Für den Rest des Dezembers (und vermutlich einen Teil des neuen Jahres) habe ich mir die Lektüre dreier katholischer Bücher vorgenommen. Heute habe ich von Brian Kolodiejchuk „Mutter Teresa, komm, sei mein Licht“ gekauft. Danach sollen die Jesus-Biographie von Joseph Ratzinger (oder Benedikt XVI, wie heisst er denn jetzt?) und Johannes von Kreuz die dunkle Nacht“ folgen. Die Lektüre aller drei Bücher drängte sich mir in den letzten Monaten in vielen Blogs auf. Den letzten Ausschlag gab neulich eine kleine Diskussion mit doxadei.
Mutter Teresa habe ich angefangen, das erste Hundert Seiten liegt mehr als halb hinter mir und ich fühle, dass ich einiges von dem was ich beim Lesen denke bloggen sollte. Bisher habe ich noch nie detailiert über Bücher gebloggt, aber dieses Mal gibt es eine kleine Lesereise.
Eine neue Theologie zu entdecken ist für mich immer wie einen neuen Raum zu betreten. Es gibt vieles bekanntes, aber fast alles sieht anders aus als gewohnt. Ich liebe das, weil es meine Vorstellungen jedes Mal erweitert und mir ein Stück von Gott zeigt, das ich vorher nicht kannte. So schön das ist, es sorgt für Stress – immer wenn ich mich irgendwo theologisch niedergelassen habe kam eine neue Facette dazu und ich verlor wieder ein zuhause. Da die meisten Christen doch noch irgendwo denominationell geprägt sind und in ihrem Denken Scheuklappen haben wo keine sein sollten, führt dieser Prozess der Neugewinnung immer wieder zu Missverständnissen… Sei´s drum!
Mich beeindruckt die positive Haltung zum Leiden, die Mutter Teresa (MT) immer wieder rüberbringt. Es ging ihr darum den Weg Jesu zu gehen und „Seelen zu gewinnen:
Ab dem Alter von fünfeinhalb Jahren – als ich ihn [Jesus] zum ersten Mal empfing – war die Liebe für die Seelen in mir – sie wuchs in den Jahren – bis ich nach Indien kam – mit der Hoffnung, viele Seelen zu retten. (Seite 27)
Dass sie dafür einen hohen Preis bezahlen musste war von Anfang an klar. Interessanterweise (und für mich fast nicht nach zu empfinden) nahm sie das nicht einfach als eine Notwendigkeit hin sondern fand im Leiden eine Möglichkeit Jesus ähnlicher zu werden.
… jetzt – nehme ich das Leiden von ganzem Herzen an, noch bevor es eigentlich da ist, und so leben Jesus und ich in Liebe zusammen. (32)
Ich vermute, dass sie ihren Lebensstil von Armut und Hingabe ohne diese Bejahung eigenen Leidens nicht hätte führen können. Ich sehe einen starken Kontrast zwischen solchen Hingabetheologien und den Wohlstandstheologien vieler Prediger auf die ich sonst so stehe. Um ehrlich zu sein: ich wollte nicht leben wie MT, aber mich beeindruckt ihr Lebensstil mehr als der von Predigern in weissen Anzügen und Stretchlimousinen. Diese Hingabe sehe ich selten (nie?). Wenn westliche Christen von Nachfolge reden, dann sprechen sie von einem Leben in Sieg und Segen, nicht von einem der Aufgabe und Hingabe in dem man bereit ist alles zu ertragen um Jesus zu verkündigen.
Die Paulusbriefe sind voll von Leiden für Christus – die Stellen, die selten gepredigt werden. Um nur zwei Beispiele zu nennen:
Wie uns nämlich die Leiden Christi überreich zuteil geworden sind, so wird uns durch Christus auch überreicher Trost zuteil.
Sind wir aber in Not, so ist es zu eurem Trost und Heil, und werden wir getröstet, so geschieht auch das zu eurem Trost; er wird wirksam, wenn ihr geduldig die gleichen Leiden ertragt, die auch wir ertragen
Unsere Hoffnung für euch ist unerschütterlich; wir sind sicher, daß ihr mit uns nicht nur an den Leiden teilhabt, sondern auch am Trost. (2.Korinther 11,5-7)
Jetzt freue ich mich in den Leiden, die ich für euch ertrage. Für den Leib Christi, die Kirche, ergänze ich in meinem irdischen Leben das, was an den Leiden Christi noch fehlt. (Kolosser 1,14)
Der zweite Korintherbrief legt beredtes Zeugnis davon ab, wie für Paulus das Leben im Sieg aussah: Gefahren, Armut, Verfolgung, Steinigung, Schiffsbruch und schliesslich Gefängnis und Hinrichtung. Auch Paulus war ein Mann, der bereit war den höchsten Preis zu zahlen.
Solche Menschen gab es zu allen Zeiten und ihr Zeugnis gibt immer etwas das Gefühl, dass mir etwas fehlt (oder dass ich etwas zu viel habe?). Vor anderthalb Jahren schrieb ich hier über John G. Lake, der in einem Jahr zwölf seiner Mitarbeiter nebst sechzehn ihrer Frauen und Kinder begrub. Achtundzwanzig Beerdigungen in einem Jahr, alles nahe Freunde die alle bereit waren ihr Leben auf dem Missionsfeld zu lassen und die sich von Lake nur eins wünschten: „begrab uns“. Später verhungerte seine eigene Frau während Lake auf Predigtreise war. Noch später ging er aus Afrika weg nach Amerika und eröffnete die berühmten healing rooms in Spokane. Sicher machten er und seine Leute Fehler, aber – wer weiss? – vielleicht hatte die spätere Heilungserweckung etwas mit der früheren Hingabe zu tun.
Zu Zeiten der Täuferbewegungen im 16.und 17.Jahrhunderts gab es in vielen Gemeinden eine Regel, dass Pastoren unverheiratet und ohne Kinder sein mussten. das lag nicht daran, dass die Täufer den katholischen Zölibat übernommen hätten. Es lag daran, dass die Prediger und Pastoren selten länger als ein Jahr im Amt blieben bevor man sie verhaftete und hinrichtete. Ihre Geschichten sind im Märtyrerspiegel berichtet und fanden Eingang in das berühmte Buch „die wahren Jesus Freaks“.
Als die Herrnhuter Bewegung als erste überhaupt anfing, Missionare massenweise in andere Länder zu schicken, handelte es sich immer um Himmelfahrtskommandos. Die Missionare wussten, dass sie nie zurück kommen würden und dass für die meisten die letzten beiden Jahre ihres Lebens anbrechen würden wenn sie das Schiff betreten. Dennoch schien es ihnen diesen Preis wert. Als William Booth seiner Frau mit leuchtenden Augen erzählte, dass er den Ruf für sein Leben gefunden hatte, fing sie an zu weinen. Sie wusste, dass ein Prediger mit Familie kaum eine Chance hatte zu überleben wenn er seinen Dienst auf die Slums von London beschränkte. Die frühe Geschichte der Heilsarmee ist dann auch zu einem nicht geringen Teil eine Geschichte von Armut und Entsagung.
Das ist eine Seite vom Christen, die wir health-wealth-Leute nochzu entdecken haben. Sie ist theologisch vollkommenin Ordnung und steht im Buch. Derselbe Gott der versorgt kann auch darum bitten ein Joch auf sich zu nehmen. Vielfach sehen wir im Westen die Dinge zu sehr auf uns selbst zentriert, Gott ist nicht in erster Linie dazu da uns glücklich zu machen. Dass er es tut ist unbestritten, aber wer ernstlich den Weg Christ geht, der geht auch einen Weg der wegführt von der ständigen Sorge um das eigene Wohl. Leiden um Christi Willen gehört ebenso zu unserem reichen Erbe wie die vielen guten Dinge, die wir proklamieren.
Du aber sei in allem nüchtern, ertrage das Leiden, verkünde das Evangelium, erfülle treu deinen Dienst! (2.Timotheus 4,5)
ach ja: frohe Weihnachten 🙂
Neueste Kommentare