Mir ist dieses Prinzip ebenso bei manchen Seminaren aufgefallen, die ich gehalten habe wie auch in vielen Diskussionen. Die „reine Lehre“ist für viele oft nicht verständlich, sie sitzen da und stellen nachher Fragen wie „und was kann ich damit anfangen?“ Wenn aber ein einfaches Bild kommt, dann sieht die Sache meist ganz anders aus und auf einmal lösen sich Knoten im Denken.

Diese Beobachtung wurde für mich aber erst fruchtbar als ich von Piaget und diesen 85% hörte, denn ich bin selber eher jemand der auf einer theoretischen Ebene funktioniert als auf einer anschaulichen. Wenn mir jemand die nötige Theorie liefert um den Alltag zu begreifen kann ich handeln, vorher fällt mir das eher schwer.

Ich ziehe aus Piaget für mich persönlich den Schluss, dass es besser ist komplexe theoretische Zusammenhänge auf eine anschauliche und zeugnishafte Weise zu lehren als anders. Da es für einen Lehrer natürlich das Wichtigste ist, dass die Botschaft rüberkommt und die Zuhörer einen Lernerfolg verzeichnen, sollte es oberste Priorität sein, dass wir lernen uns so auszudrücken, dass der Stoff, den wir kommunizieren wollen auch herüberkommt. Das ist umso wichtiger wenn es sich bei dem „Stoff“ um Gottes Wort handelt. Gerade da darf es keine intellektuellen und kognitiven Hürden geben.

Piaget unterschied in seiner Entwicklungspädagogik vier Ebenen der kognitiven Entwicklung. Die höchste Ebene ist die des abstrakten Denkens. Was abstraktes Denken genau ist ist schwer zu definieren, es hat mit einem Denken in Codes, Symbolen und Theorien zu tun, damit Theorien aufeinander anzuwenden ohne wieder in die Ebene des konkret anschaulichen zu verfallen. Oerter und Montana definieren so:

„Fähigkeit zur Abstraktion. Abstraktionen können in unterschiedlichen Bedeutungszusammenhängen verstanden und generiert werden. Zum Beispiel:Begriffliche Abstraktionen, Erfassen von Sinnstrukturen im Kontext gesellschaftlicher, sozialer, ideeller Sachverhalte (bezogen auf Politik, Wirtschaft, Moral, Ethik, etc).“ (die Definition habe ich von Martin, Danke!).

Man kann sich vorstellen, dass Statistiken in diesem Bereich sehr unterschiedlich ausfallen, aber es gibt Autoren die sagen, dass nur etwa 15% aller Menschen diese Ebene des abstrakten Denkens je erreichen und sich in ihr wohlfühlen (andere sprechen von bis zu 60% bei UniversitätsstudentInnen. Die anderen 40-85% sind auf Veranschaulichungen angewiesen um einen Zusammenhang zu verstehen.

Wenn Du nicht sicher bist, ob Du abstrakt denken kannst empfehle ich dir Luhmanns soziale Systeme zu lesen, oder Kants Kritiken. Wenn Du Dich am Ende der Lektüre bereichert fühlst kannst Du abstrakt denken, hehehe.

Das gibt natürlich jedem Bibellehrer Hausaufgaben auf. Kann es sein, dass wir die Bibel auf eine Weise lehren, die den meisten Menschen den Zugang zur göttlichen Wahrheit unnötig erschwert? Gerade von Universitätstheologen kann man wohl annehmen, dass das abstrakte Denken genau ihr Metier ist, was wiederum erklärt, warum viele Predigten so kopflastig und für die Mehrheit der Zuhörer scheinbar schwer verständlich sind.

Wenn wir die Dinge Gottes rüberzubringen versuchen sollten wir uns bemühen, sie von der abstrakten Ebene herunterzubringen auf eine anschauliche Ebene; die grossen Scheine der Theologie in das Hartgeld des Alltags zu wechseln. Nur dann können wir erwarten, dass unsere Zuhörer mit dem, was wir sagen etwas anfangen können.

In der letzten Zeit denke ich viel über pädagogische Dinge nach. Es geht mir darum zu verstehen wie Menschen lernen und wie ich die guten Dinge die Gott mir anvertraut hat besser weitergeben kann. Ich habe bereits einige Posts in der Richtung geschrieben, bin aber noch unschlüssig ob ich sie veröffentlichen soll und wann.

Eine Frage die mir in dem Zusammenhang wichtig ist, ist „was sind die zehn wichtigsten Dinge, die man als Christ gelernt haben muss?“ Wenn man diese Frage beantworten kann ist es leicht ein „Gemeindekurrikulum“ zu erstellen in dem gerade diese Sachen jährlich vorkommen so dass gerade da wo es wichtig ist Fundamente gebaut werden. Da ich Brainstorming in diesem Blog stets als produktiv erlebt habe schreibe ich die Frage einfach mal auf die virtuelle Flipchart und bin auf Antworten gespannt.

Seit ich mich intensiv mit der Glaubensbewegung auseinandersetze sehe ich einen Konflikt, den ich nur sehr schwer auflösen kann. Es ist viel die Rede davon, was uns in Christus schon gehört und zusteht. Soviel, dass es einzelne Gemeinden gibt bei denen ich das deutliche Gefühl habe, dass das Evangelium von Nachfolge losgelöst wird: man braucht Christus nicht mehr weil einem in ihm alles schon gehört. Der Weg der Heiligung und des Dienstes wird dann über „Bewusstwerdung“ dessen was uns schon gehört beschritten und nicht durch Busse und Christusnachfolge.
In einem Artikel über den Streit zwischen Augustinus und Pelagius las ich einmal den Satz, dass die Anhänger des Pelagianismus glaubten, „dass die Heilsmittel in der Gewalt des Menschen liegen“. Dieser Satz wird der komplexen Diskussion nicht gerecht, erinnert mich aber an manche dokrinären Irrungen: manches klint, als lägen die Mittel zu Heilung, Sieg und Herrlichkeit allein in der Hand des Menschen.
Auch wenn ich es ebenso sehe dass die Verheissungen Gottes in Christus ja und amen sind halte ich das für eine Verkürzung. Die Segnungen Gottes gehören für mich stets in einen KOntext der Nachfolge, mit allem was dazu gehört an Busse und manchmal Leidenserfahrungen.

Ein wichtiger Vers ist in dem Zusammenhang ist Johannes 15,5: Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht; denn getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen.
Frucht (so weit gefasst, wie man das Wort eben verstehen kann) ist damit nicht nur abhängig von dem was Jesus getan hat sondern auch von dem was ich tue. In ihm bleiben ist eine Tätigkeit die kontinuierlich ausgeführt sein will, nicht nur einmal bei der Bekehrung. Frucht kommt durch ein Leben der permanenten Ausrichtung auf Christus, ein Leben der geistlichen Disziplin und Nachfolge. Die fortgesetzte Suche nach Gott setzt das frei, was er in unser Leben gelegt hat. Oder wie Bill Johnson es ausdrückte: god hides things for us not from us. Ein Leben der Hingabe entdeckt die Dinge des Geistes.
Speziell für den Bereich des Dienstes gilt Johannes 5,19: Der Sohn kann nichts von sich aus tun, sondern nur, wenn er den Vater etwas tun sieht. Was nämlich der Vater tut, das tut in gleicher Weise der Sohn.
Es reicht in den wenigsten Fällen aus zu wissen was Gott algemein tun will, um Gottes Wunder zu sehen ist es mindestens ebenso wichtig dem Heiligen Geist gegenüber sensibel zu sein um zu sehen was der Vater wie wann getan haben will. In Bezug auf manche Heilungsdiskussion auch auf diesem Blog heisst das: es ist nur die halbe Miete zu wissen dass Gott immer heilen will oder wir, anders ausgedrückt, in Christi Wunden schon geheilt sind (Jesaja 53,4-7 / Matthäus 8,16-17 /1.Petrus 2,24). Es ist ebenso immens wichtig sensibel zu sein und zu hören wie der Geist will, dass wir einem Menschen dienen. In Jesu eigenem Heilungsdienst gibt es so viele verschiedene Methoden dass schon bei einem flüchtigen lesen der Evangelien klarwird, dass Jesus in grosser Abhängigkeit zum Geist gestanden hat.
Ich kann mir gut vorstellen, dass ein Teil der Wunder nicht passiert weil wir auf eine Methode (etwa Handauflegung) so eingeschossen sind dass wir Gottes Reden überhören der uns sagt, dass wir es anders machen sollen.

Jesu Methodenvielfalt führt uns aber auch auf eine grosse Prinzipiensicherheit zurück: wer nicht weiss, dass Gott immer Gutes im Schilde führt der wird nicht beten dass er erkennt wie das Gute herbeizuführen ist. Deshalb ist der erste Schritt so wichtig; nur wer weiss was Gott will wird die Motivation aufbringen so lange zu suchen bis er herausfindet wie es kommen kann.

Heute muss ich mal einen Artikel von Haso übernehmen. Ich habe in der letzten Zeit oft an diesen Post vom 28.05. gedacht und möchte ihn auch meinen geneigten Lesern nicht vorenthalten:

Wie kommt es, dass beim Lesen von 2.Korinther 12,1-10 neun von zehn Christen damit rechnen, durch irgendeinen “Stachel im Fleisch” geistlich fit gemacht zu werden, hingegen kaum einer von hundert Christen auf die Idee kommt, er könne schon zu Lebzeiten zu einem Ausflug in den “dritten Himmel” entrückt werden?

Viel wichtiger ist allerdings die Frage: „was kann ich tun um schon zu Lebzeiten in den dritten Himmel entrückt zu werden?“ Denn ist ja wohl der grösste Wunsch von allen.

Wer sich dagegen an den Herrn bindet, ist ein Geist mit ihm. (1.Korinther 6,17 nach der Einheitsübersetzung)

Was für eine Verheissung! Kannst Du Dir vorstellen was es bedeutet, wirklich ein Geist mit Gott zu sein? Was das praktisch bedeuten kann? Zu wollen, was er will. Zu lieben, was er liebt. Zu hassen, was er hasst. Zu denken, was er denkt. Zu tun, was er aufträgt. Himmel auf Erden und ganz sicher der grösste Wunsch den man haben kann.

Heinz von Förster hat einmal den Nachweis erbracht (über den ich nichts sonst weiss und den ich auch gerade nicht zitatmässig nachweisen kann) dass es möglich ist in einer Welt sinnvoll und zweckgerichtet zu operieren die man nicht ganz so wahrnimmt wie sie ist. Dieser Nachweis war für die Anhänger des radikalen Konstruktivismus wichtig, denn der musste sich die Frage vorwerfen lassen wieso man sinnvoll in einer Welt agieren können sollte die nicht mit der eigenen Wahrnehmung kongruent ist.

Wie immer interessiert mich das alles nur insofern als es mich weiter im Glauben bringt. 2.Korinther 5,7 drückt ein interessantes Dilemma aus: denn wir wandeln durch Glauben, nicht durch Schauen (Elbi). Wir wandeln also in einer Welt die wir nicht sehen (lies: mit unseren Sinnen wahrnehmen können). So ist Gottes Welt, sie verschliesst sich unserem sehen, hören, fühlen, riechen und tasten und selbst weitgehend unserem denken. Dennoch ist es möglich in ihr zurecht zu kommen – im Glauben durch den Geist.
Försters Beweis kann also übertragen werden. Wenn wir als Menschen ohnehin in einer Welt leben die anders ist als wir sie erkennen und diese Erkenntnis ohnehin auf jede nur mögliche Welt zutrifft, dann ist es nur logisch anzunehmen dass wir in Gottes Welt tatsächlich wandeln können ohne sie exakt zu verstehen. Hochinteressant!

Da habe ich mir gleich mal einen noch ungelesenen Foerster aus dem Regal gezogen und freue ich mich auf die Lektüre!

Ich hatte seit langem mal wieder einen geistlichen Traum. Ich bete natürlich immer für meine Träume und erlebe es sehr oft, dass ich morgens mit einem geistlichen Gedanken aufwache, aber es ist nur ganz selten so dass ich wirklich einen ganzen Traum erinnern kann.

Ich hatte im Traum für einen Kranken gebetet und obwohl Gottes Kraft geflossen ist empfing er keine Heilung. Er war darüber sehr enttäuscht und ich sagte ihm: „Du hast nichts empfangen weil Du nicht bereit warst. Du hattest die Augen offen, warst unkonzentriert, hast herumgeschaut und in Sprachen gebetet statt empfangsbereit zu sein.“

Das hatte er wirklich getan. Seltsamerweise war er über die Ansage nicht froh sondern sehr ärgerlich und meinte etwas in der Richtung: „wenn Gott mich heilen wollte hätte er es getan, egal ob mit offenen oder geschlossenen Augen und egal ob ich dabei bete oder nicht!“

Das stimmt aber nicht. Es ist immer wieder seltsam zu sehen, wie viele Leute einfach nicht empfangen können, wie viele es nicht gelernt haben obwohl es eines der wichtigsten Dinge im Leben mit dem Heiligen Geist überhaupt ist. Erst wenn wir es gelernt haben zu empfangen stehen uns Gottes Resourcen zur Verfügung!

Meine Erfahung ist, dass Leute für Dich bete sich nicht immer entspannen und sich einfach von Gott füllen lassen sondern versuchen etwas zu tun. Sie haben so wenig Vertrauen und innere Ruhe, dass sie immer etwas tun müssen. Aus diesem Grunde stört es manchmal sogar wenn jemand in Sprachen betet während er für sich beten lässt. wer selber gibt, kann meist nicht empfangen.

Der Typ war deshalb so ärgerlich weil ich einen guten Teil der Verantwortung auf ihn gelegt habe. Es wäre ihm lieber gewesen Gott die Schuld zu geben. So geht es den meisten. Statt den guten Kampf des Glaubens zu kämpfen geben sie sich der Lüge hin dass Gott sie nicht segnen wollte… Es ist NIE Gottes Schuld wenn wir nicht im Segen leben, auch wenn es uns nicht gefällt, es ist unsere Schuld. Gott hat bereits alles getan um den Weg zum Segen freizuräumen, aber wir haben nicht gelernt zu empfangen, leben nicht nach Gottes Prinzipien usw. Wer mehr von Gott will sollte erwägen ihm mehr von sich zu geben.

[das ist selbstverständlich nicht auf alle Fälle zutreffend in denen jemand etwas erbetenes nicht empfangen hat. Es gibt sehr viele Gründe, warum etwas mal nicht klappt, es war halt einfach ein Traum.]

10. Juni 2007 in vermischtes 14

eieiei

Was habe ich hier
wohl gemacht?

Lösungsvorschläge
bitte per Kommentar.

Positivismus ist für mich die Unterstellung von Kongruenz zwischen erlebter und tatsächlicher Wirklichkeit. Damit ist der Positivismus die eigene Objektivitätsbehauptung. Sein Gegenteil wären Subjektivismus oder Konstruktivismus, die beide die theoretische Basis für einen gesunden Pluralismus darstellen.

[ich blogge hin und wieder Definitionen damit ich sie nicht vergesse. Mag sein, dass kaum jemand etwas damit anfangen kann, aber mir nützt dieser Blog auch dazu mein Denken aufzuräumen]

Seite 160 von 217« Erste...102030...158159160161162...170180190...Letzte »