16. Januar 2008 12

Markus 9,14-29

Als sie zu den anderen Jüngern zurückkamen, sahen sie eine große Menschenmenge um sie versammelt und Schriftgelehrte, die mit ihnen stritten.
Sobald die Leute Jesus sahen, liefen sie in großer Erregung auf ihn zu und begrüßten ihn.
Er fragte sie: Warum streitet ihr mit ihnen?
Einer aus der Menge antwortete ihm: Meister, ich habe meinen Sohn zu dir gebracht. Er ist von einem stummen Geist besessen;
immer wenn der Geist ihn überfällt, wirft er ihn zu Boden, und meinem Sohn tritt Schaum vor den Mund, er knirscht mit den Zähnen und wird starr. Ich habe schon deine Jünger gebeten, den Geist auszutreiben, aber sie hatten nicht die Kraft dazu.
Da sagte er zu ihnen: O du ungläubige Generation! Wie lange muß ich noch bei euch sein? Wie lange muß ich euch noch ertragen? Bringt ihn zu mir!
Und man führte ihn herbei. Sobald der Geist Jesus sah, zerrte er den Jungen hin und her, so daß er hinfiel und sich mit Schaum vor dem Mund auf dem Boden wälzte.
Jesus fragte den Vater: Wie lange hat er das schon? Der Vater antwortete: Von Kind auf;
oft hat er ihn sogar ins Feuer oder ins Wasser geworfen, um ihn umzubringen. Doch wenn du kannst, hilf uns; hab Mitleid mit uns!
Jesus sagte zu ihm: Wenn du kannst? Alles kann, wer glaubt.
Da rief der Vater des Jungen: Ich glaube; hilf meinem Unglauben!
Als Jesus sah, daß die Leute zusammenliefen, drohte er dem unreinen Geist und sagte: Ich befehle dir, du stummer und tauber Geist: Verlaß ihn, und kehr nicht mehr in ihn zurück!
Da zerrte der Geist den Jungen hin und her und verließ ihn mit lautem Geschrei. Der Junge lag da wie tot, so daß alle Leute sagten: Er ist gestorben.
Jesus aber faßte ihn an der Hand und richtete ihn auf, und der Junge erhob sich.
Als Jesus nach Hause kam und sie allein waren, fragten ihn seine Jünger: Warum konnten denn wir den Dämon nicht austreiben?
Er antwortete ihnen: Diese Art kann nur durch Gebet ausgetrieben werden.
(Markus 9,14-29 nach der Einheitsübersetzung)

parallel: Matthäus 17,14-21 | Lukas 9,37-43

Gleich nachdem sie auf dem Berg der Verklärung Jesus in seiner ganzen Herrlichkeit gesehen hatten (Markus 9,2-10), ging es wieder los. Die anderen Jünger hatten vergeblich versucht, einen Dämonisierten zu befreien. Obwohl sie alles versuchten was sie gelernt hatten, bekamen sie den Geist nicht aus dem Jungen heraus. Von der Beschreibung der Symptome des Jungen her gehen Bibelausleger davon aus, dass er Epilepsie hatte.
Während die Jünger beteten bekam der Junge einen Anfall, er hatte Schaum vor dem Mund und wälzte sich hin und her. Es war eine unheimliche Szene und die Leute die darum herum standen wurden immer aufgeregter und ungläubiger. So eine Situation ist ein Alptraum für jeden, der im Heilungsdienst steht. Es passierte genau das Gegenteil von dem, was die Jünger eigentlich erwarteten und je schlechter es dem Jungen ging umso schwerer war es für sie Glauben zu bewahren und auf Gott zu blicken.
Zu dem Zeitpunkt hatten sie bereits einige Erfahrungen im Heilungsdienst gesammelt, Jesus hatte sie schon zu zweit losgeschickt und sie hatten Wunder erlebt (Markus 6,6-13); es ist kein Wunder, dass sie Jesus fragten, warum sie den Dämon nicht austreiben konnten.

Als Jesus kam, wir die Situation so verfahren wie möglich: krampfender Junge, verängstigte Jünger, schaulustige Menge und vorwursvoller Vater. Aber Jesus blieb ruhig und sprach mit dem Vater. Der stand zwischen allen Stühlen: er glaubte und er glaubte nicht. Auf der einen Seite war es unmöglich, die Geschichten über Jesus nicht zu hören. Er war in aller Munde und jeder wusste von den grossen Wundern, die seinen Dienst begleiteten. Auf der anderen Seite hatte der Mann ein besessenes Kind und blickte auf einige schmerzliche Jahre zurück. Er hatte noch nicht gesehen, dass Jesus seinen Jungen geheilt hatte und konnte sich auch kaum vorstellen, dass der Herr ihm helfen konnte. Jesus half seinem Unglauben indem er den Dämon austrieb. Danach war es nicht mehr möglich, nicht daran zu glauben, dass Jesus Gottes Kraft zur Heilung hatte.

Jesus trieb den Geist ohne grössere Probleme aus. Die Antwort, die er den Jüngern auf ihre Frage gab, klingt auf den ersten Blick seltsam. “Diese Art fährt nur durch Gebet aus”. Manche Übersetzungen fügen in der Parallelstelle bei Matthäus noch das “fasten” hinzu: diese Art fährt nur durch beten und fasten aus. Offensichtlich gibt es also Dämonen und Krankheiten, die man schwerer weg bekommt als andere. In meiner eigenen Glaubenspraxis habe ich das auch genauso erlebt.
Aber Jesus hat in der Situation weder gebetet noch gefastet, er hat einfach seine Autorität eingesetzt und den Geist vertrieben.
Beten und Fasten sind also nicht notwendigerweise in einer gegeben Situation wichtig, da kommt es mehr auf geistliche Autorität an. Jesus hatte schon gebetet und gefastet und war so auf die Situation vorbereitet. Es war schon vorher im Markusevangelium davon die Rede, dass die Jünger Jesu nicht fasteten (Markus 2,18-22). Später, als Jesus nicht mehr körperlich bei ihnen war, lernten auch sie diese Quelle geistlicher Kraft kennen.

Ein weiterer Eintrag zu dieser Bibelstelle

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11 Kommentare

  1. ja, da scheint ein Widerspruch zu sein, zwischen der Ansage „beten + fasten“ und der Austreibung in geistl. Autorität – aber wie immer nur auf den ersten Blick…

    Habe gestern einen Vortrag über Mission gehört und darin die story von 2 der ersten Afrika-Missionare (hab mir die Namen nicht gemerkt), die unter grossem Widerstand im eigenen Lager, vielen Anfechtungen und Entbehrungen ihren Dienst taten und zeitlebens nur eine einzige (!) Bekehrung erlebten… allerdings ging die Frucht der Saat später doch reichlich auf und alle späteren „Erfolge“ bauen auf diesem Dienst auf – postmortem hoch geehrt, werden Kirchen und Universitäten nach ihnen benannt.
    Das nur zum Thema im Glauben bleiben, wenn alles Sichtbare dagegen spricht und Unglaube uns bedrängt…

    (ps – Parallel bei Mat. ist Kapitel 17)

  2. das ist echt abgefahren mit afrika. irgendeiner der alten missionare (habe den namen auch vergessen) hatte die vision, dass jeden tag ein afrikaner zum glauben kommen würde. wenn der sehen könnte, was jetzt geht.
    letztes jahr hatten wir eine mosambik-missionsfrau da und sie gründen jede woche eine gemeinde.

    die parallelstelle habe ich korrigiert. danke!

  3. Hey Storch,

    mir fällt auf, dass Jesus als allererstes auf den Vater zugegangen ist und mit ihm gesprochen hat – also nicht mit einem der Jünger und auch nicht direkt mit dem Sohn. Der Vater war ja derjenige, der über den Sohn Autorität hatte. Die Situation war wohl dadurch schon ziemlich entspannt. Die Pharisäer und die römischen Soldaten haben sich offensichtlich aus der Situation herausgehalten.

    Beschäftige mich seit fast 2 Wochen mit solchen Dingen, also Einordnung in die Gemeinde, Gottes Ordnung, Autorität, Demut, Vertrauen in andere Menschen. Schwierige Sache, es ist wesentlich leichter von allen unabhängig zu sein.

  4. Hmm, warum beziehst du inzwischen die „Art, die ausgetrieben wird“ auf die Dämonen oder Krankheiten, wo dir doch beim letzten Post noch der Unglaube besser gefiel?

  5. in welchem letzten post? habe ich das mal gesagt? ich weiss, dass andrew wommack das so sagt, bei ihm habe ich das mal gehört, aber ich habe eigentlich immer gesagt, dass das zwar eine schöne auslgung ist und praktisch auch stimmt, aber leider exegetisch nicht hinkommt.

  6. Du hast selber auf ihn am Ende von diesem Eintrag verlinkt. Und in diesem weiteren Beitrag schreibst du: „am besten gefällt es mir, das auf den unglauben zu beziehen, wenn man synoptisch exegetisieren darf.“

  7. okay, den meinst du. der eintrag war ja eine frage an die griechen die diesen blog lesen. der letzte absatz ist:

    bei allem finde ich die auslegung sehr gut. ich denke, dass es stimmt, dass der glaube der jünger gross genug ist und dass es letzten endes das problem war, dass sie ab einem bestimmten punkt mehr auf die umstände (epilleptischer anfall) als auf gott geschaut haben. ich denke auch, dass man dieses problem durch „hingabe“ in gebet und evtl. fasten in den griff bekommt. ich bin nur unsicher, ob die exegese exakt ist und der griechische text diese übersetzungsmöglichkeit zulässt.

    das ist immer noch so, ich würde die auslegung gerne nehmen, denke aber, dass sie nicht stimmt weil sie nicht dem griechichen entspricht. ich finde wommacks drei arten von unglauben zwar sehr gut und halte sie theologisch und psychologisch für richtig, aber sie passen nicht in den text.
    „die art“ bezieht sich grammstisch auf „dämonen“ nihct auf unglaube, auch wenn es schön wäre.

  8. sag mal, hast du die komplette Exegese zu deiesem Text? Also Markus 9, 14-30? Wenn ja, würdest du sie mir zukommen lassen? das wäre super lieb

  9. hi mühma,
    herzlich willkommen hier.
    was ist denn eine „komplette exegese“? so was kenne ich gar nicht.

  10. ich hab die Geschichte heute in matthäus gelesen und da fragen die Jünger den Jesus warum sie den Dämon nicht austreiben konnten. Jesus antwortet, das sie es nicht wegen dem Unglauben machen konnten. Da dachte ich mir das diese Art nur durch Gebet und Fasten ausfährt kann man auch gut auf den persönlichen Unglauben beziehen und nicht nur auf die Art der Dämonen. So was hab ich aber auch schon mal bei Wommack gehört wenn ich mich nicht täusche. ein gedanke zu dieser Geschichte

  11. Hi Norbi,

    genau über diese Predigt und meine Skepsis gegenüber dieser Auslegung haben wir neulich erst hier gesprochen:

    http://www.pastor-storch.de/2010/01/07/jakobus-122-25-tater-des-wortes/

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