Heute geht es um ein Gefühl, das sicherlich jeder kennt, egal, ob Du Christ bist oder nicht. Das ist ja eine der tollen Seiten an Gottes Wort, dass man es auf viel mehr anwenden kann, als nur auf das Leben in der Gemeinde.
15 Denn ich weiß nicht, was ich tue. Denn ich tue nicht, was ich will; sondern was ich hasse, das tue ich.
16 Wenn ich aber das tue, was ich nicht will, so gebe ich zu, dass das Gesetz gut ist.
17 So tue nun nicht ich es, sondern die Sünde, die in mir wohnt.
18 Denn ich weiß, daß in mir, das heißt in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt. Wollen habe ich wohl, aber das Gute vollbringen kann ich nicht.
19 Denn das Gute, das ich will, das tue ich nicht; sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich.
20 Wenn ich aber tue, was ich nicht will, so tue nicht ich es, sondern die Sünde, die in mir wohnt.
21 So finde ich nun das Gesetz, dass mir, der ich das Gute tun will, das Böse anhängt.
22 Denn ich habe Lust an Gottes Gesetz nach dem inwendigen Menschen.
23 Ich sehe aber ein anderes Gesetz in meinen Gliedern, das widerstreitet dem Gesetz in meinem Gemüt und hält mich gefangen im Gesetz der Sünde, das in meinen Gliedern ist.
24 Ich elender Mensch! Wer wird mich erlösen von diesem todverfallenen Leibe?
25 Dank sei Gott durch Jesus Christus, unsern Herrn! So diene ich nun mit dem Gemüt dem Gesetz Gottes, aber mit dem Fleisch dem Gesetz der Sünde.
8:1 So gibt es nun keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind. (Römer 7,15-8,1 nach Luther)
Wie man lernt
Jeder kennt solche „Römer sieben Phasen“. Man hat kapiert, dass etwas schlecht ist und versucht, es zu lassen. Dann kommt ein Rückschlag nach dem anderen und man stellt fest, dass es eine Sache ist, etwas zu erkennen und eine andere, das erkannte zu leben.
Zunächst einmal ist es aber beruhigend, dass es ein gutes Zeichen ist, wenn wir etwas als falsch erkannt haben. Dieser innere Kampf bedeutet nicht, dass wir schlechte Menschen sind. Eher im Gegenteil: wir sind an Veränderung interessiert und nehmen Gott ernst, wenn es uns so geht. Das ist beruhigend.
Über Gott heißt es in Philipper 2,13:
Denn Gott ist’s, der in euch wirkt beides, das Wollen und das Vollbringen, nach seinem Wohlgefallen.
Ein wichtiger Teil ist also schon einmal getan wenn wir etwas kapiert haben. Einsicht ist tatsächlich der erste Schritt zur Besserung. Dennoch sind diese Römer sieben Phasen blöd und unangenehm. Ich habe mich immer gefragt, wieso es eigentlich so ist, dass ich immer wieder in einer solchen Phase stecke und bin zufällig in einem Buch über die Antwort gestolpert, das von etwas ganz anderem handelt. Es ist von Michael Barry Wolf und heißt „die Grundlagen der Kontrabasstechnik“. Vermutlich werden es die meisten Leser gelesen haben. ☺ Wolf schreibt wörtlich:
Die irreführende Idealvorstellung, dass der Lernprozess eine allmähliche, geichmäßige Verbesserung im Laufe der Zeit darstellt, kann frustrierend sein, besonders in solchen Augenblicken, wenn erst kürzlich erworbene technische Fortschritte scheinbar nach Belieben kommen und gehen. Die Verbesserung ist zwar progressiv, aber nicht in dem Sinne, dass sie aus einer gleichmäßigen Verbesserung des motorischen „Nervennetz-Programmes“ besteht, sondern dass sie die langsame Verlagerung der Dominanz zwischen zwei nebeneinander bestehenden „Programmen“, dem alten und dem neuen, dokumentiert.1
Mit anderen Worten: wenn wir etwas neues lernen (und gerade wenn wir eine alte Denk- oder Handlungsweise durch eine neue ersetzen wollen), haben wir eine ganze Weile zwei Systeme im Kopf und das alte taucht immer gerade dann wieder auf, wenn wir es am wenigsten gebrauchen können. Wolf schrieb über musikalische Abläufe, aber das ist auf alles anwendbar.
Wenn man Bass spielt, benutzt man am Anfang oft nur einen Finger zum greifen. Irgendwann kommt dann der Moment wo einem schlagartig klar wird, dass man ja noch drei weitere an der Greifhand hat, die man ja auch nutzen könnte. Man setzt sich also hin und macht Fingertraining. Das ist anstrengend und zeitraubend, wird aber irgendwann belohnt. Auf einmal kann man es: man greift mit allen vier Fingern, auch wenn der kleine Finger noch etwas schwach ist und weiteres Training braucht.
Dann hat man einen Auftritt; den ersten mit der neuen Technik. Die Scheinwerfer brennen, man wird immer nervöser, hört den Drummer nicht mehr, rutscht mit den Fingern von den Saiten und auf einmal merkt man, dass man wieder mit nur einem Finger greift…
Unter Stress kommt mit hoher Wahrscheinlichkeit das alte Programm wieder hervor. Das liegt daran, dass man sich im alten noch wohl fühlt und weniger Konzentration darauf verwenden muss als auf das Neue. Im Geistlichen ist es dasselbe, aber das Beispiel gibt es nur in der audio-Version der Predigt.
Man muss damit rechnen, dass man Römer 7 mehr als einmal im Leben durchläuft. Tatsächlich sogar regelmäßig, wenn man Jesus nachfolgt. Bei jedem neuen, was er uns zeigt werden wir wieder zwei Programme im Kopf haben, auf die wir scheinbar willkürlich zugreifen. Der Trick ist dann, immer wieder konzentriert das neue Programm anzuwenden, bis es sitzt.
Irgendwann hast Du das Neue so verinnerlicht, dass Du gar nicht mehr anders kannst, als in dem Programm zu leben.
Wir sind gerettet
8:1 So gibt es nun keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind.
Der letzte Vers im Text sollte eigentlich noch zu Kapitel 7 gehören. Die Verszählung ist nicht göttlich inspiriert sondern einfach nur eine praktische Sache um die Bibel besser in den Blick zu bekommen und Zitate wieder finden zu können. Inhaltlich gehört der Vers aber ins siebte Kapitel, denn hier spricht Paulus eine der wichtigsten Grundlagen an, die nötig sind um überhaupt auf diese Weise lernen zu können: niemand wird verdammt, der in Christus ist.
Egal wie oft wir schwanken und das Falsche tun, Gott hat uns vergeben. Paulus ist hier darüber froh, dass es keine Verdammnis gibt, egal wie oft wir das Gegenteil von dem machen, was wir wollen. Gott wird nicht irgendwann sagen: „jetzt reicht es aber. Du hast es jetzt x mal falsch gemacht, jetzt ist die Errettung weg!“ Gott droht nicht mit der Hölle.
Das ist wichtig, weil wir schon gehört haben, dass in Stresssituationen mit hoher Wahrscheinlichkeit das alte Programm zur Anwendung kommt. Wenn wir in ständiger Bedrohung und Dauerstress leben, werden wir nicht die Lockerheit haben, die nötig ist um sich zu entwickeln. Drohungen helfen nicht weiter.
Dieser Vers hat nichts damit zu tun, dass dieser Konflikt ein für alle Male vorbei sein wird, wenn wir Jesus kennen. Den Konflikt werden wir so lange immer wieder haben wie wir noch Sünde im Leben haben oder solange es noch etwas anderes gibt, an dem Gott arbeiten will. Er ist eine natürliche Reaktion auf Gottes Offenbarung in unserem Leben.
Als solche werden wir ihn vor dem Himmel immer wieder haben.
- Wolf, Michael Barry (2007): Grundlagen der Kontrabass-Technik. Principles of double bass technique. Mainz: Schott (Studienbuch Musik), S. 212 [↩]
Neueste Kommentare