30. September 2005 in bücher und literatur, vermischtes 2

baden

die letzten tage (wochen? wochen!) waren ganz schön anstrengend. viel unterwegs gewesen, schwierige gespräche und viele termine gehabt. ich mag das, aber manchmal ist es auch hart. habe dann gestern mal einen tag blau gemacht, zumindest den grössten teil und eine interessante beobachtung gemacht:
als ich mich um 11:30 mit niklas luhmann (soziale systeme) und hedwig courths-mahler (griseldis) in die badewanne gelegt habe hatte ich ein schlechtes gewissen. schon seltsam, aber es kam mir völlig dekadent und irgendwie falsch vor an einem freien tag nichts zu tun. wieso ist das so? eigentlich ist „nichts“ ja die beste beschäftigung an freien tagen. dafür hat man sie ja. ich habe jedenfalls beschlossen, nicht auf das gefühl zu hören und einfach weiter nach einer zeile von heinz erhardt zu handeln:

„schön ist es mal nichts zu tun und dann vom nichts-tun auszuruh´n!“

courths-mahler ist ganz schön krass. ihr groschenroman (genauer: 2DM) „griseldis“ lag in der pension rum in der wir jfi-ä-kreistreffen gemacht haben (zwischen reiseführern und dem „bunten buch der flugzeugkatastrophen, das sprotte studiert hat). ich habe mir das machwerk mal geliehen um es zuende zu lesen. noch nie einen kitschroman gelesen. aber jeder sollte mal ein buch gelesen haben, was auf folgende worte endet:

graf harro und seine junge, schöne frau lebten so glücklich miteinander, dass griseldis zu ihrem gatten sagte:
„mir könnte bange werden vor der grösse meines glücks, mein harro!“
da zog er sie fest an sich und sah ihr tief hinein in ihre sonnenaugen.
E N D E

29. September 2005 in vermischtes 0

spampenner

mittlerweile ist auch dieser blog von spammern gefunden worden. aber sie kommen nicht durch, hehehe. die kommentare bleiben immer an der moderation hängen und werden schneller gelöscht als die penner sie neu schreiben können. ich liebe wordpress!

Denn mein Volk hat doppeltes Unrecht verübt: Mich hat es verlassen, den Quell des lebendigen Wassers, um sich Zisternen zu graben, Zisternen mit Rissen, die das Wasser nicht halten. (jeremia 2,13 nach der einheitsübersetzung)

dieser vers ist mir schon seit jahren sehr wichtig, was in sofern bemerkenswert ist als ich ansonsten mit jeremia meine liebe not habe.
ich stelle immer wieder fest, dass ich eine tendenz habe genau das gleiche unrecht zu verüben wie das volk israel: gottes lebendiges wasser (den heiligen geist) zu verlassen um mir ein paar fiese, löchrige zisternen zu bauen. heute war z.b. ein tag, an dem ich in der gefahr stand, genau das zu tun. gestern war ich spät im bett weil ich noch was am predigerseminar gemacht habe. heute morgen nach fünf stunden schlaf raus und weitergemacht.
schlafmangel führt bei mir oft dazu, dass ich etwas leichter genervt bin als sonst. in diesen situationen sehnt man sich nach entspannung und tut oft genau das falsche: fernsehen (na gut, wir haben keinen fernseher, schauen aber gerne über beamer akte X), essen, usw. phasenweise falle ich darauf rein und merke manchmal erst nach ein paar tagen, dass mich das eigentlich nicht wirklich aufbaut.
heute war ich stattdessen beten. nicht mal lange, nur eine halbe stunde oder so, aber es hat geholfen. ich weiss, dass das leicht „fromm“ klingt, ist es aber nicht. geistliches leben ist die beste entspannung, die es gibt. gerade, wenn müdigkeit von niedergeschlagenheit begleitet wird gibt es nichts effektiveres als beten, predigt hören, bibel lesen, lobpreis etc. das ist es, was uns wieder ausrichtet. natürlich ist das manchmal ein kampf und es dauert bisweilen etwas, bis man „duchgebrochen“ ist und sich auf gott ausgerichtet hat, aber dann gibt es wirklich kraft, frieden, freude usw.

in dem vers sehe ich zwei wichtige lektionen, die viele christen nicht kapiert haben:
1. es gibt nur ein frisches wasser
es gibt nur eine quelle von kraft von erbauung: geistliches leben. das spricht nicht dagegen, sich was gutes zu tun. sport, freizeit, gemeinschaft, parties usw. sind sicherlich gute dinge. aber sie dürfen nicht die regelmässige zeit mit jesus ersetzen. sie bringen auf dauer einfach nicht das, was wir von ihnen erwarten.

2. gottes geist ist schon da
gott sagt durch jeremia, dass das volk sein frisches wasser verlassen hat. gottes geist ist also schon da. er ist in uns. oft kommt es uns so vor, als würde uns gott irgendwann in der zukunft segnen und aufbauen. viele hoffen auf eine zeit, in der gott seinen „geist ausgiesst“, einen „unterschied macht zwischen christen und heiden“ usw. tatsache ist, dass diese zeit jetzt gerade da ist. gott wird den geist nicht ausgiessen, er hat ihn schon ausgegossen. er hat damit pfingsten vor zweitausend jahren angefangen und hat den geist seither nicht zurückgerufen.
geistliches leben beginnt da wo wir lernen, das, was gott uns schon längst gegeben hat zu benutzen und in unser erbe hineinzukommen!

Als ich neulich unser Auto von der Inspektion abholen ging, traf ich an der Bushaltestelle einen alten Kollegen aus der Schul- und Drogenzeit. Die Jahre waren nicht gut zu ihm gewesen und er sah aus, als wäre er noch immer gut dabei. Irgendwann kam die unvermeidliche Frage: „und, was machst du?“, eine absolute Steilvorlage für ein evangelistisches Gespräch: „ich habe mich vor zehn Jahren bekehrt, Jesus hat mich von Drogen frei gemacht und jetzt bin ich Pastor bei den Jesus Freaks“, sagte ich – nicht. Und er fragte nicht nach, was das mit Jesus soll, übergab ihm nicht gleich an der Bushaltestelle sein Leben und ich habe ihn auch nicht am selben Vormittag in der Ruhr getauft. Statt dessen sagte ich „äh, ich also, ich mache…“ und er vervollständigte meinen Satz „…mal dies, mal das, wie wir alle“, verabschiedete sich und ging weiter. Mist!

In solchen Augenblicken kommt immer wieder ein urdeutscher Gedanke trotzig hoch: „Glaube ist doch sowieso Privatsache und geht keinen was an.“ Ein dezenter Fisch am Auto ist ok, aber man will ja keinem auf die Nerven gehen, das schreckt die Leute eh nur ab. ist. Aber im Grunde unseres nicht immer ganz aufrichtigen Herzens wissen wir doch, dass das nicht stimmt. Jesu Vision, sein ganzer Lebensinhalt, war, dass alle Menschen seinen Vater im Himmel kennenlernen; das war auch sein Vermächtnis an seine Jünger: „geht in alle Welt und sagt allen Menschen, was ich Euch gesagt habe, macht alle zu Christen.“ (nach Matthäus 28).
Solange wir uns noch über verpasste Gelegenheiten ärgern stimmt immerhin die Grundvoraussetzung: wir wollen anderen von Jesus erzählen. Niemand, der mit Jesus lebt und Erfahrungen mit ihm gemacht hat, kann schweigen wollen, denn „wovon das Herz voll ist, davon spricht man“. Es ist eine Sache mal eine Gelegenheit zu verpassen und eine ganz andere, wenn der Glaube so tot ist, dass man gar keine Gelegenheit mehr sucht. Mut ist erst das zweite worauf es ankommt, das erste ist eine lebendige, leidenschaftliche Beziehung mit Jesus. Wenn der Wunsch da ist, anderen das Evangelium zu erzählen, ergeben sich immer wieder Gelegenheiten.

Ein paar Monate später bin ich mit dem Zug nach München gefahren. In Solingen stieg eine ältere Dame zu, kam in mein Abteil, trat mir auf den Fuss, entschuldigte sich umständlich, schaute mich an und sagte: „sie sind ein christlicher Mensch.“ Ich hatte kein christliches T-Shirt an und trage auch keine Kreuzkette oder ähnliches, aber manchmal scheint der Heilige Geist in uns Menschen anzusprechen ohne dass wir ein Wort sagen. Diesmal war ich mutiger und bis sich in Köln unsere Wege trennten konnte ich von Jesus erzählen und am Ende haben wir Adressen ausgetauscht.

Diese kleinen Gelegenheiten kommen uns oft gar nicht in den Sinn, wenn wir von Evangelisation reden. Wir denken unwillkürlich an die Grossveranstaltungen der Grahams, Hybels´ und Bonnkes. Oder an die Pfingstpredigt von Petrus bei der sich mal eben 3.000 Menschen bekehrt haben. Aber das ist nur eine Form von Evangelisation. Petrus selbst wurde von seinem Bruder zu Jesus geführt. Reinhard Bonnke hat sich schon als Kind durch das Zeugnis seiner Eltern bekehrt. Genau wie Timotheus, den der Glaube seiner Mutter und seiner Oma zu Jesus gebracht (2.Timotheus 1,5). Die Berufung der Jünger in Johannes 1 ist eine reine Beziehungsgeschichte: Andreas hört es von Johannes und sagt es Simon; Jesus trifft Philipus, der es wiederum Natanael weitersagt.
So breitet sich das Evangelium aus: Menschen sind begeistert von Jesus und es erzählen es ihren Freunden, Kindern und Kollegen; auf der Arbeit, in der Schule, beim trampen, im Urlaub, im Freibad, auf der Strasse, im Kino, in der Disco und im Schützenverein.

Glaube ist keine Privatsache, die nur uns selber was angeht. Bereit zu sein anderen von Jesus zu erzählen ist genauso ein wichtiger Punkt im christlichen Glauben wie beten und bibellesen. Alles, was nötig ist sind ein lebendiger Glaube und der Mut zur richtigen Zeit das richtige zu sagen. Für beides kann man beten.

hebräer 12:3 sagt nach der elberfelderübersetzung: „… betrachtet den, der so großen Widerspruch von den Sündern gegen sich erduldet hat, damit ihr nicht ermüdet und in euren Seelen ermattet!“ anders als andere deutsche übersetzungen entscheidet sich die elberfelder für „bretrachten“. alle anderen übersetzen in die richtung von „bedenken“. rein vom wort her ist das so auch richtiger, vnalogi,zomai (analogizomai) bedeutet „abwägen, bedenken, usw.“. dennoch finde ich die elberfelder übersetzungsvariante gelungen, denn genau das ist ja der sinn bei tiefem nachdenken über jesus, dass ein innneres bild entsteht. nach meinem verständnis hat dieses „erwägen“ die bedeutung von meditation, einem fortwährenden, tiefen kreisen der gedanken um jesus.

eine andere stelle im hebräerbrief greift den gedanken noch einmal auf und führt ihn fort:
… Laßt uns mit Ausdauer in dem Wettkampf laufen, der uns aufgetragen ist, 2 und dabei auf Jesus blicken, den Urheber und Vollender des Glaubens; … (hebräer 12,1-2 nach der einheitsübersetzung). hier schreibt die elberfelder „hinschauen“, schlachter „im aufblick“. alle drei varianten geben das griechische avfora,w (aphoraoo) gut wieder. es bedeutet hinsehen, „etwas mit den augen fixieren“. irgendwo las ich sogar, es kann bedeuten „von allem anderen wegsehend sich auf eine sache konzentrieren“. leider kann ich das zitat gerade nicht nachweisen.

was auf jeden fall dabei herauskommt ist, dass wir auf jesus schauen sollen. dass wir uns mit ihm auseinandersetzen sollen bis ein inneres bild entsteht, dass die „erleuchteten augen unseres herzens“ (epheser 1,18) ihn sehen sollen. hier kommt auch die christliche redewendung her, dass wir „auf jesus sehen sollen.“

kruzifixin den letzten tagen beim beten habe ich mir immer wieder die frage gestellt „was sehe ich, wenn ich auf jesus sehe?“.
man kann diese frage ganz unterschiedlich beantworten, ja nachdem in welchem stadium seines lebens man jesus sieht, also womit man sich gerade beschäftigt. wenn ich die evangelien lese sehe ich meistens jesus, den freund der sünder, der heilend, segnend und predigend durch die lande zog. im lobpreis sehe ich oft den erhöhten und verherrlichten jesus vor mir (philipper 2,9ff). aber in den letzten tagen sehe ich den jesus dazwischen vor mir. den gekreuzigten jesus. ich habe ein kruzifix mit korpus vor mir auf dem schreibtisch stehen. alex hat es mir einmal geschenkt. es ist schon was älter, einige finger sind abgebrochen, aber es hilft mir, den gekreuzigten jesus zu sehen.

was wir sehen, wenn wir jesus am kreuz sehen ist jesaja 53,2-6:
Er hatte keine schöne und edle Gestalt, so daß wir ihn anschauen mochten. Er sah nicht so aus, daß wir Gefallen fanden an ihm.
Er wurde verachtet und von den Menschen gemieden, ein Mann voller Schmerzen, mit Krankheit vertraut. Wie einer, vor dem man das Gesicht verhüllt, war er verachtet; wir schätzten ihn nicht.
Aber er hat unsere Krankheit getragen und unsere Schmerzen auf sich geladen. Wir meinten, er sei von Gott geschlagen, von ihm getroffen und gebeugt.
Doch er wurde durchbohrt wegen unserer Verbrechen, wegen unserer Sünden zermalmt. Zu unserem Heil lag die Strafe auf ihm, durch seine Wunden sind wir geheilt.
Wir hatten uns alle verirrt wie Schafe, jeder ging für sich seinen Weg. Doch der Herr lud auf ihn die Schuld von uns allen.

wenn wir auf jesus sehen, sehen wir irgendwo an seinem zerstörten körper unsere sünde. das, was wir gerade tun, was wir nicht unter die füsse bekommen und was wir vielleicht auch nicht gerne lassen wollen; irgendwo an seinem körper können wir es sehen.
wenn wir auf jesus sehen, sehen wir irgendwo an seinem geschundenen körper unsere krankheit. der krebs der an uns frisst, die migräne an die wir uns fast gewöhnt haben, alle krankheit dieser welt ist irgendwo an diesem kreuz.
wenn wir auf jesus sehen, sehen wir irgendwo an seinem sterbenden körper unsere schmerzen. all die verletzungen von früher und die angst vor der verletzung von morgen. all das, was uns seelisch zu schaffen macht, sehen wir irgendwo auf jesus liegen.

petrus hatte jesus so gesehen, sonst hätte er nicht schreiben können, dass wir in seinen wunden geheilt sind (1.petrus 2,24). paulus hat diesen jesus den galatern vor augen gemalt (galater 3,1), er wollte, dass sie den gekreuzigten jesus vor ihrem inneren auge sehen konnten. warum?

weil irgendwann, wenn wir lange genug auf den gekreuzigten jesus gestarrt haben, eine leise frage in uns immer lauter werden wird: „wenn er schon meinen schmerz, meine krankheit, meine schuld und meinen fluch (galater 3,13) getragen hat, warum sollte ich es dann auch noch tragen?“. für viele von uns wird das der moment der befreiung sein, wenn wir das, was uns belastet und was wir durch das leben schleppen am kreuz von golgatha hängen sehen.

ich hatte eine kleine vision dazu. leider kann ich es nicht umsetzen, weil ich kein künstler bin. ich habe vor meinem inneren auge eine kapelle gesehen, die ein wenig aussah, wie ein pharaonengrab im tal der könige. es waren mehrere räume, die durch einen langen flur verbunden waren. in den räumen waren installationen von kreuzen.
in einem raum stand ein kreuz mit einem jesus, der sehr krank aussah. er hing am kreuz und war sehr dünn, mit beulen und tumoren und allerlei fiesen ausschlägen usw. wenn man den raum betrat wusste man, jesus hat die krankheiten der welt auf sich genommen. es gab farbe, zettel, stifte und medizinbücher in dem raum. so konnte man seine eigene krankheit an den körper jesus malen, oder auf einen zettel schreiben und an ihn heften oder aus einem der fachbücher ausschneiden und an ihn hängen. später konnte man aus dank eine räucherkerze vor dem kreuz anzünden.
mit der zeit konnte man jesus nicht mehr erkennen. er war zumüllt mit allen möglichen krankheiten. die botschaft war klar: jeder kann seine krankheit an ihm finden.

im nächsten raum war ein jesus, der alle schmerzen der vergangenheit auf sich genommen hat. hier hiessen die schlagwörter „missbrauch“, „angst“, „einsamkeit“ usw. wieder konnte man seine persönliche geschichte an jesus finden oder an ihm anbringen.

im nächsten raum hing ein sehr armer jesus.

im letzten raum hing ein jesus, der alle sünde der welt auf sich genommen hatte und die brücke zu gott bildete. es war ein jesus, der sagte: „ich bin der weg, die wahrheit und das leben. niemand kommt zum vater denn durch mich.“ wieder konnte jeder alles, was er je an sünde getan hat an jesus sehen. auf den wänden standen sünden mit verlaufender farbe und der ganze raum war in unheimliches licht getaucht. es war sehr flackern und es gab (anders als in den anderen räumen) unheimliche geräusche.

danach war nur noch ein raum. er bildete den abschluss und einen lebhaften kontrast zum schreckenskabinett der anderen räume. dieser raum war weiss. in der mitte stand ein leeres kreuz. alles fühlte sich frisch und sauber und nach neuem leben an. dieser raum war die erlösung. die freiheit von allem, was wir am kreuz gelassen haben.

vielleicht würde eine solche installation menschen helfen, das kreuz und die erlösung zu verstehen. oft machen wir uns keine vorstellung davon, was wirklich gegangen ist damals vor zweitausend jahren. unsere gemeinden haben keine kirchenfenster mehr, nur noch das gesprochene wort. früher konnten die gläubigen über den fenstern ihrer gotteshäuser meditieren und die tatsachen der heilsgeschichte visualisieren. die bilder, die in unseren herzen entstehen kommen zum grossen teil aus hollywood und haben kaum kraft uns zu dem zu machen, was jesus in uns sieht.
es wäre schön, mehr visuelles in unsere gottesdienste und meditaionszeiten zu kriegen!

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bild von: http://www.wirwellener.de/kibauwll/bilder/kruzifix.jpg
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[neu gepostet im September 2006 auf Hasos Tafel: 1|2]

ich will versuchen einen altbekannten philosophischen fehler zu vermeiden. manche drücken sich mit der beschreibung eines phänomens um seine exakte definition herum. was erkenntnis macht und wie sich auswirkt ist anhand der bibel und eingener spiritueller erfahrungen ziemlich leicht zu beschreiben. es erfordert natürlich immer noch etwas mühe, ist aber im grossen und ganzen viel einfacher als zu sagen, was erkenntnis genau ist.

ich komme mittlerweile zu folgender begriffsdefinition:
„erkenntnis ist ein plötzliches begreifen der offenbarung gottes, welches das leben des erkennenden verändert.“

soweit die theorie, nun der kommentar.
erkenntnis hat immer etwas plötztliches an sich. man kann sich durch gebet und meditation auf sie vorbereiten und so den erkenntnisprozess bis zu einem gewissen grad auch steuern. aber man kann nachher immer einen zeitpunkt ausmachen, ab wann man etwas kapiert hat. vielleicht kann man diesen zeitpunkt auch nur theoretisch ausmachen, weil man sich in der praxis nicht genau entsinnen kann und auch nicht exakt wahrgenommen hat, wann der prozess, der zur erkenntnis führte abgeschlossen ist. aber theoretisch könnte man. es gibt in allen geistlichen prozessen einen punkt an dem man „es hat“. ob man diesen selbst bestimmen kann ist irrelevant.
da es dennoch prozesse gibt, die auf erkenntnis zulaufen kann man sich erkenntnis wie lava vorstellen, die sich auf ein ziel zuwälzt und irgendwann da ist.

begreifen meint klar werden. dieses klarwerden ist nicht unbedingt nur eine reine verstandessache, obwohl der verstand immer daran beteiligt ist. manchmal geschieht ekenntnis aber auf eine weise, die wir nicht in worte fassen können. es kann sein, dass auf einmal nur eine „klarheit“ da ist, die mehr gefühlt als verstanden wird. manchmal ist es ein inneres bild. fast immer verbindet sich mit einer erkenntnis eine emotion. wir „verbinden etwas“ damit. die sprache ist voll von solchen metaphern, die im grunde nur sagen, dass etwas uns auf mehr als einer ebene anspricht.
gerade diesen teil kann man sehr schwer beschreiben weil es für verschiedene menschen unterschiedlich ist, wie sich erkenntnis vollzieht.

erkenntnis ist im sinne der metatheologie eine erkenntnis der offenbarung gottes. im rahmen der philosophischen epistemologie ist das natürlich eine nichtzulässige definition, aber es geht hier ja auch um theologie, nicht um philosophie. dabei ist es wichtig festzuhalten, dass die offenbarung immer schon da war, sie wird vorgefunden. alle erkenntnis gottes spielt sich auf dem fundament der bibel ab und die liegt schon seit jahrhunderten in dieser form vor. erkenntnis ist die menschliche annahme der dinge, die gott schon lange offenbart hat.
damit geht erkenntnis in unserem sinne auch immer von gott aus. es gibt phänomene, die sich genauso beschreiben lassen wie „unsere“ erkenntnis, aber diese werden sich in dem einen punkt unterscheiden, dass sie nicht ihren ursprung in gott haben.

schliesslich hat erkenntnis ein ziel und wenn dieses nicht erreicht wird, spreche ich nicht von erkenntnis. erkenntnis vollzieht sich da wo sie angenommen wird und eine veränderung im leben eines menschen mit sich bringt. solange das wort „leer zurückkehrt“ und nicht „ausgerichtet hat wozu es gesandt wurde“ (vgl. jesaja 55,11) ist die erkenntnis nicht abgeschlossen. dann wurde nur eine einsicht vermittelt.
an diesem punkt greift der freie wille: man kann verstehen ohne dass es einen einfluss auf das leben hat – einfach indem man ablehnt, sich gemäss des verstandenen zu verhalten. das ist es, was erkenntnis letztlich scharf vom wissen abgrenzt. wissen kann ohne konsequenzen bleiben. erkenntnis nicht.

wie stark sich das leben des erkennenden verändert hängt von vielen faktoren ab. man darf sich erkenntnis da nicht immer als eine vollverändernde sache vorstellen. die maximale veränderung geschieht bei der umkehr zu jesus. danach gibt es noch viele einschneidende veränderungen, aber auch einige, die so klein sind, dass sie kaum einer ausser dem erkennenden mitbekommt.

wann genau sich „wissen“ und „verstehen“, „angesprochensein“ und „berührung“ von erkenntnis trennen ist schwer zu definieren. aber spätestens in der konsequenz, wenn es darum geht ob ein leben jesusmässig verändert wurde oder nicht, kann man sagen ob erkenntnis stattgefunden hat oder ob ein mensch „totes“ wissen hat.
und: dadurch dass immer irgendwo eine beteiligung des verstandes dabei ist, kann man erkenntnistheoretische methoden auf den erkenntnisprozess anwenden.

20. September 2005 in vermischtes 0

baum abgesägt

montag ein paar bäume zusammen mit mirko abgesägt. schade drum, aber sie sollten halt weg. weitere fotos gibt es bestimmt bei mirko.funkensturm.de.

baum
baum

19. September 2005 in theologie und gemeinde 1

publikumspredigt

heute (=sonntag, 18.09.05) haben wir im gottesdienst eine publikumspredigt gemacht. das ganze war nicht ganz spontan, weil es schon am sonntag vorher angesagt worden ist, aber dennoch sehr geil. ich habe nicht selbst gepredigt, sonder jeder hatte bis zu maximal fünf minuten zeit etwas über einen bibelvers ihrer/seiner wahl zu sagen. am ende waren es sechs leute, die was gesagt haben, so dass wir auf eine gute predigtlänge gekommen sind.

ich muss sagen, dass ich schon ganz schön nervös war. es gibt ja viele prediger, die vor einer predigt nervös sind; das problem habe ich in der regel eigentlich nicht. meist bin ich nur angespannt und etwas angeregt, aber nicht richtig nervös. diesmal war ich es schon, weil man bei derartigen experimenten doch eine menge kontrolle über der gottesdienst abgibt und natürlich nicht sagen kann, ob es klappt. die hauptfrage war, ob überhaupt einer mitmachen wird.

am ende war es super und ich kann nur jeden ermutigen, so was mal anzutesten. jesus will nicht nur durch ein paar stars reden sondern durch sein volk. das ist wichtig im auge zu haben. wir reden zwar alle vom „universellen priestertum aller gläubigen“, aber in der praxis haben die gläubigen kaum gelegenheit dieses reformatorische prinzip zu leben. es gibt sicherlich viel mehr menschen in der gemeinde, die gott berufen hat hin und wieder was im gottesdienst zu sagen, als die paar prediger, die man so hat.

am beeindruckendsten fand ich, dass bei allen „predigtstücken“ sich nachher ein roter faden durchgezogen hat, über den man dann natürlich fantastisch beten konnte.

erkenntnis kann nur erkennen, was gott bereits getan hat. sie macht keine eigenständigen erfindungen sondern entdeckt etwas vorhandenes. schon das blosse wort „entdeckung“ ist interessant. es bedeutet, dass etwas ent-deckt wird, also aufgedeckt. die decke, die über etwas gelegen hat wird fortgenommen und man kann es nun sehen. es war immer da, aber vor den blicken verborgen. in diesem sinne muss man auch die „fortschreitende offenbarung“ verstehen, um die es in einem der letzten posts zum thema „metatheologie“ ging. der erste schritt um eine (neue) erkenntnis zu bekommen ist es, überhaupt eine zu wollen. sehnsucht nach mehr von gott ist wichtig damit sich das geistliche leben nicht festfährt und im fluss bleibt.
diese sehnsucht drückt sich bei menschen die gott kennen natürlich zuerst in gebet aus. gebet steht am anfang von allem, was christen tun und erleben. wie sollte es anders sein wenn man mit einem allmächtigen vater im himmel lebt? im epheserbrief ist ein gebet überliefert, das paulus für die gemeinde in ephesus gebetet hat. hier ist ein kleiner ausschnitt:

Der Gott Jesu Christi, unseres Herrn, der Vater der Herrlichkeit, gebe euch den Geist der Weisheit und Offenbarung, damit ihr ihn erkennt. Er erleuchte die Augen eures Herzens, damit ihr versteht, zu welcher Hoffnung ihr durch ihn berufen seid, welchen Reichtum die Herrlichkeit seines Erbes den Heiligen schenkt. (epheser 1,17-18 nach der einheitsübersetzung)
alles, worum es in dem gebt geht ist, dass wir (zusammen mit den ephesern :-)) den geist der offenbarung bekommen, dass wir erkennen und dass unsere herzensaugen erleuchtet werden. das ist interessant, die meisten christen beten anders füreinander. wir bitten gott, uns gegenseitig zu segnen, zu heilen, zu erfüllen, zu trösten usw. paulus betet darum, dass wir erkennen, dass wir all das schon sind.

das mag uns im ersten moment etwas schräg vorkommen, aber wenn wir einmal darüber nachdenken, macht es auf einmal sinn. am anfang seines briefes an die epheser schrieb paulus: Gepriesen sei der Gott und Vater unsres Herrn Jesus Christus, der uns mit jedem geistlichen Segen gesegnet hat in den himmlischen Regionen durch Christus; (epheser 1,3 nach der schlachterübersetzung). das ist der blickwinkel des ganzen neuen testaments. gott hat bereits etwas getan und wir müssen noch erkennen, was es ist.
die kreuzigung liegt hinter uns und am kreuz hat jesus gesiegt. das bedeutet, dass wir nicht auf dem weg zu einem sieg sind. das, was gott tut liegt nicht vor uns, sondern hinter uns.
erkenntnis versteht nicht etwas, was noch kommt, sondern versteht das werk jesu in immer grösserer klarheit.

der epheserbrief ist überdeutlich aus dieser perspektive geschrieben. er ist voll von dingen, die gott bereits getan hat. aber es ist nicht nur der epheserbrief. im hebräer heisst es, dass die heiligen des alten testaments sich nach dem gesehnt haben, was gott einmal durch jesus tun wird: Voll Glauben sind diese alle gestorben, ohne das Verheißene erlangt zu haben; nur von fern haben sie es geschaut und gegrüßt und haben bekannt, daß sie Fremde und Gäste auf Erden sind. (hebräer 11,13 nach der einheitsübersetzung) das ganze AT lief im grunde genommen auf christus hinaus. gott hat die heilsgeschichte von langer hand geplant und durchgezogen. der dreh- und angelpunkt der ganzen bibel ist die kreuzigung und die auferstehung jesu. erst lief alles darauf hinaus, dann erklärte sich alles daraus. so ist das ganze neue testament ab der apostelgeschichte aus der perspektive geschrieben, dass jesus bereits alles getan hat.

damit rede ich nicht manchen strömungen das wort, die behaupten, dass eigentlich nur die briefe das einzig wahre in der bibel sind. die bibel gehört zusammen. ohen AT kein NT und ohne studium des AT kann man das NT nicht verstehen. ich bin sehr dagegen, die bibel in teile zu zerschneiden und einzelne dieser teile als unwichtig zu werten. zwar ist diese tradition schon alt, aber falsch ist sie dennoch.

worum es mir einzig und allein geht ist zu zeigen, dass erkenntnis nur die offenbarung gottes verstehen kann, die in der bibel bereits da ist. wir entdecken etwas, was jesus vor zweitausend jahren getan hat. alle erkenntnis, die darüber hinausgeht ist nicht von gott und damit keine theologische erkenntnis im sinne der metatheologie.

die erkenntnis der menschheit, die uns in der bibel überliefert ist, war eine traumatische erfahrung, die die menschen alles kostete, was wertvoll war in ihrem leben. mitten im paradies stand der verbotene baum der erkenntnis von gut und böse. es ist ein seltsamer baum und ich kann mir kaum vorstellen, welche erkenntnis er gegeben hat. gut und böse sind moralische qualitäten und ich kann mir kein leben vor dem essen der frucht vorstellen. es muss ein leben ohne moral gewesen sein, aber dennoch nicht negativ, denn die menschen lebten im paradies. offenbar lag über allem ein mantel der unschuld; man musste sich keine gedanken machen ob das, was man tat gut oder böse ist, man tat einfach und es war gut.
diese entspanntheit fehlt heute völlig. die frage nach gut und böse ist in allem drin, was menschen tun. man macht sich immer gedanken über die folge und die motivation von handlungen und begeht selbst bei bester prüfung noch fehler. keiner geht mehr über diese welt ohne sich schuldig zu machen und in letzter konsequenz wirkt sich fast alles was man tut negativ auf andere aus – und sei es nur, weil man etwas besseres hätte tun können. ich empfinde kants kategorischen imperativ als eine wahre zumutung, eine knute unter der niemand handeln kann: „tue stets nur das, wovon du zugleich wollen kannst, dass es allgemeines gesetz würde.“

der verlust der unschuld ist die erste und unmittelbarste folge der ersten erkenntnis. fast könnte man sagen: es ist ein teil dieser erkenntnis. erkenntnis ist demnach in der bibel nicht ausschliesslich positiv belegt. im gegenteil: speziell die erste erkenntnis war eine negative erffahrung, die nicht das leben brachte sondern den tod. von daher ändere ich die definition von erkenntnis, die ich in dieser reihe entwickle noch einmal ab und sage, dass erkenntnis einen menschen verändert (=in seine struktur eingreift). ob das ergebnis gut oder schlecht ist hängt von den umständen und der erkenntnis ab. ist die quelle der erkenntnis eine göttliche offenbarung gehe ich per definitionem davon aus, dass das ergebnis gut ist.

aus der geschichte von adam und eva im paradies können wir noch ein paar sachen über erkenntnis lernen:

1. es scheint gut, nach erkenntnis zu streben
erkenntnis ist etwas, nach dem man sich ausstreckt, um das man sich bemüht. eva erschien die frucht am baum gut, davon zu essen. es war das erste mal (und das letzte), dass sie von dem baum gegessen hatte. sie musste etwas tun, was für sie völlig neu ist. so ist es auch oft mit der erkenntnis. sie kann uns auf den alten pfaden begegnen, auf denen wir jeden tag gehen. aber sie kann uns auch begegnen, wenn wir etwas völlig neues ausprobieren. mir scheint es, dass geistliche entwicklung sich häufiger auf fremden pfaden ereignet als auf den alltäglichen. etwas besonderes entdeckt man häufiger da, wo man noch nicht gesucht hat, als da, wo man immer schon geschaut hat.

2.erkenntnis hat es etwas spontanes an sich
erkenntnis ist plötzlich da. es kann sein, dass wir einen weiten weg zurücklegen müssen um zu ihr zu gelangen, aber wenn sie da ist, erscheint sie ganz spontan. eva ist eine strecke zum baum gegangen. vielleicht war es eine weite strecke, vielleicht war sie ganz kurz, aber sie ist einen weg gegangen.
dann aber ging alles ganz schnell: sie ass, ihr mann ass und mit einem mal wurden ihnen die augen aufgetan. wenn wir uns ein bischen zeit nehmen, inne halten und darüber nachdenken, fallen uns bestimmt viele situationen ein, in denen uns etwas klar wurde. manchmal stellt man auf einmal fest, dass man im falschen leben ist; dass man den partner mit dem jahre zusammen ist nicht mehr liebt, dass einen der job nervt, oder die tapete neu gestrichen werden muss. das muss keine erkenntnis sein, aber so ungefähr fühlt erkenntnis sich an.
es ist wie ein jähes durchbrechen, ein plötzliches bewusstwerden, dass es gott wirklich gibt, oder die eine oder andere verheissung tatsächlich mich meint.

3.erkenntnis schafft eine neue weltsicht
eine solche erkenntnis verändert die komplette weltsicht. auf einmal sieht alles anders aus. eigentlich ist gar nichts anders, denn erkenntnis ist ja nur ein entdecken von dingen, umständen, tatsachen die immer schon da waren. aber auf einmal sieht man sie und das führt dazu, dass man die welt mit anderen augen sieht.
adam und eva waren nackt bervor sie von der frucht gegessen hatten. sie waren vorher genauso nackt wie nachher, aber sie haben diese nacktheit nicht wahrgenommen. als ihnen die augen aufgetan wurden, haben sie dasselbe paradies gesehen wie vorher, aber sie waren so völlig verändert, dass nichts mehr aussah wie vorher.
jeder, der jesus erkannt hat, kennt das phänomen. vorher hat man die welt gesehen, wie sie in dern augen der wissenschaftler ist: atome, moleküle. energie etc. aber wenn man einmal gott erkannt hat, lebt man in einer anderen welt. man spürt die gegenwart des allmächtigen überall, sieht wie menschen sich unter geistlichen einflüssen bewegen, versteht sachen, die man nie verstanden hat usw. natürlich waren diese dinge immer da. es gab immer einen gott, die welt war immer grösser als die ideen der wissenschaftler, aber wir haben sie vorher nicht so gesehen.

um diesen wichtigen teil der erkenntnis wird es noch in einem späteren post gehen. ich möchte aber zum ende noch eine biblische geschichte zitieren, die zeigt, wie erkenntnis die augen für eine grössere welt öffnet:

Als der Diener des Gottesmannes am nächsten Morgen aufstand und hinaustrat, hatte die Truppe die Stadt mit Pferden und Wagen umstellt. Da sagte der Diener zu seinem Herrn: Wehe, mein Herr, was sollen wir tun? Doch dieser sagte: Fürchte dich nicht! Bei uns sind mehr als bei ihnen.
Dann betete Elischa: Herr, öffne ihm die Augen, damit er sieht. Und der Herr öffnete dem Diener die Augen: Er sah den Berg rings um Elischa voll von feurigen Pferden und Wagen. Als dann die Aramäer anrückten, betete Elischa zum Herrn und rief: Schlag doch diese Leute mit Verblendung! Und der Herr schlug sie auf das Wort Elischas hin mit Verblendung. (2,könige 6,15-18 nach der einheitsübersetzung)

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