeit zusammen zu verbringen, denn die Regelmäßigkeit sorgt dafür, dass wir überhaupt Hochphasen erleben.
Es ist wie bei einem Perlentaucher, der jeden Tag ins Wasser steigt, taucht und Perlen sucht. Er findet nicht jeden Tag eine Perle, aber wenn er aufhört zu tauchen findet er garantiert keine mehr. Wenn wir aufhören Gott zu suchen, sammeln wir auch keine Erfahrungen mehr mit ihm.
Disziplin ist wichtig aber kein Selbstzweck. Der Taucher taucht nicht um zu tauchen und wir beten nicht um zu beten. Es geht darum Gott zu erleben und im Glauben zu wachsen, egal wann, wie und wo.

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At best you have prepared everything because early in the morning every movement has to work properly. Get up, get showered, get dressed and then breakfast. Put the Teabag in the cup, cold milk to the cereals and while eating, reading the daily devotional. While you put the dirty dishes in the sink you may speak out your first prayer and on the bus you think about the scripture of the daily devotional. For a lot of people that’s how a perfect Christian morning looks like.

The Quiet Time is one of the biggest myths of modern Christianity. Everybody does it – allegedly – and if not, guiltiness comes up. Reality looks different. The alarm didn’t go off, the children woke up too early or you went too late to bed. The little and the big issues of the daily routine defeat the attempt and on august 15 the bookmark in the daily devotional is still on mid January. On New Year’s Eve you realize that it didn’t work but next year it’s going to be different.

Some you think “why all that anyways?“, and stop doing quiet time. The Christian life should be fun after all and getting up early is not everybody’s thing, right?
Almost right! Spending time with God is important not the daytime. The author of Psalm 119,147 sought the Lord early in the morning. God encountered Adam and Eve in the cool of the evening (Genesis 3,8) and the top-politician Daniel prayed several times a day (Daniel 6,10).Also Jesus varied in daytime and length of his prayers.
There is no law that regulates when we should take our time with God. I try to reserve space in my schedule for God every day. Seldom it’s in the morning, because I’m still tired then. More often it’s midday, afternoon or evening. How those times look like can be very different each time: Worship, intercession, Bible study or something way different. We live in a relationship with Jesus and what is worse than doing in relationships always the same thing at the same time?
That doesn’t mean though that discipline and regularity aren’t important. But relationships live from variations and continuity. There are highs and lows. Times of routine and times that are so beautiful that you don’t want to leave. There are days where God is as close as the Bible on the table and times where Jesus seems to be endlessly far away. That’s no excuse to not spend time together. Just because of regularity there are highs. It’s like a pearl diver who jumps day by day in the water and looks out for pearls. He doesn’t find a pearl every day but when he stops diving he wouldn’t find any. If we stop searching for God we won’t gain any experience. Discipline is important and not self-centered. The diver doesn’t dive because of diving and we don’t pray just because of prayer. It’s about to have an encounter with God and to grow in faith no matter when, where and how.

[translated by Jonathan]

 

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Wenn ich nicht die Werke meines Vaters tue, so glaubt mir nicht!
38 Wenn ich sie aber tue, so glaubt den Werken, wenn ihr auch mir nicht glaubt, damit ihr erkennt und versteht, daß der Vater in mir ist und ich in dem Vater! (Johannes 10,37-38 nach der Elberfelder)
– ähnliche Stellen gibt es in den Evangelien einige

Ein Phänomen beschäftigt mich seit langem: es gibt Prediger, die nehmen Zeichen und Wunder in ihrem Dienst als Beweis dafür, dass ihre Theologie richtig sein muss. Werden sie dafür kritisiert, dass etwa ihr persönlicher Umgang mit Sünde lay ist, oder ihr Leitungsstil besitzergreifend, oder ihre Theologie einseitig ist, dann verweisen sie auf Wunder, die in ihrem Dienst passiert sind. Es sieht dann gleich so aus, als taste man den Gesalbten Gottes an und könne sich durch solche Kritik mächtig Ärger einhandeln.
Damit konnte ich nie umgehen, obwohl mir eines immer klar war:

Gott segnet nicht Theologie sondern Hingabe: Kraft hat viel mit Glaubensmut, Hingabe und oft Geistesgaben zu tun. Persönliche Reife steht nicht an erster Stelle und eine gute Theologie auch nicht. Es gibt nicht wenige von „Gottes Generälen“, die lehrmässig sehr daneben lagen und als Obskuranten starben. Sie hätten zwischendurch massig Gelegenheit gehabt, ihre Meinung an manchen Stellen zu ändern, aber waren zu stolz oder unsicher dazu.
Darüber hinaus gibt es Zeichen und Wunder in jeder theologischen Richtung. Die katholischen Heiligenlegenden sind ebenso voll mit ihnen wie die Versammlungen moderner Heilungsevangelisten. Es ist wohl klar, dass es Gott um etwas anderes, als die reine Lehre geht.

Daraus folgt eigentlich schon einmal, dass Lehre und Kraft nicht unbedingt dasselbe sein müssen. William Branham,  der eine bedeutende Figur in der Voice of Healing – Bewegung war, wurde immer davon abgeraten zu predigen. Es war einfach nicht seine Gabe und er hätte bei dem bleiben sollen, was Gott ihm gegeben hatte. Lehre sollte also nicht durch Heilungen oder Geistesgaben als richtig dargestellt werden. Man kann sich immer noch doktrinär streiten, auch wenn Zeichen und Wunder geschehen, denn es sind beides andere Baustellen.

„Aber was ist mit Jesus? Er hat doch Zeichen als Beweis seiner Mission gebraucht und immer wieder darauf verwiesen, dass man wenigstens seinen Taten glauben sollte.“ – Das habe ich mich oft gefragt. Der Unterschied ist, dass Jesus Zeichen und Wunder im Kontext von Evangelisation einsetzte und nicht im Kontext eines theologischen Gesprächs. Ich würde es bei jedem Evangelisten vollkommen richtig finden, wenn er auf die Kraft Gottes verweist um Menschen zu Jesus zu bringen. Sind sie aber einmal bei Jesus kann nur noch das Wort Gottes in sachlichen Auseinandersetzungen benutzt werden.
Natürlich kann es sein, dass auch dann noch Gott übernatürlich einen Gesprächspartner überzeugt. Aber es ist etwas anderes wenn Gott souverän eingreift als wenn wir uns selbst auf etwas berufen.

Mir gibt diese Erklärung viel Ruhe in manchen Gesprächssituationen. Es ist bemerkenswert wie oft mit unlauteren Mitteln diskutiert wird und wie viele sich hinter Totschlagargumenten („taste nicht den Gesalbten Gottes an“) verbergen. Natürlich muss eine Diskussion höflich und brüderlich bleiben. Natürlich müssen wir ergebnisoffen sein, denn es kann sein, dass wir am Ende überzeugt werden oder dass beide bei ihrer Meinung bleiben. Aber das war ja nicht die Frage…

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