Es gibt einige Stellen im NT, die nicht so recht in den Zusammenhang meiner Heilungstheologie zu passen scheinen. Ich bin sicher, dass Gott keines seiner Kinder krank macht und dass es generell nicht sein Stil ist, Krankheiten zu schicken. Manche Prediger gehen sogar so weit zu sagen, dass er eigentlich gar keine Krankheiten schicken kann, weil er ganz einfach keine hat. Das scheint logisch zu sein, denn im Himmel gibt es keine Krankheit und in der vollkommenen Welt, die Gott für den Menschen ursprünglich geschaffen hatte, gab es auch keine.
Dennoch gibt es drei Stellen im NT, in denen Krankheit eindeutig von Gott kommt und die sich auch schlecht wegdiskutieren lassen:
Sogleich aber schlug ihn ein Engel des Herrn, dafür, daß er nicht Gott die Ehre gab; und von Würmern zerfressen, verschied er. (Apostelgeschichte 12,33 nach der Elberfelder)
Die Rede ist hier von König Herodes, der sich nach einer Rede als Gott verehren liess und dem wahren Gott nicht die Ehre gab.
Flavius Josephus beschreibt das Ende des Herodes in seinen jüdischen Altertümern noch etwas detaillierter:
Die Krankheit des Herodes wurde immer heftiger; denn Gott bestrafte ihn für seine Verbrechen. Langsam zehrendes Fieber machte seine große Hitze denen, welche ihn berührten, nicht so bemerkbar, wie es im Inneren fraß. Schrecklich war seine Gier, etwas zu genießen, und nicht konnte er ihr widerstehen. Seine Eingeweide eiterten, und besonders schmerzten ihn die Gedärme. Eine flüssige, schleimige Maße war um seine Füße, und eine ähnliche Krankheit zeigte sich um seinen Unterleib. Seine Geschlechtsteile faulten und erzeugten Würmer. Zu atmen war ihm nur in aufrechter Stellung möglich, und es wurde ihm beschwerlich durch den widerlichen Geruch und die wiederholten Beklemmungen. Alle Glieder wurden krampfhaft gespannt und verliehen ihm unwiderstehliche Kraft. Gottbegnadete Männer, welche die Gabe hatten, derartige Erscheinungen zu deuten, erklärten, Gott nähme an dem König für seine vielen Gottlosigkeiten Rache.
(zitiert nach Eusebius von Cäsarea, Kirchengeschichte)
Geschichtlich finde ich es schwer, diese Zusammenhänge genau zu rekonstruieren. Eusebius und Josephus setzen diesen Herodes gleich mit dem Herodes aus den Anfängen der Evangelien und beschreiben sein Ende als eine Art göttlicher Rache für den Kindermord von Bethlehem und generell sein schlimmes Leben. Ich kann mir kaum vorstellen, dass es wirklich der selbe Herodes ist, bin aber unsicher. Je nach Zählung kann es zu der Zeit bis zu vier Herodes’ gegeben haben.
Josephus war allerdings ein guter Historiker, der scheinbar sauber recherchierte und er war Zeitzeuge (ca.38-ca.100), was ihn zu einer guten Quelle macht, deshalb zitiere ich hier seine Version des Todes von Herodes.
Die zweite Stelle findet sich wiederum in der Apostelgeschichte, ein Kapitel später:
Aber Elymas, der Zauberer – so wird nämlich der Name Elymas übersetzt -, trat gegen sie auf und wollte den Prokonsul vom Glauben abhalten.
Saulus, der auch Paulus heißt, blickte ihn, vom Heiligen Geist erfüllt, an
und sagte: Du elender und gerissener Betrüger, du Sohn des Teufels, du Feind aller Gerechtigkeit, willst du nicht endlich aufhören, die geraden Wege des Herrn zu durchkreuzen?
Jetzt kommt die Hand des Herrn über dich. Du wirst blind sein und eine Zeitlang die Sonne nicht mehr sehen. Im selben Augenblick fiel Finsternis und Dunkel auf ihn, er tappte umher und suchte jemand, der ihn an der Hand führte. (Apostelgeschichte 13,8-11 nach der Einheitsübersetzung)
Offensichtlich nutzte Paulus seine göttliche Autorität dazu, diesen Zauberer vorübergehend blind zu machen. Wenn Gott der Herr über den Körper des Menschen ist, dann ist es logisch anzunehmen, dass so etwas geht.
Dennoch widerspricht es meiner Theologie in dem Sinne, dass ich Gott nicht als jemanden sehen kann, der Krankheiten schickt. Ich bin froh, dass es gegenüber dem ganzen Heilungsdienst Jesu und der Apostel nur eine Stelle gibt in der ein Mensch eher krank wurde, als geheilt zu sein.
Diese Stelle zeigt aber wie keine andere im NT (außer eventuell der Geschichte des Feigenbaums in Markus 11), was für eine Verantwortung wir haben wenn Gottes Kraft in uns wohnt. Hier wird auch die Rolle der Charakterbildung wieder sichtbar – wer eine solche Kraft hat muss einfach einen Charakter haben oder entwickeln, der ihn in die Lage versetzt, diese Kraft jesusmässig ein zu setzen.
Übrigens sind ähnliche Geschichten in der Mission nicht ganz unüblich. Ich habe von einigen Feinden des Evangeliums gehört, die zeitweilig blind oder gelähmt waren und dann zur Ehre Gottes wieder geheilt wurden. Leider habe ich derzeit keine Quellen an der Hand, wenn jemand solche Geschichten irgendwo im Netz kennt würde mich ein Link freuen.
Die letzte Stelle findet sich in der Offenbarung, im Sendschreiben an Thyatira:
Aber ich werfe dir vor, daß du das Weib Isebel gewähren läßt; sie gibt sich als Prophetin aus und lehrt meine Knechte und verführt sie, Unzucht zu treiben und Fleisch zu essen, das den Götzen geweiht ist.
Ich habe ihr Zeit gelassen umzukehren; sie aber will nicht umkehren und von ihrer Unzucht ablassen.
Darum werfe ich sie auf das Krankenbett, und alle, die mit ihr Ehebruch treiben, bringe ich in große Bedrängnis, wenn sie sich nicht abkehren vom Treiben dieses Weibes. (Offenbarung 2,20-22)
Wir haben keinen Grund anzunehmen, dass diese Stelle (nur) prophetisch ist. Die Sendschreiben wurden an Gemeinden geschrieben, die es zur damaligen Zeit gab und sie beschreiben Situationen, in denen sich diese Gemeinden befanden.
Offenbar befand sich die Gemeinde in der Situation, dass Irrlehre eingedrungen war. Das war leider häufig so in den Gemeinden der ersten Stunde. Wir können nur darüber spekulieren, um was für Irrlehre es sich handelte. Der Text gibt keine klaren Aussagen her.
Diese Lehre scheint von einer Frau ausgegangen zu sein und könnte sexuelle Elemente gehabt haben. Das ist aber keinesfalls sicher, weil das Bild von Unzucht gelegentlich auch geistlich benutzt wird. Es ist unwahrscheinlich, dass die Dame wirklich Isebel hieß, wahrscheinlicher ist es, dass Johannes hier auf die Isebel des AT anspielt (1.Könige 18-21 und 2.Könige 9). Isebel verführte an der Seite Ahabs das Volk zum Abfall und zur Anbetung fremder Götter. Sie steht für eine gefährliche Ausgrenzung des Heiligen Geistes, denn sie ließ die Propheten töten.
Die Stelle passt damit zur vorangegangenen, denn wieder ist es ein erklärter Feind des Evangeliums, der auf sein Krankenlager geworfen und damit in seiner Gefährlichkeit für die Gemeinde in Thyatira neutralisiert wird.
Theologie ist kein System
Ich widerstehe der Versuchung, diese drei Stellen für meine Heilungstheologie passend zu machen. Jeder, der sich beruflich oder aus privaten Ambitionen mit Texten befasst weiß, dass es Tricks, Mittel und Wege gibt, jeden Text in der Auslegung passend zu machen. Das erscheint mir aber unredlich. Ich habe keine Offenbarung über diese Stellen, die über den offensichtlichen Wortsinn herausgeht und will auch nicht so tun, als hätte ich welche.
Mir waren Theologien, die ein fest gefügtes, lückenloses System bieten immer etwas unheimlich. Es kann sich zwar jedes System auf die Bibel stützen, das Wort ist aber selbst kein System. Ich sehe für jede Theologie Stellen, die nicht hineinpassen. Meiner Meinung nach ist das gut so, denn es schützt uns vor dem Gefühl, Gott intellektuell in der Tasche zu haben. So viel wir auch studieren und beten, am Ende gibt es immer das „Geheimnis des Glaubens“ und das ist gut so.
Wir sollten lernen mit Spannungen klar zu kommen und nicht den Wahn leben, alles immer zu unserer Zufriedenheit harmonisieren zu können. Die Bibel beschreibt das Leben mit Gott und beide – Gott und das Leben – sind zu komplex um sich auf eine Formel reduzieren zu lassen.
Es besteht aber ein offensichtlicher Unterschied dazwischen wie Gott mit seinen Kindern umgeht und wie er mit Nichtchristen umgeht. Umso mehr, wenn diese offensichtlich gegen ihn arbeiten. Jesus nennt Heilung das „Brot der Kinder“ (Markus 7,27), sie ist etwas, das uns gehört, uns zusteht, den anderen aber aus Gnade „abfällt“.
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