Als sie zu den anderen Jüngern zurückkamen, sahen sie eine große Menschenmenge um sie versammelt und Schriftgelehrte, die mit ihnen stritten.
Sobald die Leute Jesus sahen, liefen sie in großer Erregung auf ihn zu und begrüßten ihn.
Er fragte sie: Warum streitet ihr mit ihnen?
Einer aus der Menge antwortete ihm: Meister, ich habe meinen Sohn zu dir gebracht. Er ist von einem stummen Geist besessen;
immer wenn der Geist ihn überfällt, wirft er ihn zu Boden, und meinem Sohn tritt Schaum vor den Mund, er knirscht mit den Zähnen und wird starr. Ich habe schon deine Jünger gebeten, den Geist auszutreiben, aber sie hatten nicht die Kraft dazu.
Da sagte er zu ihnen: O du ungläubige Generation! Wie lange muß ich noch bei euch sein? Wie lange muß ich euch noch ertragen? Bringt ihn zu mir!
Und man führte ihn herbei. Sobald der Geist Jesus sah, zerrte er den Jungen hin und her, so daß er hinfiel und sich mit Schaum vor dem Mund auf dem Boden wälzte.
Jesus fragte den Vater: Wie lange hat er das schon? Der Vater antwortete: Von Kind auf;
oft hat er ihn sogar ins Feuer oder ins Wasser geworfen, um ihn umzubringen. Doch wenn du kannst, hilf uns; hab Mitleid mit uns!
Jesus sagte zu ihm: Wenn du kannst? Alles kann, wer glaubt.
Da rief der Vater des Jungen: Ich glaube; hilf meinem Unglauben!
Als Jesus sah, daß die Leute zusammenliefen, drohte er dem unreinen Geist und sagte: Ich befehle dir, du stummer und tauber Geist: Verlaß ihn, und kehr nicht mehr in ihn zurück!
Da zerrte der Geist den Jungen hin und her und verließ ihn mit lautem Geschrei. Der Junge lag da wie tot, so daß alle Leute sagten: Er ist gestorben.
Jesus aber faßte ihn an der Hand und richtete ihn auf, und der Junge erhob sich.
Als Jesus nach Hause kam und sie allein waren, fragten ihn seine Jünger: Warum konnten denn wir den Dämon nicht austreiben?
Er antwortete ihnen: Diese Art kann nur durch Gebet ausgetrieben werden.
(Markus 9,14-29 nach der Einheitsübersetzung)
parallel: Matthäus 17,14-21 | Lukas 9,37-43
Gleich nachdem sie auf dem Berg der Verklärung Jesus in seiner ganzen Herrlichkeit gesehen hatten (Markus 9,2-10), ging es wieder los. Die anderen Jünger hatten vergeblich versucht, einen Dämonisierten zu befreien. Obwohl sie alles versuchten was sie gelernt hatten, bekamen sie den Geist nicht aus dem Jungen heraus. Von der Beschreibung der Symptome des Jungen her gehen Bibelausleger davon aus, dass er Epilepsie hatte.
Während die Jünger beteten bekam der Junge einen Anfall, er hatte Schaum vor dem Mund und wälzte sich hin und her. Es war eine unheimliche Szene und die Leute die darum herum standen wurden immer aufgeregter und ungläubiger. So eine Situation ist ein Alptraum für jeden, der im Heilungsdienst steht. Es passierte genau das Gegenteil von dem, was die Jünger eigentlich erwarteten und je schlechter es dem Jungen ging umso schwerer war es für sie Glauben zu bewahren und auf Gott zu blicken.
Zu dem Zeitpunkt hatten sie bereits einige Erfahrungen im Heilungsdienst gesammelt, Jesus hatte sie schon zu zweit losgeschickt und sie hatten Wunder erlebt (Markus 6,6-13); es ist kein Wunder, dass sie Jesus fragten, warum sie den Dämon nicht austreiben konnten.
Als Jesus kam, wir die Situation so verfahren wie möglich: krampfender Junge, verängstigte Jünger, schaulustige Menge und vorwursvoller Vater. Aber Jesus blieb ruhig und sprach mit dem Vater. Der stand zwischen allen Stühlen: er glaubte und er glaubte nicht. Auf der einen Seite war es unmöglich, die Geschichten über Jesus nicht zu hören. Er war in aller Munde und jeder wusste von den grossen Wundern, die seinen Dienst begleiteten. Auf der anderen Seite hatte der Mann ein besessenes Kind und blickte auf einige schmerzliche Jahre zurück. Er hatte noch nicht gesehen, dass Jesus seinen Jungen geheilt hatte und konnte sich auch kaum vorstellen, dass der Herr ihm helfen konnte. Jesus half seinem Unglauben indem er den Dämon austrieb. Danach war es nicht mehr möglich, nicht daran zu glauben, dass Jesus Gottes Kraft zur Heilung hatte.
Jesus trieb den Geist ohne grössere Probleme aus. Die Antwort, die er den Jüngern auf ihre Frage gab, klingt auf den ersten Blick seltsam. “Diese Art fährt nur durch Gebet aus”. Manche Übersetzungen fügen in der Parallelstelle bei Matthäus noch das “fasten” hinzu: diese Art fährt nur durch beten und fasten aus. Offensichtlich gibt es also Dämonen und Krankheiten, die man schwerer weg bekommt als andere. In meiner eigenen Glaubenspraxis habe ich das auch genauso erlebt.
Aber Jesus hat in der Situation weder gebetet noch gefastet, er hat einfach seine Autorität eingesetzt und den Geist vertrieben.
Beten und Fasten sind also nicht notwendigerweise in einer gegeben Situation wichtig, da kommt es mehr auf geistliche Autorität an. Jesus hatte schon gebetet und gefastet und war so auf die Situation vorbereitet. Es war schon vorher im Markusevangelium davon die Rede, dass die Jünger Jesu nicht fasteten (Markus 2,18-22). Später, als Jesus nicht mehr körperlich bei ihnen war, lernten auch sie diese Quelle geistlicher Kraft kennen.
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