Grundtugend #2: erdung
manche, gerade moderne, theologien geraten leicht ins fahrwasser der willkürlichkeit. geistliche strömungen übernehmen oft die ansicht, dass alles gut ist, was gefällt und man bastelt an einer theologie herum, die vollkommen im luftleeren raum schwebt. man kann alles und jedes mit der bibel belegen, wenn man keine prüfkriterien hat.
um beliebigkeit zu entgehen schlage ich drei sicherungen vor: DIE SUMME DES WORTES, WISSENSCHAFT und KONSENS. alle drei sicherungen setzen gewissenhaftigkeit und philosophisch-theologische aufrichtigkeit voraus. da theologie keine „harte“ wissenschaft ist, ist alles interpretierbar und man kann alles gebrauchen und missbrauchen.

1. die summe des wortes
psalm 119,160 sagt, dass die summe des wortes gottes wahrheit ist. wahrheit ist also in den teilen, aber die teile sind nicht wahrheit. das ist ein wichtiges prinzip, denn es verbietet, einzelne aussagen der bibel absolut zu setzen und zu sagen, dass diese teile die ganze wahrheit sind. tatsächlich ist wahrheit in der bibel immer eine spannung zwischen zwei polen und man kann immer von zwei seiten vom pferd fallen. wenn uns klar wird, dass das so ist, ergibt sich daraus eine verpflichtung gegenüber der ausgewogenheit. man darf zwar radikal sein und auch gelegentlich mal einseitig predigen, aber es muss immer wieder auf eine ausgewogenheit hinauslaufen. wer konsequent das eine gegen das andere ausspielt, wird irgendwann sektiererisch.
ein bedeutendes wortpaar in der bibel ist z.b. gesetz und gnade. gerade hier wird oft sehr ungenau gearbeitet. viele behaupten, dass alte testament wäre ausschliesslich gesetz, das neue ausschliesslich gnade. das stimmt so nicht. zwar lässt sich im AT ein gewisser schwerpunkt auf dem gesetz finden und im NT auf der gnade, aber auch das AT enthielt gnade und das NT gesetz. ich habe nicht die zeit hier in details zu gehen, aber es ist auch in unserem leben so, dass wir in einer spannung leben zwischen gottes gnade („uns ist alles erlaubt“, „wir können alles“) und gottes gebot („wandelt würdig eurer berufung“). man kann von beiden seiten vom pferd fallen und es gibt für beide seiten beispiele. die anderen gemeinden bestehen nur aus regeln und gesetzen, in ihnen ist keine freiheit und kein raum für gnade. andere gemeinden leben nur aus der gnade und die maßstäbe gottes kommen nicht mehr in ihnen vor; in der folge stirbt eine solche gemeinde an den folgen fehlenden wachstums. beide richtungen sind in ihrer einseitigkeit falsch und werden jesus auf dauer nur schlecht widerspiegeln.

ein grosses problem sehe ich in diesem zusammenhang bei richtungen, die ganze teile der bibel, z.b. das alte testament, ablehnen. ohne das AT ist das NT nicht verstehbar. wer wissen will, was die jünger etwa unter „unzucht“ verstanden haben, kommt nicht darum herum im AT nachzulesen, denn das war ihr hintergrund. das AT bildet den hintergrund des NT. deshalb ist das NT in weiten teilen nicht verständlich, wenn man nicht das AT zu rate zieht.

ich drücke mich noch um eine defintion von „theologie“ herum. überhaupt stelle ich fest, dass vieles in theologischen diskussionen an worten hängt, die nicht hinreichend klar definiert sind, dass man sich richtig darüber unterhalten könnte. die definitionen zu finden wird indes noch einige forschung erfordern. von daher sind alle überlegungen, die ich hier zusammentrage noch sehr unvollständig und ausbaubedürftig. aber hey, es ist ein blog und noch kein buch! deshalb gestatte ich mir den luxus zu sagen: „ihr, die ihr diese kleine betrachtungsreige über metatheologie lest, wisst, was theologie ist!“

was ich aber weiss, ist dass es neben grundlegenden axiomen, die das theologische denken überhaupt erst ermöglichen, auch tugenden gibt, die die theologie davor bewahren willkürlich und gefährlich zu werden. ich glaube, mich da auch ziemlich festlegen zu können auf drei grundtugenden, die jeder theologe beherzigen sollte um nicht entweder in beliebigkeit oder fanatismus abzurutschen: DEMUT, ERDUNG und FUNKTION.

Grundtugend #1: demut:
obwohl die tugenden in ihrer reihenfolge austauschbar sind, scheint es mir dennoch sinnvoll, die demut an erste stelle zu setzen, weil sie in den gängigen diskursen oft nicht einmal am rande vorkommt.

demut bedeutet in diesem zusammenhang, zu wissen, dass die eigene position nicht die einzige legitime position ist. aus den ganzen erkenntnistheoretischen überlegungen der metatheologie folgt, dass je nachdem welcher mensch etwas von gott erkennt, es das genaue gegenteil dessen sein kann, was ein anderer erkennt. ich habe am anfang dieser reihe ein paar grenzen dieses prinzips gezeigt, die man hier nachlesen kann. ein grosses problem stellen in der praxis theologischer diskussionen „ideologen“ dar, die ihre ansicht als direkt von gott gegeben ansehen. wenn die demut gegenüber der eigenen erkenntnis fehlt, denkt man bei andersglaubenden schnell an häretiker und ketzer, die es zu bekämpfen oder missionieren gilt.
die geschichte der theologie steckt voller lächerlicher grabenkämpfe um absolute nebensächlichkeiten, die aber teilweise bis aufs blut ausgefochten wurden. frühe taufgesinnte gemeinden (die amish auch heute noch), lehnten knöpfe vehement als teufelszeug ab. man kann vielleicht etwas verständnis dafür entwickeln, wenn man sich vor augen hält, dass noch vor einigen jahrhunderten knöpfe als statussymbole galten. aber es fällt mir schwer zu verstehen, dass sich gemeinden gespalten haben, weil ein prediger eine weste trug, die mit knöpfen statt mit haken und ösen verschlossen war. noch luther stand der gabel völlig ablehnend gegenüber und war bereit gegen die benutzung von gabeln als essbesteck zu kämpfen. die reformatoren in der schweiz kämpften erbittert gegen das täufertum – bis hin zur verbrennung der täufer auf dem scheiterhaufen.
heute kann man über diese irrwege des denkens nur den kopf schütteln. aber während wir mit dem kopf schütteln verteidigen wir unsere systeme mit der gleichen heftigkeit und sehen sie mit derselben ausschliesslichkeit. heute können eben die dispensationalisten nicht mit charismatikern reden. manche glaubensgesinnte sprechen christen, die zum arzt gehen das christsein ab. andere drohen modernen bibelübersetzern mit dem höllenfeuer weil ihre übersetzungen nicht heilig genug sind. die mechanismen sind genau dieselben wie im mittelalter und vor dem mittelalter und wahrscheinlich immer schon. dass sich die methoden der diskussion geändert haben liegt nur daran, dass scheiterhaufen verboten sind. aber der spirit ist derselbe…

demut sagt in solchen diskussionsfällen, dass zwei meinungen nebeneinander stehen können. der grund für eine solche haltung liegt in dem bewusstsein, dass ich mich irren kann. tatsächlich habe ich beweise dafür, denn heute denke ich über vieles anders als früher. „irrtum“ ist natürlich in einem solchen post ein heikles wort. es ist eine frage, die noch zu klären ist, was ein irrtum ist. jedenfalls liefe einiges entspannter, wenn wir gläubige mehr demut hätten und andere besser stehenlassen könnten.

trotz aller demut sollen wir positionen und profil haben. das problem liegt nicht darin zu wissen, was man glaubt. noch nicht einmal darin, seine gemeinde in die „einheit des glaubens“ (epheser 4,13) zu führen, also eine lehrmeinung der gemeinde aufzustellen. das problem liegt darin, diese lehrmeinung absolut zu setzen und zu denken, dass sie für alle christen gelten muss.
fanatismus erkennt man zuerst daran, dass missionarische bemühungen sich nach innen richten und darauf ausgerichtet sind, andere christen zur eigenen überzeugung zu bringen. das bedeutet, dass jemand davon ausgeht, dass gott nicht nur ihm eine offenbarung gegeben hat sondern, dass diese offenbarung für alle gilt. das mag noch nicht einmal sooo schlimm sein. richtig schlimm wird es da, wo jemand mit seiner offenbarung so umgeht, dass er andere offenbarungen nicht mehr stehen lassen kann und fortwährend im streit mit anderen liegt.

es gibt selbstverständlich räume für theologische diskussion. aber nicht für theologische rechthaberei.

demut hält uns lernfähig. jemand, der seiner position allzu sicher ist, kann sich nicht mehr weiterentwickeln. er hat die haltung des lernenden zuhörens gegen die des predigens getauscht. das ist eine gefährliche situation, denn wir lernen solange wir leben. theologische positionen, die meinen „angekommen“ zu sein, isolieren sich und erstarren in der folge unweigerlich. geistliches wachstum ist davon abhängig zu wissen, dass man sich von der position, die man gerade einnimmt weiterentwickeln kann.

demut bringt demnach zwei gute früchte hervor:
1. hilft sie im zusammenleben mit andersglaubenden christen
2. ermöglicht sie geistliches wachstum

in der mathematik (und vermutlich in jeder wissenschaft) gibt es unbeweisbare grundannahmen, die man braucht um überhaupt arbeiten zu können. diese grundannahmen heissen axiome (grch.“forderung, geltung) und stellen die basis dar auf der man mathematik betreiben kann. axiome sind sozusagen grundsätzliche definitionen aus denen sich alles andere ableitet.

das gleiche gilt für die theologie. hier sind die axiome grundwahrheiten von denen aus sich der glaube erschliesst. diese grundwahrheiten können nur angenommen, nicht bewiesen werden. von diesen grundwahrheiten ausgehend können aber dann andere glaubenssätze bewiesen werden. ein biblisches beispiel dafür finden wir in apostelgeschichte 18,28, wo es über apollos heisst: „Denn mit Nachdruck widerlegte er die Juden, indem er öffentlich aus der Schrift nachwies, daß Jesus der Messias sei.“
um den juden etwas aus der schrift beweisen zu können mussten diese erst einmal an die schrift glauben. einem heiden hätte er nichts aus der schrift beweisen können, denn den hätte die schrift nicht interessiert. dass aber dieschrift gottes wort ist, ist unbeweisbar. man muss daran glauben, aber niemand kann schlüssig beweisen, dass die bibel gottes wort ist. es ist noch nicht einmal theoretisch möglich das zu beweisen, denn alle indizien, die darauf hinweisen, dass die bibel gottes wort ist, kommen aus der bibel selber, sind selbstzeugnisse und damit für logische schlüsse ungeeignet. die aussage der bibel über sich selbst: „ich bin gottes wort“ kann man annehmen und glauben oder eben nicht. beweisbar ist diese aussage jedenfalls nicht.
um nicht falsch verstanden zu werden: es gibt vieles, was den anspruch der bibel, gottes wort zu sein, plausibel macht und insgesamt ist die bibelgläubige position hervorragend argumentierbar. erfüllt prophezeiungen, nachprüfbare aussagen, eine lückenlose überlieferungsgeschichte, zeugnisse der wirksamnkeit usw. lassen es höchstwahrscheinlich erscheinen, dass wir es mit gottes wort zu tun haben, aber es ist immer noch eine glaubensfrage. man muss es einfach annehmen.

das ist das erste axiom, das die theologie aufstellt. davon, ob man dieses axiom glaubt oder nicht hängt alles ab, was weiter theologisch geschieht.
aber es gibt weitere theologische axiome, die den blickwinkel darstellen, aus dem wir die bibel verstehen. diese sind nicht so fundamental wie das erste, haben aber immer noch weitreichende konsequenzen. ich weiss nicht, wie viele es gibt, oder ob es überhaupt möglich ist, eine komplette liste vorzulegen.

ein wichtiges axion ist sicherlich die frage nach dem freien willen. ob der mensch einen freien willen hat oder nicht. beides ist aus der bibel argumentierbar. man kann biblisch nicht beweisen, was stimmt. luther und erasmus haben über die frage gestritten und danach ganze heerscharen von theologen. das problem besteht meiner meinung darin, dass versucht wurde, etwas aus der bibel zu beweisen, was tatsächlich eine perspektive auf die bibel ist.

je nachdem wie man sich entscheidet wird das gravierende auswirkungen darauf haben, wie man die bibel liest, das evangelium, die beziehung gottes und der menschen usw. versteht.

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[neu veröffentlicht am 13.09.06 auf hasos blog]

mittlerweile macht mir das bloggen richtig spass. es ist tatsächlich möglich, gedanken in der bloggergemeinde zu testen und zu diskutieren. gerade franks letzter kommentar hat eine frage aufgeworfen, die ich mir auch schon gestellt habe, aber noch nicht 100%ig beantworten kann. wenn wir mit definition, dass erkenntnis immer etwas lebensspendendes hat an die sache herangehen, wie kommt es dann zu den unterschiedlichen wahrnehmungen?

ich stelle mir den menschen als strukturdeterminiert vor. man kann ihn mit keiner information von aussen gezielt verändern sondern er selbst bestimmt, wie er auf etwas reagiert. diese reaktion unterliegt aber nicht immer seinem bewussten freien willen, vielmehr ist er auch das produkt seiner eigenen geschichte und die schränkt seinen verhaltensspielraum ein. hier kommt das ganze erkenntnistheoretische zum tragen. warum verstehen wir die bibel, predigten, prophetie, umstände, herausforderungen usw. so, wie wir sie eben verstehen? die frage kann man am besten dadurch beantworten, dass man sich das leben eines menschen anschaut und seinen hintergrund analysiert.
aber auch dabei muss man sich sicher sein, dass man nichts mit völliger sicherheit voraussagen kann.

es wäre für uns ziemlich ideal, wenn der mensch von aussen gezielt verändert werden könnte. oder besser: wenn gott das könnte. er kann es aber nicht, weil er den menschen die freiheit des willens gelassen hat. strukturdeterminiert zu sein bedeutet nicht, dass alles vorherbestimmt ist wie etwa die calvinisten lehren. es bedeutet nur, dass der mensch frei sich zu entscheiden, dass diese entscheidungsfreiheit aber je nach entwicklung insofern eingeschränkt ist als er nihct frei ist, zu erkennen. vorprägungen können einen menschen z.b. dem evangelium gegenüber so sehr verhärten, dass es schwer ist, ihn zu erreichen. in solchen fällen kann natürlich immer noch ein wunder passieren um den menschen wieder empfänglich zu machen. was er dann daraus macht ist dann aber auch wieder seine sache. gott zwingt ihn nicht.

aus wenn weder gott noch andere menschen ihn gezielt beeinflussen können:“(es mag sein, dass man einen menschen unter bestimmten, ethisch verwerfenswerten bedingungen doch ändern kann. man kann durch gehirnwäsche, drogen, zwang, folter, usw. den willen brechen. schlimme situationen können einen menschen von grund auf ändern. aus einem positiv denkenden menschen kann so einer werden, der nichts gutes mehr wahrnehmen kann.
aber das sind extreme mittel und selbst diese bewirken oft nur eine oberflächliche veränderung, die wieder weg geht, wenn der mensch sich wieder in einem normalem, respektvollen umfeld befindet. alle diese mittel sind so destruktiv, dass sie den gesamten menschen schädigen. eine solche entwicklung ist nicht normal und wird deshalb hier nur am rande erwähnt.
leider gibtes auch theologien, die gott des gebrauches solcher mittel bezichtigen. so wird gesagt, dass gott durch krankheiten, todesfälle und schicksalsschläge mit uns redet. solcher theologien sind imho aber eher „diabologien“ und rufmord gegen gott.)“: , kann sich der mensch ändern. seine befindlichkeit ist kein schicksal, vielmehr kann er seine struktur völlig verändern. das schlüsselwort heisst hier „busse“, „umkehr“.
am deutlichsten zeigt sich das prinzip bei der wiedergeburt. der strukturelle eingriff, den ein mensch erfährt ist so stark, dass paulus ihn mit recht als eine neue schöpfung beschreibt: Wenn also jemand in Christus ist, dann ist er eine neue Schöpfung: Das Alte ist vergangen, Neues ist geworden.(2.korinther 5,17 nach der einheitsübersetzung). das ist auch empirisch nachweisbar: wenn man beginnt mit jesus zu leben, ist für viele alles anders. bei manchen ist der effekt nicht so stark, aber viele sind auch überrascht darüber, wie leicht sie auf einmal gottes realität wahrnehmen und freude, friede und andere neue gefühle empfinden. dieser „strukturwandel“ gibt dem menschen ganz neue möglichkeiten mit gott zu leben.
der unterschied ist zwar nie mehr so gross wie bei der ersten umkehr, aber er ist auch später immer da. busse bewirkt eine wesensmässige änderung.

die frage ist jetzt: wie spricht uns gott an? nach römer 10 durch sein wort. nach anderen stellen durch seinen geist. immer aber durch den verstand. gott erreicht unser herz durch den verstand. der verstand ist der filter, durch den alles erst einmal hindurch muss, was uns prägen will. der verstand ist die instanz, die erst einmal alles bewertet und das unschädliche und positive durchlässt. das ist der idealzustand, tatsächlich unterliegt der verstand allen prägenden einflüssen, die wir schon erwähnt hatten. somit geht also gottes offenbarung erst an unseren verstand. der schaut, ob etwas schlüssig ist und reagiert dann mit glaube, busse, ablehnung usw. genauso, wie im letzten post beschrieben wurde.
der grund, warum franks adventist keine schweine isst, ist dass sein verstand, aufgrund seiner theologischen vorprägung gottes wort in alten testament so verstanden hat. wenn ich dieselben stelle lese, reagiere ich ganz anders darauf. (z.b. habe ich gerade ein leckeres mettbrötchen verzehrt).
trotzdem handelt es sich bei ihm um eine erkenntnis, denn das, was er als wahr versteht hat sein leben verändert.

dass erkenntnis aber nicht mit wissen gleichzusetzen ist, zeigen 1000 beispiele. am deutlichsten ist vielleicht vergebung. viele christen wissen, dass jesus ihre sünden vergeben hat, haben es aber nie wirklich erkannt. sie glauben es nicht und leiden deshalb noch immer unter schlechtem gewissen und verdammnis. erst wenn sie es richtig erkannt haben, hört das auf und sie machen sich keine selbstvorwürfe mehr. wissen allein reicht da nicht.

erkenntnistheorie lässt sich darauf anwenden wie wir das wort gottes verstehen, aber die eigentlich erkenntnis geht dahin, wie wir gottes wort umsetzen. dann wird leben daraus. je mehr wir uns jetzt verändern, umso leichter fällt es uns, gott zu hören und zu erkennen. in der konsequenz werden wir uns schneller und besser verändern. es gibt einige christliche ausdrücke, die das beschreiben: „wir werden offener“, „unser herz wird weicher“, „wir entwickeln gehorsam gegenüber dem wort“. usw.

wichtige randbemerkung:
so wie ich erkenntnis definiere, beschreiben es auch viele in der welt. man hört immer wieder, dass etwa das zusammentreffen mit dem marxismus (oder faschismus oder was auch immer), eine „offenbarung“ für jemanden war, die sein leben völlig verändert hat. jeder von uns hat schon schreckliche bilder aus afrikanischen ländern gesehen, in denen menschen verhungern. intellektuell wissen wir das alle und wir finden es alle scheisse. aber bei manchen verändern diese bilder alles und sie setzen ihr leben daran, spenden zu sammeln und not zu lindern. im falle der meisten hat das blosse zur-kenntnis-nehmen nihcts bewirken. bei ein paar hat es das leben verändert.
die innermenschlichen vorgänge sind, behaupte ich, dieselben wie bei geistlichen wahrnehmungen. was geistliche dinge von natürlich trennt ist in dem zusammenhang nur der sender.
gottes wort ist gottes wort, weil es von gott kommt. und deshalb ist gottes offenbarung und unsere erkenntnis gottesoffenbarung und gotteserkenntnis, weil sie von ihm kommt.

mit diesem artikel habe ich mich etwas schwer getan und tue das noch. es geht um eines der zentralsten themen der metatheologie überhaupt – um die frage der erkenntnis. von der verwandten definition von „erkennen“ hängt es letztlich ab, ob es hier um erkenntnistheorie im sinne der philosophischen disziplin geht, oder ob methoden der erkenntnistheorie auf die beobachtung theologischer prozesse angewandt werden. um es klar vorwegzunehmen: erkenntnistheorie ist immer irgendwo hier drin, die frage ist nur, ob sie das einzige ist oder ob da mehr ist.

paulus schreibt in seinen briefen so einiges zum thema „erkenntnis“. eine der stellen, die ich am meisten mag ist 1.korinther 8,1-3:
Nun zur Frage des Götzenopferfleisches. Gewiß, wir alle haben Erkenntnis. Doch die Erkenntnis macht aufgeblasen, die Liebe dagegen baut auf. 2 Wenn einer meint, er sei zur Erkenntnis gelangt, hat er noch nicht so erkannt, wie man erkennen muß. 3 Wer aber Gott liebt, der ist von ihm erkannt.“(nach der einheitsübersetzung).
redet paulus von erkennen spricht er im griechischen von ginw,skw. das wort ist schwer in eine definition zu pressen, denn es deckt ein weites feld von übersetzungsmöglichkeiten ab. die spanne reicht von „etwas kapieren oder wahrnehmen“ bis hin zu sexueller beziehung (adam erkannte eva und die wurde schwanger, in LXX ginosko). ich will hier erst einmal nur eine kleine arbeitshypothese der erkenntnis aufstellen. im grunde forsche ich seit jahren an dem wort herum und komme immer wieder zu ähnlichen ergebnissen, aber die sind schwer in worte zu fassen. der übersichtlichkeit halber schreibe ich mal alles in einer liste auf, auch wenn das kein gefälliger schreibstil ist.

    1. erkenntnis ist mehr als wissen:
    es hat mich vor jahren etwas verwirrt, dass ein und dasselbe wort für sex und verstehen gebraucht wird. allerdings habe ich mir ziemlich schnell gedacht, dass erkenntnis einfach ein verstehen ist, das leben hervorbringt. also kein reines verstandeswissen sondern ein wissen, das viel tiefer geht.
    als ich mich zum ersten mal bekehrt habe (ich brauchte zwei anläufe um die sache mit jesus zu verstehen), dachte ich, dass glauben dasselbe wäre, wie etwas für wahr halten. bei der taufe und bei der konfirmation wird man ja auch gefragt: „glaubst du, dass jesus christus der sohn gottes ist?“ und man sagt „ja“, was bedeutet, dass man das für wahr hält. ich habe aber schnell gemerkt, dass dieses blosse verstandeswissen keine(!) auswirkung auf mein leben hat.
    als ich später bei „jugend mit einer mission“ war hat man mir gesagt, dass wissen die weiteste reise der welt zurücklegen muss: vom kopf ins herz. da ist mir klar geworden, etwas mit dem kopf zu verstehen ist zu wenig. deshalb schreibt paulus auch, dass man mit dem herzen glauben muss (römer 10,10). wahre erkenntnis gottes geht also tiefer als in den kopf. sie geht ins herz, sie verändert den menschen von innen heraus und bringt leben hervor.
    eine solche erkenntnis beginnt mit einem für-wahr-halten, einem verstandesmässigen begreifen, aber sie endet dort nicht. davon spricht 1.korinther 8: wer noch denkt etwas verstanden zu haben und nur ein wissen hat, durch das erkannte aber nicht in der liebe gewachsen ist, der hat noch nicht erkannt, wie man erkennen soll (nämlich so, dass nicht das wissen wächst sondern sich das handeln ändert, dass mehr liebe da ist). das bedeutet, dass zum einfachen verstehen noch etwas kommt: das wissen wird so plausibel, und zwar auf mehr als nur der intellektuellen ebene, dass es eine wirkliche, triefgreifende veränderung bewirkt.:“(es ist ein gewisses verdienst der glaubensbewegung, dass sie die „offenbarungslehre“ in den mittelpunkt ihrer theologie und damit auch des interesses gerückt hat. die offenbarungslehre sagt im grunde aus, dass wir uns dadurch geistlich weiterentwickeln, dass gott uns dinge aus seinem wort offenbart. sie werden uns völlig klar und beginnen unser leben zu prägen. das bedeutet nicht, dass ich das ganze theologische system befürworte, aber diesen einen aspekt halte ich schon für einen grund, sich mit der theologie auseinaderzusetzen.)“:
    2. erkenntnis kommt aus der beziehung:
    das ist ein weiterer aspekt davon, dass erkennen auf intimität angewandt werden kann. erkenntnis kann im biblischen sinne nichts kaltes und unpersönliches sein sondern sie erwächst aus der beziehung zu gott. menschlich ist es nicht möglich, einem anderen eine erkenntnis zu vermitteln. das macht sinn, gerade wenn wir den menschen als „strukurdeterminiert“ auffassen. ein mensch kann seine befindlichkeit zwar in einem prozess verändern, aber ein anderer mensch kann ihn nicht zu einer erkenntnis überreden oder überzeugen.
    diese ansicht ist nicht neu. die meisten evenglisten sagen, dass sie niemanden bekehren können, das könne nur gott. jesus selber sprach auch davon (matthäus 16,17), dennoch beachten wir das prinzip in unseren diskussionen normalerweise nicht. da geht es eher darum recht zu behalten und wir verstehen oft nicht, dass der andere „eine andere erkenntnis“ hat. unsere theologischen diskussionen sind deshalb oft so unerfreulich weil wir versuchen, anderen unsere erkenntnisse zu vermitteln und das geht nicht.
    3. erkenntnis schafft glauben:
    wer gott erkannt hat, der beginnt zu glauben. wenn ich „glauben“ schreibe, meine ich glauben im sinne des griechischen wortes; glauben als vertrauen. leider ist dieser begriff im deutschen oft falsch definiert. glauben bedeutet nicht, etwas für wahr zu halten sondern sein vertrauen auf etwas zu werfen. wenn man also aus einer beziehung zu gott etwas verstanden hat und es einem schlüssig erscheint, ist die natürlich reaktion darauf, das vertrauen auf gott zu werfen und ihm ganz einfach kindlich zu vertrauen.
    so funktioniert das ganze christsein. ganz am anfang steht die umkehr zu gott. man erkennt, dass in jesus das heil ist und setzt sein vertrauen darauf, dass es reicht, sein opfer anzunehmen. damit hört man auf, seine eigene selbsterlösung zu betreiben:“(ich weiss, diese gedanken sind sehr skizzenhaft, aber ich will diesen post auch nicht zu lang machen)“:. genauso geht es später weiter: man erkennt etwas in gottes wort, setzt sein vertrauen darauf und wächst so im glauben.
    4. vertrauen schafft werke:
    vielfach wird ein widerspruch aus galater 2,26 (der mensch wird aus glauben gerecht, nicht aus werken) und jakobus 2,24 „Ihr seht, daß der Mensch aufgrund seiner Werke gerecht wird, nicht durch den Glauben allein.“ konstruiert. dieser widerspruch ist gar nicht da, denn jakobus spricht eher von einer glaubensprüfung als einer glaubensgerechtigkeit. glaube als vertrauen muss etwas mit dem menschen machen, man kann nicht vertrauen ohne dass sich etwas ändert. wenn man gott darin vertraut, dass die beziehung zu jesus rettet, wird man christ. wenn man gott für heiligung etc. vertraut, dann ändert sich etwas im leben. ein glaube, der nichts bewirkt ist ein reiner kopfglaube und der ist, nach jakobus, tot.
    damit haben wir eine prüfung: man kann nicht sagen „ich glaube“ ohne dass es taten gibt, die das belegen. so kann man prüfen, ob erkenntnis stattgefunden hat. wenn der glaube auch nach einer gewissen zeit keine verhaltensänderung bewirkt hat, kann man nicht von einer erkenntnis ausgehen, weil der lebensspendende teil der erkenntnis fehlt.

ich habe mich bemüht, das alles in einem bild darzustellen:
erkenntnis
insgeamt bedeutet das, dass es um mehr geht als um erkenntnistheorie. oder anders: sogar um etwas anderes, weil der gegenstand der „erkenntnis“ in der philosophie und theologie unterschiedlich definiert werden muss. so wie ich erkenntnis in der erkenntnistheorie verstehe, geht es darum, wie wir als menschen dinge wahrnehmungen und welchen wahrnehmungsfiltern wir unterliegen:“(philosophisches wörterbuch, krönerverlag: „erkenntnis, das Sichaneignen von erlebten bzw. erfahrenen sachverhalten, zuständen, vorgängen mit dem ziele der wahrheitsfindung. E. heisst sowohl [ungenau] dervorgang, der genauer als erkennen bezeichnet werden muss, als auch dessen ergebnis…)“:. daraus leiten sich dann teilweise sehr radikale theorien wie konstruktivismus ab, die so weit gehen zu behaupten, dass es gar keine wirklichkeit gibt. erkenntnis in der theologie beginnt mit dem erkenntnisbegriff der philosophie geht dann aber weiter weil sie darauf abzielt, den menschen zu verändern und man erst dann von erkenntnis reden kann, wenn lebensveränderung stattgefunden hat. so verstanden ist die philosophische erkenntnis ein teil dessen, was wir in der theologie als erkenntnis verstehen. eisberg
erkenntnis wäre wie ein eisberg :“das eisbergfoto ist von(http://www.wikimedia.org)“:, dess spitze das verstandesmässige verstehen ist, der aber unter der oberfläche noch weitergeht. erkenntnistheorie kann also nur helfen ein paar oberflächliche fragen zu beantworten, nämlich vom anfang der erkenntnis.

ich werde der erkenntnis im biblischen sinne noch weiter nachforschen, bin aber natürlich auch für alle anmerkungen und kommentare wie immer dankbar. dank an frank, der mich mit seinem kommentar noch mal drauf gebracht hat, die frage nach der erkenntnis tiefergehend zu untersuchen!

30. August 2005 in poesie 2

Poesie #7 -Eugen Roth

ich hatte eigentlich vor, ein gedicht von eugen roth als nachsatz zum letzten metatheologieartikel zu posten. aber ich dachte mir, dass es zu schade ist, diesen witzigen dichter, der mir ein paar schöne stunden geschenkt hat nur am rande zu zitieren. jedenfalls musste ich an folgendes gedicht denken als ich von pat robertson seltsamer attentatsphilosophie las. „wie kann ein christlicher prediger sich im fernsehen dafür auszusprechen den ministerpräsidenten eines anderen landes zu töten?“, dachte ich mir. der nächste gedanke galt eugen roth:

ein mensch, der, sagen wir als christ,
streng gegen mord und totschlag ist,
hält einen krieg, wen überhaupt,
nur gegen heiden für erlaubt.
die allerdings sind auszurotten,
weil sie des wahren glaubens spotten!
ein andrer mensch, ein frommer heide,
tut keinem menschen was zuleide,
nur gegenüber christenhunden
wär jedes mitleid falsch empfunden.
der ewigen kriege blutige spur
kommt nur von diesem kleinen „nur“…

roth war ein meister des ironischen gedichts, wobei die technische seite der dichtkunst oft hinter dem inhalt zurückblieb. so war er kein goethe, eher ein reimender eulenspiegel, was in seiner zeit (1895-1976) teilweise sehr gefährlich war.

ein kleiner eulenspiegel gefällig?

der salto
ein mensch betrachtete einst näher
die fabel von dem pharisäer,
der gott gedankt voll heuchelei
dafür, dass er kein zöllner sei.
gottlob! rief er in eitlem sinn,
dass ich kein pharisäer bin!

noch ein letztes – lustiges:

immer falsch
ein mensch – seht ihn die stadt durchhasten! –
sucht dringend einen postbriefkasten.
vor allem an den strassenecken
vermeint er solche zu entdecken.
jedoch, er bleibt ein nicht-entdecker –
dafür trifft fast auf jedem fleck er
hydranten, feuermelder an,
die just er jetzt nicht brauchen kann.
der mensch, acht tage später rennt
noch viel geschwinder, denn es brennt!
doch hält das schicksal ihn zum besten:
an jedem eck nur postbriefkästen!

ich möchte meinem ersten beitrag zu prägungen als quelle der theologie gerne noch etwas sehr subtiles hinzufügen, was ich in dem ersten beitrag vergessen habe. vergessen ist vielleicht nicht ganz richtig, vielmehr dachte ich, dass es nicht passen würde und besser an anderer stelle erwähnt werden sollte. mittlerweile ändert sich die gesamtstruktur in meinem kopf mehr und mehr und ich denke, dass es doch unter die prägungen gehört.

jeder mensch wird in eine familie, eine gemeinschaft, ein land (allgemein: eine gruppe) hineingeboren und von den werten dieser gruppen geprägt. man nimmt dinge schon „mit der muttermilch“ auf und ist sich nachher gar nicht mehr dessen bewusst, dass man von anderen geprägt wurde. wir lesen gottes wort durch die brille von werten und maßstäben, die andere uns aufgesetzt haben. das zeigt sich in besonderem masse darin, wie wir begriffe füllen, die biblisch nicht klar gefüllt sind. z.B. heiligkeit.
mir scheint, dass heiligkeit ein begriff ist, der je nach land aus dem man kommt ganz unterschiedlich belegt ist. von der bibel her verstehe ich den begriff sehr weit gefasst. heiligkeit hat mit einem leben nach gottes massstäben und der eigenen erkenntnis zu tun und hat damit immer auch etwas individuelles an sich, weil sie aus der beziehung zu jesus kommt. aber in allen konservativeren glaubensrichtungen kann man heiligkeit sehr gut anhand einer liste von do´s und dont´s beschreiben. das seltsame ist nur, dass diese listen je nach theologie und geographischer herkunft weit auseinandergehen.

ich kenne mich sicher nirgendwo besser aus als in der deutschen gemeindelandschaft, habe mich aber auch viel mit amerikanischen theologien auseinandergesetzt. da hauptsächlich mit charismatischen bewegungen, prophetischen sachen und dem faith-movement. ich habe bücher von allen grössen dieser bewegung gelesen und viele amerikanische kassetten gehört. das verschafft mir sicherlich keinen genauen überblick, aber ein paar sachen fallen schon auf:

    in amerika trinkt man keinen alkohol.
    ok, keine grosse sache und schliesslich haben sie ja auch eine prohibition gehabt. aber es ist für mich als europäer erstaunlich, wie viele prediger völlig gegen das trinken von alk sind. das kann natürlich damit zusammenhängen, dass es kein leckeres amerikanisches bier gibt, aber egal woran es liegt, es ist so. demgegenüber ist bei französischen christen (von denen es nicht viele gibt) völlig normal beim mittagessen(!) die ein oder andere flasche wein(!!) zu trinken und anschliessend einen kleinen absacker. das gleiche dann nochmal abends. für deutsche christen ist es gleichfalls total normal und völlig okay, bier zu trinken – und in vielen fällen mehr als eins.
    ich trinke fast gar keinen alkohol und komme mir auch auf christlichen parties damit schon manchmal recht allein vor.
    amerikanerinnen schminken sich.
    deutsche auch, manche lehnen es aber (aus religiösen gründen!) auch strikt ab. jüngst hörte ich eine predigt von einem schweizer über die sünde des schminkens und schmückens. da hatte er einen rechtschaffenen hals drauf. alles garniert mit gelegentlichen bibelstellen die, ihres natürlichen zusammenhangs beraubt, zeigten, dass nur innerlich verkommene frauen und angehörige gewisser berufsstände schmuck und schminke nötig haben. die frommen frauen haben doch den heiland!
    amerikaner trennen keinen müll.
    während umweltschutz in deutschland zum guten ton gehört und es bei vielen als zeichen eines noch unveränderten charakters gilt, keinen müll zu trennen, altglas und altpapier nicht fachgerecht zu entsorgen, usw. scheint es in amerika recht üblich zu sein, seine alte waschmaschine im nächstgelegenen fluss zu entsorgen. seltsam, wenn ich das machen und zugeben würde, käme ganz sicher jemand der fragen würde, ob jesus seine waschmachnine auch in den rhein werfen würde.

natürlich sind das plattheiten, aber gern und oft gehörte. da ist bestimmt ein körnchen wahrheit dran. so hört ich mit eigenen erstaunten ohren einen zu der zeit sehr renommierten amiprediger sagen, dass es in deutschland wegen der gemischten badeanstalten keine erweckung gebe. genau: die badeanstalten sind schuld!

generell habe ich das gefühl dass heiligeit seit dem vierten jahrhundert (als das christentum mir-nichts-dir-nichts zur staatsreligion erhoben wurde) immer mit den herrschenden konservativen strömungen des jeweiligen landes identifiziert wird. im grunde finde ich es seltsam das jesus, der überall angeeckt ist und dem establishment (dem religiösen zumal) ein beständiger dorn im auge war, auf einmal vom selben menschenschlag die ihn verfolgten, zum schutzpatron der spiessigkeit erhoben wird. ich weiss, das ist eine harte aussage, schreibt mir trotzdem keine bösen emails, ich les´die eh nicht! dennoch ist es so, dass die bibel beständig gerade gegen nonkonformisten und alternative eingesetzt wird. konsequenterweise erscheint das christentum vielen als langweilig, verstaubt und antiprogressiv.
ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass gott an kleidung, pünktlichkeit, schminke, essgewohnheiten usw. interessiert ist. zumindest nicht in der regel. natürlich kann man mit allem ein gesundes mass überschreiten oder schädliche motive haben; dann wird der heilige geist den sensiblen überführen (direkt, durch bibel oder geschwister), grundsätzlich aber sieht er auf das herz…> 1.samuel 16,7

natürlich werden nicht nur für gesellschaftliche konventionen mit heiligkeit verwechselt. es gibt auch dinge, die rein einer glaubensbewegung entspringen. z.b. gibt es in der stadt in der ich lebe eine sehr grosse darbystengemeinde (exklusive versammlung), die an kleiderordnungen festhält und in der man ordentlich gekleidet in den gottesdienst geht. die kleiderordnung ist aus der vergangenheit der gemeinschaft übernommen. frauen tragen immer röcke und schneiden sich nicht die haare. männer haben kurze haare und sind gleichfalls ordentlich gekleidet.
gerade der „sonntagsstaat“, an dem selbst in den landeskirchen noch manche festhalten, ist eigentlich biblisch kaum verstehbar. ich kann mir beim besten willen nicht vorstellen, dass die jünger sich zum gottesdienst umgezogen haben. sicher haben sie nicht vorher geduscht. die sauberkeits- und hygienestandards damals waren nicht sooo hoch. trotzdem gilt es jetzt bei vielen als zeichen der ehrfurcht, sich chic zu machen bevor sie in den gottesdienst gehen.
eine lustige anekdote am rande: einige freunde von john nelson darby fanden, dass dieser für einen grossen theologen und reformator unziemlich gekleidet war. er achtete nämlich nicht im mindesten auf seine kleidung und lief rum wie ein penner. also tauschten seine freunde nachts heimlich seine alten abgetragenen klamotten gegen neue aus und legten ihm diese hin. morgens zog er die neuen sachen an und verlor nie ein wort darüber – wahrscheinlich hat er es nicht einmal gemerkt…
einem zeitgenossen darbys, spurgeon, warf man hhingegen vor, er wäre wie ein modegeck gekleidet. seltsame welt, dass jetzt die anhänger darbys und spurgeons gleichermassen wert auf ordentliche kleidung legen.

wenn man in einem solchen system aufwächst, merkt man gar nicht, wie sehr das ganze leben und die wahrnehmung gottes von dieser prägung bestimmt wird. ich kenne eine frau, die nach jahrzehnten mit dem darbysmus gebrochen hat, als ihr aufgefallen war, dass in der bibel gar nicht steht, dass frauen röcke tragen müssen.

wohlgemerkt ich schreibe das alles nicht um die praxis dieser geschwister anzugreifen oder mich darüber lustig zu machen. mir geht es um erkenntnistheoretische aspekte und die lassen sich an diesen beispielen gut belegen. wenn man etwas in der kindheit oft gesagt und gut vorgelebt bekommt, dann verselbständigt sich das wissen irgendwann. dann kommt man gar nicht auf die idee mal selber nachzuforschen, was die bibel zu einem bestimmten thema sagt sondern man übernimmt einfach, was man gehört hat.

das gilt nicht nur für strikte glaubenssysteme sondern auch für die gesellschaftlichen prägungen, die man übernimmt.

in der amerikanischen theologie wird z.b. sehr viel durch die prägung des patriotismus gesehen. eine prägung die für viele deutsche nur schwer nachzuempfinden ist. so kommt es, dass prediger in ein und derselben predigt sich für nächstenliebe aussprechen und für den irakkrieg argumentieren können. als deutscher zucke ich innerlich zusammen und denke, dass es nicht passt, aber im publikum gibt es applaus, also passt es da sehr wohl. während also viele christen in deutschland über pazifismus diskutieren ist es für einen amerikanischen christen normal und wohlangesehen in den krieg zu ziehen (so lange er sich da nicht betrinkt). „bigott!“, sagen die einen. „göttlich“, die anderen. heiligkeit, was man als christ darf und soll, und was nicht, ist oft nur eine frage kultureller prägung.

ich würde diesen post gerne mit einen appell beschliessen:
wenn wir darüber nachdenken, was ein heiliges leben ausmacht, dann lasst uns
1) skeptisch sein gegenüber unseren werten und diese nochmal biblisch beleuchten
2) das augenmerk mehr auf die ursache der heiligkeit richten als auf das ergebnis

der erste punkt bedeutet, dass wir genauso ge- oder verprägt wurden wie jeder andere mensch auf der welt auch. auch uns kommen dinge falsch vor, die eigentlich neutral sind. auch wir sollten vorsichtig damit sein unsere kultur und werte als für alle gültig anzusehen.

der zweite punkt will sagen, dass heiligkeit einer beziehung mit jesus entspricht. sie ist das a und o. aus der beziehung heraus wachsen wir. das innere muss vor dem äusseren kommen. meistens wird heiligkeit als eine verhaltensmodifikation missverstanden. dabei will gott unser herz ändern. wenn das herz geändert ist folgen die taten nach. was dabei rauskommt ist heiligkeit – wie diese aussehen wird kann man schwer voraussagen, aber viele würden sich wundern!

erst einmal möchte ich einen post von micha empfehlen, der auch um das thema metatheologie kreist: http://schraubereien.blogspot.com/2005/08/these-jeder-mensch-denkt-man-selbst.html viel spass damit!

nach michas einwürfen, dass es schon ähnliche denkrichtungen gibt, habe ich mich im internet auf die suche gemacht und bin tatsächlich fündig geworden. „metatheologie“ als begriff kann vereinzelt gefunden werden. dabei scheint es zwei hauptrichtungen zu geben die sich beide aus unterschiedlichem verständnis der griechichen präposition meta (meta.) ergeben.

    1. metatheologie geht über die theologie hinaus
    hier wird metatheologie so gesehen wie die metaphysik. was das genau ist kann ich nicht recht fassen. aber wie metaphysik etwas ist, was über das physische hinausgeht, geht auch die metatheologie über das theologische hinaus. wenn man bedenkt, dass der forschungsgegenstand der theologie gott selbst ist, kann man sich kaum vorstellen, was das sein soll, was über gott hinausgeht… 🙂
    2. mtetatheologie denkt über die theologie und ihre methoden und quellen nach.
    metatheologie in diesem sinne orientiert sich an wolfgang metzgers begriff der „metakommunikation„: kommunikation über kommunikation. so ist metatheologie „nachdenken über theologie und ihre methoden und quellen“.
    der begriff scheint bereits im 16.jahrhundert ähnlich verwandt aufgetaucht zu sein. nämlich bei heinrich bullinger (1504-1575). bullinger war einer der grossen schweizer reformatoren, nachfolger zwinglis, nachdem dieser im krieg gefallen war und einer der vordenker und wegbereiter des calvinismus. es ist schon traurig für mich als evangelikalen, der den gedanken der prädestination völlig ablehnt, dass ausgerechnet ein prä-calvinist den begriff der metatheologie geprägt. doch ein trost ist mir geblieben: an der synode von dordrecht:“die lehrregeln von dordrecht“:http://de.wikipedia.org/wiki/Lehrregeln_von_Dordrecht :“calivinismus bei wikipedia“:http://de.wikipedia.org/wiki/Calvinismus, bei der der calvinismus „gegründet“ wurde, hat er nicht teilgenommen. da war er schon tot (wie auch calvin selbst).

    leider kenne ich bullingers werk nicht einmal in ansätzen. ich habe auch nur eine einzige quelle gefunden, die sich mit seiner metatheolgie auseinandersetzt::“bullingers metatheologie“:http://www.solideogloria.ch/Bullinger/DAS%20ANLIEGEN.htm. der artikel ist wenig aufschlussreich, aber so wie ich es verstehe, hat er sich darüber gedanken gemacht, wie theologie entsteht.
    sein leben zeigt ihn aber deutlich als kind seiner zeit. er war ein reformator, autor von confessiones und damit im denominationalismuns und rein rationaler theologie verhaftet. wenn sich jemand mit bullinger gut auskennt und mir weitere informationen über seine metatheologie geben kann, wäre ich für einen kommentar sehr dankbar!

    das ist nicht die metatheologie von der ich hier schreibe. das, was ich meine kann nicht denominationell verstanden oder ausgeschlachtet werden. im gegenteil: es will eine grundlage schaffen für ein erkennen und (er)leben der glaubensinhalte zwischen den grossen bekenntnisrichtungen. damit aber auch für ein ausbrechen aus dem konfessionalismus.
    ich sehe darin eine der grössten stärken unserer generation von christen: dass ein miteinander über die grenzen der denominationen möglich wird. dass evangelische mit katholischen gläubigen reden und charismaten mit evangelikalen gottesdienste feiern. der fehler ist nur, dass es oft zu einer profillosigkeit kommt, wo man sich zwar auf dem kleinsten gemeinsamen nenner trifft, aber sich nicht gegenseitig befruchtet sondern nur stehenlässt.

    die letzte seite, die ich gefunden habe, die metatheologie auch in diesem sinne verwendet ist ein artikel bei postmoderne-theologie.de. hier geht es darum, die theologie und ihre systeme „von oben zu sehen.“ der artikel:“metatheologie in der pomo-theologie“:http://postmoderne-theologie.de/de/christian.html ist sehr lang und beschäftigt sich nur in wenigen kurzen sätzen mit dem thema. ich gebe zu, ihn nur teilweise gelesen zu haben…

die metattheologie stellt sich den menschen (egal ob gläubig oder ungläubig) als eine black box vor. auf der einen seite geht die erkenntnis gottes hinein (die offenbarung wird aufgenommen), aus der anderen seite kommen handlungen und glaube (in form von ansichten und theologie heraus). dazwischen passiert etwas mit der offenbarung: sie wird erkannt und verarbeitet. das ergebnis, das dabei herauskommt ist von mensch zu mensch unterschiedlich, es muss also etwas innermenschliches geben, was die offenbarung, mal so, mal so, verarbeitet:“(ein schönes beispiel ist römer 1,16-21, hier sagt paulus, dass eigentlich jeder mensch ein wissen von gott hat, aber es nicht bei jedem dazu führt, dass gott gepriesen und gedankt wird. das bedeutet im sinne der metatheologie, dass dasselbe in allen menschen ist, aber die reaktion durchaus verschieden ausfällt. : „)“:.
blackbox
jesus hat diese eigenschaft des hörers in einem streitgespräch mit pharisäern zum ausdruck gebracht: „Nichts, was von außen in den Menschen hineinkommt, kann ihn unrein machen, sondern was aus dem Menschen herauskommt, das macht ihn unrein.“ (markus 7,15:“(nach der einheitsübersetzung)“: ). als ihn seine jünger danach befragten erklärte er ihnen, dass es egal ist, was der mensch isst (eine starke aussage für einen juden!), denn essen geht nur in den bauch und dann ins klo. aber das, was der mensch tut und sagt entspringt seinem innersten (seinem herzen) und kann sehr wohl sünde sein und den menschen verunreinigen.
das ist interessant, denn wir neigen als menschen dazu, diesen umstand ganz anders zu sehen. wir sehen uns gerne als geschöpf unserer umwelt und wissen für alles negative verhalten gründe anzuführen, die aus der erziehung, gesellschaft oder (neuer) der genetik kommen. „ich bin eben so, weil meine eltern schon so waren und ich eine (un)glückliche kindheit hatte. etc.“ dem steht das wort jesu entgegen: nicht was andere in uns hineingetragen haben macht uns unrein (verändert uns negativ) sondern das, was wir daraus machen. äussere umstände mögen uns anlässe zur schlechten entwicklung bieten, aber sie zwingen uns nicht dazu, uns negativ zu entwickeln. wir sind nicht in diesem sinne vorher- oder fremdbestimmt.
ich glaube, dass jesus in diesem satz den menschen als blackbox anspricht. es können ja zwei menschen auf dieselben umstände völlig unterschiedlich reagieren. der eine wächst in ärmlichen verhältnissen auf und bleibt sein leben lang arm, der andere wird vom tellerwäscher zum millionär. der eine wächst in einer reichen familie auf und wird ein unausstehlicher dandy, der andere distanziert sich von seiner vergangenheit und baut gemeinde (wie franz von assisi). im englischen gibt es eine redensart, die beschreibt, wie unterschiedlich menschen auf (neagtive) erlebnisse reagieren: „it will either make you bitter or better“. das beschreibt es genau.
welche reaktion genau auf einen reiz von aussen kommt kann niemand genau vorhersagen. man kann natürlich mit einer gewissen wahrscheinlichkeit einen verhaltensspielraum prognostizieren, aber sicher kann man sich nicht sein. jeder, der mit menschen zu tun hat kennt dieses phänomen der überraschenden fehleinschätzungen. man nimmt all seinen sachverstand zusammen und denkt voraussagen zu können, wie jemand sich in der einen oder anderen situation verhalten und entwickeln wird und – es kommt ganz anders. als ich meine theoretische fahrprüfung bestanden hatte sagte der fahrlehrer: „das hätte ich nie gedacht, dass du das beim ersten mal schaffst.“ er war vom fach und hatte jahrzehntelange erfahrungen auf dem gebiet. alles sprach gegen mich und dennoch habe ich es geschafft. menschliche reaktionen sind nicht 100%ig vorhersehbar.

humberto maturana :“(humberto maturana: „was ist erkennen?“, münchen, 1994, seite 36)“: hat das sehr schön auf den punkt gebracht als er schrieb: „als strukturdeterminierte systeme sind wir von aussen prinzipiell nicht gezielt beeinflussbar, sondern reagieren immer im sinne der eigenen struktur. so kann ich nicht steuern, wie meine worte wirken: jeder liest, was er oder sie liest, dafür trage ich keine verantwortung! nicht der text legt fest, was sie lesen, sondern ihre strukur, ihre befindlichkeit.“
das bedeutet, dass nicht etwas äusseres über meine reaktion entscheidet, sondern inneres. um ein bild zu benutzen: wenn ich mit einem hammer auf einen gegenstand schlage, dann bestimmt die struktur des gegenstandes was der schlag ausrichtet. ein stein wird zerplatzen. wenn ich aber auf einen fussball schlage springt der hammer wieder zurück.
die vorstellung, dass gott zu menschen direkt sprechen und damit eine gezielte, immer gleiche, reaktion hervorruft ist schlicht eine illusion. je nachdem ob die zuhörer bälle oder steine sind, wird das ergebnis anders aussehen.

diese tatsache sollte zwei weitreichende konsequenzen haban:

    1. wie wir geistliches wachstum herbeiführen.
    trinity hat in ihrem blog einen interessanten post über die unterschiede zwischen scholastischer und monastischer theologie gepostet:“scholastik vs monastik“:http://daggionline.blogspot.com/2005/08/unterschied-zwischen-scholastischer.html. ich zitiere einmal die wensentlichen unterschiede:
    „Scholastische Theologie ist „sitzende Theologie“. Ihr Ziel ist der Erwerb von Wissen und das Vorantreiben von Wissenschaft. Dialektische Argumentation, Logik und Vernuft sind ihre Mittel. Wenn man ihre Vorgehensweise in einen Dreischritt packen will, dann wäre das – Lectio (Lektüre)
    – Quaestio (Fragestellung) und schließlich
    – Disputatio (kontroverse Diskussion zur Fragestellung.

    Demgegenüber könnte man die monastische Theologie eher als die „knieende Theologie“ bezeichnen. Ihr Ziel ist der Erwerb von Weisheit, innerem Verstehen und die Erkenntnis eher übergeordneter Zusammenhänge. Ihr Mittel ist die Lectio Divina, die sich in den Dreischritt

    – Lectio (Lektüre)
    – Meditatio (inneres Verkosten)
    – Oratio (Gebet)

    fassen lässt.“

    in diesem sinne würde ich der monastischen theologie recht geben, denn die scholastische zielt auf wissen, die monastische auf veränderung. fragen und diskutieren sind mittel der logischen wissensaufnahme, während meditation und gebet zu einer veränderung des menschen (seiner struktur) führen. ausgehend von maturanas definition kann wissen den menschen nicht verändern. es kann an ihn herangetragen werden und eine reaktion auflösen, die 100% darauf zurückzuführen ist, wie er „tickt“. meditation aber ändert den menschen selber im sinne von römer 12 und verändert seine fähigkeit, mit gott zu leben und von gott zu lernen. seine erkenntnisfähigkeit der göttlichen offenbarung ändert sich. das ist der grund, warum eigentlich alle mir bekanntes geistlichen „heavys“ (blödes wort, ich hab gerade kein anderes), die meditation über das studium setzten. vielleicht ist das auch der grund dafür, dass die scholastik so eine kalte und irgendwo geistlose epoche der kirchengschichte war während teilweise gleichzeitig die mystischen bewegungen voll leben und inspiration waren. ich wäre immer mystiker gewesen!
    was für die persönliche frömmigkeit gilt sollte sich auch im gottesdienst und allgemein in der konzeption des gemeindlichen lehrangebots niederschlagen. wie, weiss ich auch nichz, aber es hat sich gezeigt, das blosse biblische richtigkeiten kein leben verändern können. lehre müsste mehr so angelegt sein, dass sie die struktur verändert statt menschen „von aussen“ anzustossen.

    2. wie wir miteinander reden.
    neben gottesdienst, persönlichen frömmigkeit und geistlicher disziplin müsste die erkenntnis des strukturdeterminismus zu einer veränderten gesprächskultur führen. theologische diskussionen waren schon immer von einem starken bedürfnis danach geprägt „recht“ zu haben, sich durchzusetzen, zu gewinnen. dabei haben sich dinge verschoben. es geht nicht darum etwas richtiges zu wissen sondern von etwas richtigem geprägt zu sein. damit befindet sich die theologische diskussion, die nur zu doktrin führt auf dem holzweg.
    die geschichte gerade der katholischen kirche mit lehrverboten, päpstlichen bullen usw. weist darauf hin, dass theologischer diskurs oft auf einen machtkampf hinausläuft der irgendwann durch ein höheres amt entschieden wird. konsequent zu ende gedacht kommt es dann beim christentum nur noch darauf an den richtigen lehrsatz zu kennen und zu bekennen. so wird aus dem biblischen glauben als vertrauen ein religiöser glaube des für-wahr-haltens. ein himmelweiter unterschied ob jemand gottes existenz dogmatisch bejaht oder gott sein leben anvertraut.theologisch wäre eine umwertung aller werte dran. nicht mehr ein wissen hochzubewerten, dass doch aussen bleibt und den menschen in seiner struktur nicht ändert; statt dessen das hoch zu bewerten was den menschen in eine beziehung zu gott bringt und in dieser wachsen lässt. also das, was letzten endes ihn selber ändert.

das war mal wieder ein langer und trockener post. deshalb noch was lustiches am ende: http://www.evilhell.net/?p=251

mist, habe den artikel versehentlich gelöscht. bin etwas am basteln gerade. sorry wegen der störungen…

eigentlich sollte jetzt ein weiterer beitrag zum thema „was bestimmt unsere erkenntnis?“ kommen. aber ich hatte ja schon vorgewarnt, dass hier nicht alles in der richtigen reihenfolge erscheinen wird.

eine frage, die mich in der letzten zeit immer wieder beschäftigt hat ist, ob sich die metatheologie in der bibel findet. natürlich ist das nicht die allerentscheidenste frage, denn es geht ja nicht darum, nur dinge zu machen, denken oder kommunizieren, die sich direkt in der bibel wiederfinden. es geht um den geist und nicht um den buchstaben. aber dennoch spielt die bibel eine der absoluten hauptrollen in meinem leben, sie bestimmt vieles von dem was ich tue oder lasse und baut meinen glauben auf. von daher will ich am liebsten dinge predigen und schreiben, die sich in der bibel wiederfinden.
ich glaube, dass jesus an mindestens einer stelle über metatheologie gelehrt hat: matthäus 13, markus 4 und lukas 8. jeweils am anfang des kapitels steht das gleichnis des sämanns, der den samen auf sein feld ausbringt:

Ein Sämann ging aufs Feld, um seinen Samen auszusäen. Als er säte, fiel ein Teil der Körner auf den Weg; sie wurden zertreten, und die Vögel des Himmels fraßen sie. Ein anderer Teil fiel auf Felsen, und als die Saat aufging, verdorrte sie, weil es ihr an Feuchtigkeit fehlte.7 Wieder ein anderer Teil fiel mitten in die Dornen, und die Dornen wuchsen zusammen mit der Saat hoch und erstickten sie.Ein anderer Teil schließlich fiel auf guten Boden, ging auf und brachte hundertfach Frucht. Als Jesus das gesagt hatte, rief er: Wer Ohren hat zum Hören, der höre!(lukas 8,5-8 nach der einheitsübersetzung)

der same bringt, je nachdem wohin er fällt zwischen keiner und sehr vieler frucht. in einer erklärung des gleichnisses sagt jesus dann seinen jüngern klipp und klar, dass der same das wort gottes ist.

offenbar sagt das gleichnis, dass das selbe wort gott (offenbarung) von unterschiedlichen menschen verschieden verstanden wird (erkenntnis). das ist zugleich auch eine kernaussage, die ich rüberbringen will. jesus unterschied in seinem gleichnis nur vier verschiedene ackerböden, aber es ist auch nicht gesagt, dass diese liste erschöpfend ist. oft ging es jesus in seinen predigten ja nur darum, ein prinzip zu erklären und das prinzip wäre dann eben, dass es auf den menschen ankommt, wie gottes wort aufgenommen wird.
die kategorien, die jesus nimmt kommen aus dem ackerbau, ebenso wie das ganze gleichnis. das bedeutet, dass das bild, das er vorgefunden und benutzt hat schon die zahl der möglichen wahrnehmungen begrenzte. da gab es ben nur die vier möglichkeiten: weg, dornen, steine, gute erde. wenn er vor anderen zuhörern gepredigt und damit das gleichnis anders gewählt hätte, wären möglicherweise andere kategorien herausgekommen. aber auch davon abgesehen lässt das gleichnis raum für viele interpretationen. eines aber ist vollkommen klar, egal wie man die details auslegt: der hintergrund eines menschen bestimmt, wie er die offenbarzung gottes versteht und erkennt.

meiner meinung nach geht das gleichnis aber noch tiefer. jesus wollte nicht einfach auf einen missstand hinweisen, in dem sich die herzen der zuhörer befanden. er wollte auch nicht, wie böse zungen vielleicht behaupten könnten, eine rechtfertigung dafür liefern, warum so wenige leute ihn verstanden und nachfolgten. ich glaube, dass er den zuhörern eine realistische chance bieten wollte, ihr herz zu bessern und für gottes wort vorzubereiten.
es ist kein schicksal, wenn das wort gottes in unserem leben wenig oder sogar keine frucht bringt. es hat einfach etwas damit zu tun, wie wor hören und handeln. es hat etwas mit uns zu tun und wir können uns dahingehend ändern, dass wir gottes wort anders und besser aufnehmen und umsetzen.

bevor jesus diese predigt hielt sah es vielleicht wie etwas unveränderbares aus: „der versteht gott besser als ich“, wurde als eine unveränderliche grösse angesehen werden, mit der man geboren wird. nach dieser fundamentalen predigt war diese entschuldigung nicht mehr möglich, denn auf einmal konnte man geistliche problemzonen identifizieren und verstehen, warum das wort so wenig frucht bringt.
ein sprichwort sagt: „problem erkannt, gefahr gebannt“. das trifft auch hier zu. wenn man weiss, was dem wort entgegensteht, kann man an diesem punkt gezielt beten und schritte unternehmen um verändert zu werden. auch hier greift wieder römer 12,1-3, die veränderung des sinnes, die so wichtig ist im christentum.
ich glaube, dass der ausweg, den jesus jedem bietet, der denkt, dass er nicht genug von gott empfängt (und ganz sicher weniger als andere!) in drei stufen abläuft:

    1. erkennen, dass es gründe gibt.
    das ist ein wichtiger schritt, solange man nicht weiss, dass es gründe für mangelndes wachstum gibt, und dass diese gründe von uns veränderbar sind, wird man die situation hinnehmen. einige werden von genen reden, andere von gottes unerforschlichem willen; das resultat wird das gleiche sein: nichts ändert sich.
    2. erkennen, welche gründe es sind.
    wer weiss, dass es gründe gibt wird motiviert sein, weiterzugehen und herauszufinden, welche gründe es sind. die gründe im gleichnis vom sämann sind ein gutes gerüst. aber es ist auch gut, noch mehr dazuzunehmen. gerade erziehung und ausbildung scheinen mir wichtige faktoren zu sein, die bei vielen die erkenntnis gottes schmälern.
    3. geeignet schritte gehen.
    ein problem zu erkennen ist nicht alles. man muss es auch noch lösen, bevor frucht kommt. hier geht es um gebet, meditation, seelsorge, aktionen, usw. um alles, was angetan ist, den herzensboden auf den der same fällt zu verbessern. gerade gebet ist wichtig, damit gott uns zeigen kann, was wichtig ist. oft reichen die menschlichen quellen nicht aus um das wahre problem zu identifizieren.

mit der metatheologie ist es das gleiche, nur dass mir im moment noch die sicht des letzten schrittes fehlt. im prinzip wäre es interessant diesen auch noch zu thematisieren, aber eine handlungsaufforderung ist in einem so philosophischen thema wie erkenntnistheorie schwer zu formulieren.
mir geht es ja in erster linie darum zu zeigen, dass theologische erkenntnis immer in einem rahmen stattfindet. natürlich kann man aus der kenntnis seines hintergrundes verbesserungen anstreben. das sollte man auch. viele die feststellen, dass sie durch ihre sprache manchmal begrenzt sind lernen die grundsprachen und versuchen die bibel in griechisch und hebräisch zu lesen. das ist mit sicherheit ein schritt in richtung eines tieferen bibelverständnisses. wenn jemand merkt, dass er ständig seinen politsichen, ethischen, nationalen, oder anderen hintergrund in die bibel hineinliest, sollte sich unbedingt davon frei zu machen versuchen.
dennoch kann die metatheologie nicht eine allgemeine marschrichtung angeben. selbst in diesem bereich gilt noch, dass theologische erkenntnis individuell ist. niemand kann genau sagen, wie man erkennen soll und was das ziel ist.
aber ich bin überzeugt davon, dass eine beschäftigung mit den rahmenbedinungen für erkenntnis nicht nur zu einer höheren duldsamkeit gegenüber anderen meinungen führen würde sondern auch zu einer intensiveren und – subjektiv – besseren erkenntnis gottes.

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