23. Dezember 2007 in theologie und gemeinde 4

Markus 7,24-30

Jesus brach auf und zog von dort in das Gebiet von Tyrus. Er ging in ein Haus, wollte aber, daß niemand davon erfuhr; doch es konnte nicht verborgen bleiben.
Eine Frau, deren Tochter von einem unreinen Geist besessen war, hörte von ihm; sie kam sogleich herbei und fiel ihm zu Füßen.
Die Frau, von Geburt Syrophönizierin, war eine Heidin. Sie bat ihn, aus ihrer Tochter den Dämon auszutreiben.
Da sagte er zu ihr: Laßt zuerst die Kinder satt werden; denn es ist nicht recht, das Brot den Kindern wegzunehmen und den Hunden vorzuwerfen.
Sie erwiderte ihm: Ja, du hast recht, Herr! Aber auch für die Hunde unter dem Tisch fällt etwas von dem Brot ab, das die Kinder essen.
Er antwortete ihr: Weil du das gesagt hast, sage ich dir: Geh nach Hause, der Dämon hat deine Tochter verlassen.
Und als sie nach Hause kam, fand sie das Kind auf dem Bett liegen und sah, daß der Dämon es verlassen hatte. (Markus 7,24-30 nach der Einheitsübersetzung)

parallel: Matthäus 15,21-28

Matthäus erklärt, warum Jesus sich zuerst weigert, das Kind zu heilen. In Vers 24 antwortet er auf die Frage seiner Jünger: „Ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt.“ Da sie keine Jüdin war, galt sein Auftrag nicht ihr.
Dass er die Tochter dennoch heilt ist ein erster Hinweis darauf, dass Gottes Liebe nicht nur den Juden sondern allen Menschen gilt. Es wird erst in der Apostelgeschichte ganz klar: Das Heil beginnt bei den Juden, es bleibt aber nicht bei ihnen. Es geht an die Nationen, und jeder kann es bekommen. Der irdische Dienst Jesu war noch ganz auf Israel ausgerichtet, aber danach richtete sich der Auftrag Gottes an die ganze Welt.

Jesus selbst bezeichnet Heilung hier als „das Brot der Kinder“. Heilung ist Gottes Versorgung für seine Kinder. Sie ist etwas, was uns zusteht wie das tägliche Brot um das wir im Vaterunser beten. Heilung ist ein Teil der Versorgung Gottes.

In dieser Stelle vollbringt Jesus ein Heilungswunder ohne auch nur in der Nähe des Kindes zu sein. Das kommt an einigen Stellen in den Evangelien vor und zeigt, wie gross Gottes Macht ist – Jesus muss nicht einmal neben dem Kranken stehen damit dieser befreit wird.

Hier ist ein weiterer Beitrag, in dem diese Stelle behandelt wird.

Je mehr ich über Heilung diskutiere umso mehr kommt es mir so vor, dass immer wieder mit zweierlei Maß gemessen wird.

Dass Glaube hilft und heilt scheint ja in der Medizin ein allgemein anerkannter Gedanke zu sein:

Beeindruckend ist schon die Anzahl der bisherigen Studien zur Bedeutung von Glaube und Spiritualität für die Krankheitsbewältigung, den Verlauf körperlicher und seelischer Krankheiten und die Lebensqualität von erkrankten Menschen. Das vordergründige Ergebnis überrascht durch seine Eindeutigkeit selbst die Forscher. Das „Handbook of Religion and Health“ (Eine nähere Darstellung von Studien findet sich bei Straube und Ehm/Utsch) zitiert über 1200 Studien, die einen positiven statistischen Zusammenhang zwischen körperlicher Gesundheit und Religiosität belegen. Wer glaubt, ist gesünder, verfügt über mehr Bewältigungsstrategien, genießt eine höhere Lebenszufriedenheit und hat eine höhere Lebenserwartung. (Quelle, Hervorhebung von mir)

Natürlich kann man solche Studien unterschiedlich interpretieren, aber der Zusammenhang ist auf jeden Fall da und kann nicht abgestritten werden. Dass es auch umgekehrt funktioniert und Glaube krank machen kann, ist auch hinreichend bekannt und gut belegt.

Jesus selber liess keinen Zweifel daran, dass Glauben und Heilung zusammen gehören. In mehr als der Hälfte der längeren Heilungsberichte in den Evangelien ist der Glaube des Geheilten sichtbar oder wird expressis verbis erwähnt.

Wenn medizinische Bücher und Statistiken diesen Zusammenhang belegen sind alle erstaunt und machen „oh!“ und „ah!“ oder haben es immer schon gewusst. Wenn ein Prediger sagt, dass Heilung auch vom Glauben des Empfangenden abhängt wirft man ihm vor taktlos gegenüber Kranken zu sein und Menschen unter Druck zu bringen. Im schlimmsten Fall wirft man ihm vor, seine Scharlatanerie dadurch zu vertuschen, dass er die Schuld für erfolgloses Heilungsgebet auf den Kranken abwälzt.

Der bereits zitierte Christoph Grotepass schreibt weiter:

Zugespitzt kann sogar andersherum gezeigt werden: „Das spirituelle Nichtpraktizieren ist ein bislang unterschätzter Risikofaktor für psychische Belastungssymptome.“ (Ehm/Utsch, S. 33)

Das heisst nichts anderes, als das man auch medizinisch „Schuld“ beim Kranken suchen kann wenn dieser nicht glaubt. Vielleicht sollte man damit auch Arztpraxen unter den Generalverdacht stellen, dass sie dem körperlichen Leiden noch ein emotionales hinzufügen indem sie dem Kranken suggerieren, er habe selbst schuld.

Meiner Ansicht nach sollten wir unser Denken an dem Punkt dringend ändern. Man kann vieles zu seiner Gesundheit beitragen: Sport, gesunde Ernährung, Ruhe und eben auch Glaube an einen heilenden Gott. Bei all diesen Dingen ist es dasselbe: einmal machen bringt nichts. Der eine Apfel im Jahr gilt ebenso wenig als gesunde Ernährung wie einmal beten und Bibel lesen als „Glaube an Heilung“gelten kann.
Auf jeden Fall sollten wir damit aufhören Heilungsleuten immerfort Schlechtes zu unterstellen, wenn sie sagen, dass es einen positiven Zusammenhang gibt zwischen Heilung und Glauben. Und wir sollten den Glauben als Lebensstil ansehen und nicht als etwas, was man hat wenn man bei Krankheit einmal betet.

21. Dezember 2007 in theologie und gemeinde 3

Markus 7,1-23

Die Pharisäer und einige Schriftgelehrte, die aus Jerusalem gekommen waren, hielten sich bei Jesus auf.
Sie sahen, daß einige seiner Jünger ihr Brot mit unreinen, das heißt mit ungewaschenen Händen aßen.
Die Pharisäer essen nämlich wie alle Juden nur, wenn sie vorher mit einer Handvoll Wasser die Hände gewaschen haben, wie es die Überlieferung der Alten vorschreibt.
Auch wenn sie vom Markt kommen, essen sie nicht, ohne sich vorher zu waschen. Noch viele andere überlieferte Vorschriften halten sie ein, wie das Abspülen von Bechern, Krügen und Kesseln.
Die Pharisäer und die Schriftgelehrten fragten ihn also: Warum halten sich deine Jünger nicht an die Überlieferung der Alten, sondern essen ihr Brot mit unreinen Händen?
Er antwortete ihnen: Der Prophet Jesaja hatte recht mit dem, was er über euch Heuchler sagte: Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, sein Herz aber ist weit weg von mir.
Es ist sinnlos, wie sie mich verehren; was sie lehren, sind Satzungen von Menschen.
Ihr gebt Gottes Gebot preis und haltet euch an die Überlieferung der Menschen.
Und weiter sagte Jesus: Sehr geschickt setzt ihr Gottes Gebot außer Kraft und haltet euch an eure eigene Überlieferung.
Mose hat zum Beispiel gesagt: Ehre deinen Vater und deine Mutter!, und: Wer Vater oder Mutter verflucht, soll mit dem Tod bestraft werden.
Ihr aber lehrt: Es ist erlaubt, daß einer zu seinem Vater oder seiner Mutter sagt: Was ich dir schulde, ist Korbán, das heißt: eine Opfergabe.
Damit hindert ihr ihn daran, noch etwas für Vater oder Mutter zu tun.
So setzt ihr durch eure eigene Überlieferung Gottes Wort außer Kraft. Und ähnlich handelt ihr in vielen Fällen.
Dann rief er die Leute wieder zu sich und sagte: Hört mir alle zu und begreift, was ich sage:
Nichts, was von außen in den Menschen hineinkommt, kann ihn unrein machen, sondern was aus dem Menschen herauskommt, das macht ihn unrein.
Er verließ die Menge und ging in ein Haus. Da fragten ihn seine Jünger nach dem Sinn dieses rätselhaften Wortes.
Er antwortete ihnen: Begreift auch ihr nicht? Seht ihr nicht ein, daß das, was von außen in den Menschen hineinkommt, ihn nicht unrein machen kann?
Denn es gelangt ja nicht in sein Herz, sondern in den Magen und wird wieder ausgeschieden. Damit erklärte Jesus alle Speisen für rein.
Weiter sagte er: Was aus dem Menschen herauskommt, das macht ihn unrein.
Denn von innen, aus dem Herzen der Menschen, kommen die bösen Gedanken, Unzucht, Diebstahl, Mord,
Ehebruch, Habgier, Bosheit, Hinterlist, Ausschweifung, Neid, Verleumdung, Hochmut und Unvernunft.

All dieses Böse kommt von innen und macht den Menschen unrein. (Markus 1,1-23 nach der Einheitsübersetzung)

parallel: Matthäus 15,1-20 | Lukas 11,37-41

Jesu Geschichte mit den religiösen Leitern seiner Zeit ist ein einziges Trauerspiel. Keine Gruppe im Neuen Testament bekommt so viel Ärger mit ihm wie die Pharisäer – und keine arbeitet so wütend an seiner Zerstörung wie gerade sie.
Um ehrlich zu sein, mir machen die Pharisäer angst. Nicht weil sie mir etwas zuleide tun könnten. Ich fürchte nicht die, die den Leib verderben können (Matthäus 10,28). Was mir Sorge macht ist das Wissen, dass die Pharisäer nicht „die anderen“ sind sondern dass auch in mir ein ganz probater Pharisäer steckt. Auch in mir ist etwas, das Gottes Reich aufhalten kann und sich gegen die Erkenntnis Jesu stellen will.
Das ist eine ernste Warnung an jeden Nachfolger Christi. Offensichtlich schützt ein gutes Bibelstudium nicht vor Irrtum und garantiert schon einmal überhaupt nicht, dass man Gottes Reich sieht. Warum waren die Pharisäer so? Was hat dazu geführt, dass sie bei allem Bibelstudium Christus nicht erkannt haben? Die Antwort liefert wieder einmal Jesus selber.

Die Traditionen der Leute mit denen Jesus hier geredet hat waren so stark, dass sie es nicht mehr geschafft haben Gottes Wort einfach nur zu hören. Immer wenn sie in der Schrift gelesen haben, lasen sie nicht in erster Linie Gottes Wort an sie sondern sie lasen immer wieder ihre eigene Auslegungstradition. Ihre Traditionen wirkten wie ein Filter, durch den alles durchmusste was Gott sagte.
Obwohl es offensichtlich war, dass Gottes Wort sie herausforderte für ihre alten Eltern da zu sein und sie finanziell zu versorgen konnten sie sich dieser Verantwortung entziehen. Sie behaupteten einfach, dass sie das Geld als Opfergabe eingeplant hätten.
Tradition ist das einzige, wovon in der Bibel gesagt wird, dass es Gottes Wort wirkungslos macht. Tradition imprägniert uns, sie stellt einen wirksamen Schutz vor Gottes Reden dar, ihr Filter steht über allem. Wenn Gottes Wort seine Frische für uns verloren hat und uns über lange Zeit nicht mehr angesprochen hat, dann ist es gut möglich, dass sich Tradition eingeschlichen hat und es uns schwer fällt, Gottes Reden wahrzunehmen.

Jesus liess keine Gelegenheit aus, dieses falsche Denken bei den Pharisäern an zu prangern. Es war in ihrer Entwicklung ein so starker geistlicher Hemmschuh, dass es ungnädig gewesen wäre, sie damit stehen zu lassen. Alles, was sie hatten war ein Gesetz, dass auch Äusserlichkeiten abzielte. In ihrer Glaubenswelt war es in Ordnung innen völlig verrottet und meilenweit von Gott entfernt zu sein, so lange äusserlich alles gut aussah. Es war wichtiger, sich vor dem Essen die Hände zu waschen und Speisevorschriften ein zu halten als mit Gott im Reinen zu sein.
Jesus macht es ganz klar, dass das Herz einen Menschen “unrein” macht, nicht das, was er isst. Es kommt nicht auf äusserliches an sondern darauf, was im Menschen drin ist. Sünde ist nicht das Essen, das wir essen oder die Kleidung die wir tragen, sondern eine Haltung gegenüber Gott und den Menschen.
Deshalb hat Jesus immer an den Herzen gearbeitet und keine Regeln aufgestellt. Christentum ist keine Sache des Gesetzes sondern einer Beziehung. Bis heute verändert Gott die Herzen und wenn sich das Herz und Denken ändern, dann ändert sich zugleich das Leben. Es ist nicht der Stil Gottes uns Vorschriften zu machen sondern uns von innen her zu verändern.

weitere Blogeinträge zu dieser Stelle: 1 | 2 | 3

Heute mal ein Link zu einer Seite, die in meinem feedreader ist: http://asbojesus.wordpress.com/. Meistens gibt es mehrere fromme cartoons am Tag. Wobei „fromm“ nicht das richtige Wort ist… Ich vermute mal, dass der Autor einigen Frommen auf den Füssen herum tritt.

19. Dezember 2007 in theologie und gemeinde 0

Markus 6,53-56

Sie fuhren auf das Ufer zu, kamen nach Gennesaret und legten dort an.
Als sie aus dem Boot stiegen, erkannte man ihn sofort.
Die Menschen eilten durch die ganze Gegend und brachten die Kranken auf Tragbahren zu ihm, sobald sie hörten, wo er war.
Und immer, wenn er in ein Dorf oder eine Stadt oder zu einem Gehöft kam, trug man die Kranken auf die Straße hinaus und bat ihn, er möge sie wenigstens den Saum seines Gewandes berühren lassen. Und alle, die ihn berührten, wurden geheilt. (Markus 6,53-56 nach der Einheitsübersetzung)

Nach einer weiteren stürmischen Überfahrt kamen sie wieder mit grünen Gesichtern an. Sofort bildete sich ein Menschenauflauf. Jesus war bekannt wie ein bunter Hund. Jeder kannte ihn und wollte, dass er die Kranken heilt. Es ist abgefahren, solche Stellen zu lesen. Egal wo Jesus war, man legte die Kranken auf die Strasse, damit sie nur den Saum seines Gewandes, das Bündchen seiner Hose berühren könnten. Genau wie es bei der blutflüssigen Frau war (Markus 5,24-34) wurde jeder geheilt, der Jesus berührte.

Bevor ich Christ wurde hatte ich manchmal einen komischen Gedanken. Ich wusste von keinem Christen, der mal etwas übernatürliches erlebt hatte und so konnte ich nicht sicher, ob es wirklich einen Gott gibt. Also dachte ich, wenn ich mal an einer séance oder sonst etwas Okkultem teilnehmen würde und da würde was passieren, dann wüsste ich immerhin, dass es einen Teufel gibt und damit auch, dass es einen Gott geben muss. Mein Vertrauen in die dunkle Seite war größer als mein Glaube an Gottes Kraft!
Ich bin dennoch Christ geworden (allerdings habe ich auch eine séance gemacht, aber das ist eine andere, und nicht unbedingt interessante Geschichte). Seitdem habe ich viel mit Gott erlebt. Ich habe Heilungen gesehen, die medizinisch nicht erklärbar waren. Gott hat durch mich geredet oder durch andere Christen zu mir – teilweise so klar und detailliert, dass jeder Zweifel ausgeschlossen war: es war Gott.

Seitdem habe ich mit Verwunderung festgestellt, dass es vielen Christen nach ihrer Bekehrung genauso geht, wie es mir vor meiner Bekehrung ging: hr Vetrauen in den Teufel Schlechtes in ihr Leben zu bringen ist grösser als ihr Vertrauen in Gott, Gutes zu bringen. Sie fürchten sich vor ihrem Schatten und haben keinerlei Glauben an einen grossen Gott, dass er sie heilen, bewahren oder versorgen kann. Dafür sehr viel Angst davor arm, krank oder sonstwie schlecht dran zu kommen. Jemand hat mal was provozierend weises gesagt:

Angst ist Glaube an den Teufel.

Irgendwie hat er Recht.

Die Apostel versammelten sich wieder bei Jesus und berichteten ihm alles, was sie getan und gelehrt hatten.
Da sagte er zu ihnen: Kommt mit an einen einsamen Ort, wo wir allein sind, und ruht ein wenig aus. Denn sie fanden nicht einmal Zeit zum Essen, so zahlreich waren die Leute, die kamen und gingen.
Sie fuhren also mit dem Boot in eine einsame Gegend, um allein zu sein.
Aber man sah sie abfahren, und viele erfuhren davon; sie liefen zu Fuß aus allen Städten dorthin und kamen noch vor ihnen an.
Als er ausstieg und die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit ihnen; denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben. Und er lehrte sie lange.
Gegen Abend kamen seine Jünger zu ihm und sagten: Der Ort ist abgelegen, und es ist schon spät.
Schick sie weg, damit sie in die umliegenden Gehöfte und Dörfer gehen und sich etwas zu essen kaufen können.
Er erwiderte: Gebt ihr ihnen zu essen! Sie sagten zu ihm: Sollen wir weggehen, für zweihundert Denare Brot kaufen und es ihnen geben, damit sie zu essen haben?
Er sagte zu ihnen: Wie viele Brote habt ihr? Geht und seht nach! Sie sahen nach und berichteten: Fünf Brote, und außerdem zwei Fische.
Dann befahl er ihnen, den Leuten zu sagen, sie sollten sich in Gruppen ins grüne Gras setzen.
Und sie setzten sich in Gruppen zu hundert und zu fünfzig.
Darauf nahm er die fünf Brote und die zwei Fische, blickte zum Himmel auf, sprach den Lobpreis, brach die Brote und gab sie den Jüngern, damit sie sie an die Leute austeilten. Auch die zwei Fische ließ er unter allen verteilen.
Und alle aßen und wurden satt.
Als die Jünger die Reste der Brote und auch der Fische einsammelten, wurden zwölf Körbe voll.
Es waren fünftausend Männer, die von den Broten gegessen hatten. (Markus 6,30-44 nach der Einheitsübersetzung)

parallel: Matthäus 14,13-21 | Lukas 9,10-17 | Johannes 6,1-15 | Speisung der viertausend: Markus 8,1-9

Viele der Gottesdienste Jesu waren so nicht geplant. Auch diesmal hatte er nicht vor, eine grosse Versammlung ab zu halten sondern wollte sich mit seinen Jüngern in eine einsame Gegend zurückziehen. Im Matthäusevangelium ist die Begebenheit noch stärker mit dem Tod Johannes‘ des Täufers verknüpft und man kann spüren, dass die Trauer Jesus und seine Leute in die Einsamkeit getrieben hat um einige Zeit allein zu verbringen.
Es kam anders als geplant. Jemand bekam Wind davon, dass Jesus an diesem einsamen Ort war und die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Einer sagte es dem anderen und auch die Menschen, die schon seit Wochen von einer Veranstaltung zur nächsten zogen oder vielleicht schon vorher erfolglos versucht hatten Jesus zu hören kamen an den einsamen Ort.
Erst war es nur ein Grüppchen, dann kamen immer mehr und immer mehr Menschen, bis sich schliesslich 5.000 erwachsene Männer versammelten. Zu dieser Zeit war es üblich, nur die erwachsenen Männer zu zählen und nicht Frauen und Kinder. Zählt man die noch darauf, kommen manche Bibelausleger auf bis zu 20.000 Menschen, die sich in diesem Gottesdienst versammelten.
Da der Ort einsam und der Gottesdienst nicht geplant war, waren Engpässe in der Versorgung vorprogrammiert. Gegen Abend, als der Gottesdienst im vollen Gange war bekamen die Jünger kalte Füsse. Sie rätselten eine Weile herum, was man tun könnte und gingen dann zu Jesus und empfahlen ihm die Menge nach Hause zu schicken. Kein guter Zeitpunkt! Dämonisierte wurden frei, Kranke geheilt und Menschen fingen gerade an, mit Gott zu leben. Zu diesem Zeitpunkt konnte Jesus die Veranstaltung einfach nicht auflösen – keine Chance.
Der B-Plan würde jeden Gläubigen aus der Bahn werfen: “Gebt ihr ihnen etwas zu essen, gebt ihnen das, was ihr habt”, die Sammlung brachte gerade mal fünf Brote und zwei Fische, keine Thunfische, kleine Fische. Ein ordentliches Abendessen für eine Person, aber für eine so grosse Menge?

Da tat Jesus etwas gemeines. Er liess die Menschen sich setzen, die Spannung stieg, 20.000 Augenpaare waren auf Jesus und die Jünger gerichtet. Jesus blickte zum Himmel, was eine der Hauptvoraussetzungen für ein Wunder ist. So lange wir immer nur auf das Schauen, was wir in den Händen haben werden wir es schwer haben zu glauben. Was wir haben wird niemals ausreichen um Gottes Reich zu bauen, bei Jesus geht alles um Abhängigkeit von Gott.
Nachdem er gebetet hatte vollbrachte Jesus das Wunder nicht etwa selber. Er wollte, dass seine Jünger Spass hatten und Gott erlebten, also liess er sie das Essen austeilen. Das Wunder geschah erst in dem Moment in dem die Jünger das weitergegeben haben, was sie in den Händen hatten. So ist es es immer, das, was wir haben wird erst dann mehr, wenn wir es austeilen. Gott segnet uns damit wir andere segnen können, seine Gaben sind nicht dazu bestimmt bei uns zu bleiben sondern ausgeteilt werden.
Manche Christen machen ihr Leben lang nichts mit den Gaben Gottes und sehen, dass sie immer weniger werden. Andere setzen ein, was Gott ihnen gegeben hat und erleben, dass es immer mehr wird, je mehr sie es verschenken. Gottes Reich ist immer anders als unsere Welt, in diesem Reich wird man gesegnet wenn man ein Segen ist und wird reich wenn man verschenkt. Was muss es für ein unglaubliches Gefühl gewesen sein zu sehen, dass alle 20.000 Menschen das gleiche gegessen haben, was man selber mitgebracht hat? Und dann blieb noch etwas übrig, weil es einfach Gottes Stil ist, zu viel zu geben.
Die Speisung der 5.000 sollte jeden Christen heiss darauf machen sich ein zu bringen und alles zu geben was er hat. Es lohnt sich. Das Leben ist leer für den, der für sich behält was er hat und der nur für sich lebt. Aber es wird reich sein wenn wir lernen zu geben und das was wir haben in andere zu investieren!

[Ein Psalm Davids, als er vor seinem Sohn Abschalom floh.]
Herr, wie zahlreich sind meine Bedränger; so viele stehen gegen mich auf.
Viele gibt es, die von mir sagen: «Er findet keine Hilfe bei Gott.» [Sela]
Du aber, Herr, bist ein Schild für mich, du bist meine Ehre und richtest mich auf.
Ich habe laut zum Herrn gerufen; da erhörte er mich von seinem heiligen Berg. [Sela]
Ich lege mich nieder und schlafe ein, ich wache wieder auf, denn der Herr beschützt mich.
Viele Tausende von Kriegern fürchte ich nicht, wenn sie mich ringsum belagern.
Herr, erhebe dich, mein Gott, bring mir Hilfe! Denn all meinen Feinden hast du den
Kiefer zerschmettert, hast den Frevlern die Zähne zerbrochen.

Beim Herrn findet man Hilfe. Auf dein Volk komme dein Segen! [Sela]
(Psalm 3 nach der Einheitsübersetzung)

Neulich habe ich morgens mit meiner Frau zusammen gebetet. Das tun wir seit etwa zwei Monaten jeden Tag und es ist sehr gut. Ist ja immer so eine Sache in der Ehe – mit dem Beten. Früher haben wir es manchmal versucht abends zu beten, aber das hat nie ganz hingehauen; hat mal eine Woche geklappt, dann wieder nicht.
Wir haben für die Gemeinde gebetet und für alles mögliche und irgendwann hat Alex gebetet: „hilf auch denen zu beten, die zu viel zu tun haben und für die beten eine zusätzliche Belastung ist.“ Darüber habe ich dann noch eine ganze Weile nachgedacht. Beten scheint tatsächlich für viele eher eine Last zu sein als etwas, das aufbaut und näher zu Gott bringt. Es gibt so viele Ratgeber darüber wie man beten kann und der ganze Bereich des geistlichen Lebens ist für viele Christen eine Quelle ständiger Frustrationen. Zu allem Überfluss habe ich dann noch in einem WilloCreek Buch gelesen, dass es den mitteleuropäischen Leser überraschen könnte, dass US-amerikanische Christen Zeit in ihr geistliches Wachstum investieren und verbindlich zur Gemeinde gehen.
Meine Güte, irgendwas läuft schief!

Irgendwer hat mal was ganz Fieses gesagt, das leider ein Fünkchen Wahrheit enthält: „Wenn Du Christ bist hilft Gott Dir bei Problemen die Du ohne Ihn nicht hättest.“ Scheint ein bisschen zu stimmen, ohne Gott müsste man nicht Bibel lesen, beten, Zeugnis geben u.s.w. Aber es kann ja nicht sein, dass Gottes Plan mit den Menschen so aussieht.
Als ich vor 14 Jahren zu Jesus gekommen bin kam ich mit einem ganzen Sack voller Probleme. Ich bekam mein Leben einfach nicht auf die Reihe und brauchte dringend Hilfe. Diese Hilfe habe ich bekommen und Gott hat wirklich einiges für mich getan. Heute morgen habe ich zufällig im Internet ein paar Gothiclieder gehört und ich war auf einmal so froh, dass ich nicht mehr permanent depressiv und niedergeschlagen bin. Das ist wirklich so gut und etwas wofür ich Jesus so dankbar bin.
Ich habe aber auch gemerkt, dass mir sowohl die Musik als auch das Lebensgefühl noch gefällt. Mein alter Mensch (wie Paulus es nennt) hat sich in den Jahren nicht verändert, er ist immer noch derselbe geblieben. Ich bin sicher, wenn ich den Glauben verlieren würde, würde es nicht lange dauern bis ich wieder Horrorfilme gucken, kiffen und depressiv sein würde. Diese Tendenz zum alten Leben ist noch da und – wer weiß? – wird vielleicht immer da sein. Aber ich muss dieses Leben nicht führen, denn Gott gibt mir immer wieder neue Kraft und Ausrichtung mit ihm in diesem guten neuen Leben zu leben.
Von daher hatte ich nie das Gefühl, dass mit Gott etwas in mein Leben kommt, das für eine zusätzliche Belastung sorgt. Absolut im Gegenteil: es kam eine Hoffnung und Energie, die vorher nicht da war. Und eine Sehnsucht: ich wollte immer mit Gott zusammen sein.
Natürlich gab es immer auch mal Durststrecken, wie bei jeder Beziehung, aber im Grunde hatte ich nie über längere Zeit das Gefühl, dass geistliches Leben eine unangenehme Pflicht ist.

Jesus ist dafür gestorben, dass wir einen uneingeschränkten Zugang zum Vater haben:

Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater als durch mich. (Johannes 14,6)

Etwas wofür Jesus gestorben ist kann nicht so unattraktiv sein, dass man sich dazu zwingen muss. Wenn es stimmt, dass wir letztlich zur Gemeinschaft mit Gott geboren sind, dann muss es uns gut tun in seiner Gemeinschaft zu leben und kann kein Angang sein zu dem wir uns immer wieder zwingen müssen.

Die Psalmen sind voll von Gebeten, die sagen wie gut Gott ist und wie sehr es sich lohnt, zu ihm zu kommen.

„Gott ist meine Zuflucht“, „Gott ist mein Anteil im Lande der Lebenden“, „Gott ist mein Hirte“, usw.

Es muss also mal anders gewesen sein, als es heute viele empfinden. Die Psalmenschreiber lebten ihr Leben von einer anderen Perspektive aus. Sie schauten von Gott her auf die Welt und nicht umgekehrt.

Worauf schaust Du?
Die meisten Psalmen bestehen – grob gesagt aus zwei Teilen. Es gibt den menschlichen Part und den göttlichen. Natürlich gibt es auch andere Psalmen, aber sehr viele beginnen damit, dass David oder ein anderer Psalmist einen schlechten Tag hatte: sein Sohn verfolgt ihn und will ihm ans Leben; die Feinde umringen ihn und zünden seine Stadt an – schlechtes Kriegsglück kommt immer wieder vor; Leute belügen ihn und wollen ihn töten. etc.pp.
Aber dann kommt der Gott-Part und der Autor hebt den Blick zum Himmel und sieht: es gibt noch Hoffnung. Ab da kommt reiner Lobpreis: „Du bist der größte Gott, den es gibt! Du bist so herrlich und Du hast gute Gedanken über mich. Es gibt eine Hoffnung und eine Zukunft, denn Du bist bei mir!“
Bei vielen Psalmen hat man das Gefühl, dass beim lesen das Licht angeht.

Einer der Hauptgründe aus denen Gebet eher ab- als aufbaut ist wohl, dass wir nicht die erste Phase überwinden sondern in ihr hängen bleiben. Wenn wir uns beim beten auch wieder nur um dieselben Probleme drehen wie sonst auch den ganzen Tag, dann ist es eigentlich klar, dass wir genauso angebaut sind und dass beten uns stark macht.
Wir können uns nur um eins drehen, entweder um das Problem oder um die Lösung. Es gibt tatsächlich nur sehr weniges in der Welt, das wirklich neutral ist, die meisten Dinge bauen uns entweder auf oder ab; sie fördern Glauben oder sie hemmen ihn, aber nie beides gleichzeitig.
In den sechziger oder siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts boomten auf einmal Bewegungen, die sich mit positivem Denken auseinandersetzten. Sie erkannten, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Denken und unserem Leben gibt. Man kann nicht auf Dauer traurig denken und glücklich sein. Man kann auch nicht erfolgreich sein und sich dauernd in Gedanken mit dem eigenen Versagen beschäftigen. In der Veränderung des Denkens liegt eine enorme Kraft, deswegen steht da auch einiges drüber in der Bibel. Die Gedanken, die man damals hatte waren alles andere als neu. Im Grunde waren es alles gute biblische Sachen, die immer schon im Buch standen.
Anders als die NewAge-Leute müssen wir uns nichts positives einreden und auch nicht negative Umstände einfach abstreiten und uns irgendwo hin autosuggerieren. Wir haben etwas in unserem Leben, das nur positiv ist: den Heiligen Geist. Durch seinen Geist wohnt Christus selbst in uns – wenn das kein Grund ist zur Freude und wenn das nicht etwas ist, worum wir uns drehen können.

Ich habe dieses Prinzip vor einiger Zeit entdeckt und merkte, dass ich auch so beten kann, dass es mich traurig macht und Kraft raubt. Ich habe eine zeitlang oft gebetet: „Gott, bitte gib mir Kraft, erfülle mich mit Deinem Heiligen Geist.“ Einmal, als es mir nicht so gut ging und ich wieder so betete, hörte ich Jesus sehr deutlich sagen: „Du hast jetzt so viel Heiligen Geist wie Du jemals haben wirst. Mehr gibt es nicht.“
Das stimmt. Mehr Heiligen Geist als ich habe gibt es gar nicht. Gott kann uns nicht mehr geben, weil wir schon alles haben!

Also fing ich an zu danken und Gott zu loben. Gerade wenn es mir nicht so gut geht und ich denke, dass mir irgendwas wesentliches fehlt, bete ich Gott an und danke ihm für seine guten Gedanken über mich und für seinen Plan und das alles schon bezahlt ist. Das baut echt auf. Am Anfang ist es ein bisschen komisch, den Blick auf Jesus zu richten und göttliche Wahrheit aus zu beten, aber es kann wirklich die ganze Wahrnehmung göttlich verändern.

Als Paulus und Silas im Knast saßen, wann kam das Erdbeben, dass die Tore öffnete? Als sie anbeteten. Anbetung ist ein Schlüssel zur Freiheit! Das ist eine meiner Lieblingsgeschichten über Anbetung, denn sie zeigt, was Gebet bewirken kann, wenn es wirklich auf Gott ausgerichtet ist. Für mich ist da ein klares Prinzip beschrieben: Gottes Herrlichkeit kommt, wenn wir in schwierigen Zeiten den Blick auf ihn richten und ihn anbeten können. Das ist eine der wichtigsten Sachen, die wir lernen können.

Die Tore, durch die wir einmal den Himmel betreten, werden aus einer einzigen riesigen Perle geschnitzt sein (Offenbarung 21,21). Perlen entstehen in den schlechten Phasen eines Muschellebens. Sand kommt in die Muschel und wird von ihr umschlossen. Ebenso werden Perlentore in unserem Leben gebaut wenn wir in den schwierigen Zeiten nicht verzweifeln und den Blick auf unsere Umstände und Probleme richten sondern auf Jesus.

Ich möchte zum Schluss noch ein Gebet von Nikolaus von Flüe zitieren.

Mein Herr und mein Gott, nimm alles von mir, was mich hindert von dir.
Mein Herr und mein Gott, gib alles mir, was mich führet zu dir.
Mein Herr und mein Gott, nimm mich mir und mach mich ganz zu eigen dir.

[Hier noch eine Predigt dazu.]

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