Als sie am nächsten Morgen an dem Feigenbaum vorbeikamen, sahen sie, daß er bis zu den Wurzeln verdorrt war.
Da erinnerte sich Petrus und sagte zu Jesus: Rabbi, sieh doch, der Feigenbaum, den du verflucht hast, ist verdorrt.
Jesus sagte zu ihnen: Ihr müßt Glauben an Gott haben.
Amen, das sage ich euch: Wenn jemand zu diesem Berg sagt: Heb dich empor, und stürz dich ins Meer!, und wenn er in seinem Herzen nicht zweifelt, sondern glaubt, daß geschieht, was er sagt, dann wird es geschehen.
Darum sage ich euch: Alles, worum ihr betet und bittet – glaubt nur, daß ihr es schon erhalten habt, dann wird es euch zuteil.
Und wenn ihr beten wollt und ihr habt einem anderen etwas vorzuwerfen, dann vergebt ihm, damit auch euer Vater im Himmel euch eure Verfehlungen vergibt. (Markus 11,20-25 nach der Einheitsübersetzung)

parallel: Matthäus 21,20-22 | (Lukas 17,6)

Nachdem sie in Jerusalem waren, kamen die Jünger wieder an dem Feigenbaum vorbei an dem Jesus die Frühfeigen gesucht hatte (Markus 11,12-14). Zu ihrer Verwunderung sahen sie, dass der Baum komplett verdorrt war. Auch wenn ich es stark in Zweifel ziehe, dass Jesus den Baum verflucht hat, wie Petrus es verstand, war irgendetwas mit diesem Baum geschehen, denn er war von den Wurzeln an vertrocknet, tot, nur noch als Brennholz zu gebrauchen.

Jesus nahm die Geschichte zum Anlass, um sie etwas über Gebet und Glauben zu lehren. Seine erste Lektion mutet viele schon seltsam an. Er sagte, dass es nichts aussergewöhnliches ist zu Dingen zu sprechen und zu erleben, dass sie tun was man ihnen sagt. Jesus tat so etwas ständig, er sprach z.B. das Fieber an, das die Schwiegermutter des Petrus hatte (Markus 11,29-31).
Schon dieser Anfang muss für manche Theologen heutzutage ein kalter Guss sein. Eigentlich hätte Jesus sagen müssen: „tja Jungs, ich kann so was. Ich bin der Sohn Gottes, ich kann solche Wunder mit links tun, aber ihr werdet da leider nie hinkommen. Ich weiss, dass es beeindruckend ist, was ihr hier gesehen habt, aber: don´t try this at home kids!“ Ich meine, seien wir mal ehrlich, wenn es so wäre wie viele Christen heute lehren dann müsste bei jedem Wunder Jesu ein Schild hochgehalten worden sein: „so weißt sich der Sohn Gottes aus – das kann kein anderer!“
Tatsächlich ist es anders: die Wunder Jesu sind unbedingt zur Nachahmung empfohlen. Jesus selber nahm sie nicht zum Anlass über seine Göttlichkeit und seine Ausnahmerolle zu reden, er nahm sie zum Anlass seine Leute zu lehren ähnliches zu tun!
Um damit anzufangen übernatürlich, das heisst in Vollmacht, zu leben empfiehlt Jesus zu Bergen zu sprechen. Haben Berge Ohren? Ja, zumindest im selben Sinne wie Feigenbäume können auch sie hören. Es ist klar, dass es hier nicht darum geht die Topographie eines Landstrichs zu verändern. Es geht darum in der Kraft Gottes Dinge anzusprechen, die uns im weltlichen, natürlichen Sinne zu gross sind. Christen sollten nicht bei allen Problemen weinerlich vor ihren Gott zu kommen und zu sagen: „bitte mach, dass das weg geht“. Wir haben denselben Heiligen Geist, der in Jesus Christus und den Aposteln gelebt hat. Wir haben mehr Kraft als wir denken!

Manche Christen übertreiben wiederum das Gebieten. Ihre Offenbarung der Kraft Gottes ist so stark und sie sind so in dem Gedanken verwurzelt, dass sie zum herrschen geboren sind (Römer 5,17), dass sie nur noch zu Umständen sprechen und ihnen befehlen sich zu ändern. Vereinzelt erklären sie Gebet für veraltet und es erachten es als Glaubensferne Gott zu bitten. Wenn sie diese Theologie stark auf Markus 11,23 stützen so haben sie nicht weiter gelesen, denn der nächste Vers spricht gleich wieder von Gebet:

Alles, um was ihr auch betet und bittet, glaubt, daß ihr es empfangen habt, und es wird euch werden. (Markus 11,24)

Hier geht es klar darum zu beten, Gott zu bitten. Wenn man mit einem allmächtigen Gott lebt halte ich es für die natürlichste und angebrachteste Reaktion auf einen Mangel oder Mißstand zu diesem Gott zu kommen und zu beten. Wenn Christen nicht mehr beten oder nicht mehr erleben, dass ihre Gebete erhört werden, dann ist etwas falsch. Jeder Christ sollte beten. Ein gutes Gebetsleben kommt aus der Erkenntnis eines guten Gottes. Wenn Christen nur aus einer religiösen Pflichterfüllung oder Disziplin beten, dann haben sie nicht erkannt was es für ein grosses Vorrecht ist zu Gott kommen zu dürfen. Jesus ist dafür gestorben, dass wir dieses Privileg haben – in Ewigkeit. Gebet ist nichts anderes als gelebte Gottesbeziehung.
Einer der grössten Gebetskiller, vielleicht hänge ich mich noch weiter aus dem Fenster und sage: der grösste Gebetskiller, ist Erwartungslosigkeit. Hebräer 11,6 spricht davon, dass man wissen muss, dass Gott ein Belohner ist um ihn zu suchen. Wenn Christen über Jahre nicht erlebt haben, dass Gott ihre Gebete erhört, dann ist ihre Motivation zu beten irgendwann auf dem Nullpunkt angelangt und sie hören eventuell ganz auf zu beten.
Im Lichte unserer Stelle drängt sich da natürlich sofort eine Frage auf: „wie kann es überhaupt sein, dass es Christen gibt, die über Jahre keine Gebetserhörung erleben wenn Jesus doch sagt, dass wir alles bekommen worum wir beten und bitten?“

Das wäre eine gute Frage, wenn Jesus das gesagt hätte. Hat er aber nicht. Er sagte, dass wir alles bekommen was wir beten und bitten – wenn wir es im Glauben tun. Nicht jedes Gebet wird erhört sondern das gläubige. Das ist gut so, denn es gäbe kaum einen grösseren Fluch als wenn jeder unserer Wünsche in Erfüllung gehen und jedes Gebet erhört werden würde. Ich weiss nicht einmal mit wie vielen falschen Frauen ich dann verheiratet wäre; ich hätte den falschen Job und wäre entweder Rockstar oder Professor, aber ganz bestimmt nicht das geworden, was Gott will. Wenn man mal den Frust über unerhörte Gebete beiseite schiebt wird wohl jeder feststellen, dass es zu unserem Besten ist, dass nicht jedes Gebet erhört wird.
Bei einer solchen Gebetstheologie denke ich immer an König Midas, der das Gold zu sehr liebte und der Sage nach von den Göttern die ersehnte Fähigkeit bekam dass alles, was er berührte zu Gold wurde. Die Gabe wurde sein schlimmster Alptraum…

Das Kriterium, das darüber entscheidet ob Gebete erhört werden oder nicht, ist der Glaube. Bitten im Glauben werden erhört, andere eher nicht (wobei es immer Ausnahmen gibt, aber ich möchte etwas plakativ arbeiten). Glaube garantiert, dass sich Gebete in Gottes Willen befinden.

Der Glaube aber ist eine Verwirklichung dessen, was man hofft, ein Überführtsein von Dingen, die man nicht sieht. (Hebräer 11,1)

Glaube braucht Überführung um wirklicher Glaube zu sein. Das griechische Wort bedeutet, dass eine nicht-sichtbare Realität „sichtbar“ gemacht wird. Insofern ist es auch gut möglich „Überzeugung“ zu übersetzen, dann geht es mehr darum wie diese Überführung in unser Leben kommt als darum, was sie ist. Etwas moderner würde man Überführung vielleicht als Offenbarungserkenntnis oder Offenbarungswissen übersetzen. Es bedeutet also, dass wir durch die Offenbarung des Heiligen Geistes etwas wissen, das in Gottes Welt bereits Realität ist und das nur noch eines Gebets bedarf um in der sichtbaren Welt anfassbar zu werden.
Dahinter steht eine Wahrheit, die vielen Christen verborgen ist obwohl sie eigentlich inhaltlich eines der Kernthemen unseres Glaubens darstellt: die Wirklichkeit der unsichtbaren Welt. Es gibt eine Welt, die unsere physischen Augen nicht sehen können, die aber wirklicher und echter ist als die Welt, die wir mit unseren fünf Sinnen wahrnehmen können. In dieser Welt ist jedes Versprechen Gottes erfüllt und es regiert das Vertrauen auf die unbedingte Zuverlässigkeit Gottes. In dieser Welt sind Dinge wahr, die es hier (noch) nicht sind. Unser grösster Auftrag als Christen auf der Erde ist es, in dieser Realität zu leben und dafür zu sorgen, dass sich unsere Welt der Gotteswelt anpasst: „Dein Reich komme, Dein Will geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.“ Dieses Vaterunser ist nicht einfach das wichtigste Gebet der Christenheit, es ist ihr Erbe und Auftrag.
Glaube kommt also wenn Gottes Wort kommt. Wenn Gott uns zeigt, was bei ihm beschlossene Sache ist und uns die Möglichkeit gibt das durch Gebet in unsere Welt zu ziehen, dann ist das Gebet im Glauben und im göttlichen Auftrag.

Wenn wir Gebet so angehen wird etwas ganz anderes daraus, als meistens unter Gebet verstanden wird. Gebet wird dann nicht mehr in erster Linie von uns und unseren Bedürfnissen her gedacht sondern von Gott und dem, was er tun will. Es ist ein Gebet, das erst einmal Gott sucht und dann betet, was der Vater zeigt und kein Gebet nach dem Muster „ich, mich, meiner, mir, Jesus segne diese vier.“ Dass solche Gebete mehr im Willen Gottes sind und erhörlicher sind als selbsüchtige versteht sich von selbst.

Der letzte Teil von Markus 11,24-25 ist derjenige der gedanklich am schwersten nachvollziehbar ist: “glaubt nur, daß ihr es schon erhalten habt, dann wird es euch zuteil.”
Wir sollen glauben, dass wir etwas haben bevor wir es bekommen. Das kommt vielen seltsam vor. Der normale gesunde Menschenverstand sagt uns doch, dass wir etwas entweder haben oder nicht; die Bibel redet eine ganz andere Sprache und sagt, dass wir glauben sollen dass wir es haben bevor wir es haben…

Die meisten Beter werden schon festgestellt haben, dass dieser Vers stimmt. Man tritt für etwas im Gebet ein und auf einmal, nach einer Zeit des Ringens und Kämpfens, hat man einen übernatürlichen Frieden. Man weiss: Gott hat das Gebet erhört, die Sache ist durch, das Anliegen hat sich erledigt. In aller Regel kann man zu diesem Zeitpunkt noch nichts von dem erkennen was sich verändert hat. Es hat sich im Sichtbaren rein gar nichts verändert und dennoch weiss man, dass Gott sich der Sache angenommen hat und dass man im Gebet durchgebrochen ist. Es vergeht immer etwas Zeit während sich unsere Welt der göttlichen Realität angleicht.

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19. Februar 2008 in theologie und gemeinde 14

Heute leben

Ich habe schon einmal über Themen geschrieben, die von Paul Watzlawicks Buch „Anleitung zum Unglücklichsein“ inspiriert wurden. Heute kommt ein weiteres Mal dazu. Natürlich geht es nicht wirklich darum, unglücklich zu sein. Darum geht es auch bei Watzlawick nicht. Wir brauchen auch keine Hilfe dabei unglücklich zu sein, das bekommen wir selbst gut hin. Es geht mir und auch Watzlawick darum, glücklicher zu leben – ihm auf eine ironische Weise, mir auf direktem Wege.
Das Leben mit Jesus hat etwas mit Lebensqualität zu tun. Natürlich ist Jesus nicht dafür gestorben, dass wir ein besseres Leben haben, das wäre schon eine Verkürzung des Evangeliums. Aber Menschen liegen Gott am Herzen und er will, dass es ihnen gut geht. Deshalb handeln nicht geringe Teile der Bibel davon, wie man richtig lebt. Wenn man die Wahrheiten der Bibel anwendet wird man sicherlich merken, dass man „mehr in Gottes Segen lebt“. Und das ohne, dass man sich auf Kosten anderer bereichert oder immer sich selbst und seine Bedürfnisse an die erste Stelle setzt. Das ist ja gerade das große Paradox der Liebe und der Lehre Jesu, dass es uns gut geht, wenn wir in andere investieren und dass wir unsere Bestimmung erreichen wenn wir anderen in ihre helfen.
Die meisten Sachen, die in modernen Psychologie und Lebensberatungsbüchern stehen, findet man auch in der Bibel. Vermutlich sind diese Bücher dennoch nicht abgeschrieben, sie haben nur auf wissenschaftlichem Weg etwas entdeckt, was wir auf dem Wege göttlicher Offenbarung längst kennen. Würden wir immer das anwenden, was wir schon wissen, wären die Psychologen und Philosophen vielleicht früher auf ihre Lehren gekommen.
Dennoch ist natürlich alles hohl, wenn Jesus nicht die Mitte ist. Was sich nicht um ihn dreht, dreht sich um ein falsches Zentrum. Es reicht nicht, Prinzipien der Bibel an zu wenden und den Geist der dahinter steht zu vernachlässigen. Das unterscheidet die Bibel von den Lebensberatungsbüchern: wer nach ihr lebt gewinnt nicht ein paar gute Tipps sondern das Leben schlechthin. Wer nur mit den Tipps zufrieden ist mag zwar an manchen Stellen ein besseres Leben haben, aber verpasst Gott und die Ewigkeit, das wäre allerdings wirklich fatal.

Ich habe mich gefragt, was wohl der größte Killer für Lebensfreude ist und ich bin darauf gekommen, dass es die Unfähigkeit ist, im JETZT zu leben. Vielleicht fällt die Antwort bei verschiedenen Leuten auch anders aus, aber ich bin sicher, dass es bei vielen so ist, dass die Vergangenheit und die Zukunft eine riesengroße Gefahr dafür darstellen das Leben zu leben.

Die Zukunft

Sorgt Euch also nicht um Morgen, denn der morgige Tag wird für sich selber sorgen. Jeder Tag hat genug eigene Plage. (Matthäus 6,34 nach der Einheitsübersetzung)

Jesus sagte diesen Vers im Zusammenhang mit Versorgung. Wir sollen uns keine Sorgen darum machen, was Morgen sein wird. Wenn wir ehrlich sind, dann spielt sich ein großer Teil unseres Lebens in der Zukunft ab. Wir machen uns Gedanken darüber, was kommen wird, leben in Träumen über zukünftige Dinge oder fürchten das, was kommen wird.
Ich glaube ganz sicher, dass wir unter mehr zukünftigen Möglichkeiten leiden als unter Dingen, die dann wirklich passieren. In unseren Gedanken haben wir schon so viele Katastrophen, Schicksalsschläge und Krankheiten durchgespielt und uns vor ihnen gefürchtet, wie sie kein Mensch in seinem Leben erleben kann. Auch wenn sie nie eintreffen haben wir schon einen ordentlichen Teil unseres Lebens mit ihnen zugebracht.
Das ist wirklich schlecht. Besser wäre es mit einer Haltung daran zu gehen, die erst einmal abwartet und schaut, was kommt. Wenn ein Problem da ist, kann man sich immer noch Gedanken darüber machen, wie man es löst. Wer aber seine tage damit verbringt in fiktiven Katastrophen zu leben, der wird merken, wie sehr es ihn kaputt macht. Irgendwann ist es dann egal, wie das Leben äußerlich aussieht oder wie die Realität beschaffen ist. Man kann so sehr in seinen Gedanken hängen, dass man das nicht mehr wahrnimmt.

Natürlich kann man nicht nur auf negative Weise mit der Zukunft spielen. Man kann sich auch das Leben versauen indem man alle Hoffnungen auf die Zukunft setzt und nichts davon JETZT umsetzt. Watzlawick erzählt eine lustige Geschichte darüber:

Kurz nach den Flitterwochen, beim ersten gemeinsamen Frühstück in der eigenen Wohnung stellt sie ihm eine große Schale Cornflakes hin. Sie lächelt, gibt ihm einen Kuss und wünscht „guten Appetit!“ Er hasst Cornflakes und kann sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass es Leute gibt, die so etwas Widerwärtiges freiwillig und gerne essen. Aber wer würde an einem solchen Tag seiner strahlenden Braut so etwas sagen?
Er jedenfalls nicht! Also nimmt er sich vor, es ihr vorsichtig zu sagen, wenn die Packung leer ist. „Lass mal, die brauchst Du nicht noch mal zu kaufen,“ legt er sich selbst die Worte in den Mund und freut sich darauf, in ein paar Tagen die Gelegenheit zu haben sich weitere Cornflakesjahre zu ersparen.
Aber die blaue Dose mit den Cornflakes werden nicht leer. Immer, wenn der Vorrat zur Neige geht wird er wieder aufgefüllt, ohne dass er eine Möglichkeit hätte seinen Satz in diplomatischem Rahmen anbringen zu können.
Fünfundzwanzig Jahre später ist Resignation eingetreten und der Satz über endlosen Mengen von Cerealien vergessen.

Man muss die Dinge tun, die man sich vornimmt. Wer alles aufschiebt, der schiebt letzten Endes nicht die Dinge sondern sein Leben auf. Und wer das tut, der lebt nur in dem Sinne, dass er körperlich anwesend ist. Wir kennen das alle aus der Schule – es kann sein, dass man einen gewissen Raum in einem Klassenzimmer einnimmt, aber dennoch nicht da ist. So leben viele ihr Leben, technisch sind sie als Wesen die essen, schlafen, verdauen und irgendwann mal sterben, lebendig – aber im Grunde haben sie dennoch nicht gelebt, denn sie sind nie ganz dagewesen.

Die Vergangenheit

Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr den Propheten Grabmäler baut und die Gräber der Gerechten schmückt und sprecht: Hätten wir zu Zeiten unserer Väter gelebt, so wären wir nicht mit ihnen schuldig geworden am Blut der Propheten! (Matthäus 23,29-30 nach Luther)

Auf den ersten Blick sieht es gut aus, was die Pharisäer tun. Sie bauen den Propheten Denkmäler, was sie sicher auch verdient haben. Es sieht aus als würden sie das Andenken der Vorgänger bewahren und die Prophetie als Ausdruck Gottes ehren. Tatsächlich ehrten sie aber nicht die Propheten, das hätten sie getan wenn sie Jesus, den lebenden Propheten geehrt hätten, nicht indem sie Denkmäler bauten. Sie ehrten die Vergangenheit.
Viele Menschen leben so. Ihre beste und prägendste Zeit liegt hinter ihnen und sie sehnen sich dahin zurück.

Vor Jahren, als ich noch bei meinen Eltern wohnte und einen Fernseher am Bett hatte, habe ich ein ausgesprochenes B-Movie gesehen. Es ging um einen alten Musiker, der in seiner Jugend einmal mit Elvis auf der Bühne gestanden hatte. Es war nur ein Auftritt und der lag schon Jahre zurück, aber er hatte immer noch die Jacke, die er bei dem Auftritt anhatte. Er ging jedem mit Geschichte auf die Nerven und wenn jemand die heilige Jacke anrührte, dann gab es richtig Ärger. Natürlich passte die Jacke nicht mehr weil er in den Jahren körperlich einiges angebaut hatte, aber die Jacke war DAS Symbol einer glorreichen Vergangenheit. Einer Vergangenheit die so noch nicht einmal stattgefunden hat und im Grunde nur wenige Minuten lang war.
Im Grunde hat jeder von uns eine Jacke im Schrank, die er mit Elvis auf einer Bühne getragen hat. Beim einen ist es die Schulzeit zu der er sich Zeit seines Lebens zurücksehnt, oder eine vergangene Beziehung, ein Job, die wilden Jahre, die Militärzeit, was auch immer. Wer immer nur in der Vergangenheit lebt, der hat gar keine Chance, in der Gegenwart glücklich zu werden. Wenn wir die Gegenwart immer nur an der Vergangenheit messen, dann leben wir sie nicht sondern beurteilen, analysieren sie. Das Wort „analysieren“ kommt von zerschneiden, und nichts, was zerschnitten ist kann leben.
Wer im Hier und Heute ankommen will, der braucht einen entspannten Umgang mit der Vergangenheit, der ihn nicht gefangen nimmt sondern Freiraum zum leben lässt.

In Psalm 31,16 heißt es: „Meine Zeit steht in Deinen Händen“
Ich gehe davon aus, dass diese Gewissheit, dass Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in der Hand Gottes sind, uns eine Gelassenheit geben kann, unser Leben zu leben. Wir haben nur dieses eine Leben auf der Erde und es ist ein außerordentliches Geschenk. Ein Geschenk, das wir uns auf keinen Fall durch einen falschen Umgang mit der Zeit kaputt machen lassen dürfen.
Wenn Dich irgendwas in diesem Text angesprochen hat, ist es vielleicht für Dich dran, Gott Deine Vergangenheit oder Deine Zukunft abzugeben. Das kann ein Gebet sein, das wirklich frei macht.

[hier noch eine Audiopredigt dazu]

Dann kamen sie nach Jerusalem. Jesus ging in den Tempel und begann, die Händler und Käufer aus dem Tempel hinauszutreiben; er stieß die Tische der Geldwechsler und die Stände der Taubenhändler um
und ließ nicht zu, daß jemand irgend etwas durch den Tempelbezirk trug.
Er belehrte sie und sagte: Heißt es nicht in der Schrift: Mein Haus soll ein Haus des Gebetes für alle Völker sein? Ihr aber habt daraus eine Räuberhöhle gemacht.
Die Hohenpriester und die Schriftgelehrten hörten davon und suchten nach einer Möglichkeit, ihn umzubringen. Denn sie fürchteten ihn, weil alle Leute von seiner Lehre sehr beeindruckt waren.
Als es Abend wurde, verließ Jesus mit seinen Jüngern die Stadt. (Markus 11,15-19 nach der Einheitsübersetzung)

parallel: Matthäus 21,12-13 | Lukas 19,45-46 | (Johannes 2,14-22)

Diese Geschichte wird meistens als “Tempelreinigung” bezeichnet. Nicht, weil Jesus den Tempel geputzt hätte sondern weil er falsche Einstellungen aus dem Tempel hinaus warf. Es scheint zwei Tempelreinigungen gegeben zu haben. Johannes berichtet davon, dass Jesus am Anfang seines Dienstes im Tempel reinen Tisch gemacht hat, die anderen Evangelien sprechen von einer Tempelreinigung am Ende seines Dienstes. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es tatsächlich zwei waren. Das Evangelium nach Johannes handelt von Dingen, die Jesus in anderen Gegenden getan hat als die Dinge, die in den anderen Evangelien berichtet werden. Bei Markus kann man das Gefühl bekommen, dass Jesus erst am Ende seines Dienstes überhaupt nach Jerusalem kam, während Johannes zeigt, dass er regelmässig in Jerusalem war.
Es ist auch gut denkbar, dass die Händler ihre Tische sofort wieder hinstellten als Jesus weg war. Profitgier ist ein starkes Gift und man fällt schnell wieder in alte Gewohnheiten zurück. So ist es gut vorstellbar, dass Jesus den Tempel mehrmals reinigen musste.

Im Grunde war es nicht schlimm, dass es im Tempel Geldwechsler und Taubenhändler gab. Tauben brauchte man für die Opfer und bezahlen konnte man nur in Tempelwährung (eine Art Wertmarke, die nur innerhalb des Tempels galt). Deswegen war es klar, dass es Leute gab, die Geld in Tempelwährung wechselten. Was Jesus störte war nicht, dass man einen notwendigen Handel betrieb, sondern dass die Mitte sich verschoben hatte. Der Handel wurde wichtiger als der Gottesdienst.
Wie immer kann man das auch auf unsere Situation heute anwenden. Es ist nicht verkehrt wenn in Gemeinden und Kirchen Opfer oder Kollekten eingesammelt werden. Aber es kann verkehrt sein, wenn das regelmässig den grössten Teil des Gottesdienstes einnimmt. Eine Gemeinde kann ein Bethaus sein und dennoch einen Büchertisch oder Getränkeverkauf haben, aber wir sollten darauf achten, dass Hauptsachen immer noch die Hauptsachen bleiben und es weiterhin um Gott und Anbetung geht.

[de]Am besten bereitet man abends schon alles vor, denn frühmorgens muss jeder Handgriff sitzen. Aufstehen, schnell unter die Dusche, anziehen und an den Frühstückstisch. Heißes Wasser in die Tasse gießen in der schon der Teebeutel hängt, kalte Milch auf das Müsli und beim Löffeln den Andachtskalender lesen. Während man das schmutzige Geschirr auf die Spüle stellt wird das erste Gebet des Tages gesprochen und im Bus denkt man über die Neukirchener Bibelhappen nach.
So sieht der ideale christliche Tagesanfang aus, ausser natürlich man ist motivierter, hingegebener, und steht eine Stunde früher auf um die morgendliche Stille Zeit intensiver machen zu können.

Die stille Zeit gehört zu den grössten Mythen der modernen Christenheit. Jeder macht sie – angeblich und wer sie nicht macht, dem macht sie wenigstens noch ein schlechtes Gewissen. In Wirklichkeit sieht es oft so aus: der Wecker hat mal wieder nicht geklingelt, die Kinder sind zu früh wach geworden oder man ist zu spät ins Bett gegangen. Die kleinen und grossen Katastrophen des Alltags haben die gute Absicht mal wieder vereitelt, das Lesezeichen steckt am 15.August immer noch bei Mitte Januar im Andachtsbuch und Silvester weiss man ganz genau, dass es auch dieses Jahr wieder nicht hingehauen hat. Aber nächstes Jahr wird alles anders.

„Warum überhaupt?“, denken sich einige und werfen die stille Zeit ganz über den Haufen. Christsein soll schliesslich Spaß machen, Gott ist nicht nachtragend und die geistliche Disziplin unserer Väter ist nichts als Gesetzlichkeit und Tradition. Für mache funktioniert das frühe Aufstehen, bei anderen eben nicht und die können es dann ja ganz lassen.
Fast richtig. Die Zeit mit Gott ist wichtig, die Tageszeit nicht. In Psalm 119,147 hat der Autor Gott frühmorgens im Gebet gesucht. Adam und Eva ist Gott in der Abendkühle begegnet (1.Mose 3,8), eine Zeit, die mir persönlich viel mehr zusagt. Der Spitzenpolitiker Daniel betete trotz vollem Kalender mehrmals täglich (Daniel 6,10). Jesus betete zu unterschiedlichen Zeiten und unterschiedlich lang.
Es gibt kein Gesetz, wann wir Zeit mit Gott verbringen sollen. Nur, dass es wichtig ist, ist klar. Ich habe es mir zur Regel gemacht nach Möglichkeit jeden Tag Zeit für Gott zu reservieren. Das ist selten morgens, weil ich morgens selten richtig fit bin. Öfter ist es um die Mittagszeit, nachmittags oder abends. Wie diese Zeiten aussehen ist unterschiedlich: manchmal Anbetung, mal Fürbitte, mal Bibelstudium oder etwas ganz anderes. Wir leben ja in einer Beziehung mit Jesus und was ist schrecklicher als eine Beziehung, in der man immer das Gleiche zur selben Zeit macht? Gott will eine spontane, interessante und abwechslungsreiche Beziehung mit uns führen.

Das bedeutet aber nicht, dass Disziplin und Regelmäßigkeit nicht wichtig sind. Beziehung lebt nicht nur von Abwechslung sondern auch von Kontinuität. Es gibt Höhen und Tiefen. Zeit in denen scheinbar nichts passiert und Zeiten die so schön sind, dass man nicht voneinander lassen kann. Es gibt Tage an denen Gott uns so nah ist wie die Bibel auf dem Tisch und Zeiten, in denen Jesus unendlich weit weg zu sein scheint. Das ist kein Grund, keine Zeit zusammen zu verbringen, denn dann erst die Regelmäßigkeit sorgt dafür, dass wir überhaupt Hochphasen erleben.
Es ist wie bei einem Perlentaucher, der jeden Tag ins Wasser steigt, taucht und Perlen sucht. Er findet nicht jeden Tag eine Perle, aber wenn er aufhört zu tauchen findet er mit Sicherheit keine mehr. Wenn wir aufhören Gott zu suchen, hören wir auch auf, mit ihm Erfahrungen zu sammeln.
Das Bild zeigt nicht nur, dass Disziplin wichtig ist sondern auch, dass sie kein Selbstzweck ist. Der Taucher taucht nicht um des Tauchens willen und wir machen nicht stille Zeit weil man „das als Christ eben macht“. Geistliche Disziplin ist kein Selbstzweck, es geht um ein Ziel: Gott erleben und im Glauben wachsen, egal wann, wie und wo.
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[en]
It is best to prepare everything the night before, because early in the morning everything must work flawlessly. Get up, shower quickly, get dressed and off to the breakfast table. Pour hot water into the mug with a tea bag already inside, cold milk over the muesli and while spooning that, read the daily devotions. Whilst putting the dirty dishes into the sink the first prayer of the day is spoken and in the bus one ponders on the Neukirchner bible bits of the day. This is how the ideal Christian start of the day goes, except, of course, you’re more motivated, more committed and you get up an hour earlier to make the quiet time in the morning more intense.
The quiet time is one of the great myths of modern Christianity. Everyone does it – apparently, and at least it gives those who don’t a bad conscience. In reality, often it goes like this: the alarm didn’t go off again, the kids got up too early or you went to bed too late. The small and large catastrophes of life have done away with the good intentions once again. On the 15th of August, the bookmark is still in the middle of January in the daily devotions and on New
Year’s Day you know exactly, that this year it didn’t work out once more. But next year everything will be different. “Why, in the world?” is what some think and drop the quiet time altogether. Christianity is supposed to be fun after all, and the spiritual discipline of our forefathers is no more than legalism and tradition.

For some, getting up early works out and for others it simply doesn’t and so they can just leave it wholesale. Close. The time with God is important, the time of day is not. In Psalms 119:147, the author was searching for God early in the morning. Adam and Eve met with God in the evening. (Genesis 3:8), a time that finds my personal approval. The top-ranking politician Daniel prayed several times a day, despite a full time planner (Daniel 6:10). Jesus prayed at different times in the day and for different lengths of time.
There is no law on when we need to spend time with God. Only the fact that it is important is obvious. I have made a rule for myself, that if possible, I want to reserve time for God every day. This seldom occurs in the morning, as I am very seldom up to speed in the mornings. More often it’s at noon, in the afternoon or in the evening. What these times look like is variable: sometimes worship, sometimes intercession, at other times bible study or something completely different. We are in a relationship with Jesus and what is worse than a relationship in which you always do the same thing at a certain time? God wants to have a spontaneous, interesting and diversified relationship with us.
This, however, does not mean that discipline and continuity are not important. Relationship does not live by diversity, but by continuity. There are ups and downs. Times in which nothing seems to happen and other times, that one doesn’t want to leave each other. There are days on which God is as close as the bible on the table and times where Jesus seems to be infinitely far away. That is no excuse not to spend time with one another because only the continuity
bring the high phases about. It’s like a pearl diver who goes into the water every day, dives and searches for pearls. He doesn’t find a pearl on every day, but if he stopped looking, he would certainly not find another pearl. When we stop searching for God, we will stop having experiences with him. Generally it is better to do something good with gritted teeth, than to leave it because one is not in the mood.
This picture not only shows that discipline is important, but also that it is not an end in itself. The diver doesn’t dive for the sake of diving, just as we do not have our quiet time because “it’s what a Christian does”. Spiritual discipline is not an end in itself, there is a goal: to experience God and to grow in faith regardless of when, how and where.

translated by the sick messenger
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Als sie am nächsten Tag Betanien verließen, hatte er Hunger.
Da sah er von weitem einen Feigenbaum mit Blättern und ging hin, um nach Früchten zu suchen. Aber er fand an dem Baum nichts als Blätter; denn es war nicht die Zeit der Feigenernte.
Da sagte er zu ihm: In Ewigkeit soll niemand mehr eine Frucht von dir essen. Und seine Jünger hörten es. (Markus 11,12-14 nach der Einheitsübersetzung)

parallel: Matthäus 21,18-19

Es ist viel darüber spekuliert worden, was Jesus mit dem Feigenbaum gemacht hat, denn am nächsten Morgen war der Baum tot (Markus 11,20-25). Untersuchen wir erst einmal den Text bevor wir zu Schlussfolgerungen kommen.
Jesus konnte an dem Baum keine Feigen erwarten, denn es war noch nicht die Zeit dafür, es konnten keine reifen Feigen an dem Baum sein. Allerdings haben Feigenbäume, bevor sie die eigentliche Frucht hervorbringen, schon Frühfeigen, so genannte taksh. Diese Früchte wachsen an dem Baum sobald Blätter da sind. Wenn der Baum voller Blätter ist, kann man also davon ausgehen, dass er auch Frühfeigen hat. Die Meinungen über die Qualität der Frühfeigen gehen auseinander. Die einen sagen, “man kann sie essen, wenn man Hunger hat, aber sie schmecken unreif”, die anderen halten sie für eine Delikatesse.
Jesus hatte ganz bestimmt Hunger und vielleicht mochte er auch gerne Frühfeigen, er fand aber nur Blätter.

Dann sprach er mit dem Baum und weil dieser einen Tag später vollkommen verdorrt da stand, interpretierte Petrus die Geschichte so, dass Jesus den Baum verfluchte (Markus 11,20-25). Tatsächlich hat Jesus das aber nicht getan und es würde auch gar nicht zu ihm passen. Jesus war da um Menschen die gute Botschaft zu bringen und ihnen seinen Vater im Himmel vor zu stellen, nicht um Bäume zu verfluchen.
Wenn ein Feigenbaum zwar Blätter, aber keine taksh hat, ist es sicher, dass er mindestens in dieser Saison keine Früchte mehr tragen wird.
Nun sagt Jesus in jeder deutschen Übersetzung zu dem Baum: “du wirst in Ewigkeit keine Früchte mehr tragen!” Ich habe das im Kittel nachgeschlagen, dem bedeutendsten griechischen Wörterbuch, das es auf deutsch gibt. Da steht, dass man nur aus dem Zusammenhang schliessen kann, ob das griechische Wort “Ewigkeit” bedeutet, so wie wir das verstehen, oder eine “lange, ununterbrochene Zeitspanne”. Anders als die meisten deutschen Übersetzer würde ich auf eine “lange ununterbrochene Zeitspanne setzen. Dann sagte Jesus einfach nur enttäuscht zu dem Baum: “diese Saison wird das wohl nichts mehr mit Dir.”

Wichtig ist an der Geschichte, dass die Jünger es hörten, denn einen Tag später baute Jesus eine sehr wichtige Predigt über Gebet auf dieser Sache auf.

15. Februar 2008 in theologie und gemeinde 4

Geistesgaben

Bei Recherchen zum Thema „Gaben und Heilung“ auf meiner Festplatte bin ich auf einige Handouts gestossen, die ich hier auch posten werde. Das vorliegende ist vom 23.09.2002, also schon was älter. Runterladen kann man es in der Originalversion (nur die Kontaktdaten fehlen, weil sie nicht mehr stimmen) hier. Ich habe den Text nicht noch mal Wort für Wort gelesen, aber beim überfliegen kam er mir besser vor als die anderen Einführungstexte, die ich in den letzten Tagen zu den Gaben geschrieben habe.

Das ganz normale Christsein und die Gaben des Geistes

Bereits das ganz normale Leben als Christ ist vom Übernatürlichen gekennzeichnet. Bei Licht betrachtet ist es schon extrem übernatürlich, überhaupt eine Beziehung zu Gott zu haben. Es erscheint uns häufig als ganz „normal“, weil wir so sehr daran gewöhnt sind, aber es ist nicht normal, es ist etwas spektakulär Aussergewöhnliches!
Gott bestätigt uns durch Zeichen als seine Kinder. Einige dieser Zeichen sind im Markusevanglium beschrieben:

Diese Zeichen aber werden die, welche glauben, begleiten: In meinem Namen werden sie Dämonen austreiben, mit neuen Zungen reden, Schlangen aufheben, und wenn sie etwas Tödliches trinken, wird es ihnen nichts schaden; Kranken werden sie die Hände auflegen, und sie werden sich wohl befinden. Sie aber gingen aus und predigten allenthalben; und der Herr wirkte mit ihnen und bekräftigte das Wort durch die begleitenden Zeichen. – Markus 16,17-18.20

Dass es diese Zeichen gibt, bedeutet nicht, dass wir sie ständig tun. Auch Jesus hat nicht immerzu Wundern getan. Es bedeutet aber, dass wir sie tun können, durch den heiligen Geist, der in uns ist.
Ebensowenig wie Jesus (Johannes 5,19) können wir etwas aus uns selbst heraus tun. Alles, was an Übernatürlichem durch uns geschieht, fliesst aus der Quelle des Heiligen Geistes.
Wichtig ist also, dass durch den Heiligen Geist, der ja in uns wohnt, Gott die Möglichkeit hat, durch uns Wunder zu tun und uns auf jede nur mögliche Weise zu gebrauchen. Weil es der Heilige Geist ist, der alle diese Dinge bewirkt, kann Gott sie durch jeden Christen vollbringen. Ohne Ausnahme.

Trotzdem gibt es Christen, durch die er manches häufiger tut als durch andere. In diesem Fall spricht man von einer Geistesgabe. Das ist nicht anders als im natürlichen Bereich auch. Normalerweise kann jeder Mensch laufen. Aber es gibt einige wenige, die besser laufen können als alle anderen, und diese teilen sich bei den Olympiaden die Medaillen.
Ebenso kann jeder Christ Gottes Stimme hören, aber es gibt einige, die sie ungewöhnlich klar vernehmen. Diese Christen sind dann Propheten. Gott kann durch jeden Christen heilen, aber es gibt einige Christen, durch die er erheblich mehr Menschen heilt, als es sonst „üblich“ ist, und wir reden von einer Gabe der Heilung. Jeder Christ ist aufgerufen, seine Gemeinde mit dem Zehnten zu unterstützen, aber manche Christen haben auch die Gabe des Gebens und geben über das übliche Mass hinaus.
Leider verstellt uns unsere Gabentheologie manchmal den Blick auf die Wahrheit, dass es eben der Heilige Geist ist, der wirkt und dass er nicht an die Gabe gebunden ist. So kann es vorkommen, dass Prediger niemals einen prophetischen Eindruck weitergeben würden, Heiler niemals predigen und Propheten niemals für jemanden um Heilung beten würden. Das ist grundfalsch. Egal, welche Gabe Du hast, Gott kann Dich auch in jeder anderen benutzen, wenn er möchte.
Ohne zu übertreiben, kann ich von mir behaupten, dass Gott mich in jeder der klassischen Gaben benutzt hat, ausser der öffentlichen Sprachenrede und deren Auslegung. Trotzdem würde ich nicht sagen, dass ich z.B. die Gabe der Heilung habe. Meine Gaben sind ganz anderer Natur, aber trotzdem sind schon Leute geheilt worden, für die ich gebetet habe.

Das, worüber wir hier reden, ist also ein häufiges Gebrauchtwerden in der einen oder anderen Richtung. Mit häufig meine ich nicht oft im Vergleich zu anderen, die die gleiche Gabe haben, sondern im Vergleich zu anderen Gaben in deinem Leben. Dennoch solltest Du offen dafür sein, dass Gott Dich auch in ganz anderer Richtung gebrauchen kann.

Geistesgaben werden mit dem griechischen Ausdruck, den das Neue Testament in der Originalsprache verwendet, auch als „Charismen“ bezeichnet. Charismen bedeutet übersetzt etwa „Gnadengaben“. Geistesgaben sind Gnadengaben

Das führt uns gleich zum ersten wichtigen Punkt. Geistesgaben haben wir uns nicht erarbeitet. Wir haben sie nicht deshalb, weil wir ein besonders heiliges und gerechtes Leben geführt haben oder weil wir uns sonst auf irgendeine Weise positiv hervorgetan haben. Sie sind Geschenke Gottes, die unabhängig von anderen Faktoren rein aus Gnade gegeben werden.

Das bedeutet für die Praxis eigentlich zweierlei, was es zu bedenken gibt:

1. Eine Gnadengabe lässt nicht auf geistliche Reife schliessen
Es ist sonderbar und für manch einen sehr befremdlich, wie viele völlig unreife Christen von Gott mächtig gebraucht werden. In der Zeit nach meiner Bekehrung haben einige meiner Freunde durch mich Jesus kennengelernt. Rückblickend betrachtet weiss ich, dass ich völlig unreif war, und dennoch hat Gott mich in einigen Fällen benutzt. Es hatte eben nichts mit Reife zu tun, sondern mit Gnade.
Die Falle ist nun, dass man leicht auf den Gedanken kommen könnte, dass ein gesegneter Dienst in Gottes Reich auf Reife schliessen lässt, oder dass Gott das eigene Leben ja nicht gar so schlecht finden kann, weil er einen ja unablässig gebraucht! Vor dem Hintergrund dieses Gedankens investieren viele Christen mehr in ihren Dienst als in ihre Reife. Das Resultat sind unreife Christen in Diensten jeder Grösse.
Ich könnte leicht einige Beispiele nennen von Diensten in denen ich teilweise selbst mitgearbeitet habe, die auf den ersten Blick sehr gut aussahen. Gaben kamen zum Einsatz und das Reich Gottes wurde gebaut. Nach einiger Zeit stellte sich aber heraus, dass leitende Mitarbeiter ein Leben führten, das von Gottes Massstäben weit entfernt war und teilweise fast über Nacht brach das ganze Kartenhaus des Dienstes in sich zusammen.

Charismen entbinden uns nicht von der Verantwortung für unser geistliches Leben. Ungeachtet dessen, was für Gaben uns Gott gegeben hat und welchen Platz wir in seinem Reich einnehmen, bleibt unser geistliches Hauptziel, dass wir Christus ähnlicher werden.
Paulus ermahnt die Galater, dass Christus in ihnen Gestalt annehmen soll (Galater 4,19), das ist das Ziel des Glaubens. Das Ende dieser geistlichen Entwicklung auf Christus hin ist, dass wir mit Paulus sagen können: nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir! (Galater 2,20). Das Kriterium dafür ist aber niemals Dienst, sondern charakterliche Entwicklung. Nicht die Gaben des Geistes – denn die gibt es bei der Geistestaufe umsonst dazu – sondern die Frucht des Geistes:

Die Frucht des Geistes aber ist Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Gütigkeit, Treue, Sanftmut, Enthaltsamkeit.- Galater 5,22

So zeigt sich ein jesusmässiger Charakter.

In diesem Zusammenhang empfehle ich, einmal den Galaterbrief zu lesen. Es sind nur sechs Kapitel, die aber über die Entwicklung eines jesusmässigen Charakters einiges zu sagen haben. Das Schwergewicht bei Geistesgaben liegt natürlich im 1.Korintherbrief, aber wir würden sehr aus der Balance geraten, wenn wir uns nur auf Gaben und nicht auf Charakter konzentrierten.

2. Von Gott gebraucht zu werden lässt keinen Raum für Stolz

Wer von Gott in einer Gabe gebraucht wird, steht immer in der Gefahr, stolz zu werden. Diese Gefahr wird umso grösser, je gesegneter wir in der Ausübung unserer Gaben sind.
Allzu schnell bilden wir uns etwas darauf ein, von Gott benuntzt zu werden.

Paulus weist auf den Unsinn solcher Gedanken hin, wenn er schreibt:

Denn wer gibt dir den Vorzug? Was besitzest du aber, das du nicht empfangen hast? Wenn du es aber empfangen hast, was rühmst du dich, wie wenn du es nicht empfangen hättest? – 1.Korinther 4,7

Da wir die Gaben umsonst als Geschenk bekommen haben, ist es abwegig, stolz auf sie zu sein. Die einzig sinnvolle Einstellung ist es, sie dankbar anzunehmen und demütig zu gebrauchen. Stolz ist im geistlichen Sinne, sich etwas einzubilden auf etwas, das Gott gemacht hat, also Gottes Wirken zur eigenen Ehre heranzuziehen. Demut ist das genaue Gegenteil: erkennen, dass es Gott ist, der wirkt, und ihm die Ehre dafür zu lassen.

Stolz ist geistliches Gift, vielleicht das stärkste überhaupt. An zwei Stellen des Neuen Testamentes wird Jesaja 57,15 (etwas frei) zitiert: Gott widersteht dem Hochmütigen, dem Demütigen aber gibt er Gnade (Jakobus 4,6 / 1.Petrus 5,5). Der Stolze macht sich Gott zum Feind und stellt sich abseits seiner Gnade. Er denkt, dass er aus seiner eigenen Kraft ohne Gott leben kann und so keinen Gott braucht. Jesus erzählt dazu eine berühmte Geschichte:

Zwei Männer gingen zum Tempel hinauf, um zu beten; der eine war ein Pharisäer, der andere ein Zöllner. Der Pharisäer stellte sich hin und sprach leise dieses Gebet: Gott, ich danke dir, daß ich nicht wie die anderen Menschen bin, die Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner dort. Ich faste zweimal in der Woche und gebe dem Tempel den zehnten Teil meines ganzen Einkommens. Der Zöllner aber blieb ganz hinten stehen und wagte nicht einmal, seine Augen zum Himmel zu erheben, sondern schlug sich an die Brust und betete: Gott, sei mir Sünder gnädig! Ich sage euch: Dieser kehrte als Gerechter nach Hause zurück, der andere nicht. Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, wer sich aber selbst erniedrigt, wird erhöht werden. – Lukas 18,10-14

3. Gaben müssen geschult werden
Das mag auf den ersten Blick etwas paradox klingen. Wenn Gaben von Gott gegeben werden, was muss dann noch geschult werden?
Eine Gabe zu haben und sie gut auszuüben sind aber zwei ganz verschiedene Paar Stiefel.
Ich habe zum Beispiel von Gott die Gabe des Predigens und Lehrens bekommen. Dieses Gabe gibt mir die Möglichkeit, Gottes Wort zu verkünden. Die Gabe ist zwar Gnade, aber an der Qualität der Ausführung muss ich hart arbeiten. Predigten müssen vorbereitet werden, Folien und Handouts geschrieben und designt werden und eine Fülle anderer Dinge, die um diese Predigtgabe herum von Bedeutung sind. Das gleiche gilt für jede Gabe, die man haben kann. Sie wird besser, wenn man sie benutzt und wenn man sich darin weiterbildet.
Im Alten Testament wurden Propheten ausgebildet (siehe zum Beispiel Elia und Elisa: 1.und 2. Buch der Könige). Es ist eine Illusion, dass man von alleine in der Ausübung seiner Gabe reif wird. Ebenso wie ein Lobpreisleiter sein Instrument üben und daran arbeiten muss, sein Repertoire ständig zu erweitern und die Gemeinde in Gottes Gegenwart zu bringen, muss man jede andere Gabe üben und sich weiterbilden, um besser zu werden.
Das ist wahrscheinlich auch gemeint, wenn Paulus seinen Schüler Timotheus daran erinnert, die Gnadengabe anzufachen, die in Dir ist durch das Auflegen meiner Hände (2.Timotheus 1,6). Das ist ein schönes Bild: Gott schenkt das Feuer, aber wir müssen pusten und Zweige darunter legen, um die kleine Flamme zu einem grossen Brand anzufachen.

Es gibt auch die Möglichkeit, manche Geistesgaben in der Gruppe zu üben. Z.B. haben wir einmal die Gabe der Auslegung (der Sprachenrede) geübt, oder überhaupt einmal geschaut, ob irgendwer bei uns diese Gabe hat. Wir haben dazu einen Abend über Sprachengebet gemacht, und nach dem theoretischen Teil und ein bischen Gebet haben alle, die in Sprachen beten konnten, nacheinander laut in Sprachen gebetet. Das Ergebnis war sensationell: fast alle Sprachengebete wurden ausgelegt!

Natürlich ist so etwas auf den ersten Blick etwas seltsam, aber es lohnt sich, Christen in Geistesgaben auszubilden. Der Nutzen für die Gemeinde wächst, je reifer jemand in der Ausübung seiner Gabe wird.

Geistesgaben und natürliche Gaben

Nicht jede Begabung, die ein Mensch hat, ist eine Geistesgabe. Es gibt auch eine Fülle natürlicher Gaben und Veranlagungen. Eine ist sportlich, ein anderer kann gut malen. Solche Gaben gibt es überall, nicht nur Christen haben sie. Geistesgaben von natürlichen Gaben zu unterscheiden ist nicht ganz einfach und in manchen Fällen sicherlich gänzlich unmöglich. Es gibt eine Grauzone zwischen beiden, die es uns erschwert, allzu dogmatisch zu sein. Bei manchen Gaben ist es ganz offensichtlich, dass sie vom Heiligen Geist sind, weil sie übernatürlich sind, z.B. die Gabe der Auslegung. Wenn jemand im Gottesdienst eine Sprachenrede auslegt, ist klar, dass die Auslegung von Gott kommt und dieser Mensch nicht einfach „sprachbegabt“ ist.
Auf der anderen Seite erwähnt Paulus in Römer 12,8 eine Gabe der Freigebigkeit; wie will man diese von der natürlichen Grosszügigkeit unterscheiden?
Die natürlichen Gaben stehen in Gottes Reich Schulter an Schulter neben den Geistesgaben. Gott will sein Reich durch beide bauen. Es ist an dieser Stelle gut, sich von einer Gewichtung frei zu machen. Wenn Petrus schreibt, dass wir als gute Haushalter der mannigfachen Gnade Gottes einander mit den Gaben die wir empfangen haben dienen sollen (1.Petrus 4,10), dann meint er sicher beides, natürliche Gaben und Geistesgaben. Der handwerkliche begabte Christ, der als Hausmeister die Gemeinde in Schuss hält, dient der Gemeinde ja nicht weniger als der Prophet.

Eigentlich ist der Unterschied auch nicht so gross. Geistesgaben sind übernatürlich erhaltene oder durch den Heiligen Geist verstärkte Gaben für den Dienst in der Gemeinde, natürliche Gaben sind uns auch von Gott gegeben und sollten für das Reich Gottes eingesetzt werden.

Geistesgaben sind Gaben an die Gemeinde

Gott hat die Gaben also mit dem Ziel gegeben, die Gemeinde aufzubauen:

Und Er hat gegeben etliche zu Aposteln, etliche zu Propheten, etliche zu Evangelisten, etliche zu Hirten und Lehrern, um die Heiligen zuzurüsten für das Werk des Dienstes, zur Erbauung des Leibes Christi. – Epheser 4,11-12

Die einzige Ausnahme zu dieser Regel ist die Gabe des Sprachengebets, die ausdrücklich zur eigenen Erbauung gegeben wurde (1.Korinther 14,4). Damit ist einiges über das Umfeld der Gaben gesagt: da sie der Gemeinde gegeben sind, gehören sie auch in die Gemeinde und den Gemeindealltag hinein. Die Gemeinde ist das Übungs- und Wirkungsfeld der Geistesgaben.
Man kann Geistesgaben gar nicht für sich selbst verwenden, auch wenn das manchmal versucht wird. Sie zielen immer auf den anderen ab. Ein russisches Märchen illustriert diesen Aspekt:

Ein Rabbi kommt zu Gott: „Herr, ich möchte die Hölle sehen und auch den Himmel.“ – „Nimm Elia als Führer“, spricht der Schöpfer, „er wird dir beides zeigen.“
Der Prophet nimmt den Rabbi bei der Hand. Er führt ihn in einen großen Raum. Ringsum Menschen mit langen Löffeln. In der Mitte, auf einem Feuer kochend, ein Topf mit einem köstlichen Gericht. Alle schöpfen mit ihren langen Löffeln aus dem Topf. Aber die Menschen sehen mager aus, blaß, elend. Kein Wunder: Ihre Löffel sind zu lang. Sie können sie nicht zum Munde führen. Das herrliche Essen ist nicht zu genießen.
Die beiden gehen hinaus. „Welch seltsamer Raum war das?“ fragte der Rabbi den Propheten. „Die Hölle“, lautet die Antwort.
Sie betreten einen zweiten Raum. Alles genau wie im ersten. Ringsum Menschen mit langen Löffeln. In der Mitte, auf einem Feuer kochend, ein Topf mit einem köstlichen Gericht. Alle schöpfen mit ihren langen Löffeln aus dem Topf. Aber – ein Unterschied zu dem ersten Raum: Diese Menschen sehen gesund aus, gut genährt, glücklich.
„Wie kommt das?“ – Der Rabbi schaut genau hin. Da sieht er den Grund: Diese Menschen schieben sich die Löffel gegenseitig in den Mund. Sie geben einander zu essen. Da weiß der Rabbi, wo er ist.

Manche Christen sind zwar von Gott begabt, kommen aber dennoch nicht in ihre Gaben hinein, weil sie nicht bereit sind, der Gemeinde zu dienen. Gott baut sein Reich durch Gemeinde, sie ist sein Wirkungsbereich in dieser Welt. Wer in Geistesgaben reif werden will, der wird nicht um Gemeinde herumkommen. Das stellt natürlich manche von uns vor ein Problem, nämlich diejenigen, die aus Gemeinden kommen, die nicht an Gaben glauben oder sogar Angst vor den Charismen haben. Die Verantwortung für die Gaben, die Gott in uns hineingelegt hat, stellt manchmal ein erhebliches Gegengewicht zur Treue zu einer bestimmten Gemeinde dar.

Wie viele Geistesgaben gibt es?
Je nachdem, welches Buch über Geistesgaben man liest oder welchen Prediger man hört, kommt man auf völlig unterschiedliche Anzahlen von Geistesgaben und natürlich auch auf völlig unter-schiedliche Gaben. Der Grund dafür ist der, dass es im Neuen Testament verschiedene Listen von Gaben gibt. Die drei grössten stehen im Römerbrief, im 1.Korintherbrief und im Epheserbrief:

• Römer 12,6-8: Weissagungen, Dienst, Lehre, Ermahnung, Freigebigkeit, Leitung, Barmherzigkeit
• 1.Korinther 12-13: Wort der Weisheit, Wort der Erkenntnis, Glauben, Heilungen, Wunderkräfte, Weissagungen, Geisterunterscheidung, Sprachen, Auslegungen, Apostel, Propheten, Lehrer, Hilfeleistungen, Verwaltung, freiwillige Armut
• Epheser 4,11: Apostel, Hirten, Lehrer, Propheten, Evangelisten

Interessant ist, dass keine dieser Listen vollständig sind. Obwohl alle drei aus der Feder des Apostel Paulus stammen, unterscheiden sie sich nach Art und Umfang doch erheblich. Ich vermute, dass Paulus über Gaben gesprochen hat, die in der jeweiligen Gemeinde vorhanden waren und an die er sich gerade erinnert hat, als er den jeweiligen Brief geschrieben hat. Es sollte sich an keiner Stelle um eine vollständige Liste handeln, die sagt: „Das sind alle Geistesgaben, die es überhaupt gibt.“
Das legt natürlich den Verdacht nahe, dass es noch mehr Gaben geben kann.
Tatsächlich bin ich davon überzeugt, dass es so ist. Die Zeiten haben sich in den letzten 2000 Jahren erheblich geändert, die Gemeinde hat heute andere Bedürfnisse als damals und es gibt somit andere Felder, Gott zu dienen.
Es gibt sicherlich geistliche Begabungen, die nicht in der Bibel stehen, die aber den „klassischen“ Gaben des Neuen Testamentes in nichts nachstehen. Ich denke z.B. an die Gabe des Kinderdienstes, der Seelsorge, des DJings usw. Gott begabt heute anders als damals.
Das heisst, dass man nicht genau sagen kann, wie viele Gaben es gibt. Jeder zählt anders, und jeder hat irgendwie recht. Aber solange etwas von Gott kommt, in Demut und Liebe ausgeübt wird und die Gemeinde aufbaut, ist es in Ordnung!

Impressum etc.
© bitte kopieren und weitergeben. copyright wird generell nicht erhoben.
verantwortlich für den Inhalt: storch. Für Fragen stehe ich gerne zur Verfügung.
Das russische Märchen habe ich von dieser Website:
http://www.literaturnische.de/prmi-russisch.htm
Bibelzitate nach der 1951er Schlachterübersetzung
mehr Theologie der Jesus Freaks Remscheid im Internet: www.theologie.jfrs.de]
[Download des pdf]

Als sie in die Nähe von Jerusalem kamen, nach Betfage und Betanien am Ölberg, schickte er zwei seiner Jünger voraus.
Er sagte zu ihnen: Geht in das Dorf, das vor euch liegt; gleich wenn ihr hineinkommt, werdet ihr einen jungen Esel angebunden finden, auf dem noch nie ein Mensch gesessen hat. Bindet ihn los, und bringt ihn her!
Und wenn jemand zu euch sagt: Was tut ihr da?, dann antwortet: Der Herr braucht ihn; er läßt ihn bald wieder zurückbringen.
Da machten sie sich auf den Weg und fanden außen an einer Tür an der Straße einen jungen Esel angebunden, und sie banden ihn los.
Einige, die dabeistanden, sagten zu ihnen: Wie kommt ihr dazu, den Esel loszubinden?
Sie gaben ihnen zur Antwort, was Jesus gesagt hatte, und man ließ sie gewähren.
Sie brachten den jungen Esel zu Jesus, legten ihre Kleider auf das Tier, und er setzte sich darauf.
Und viele breiteten ihre Kleider auf der Straße aus; andere rissen auf den Feldern Zweige (von den Büschen) ab und streuten sie auf den Weg.
Die Leute, die vor ihm hergingen und die ihm folgten, riefen: Hosanna! Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn!
Gesegnet sei das Reich unseres Vaters David, das nun kommt. Hosanna in der Höhe!
Und er zog nach Jerusalem hinein, in den Tempel; nachdem er sich alles angesehen hatte, ging er spät am Abend mit den Zwölf nach Betanien hinaus. (Markus 11,1-11 nach der Einheitsübersetzung)

parallel: Matthäus 21,1-9 | Lukas 19,28-40 | Johannes 12,12-19

Jesus näherte sich der letzten Etappe seiner irdischen Reise. Er war schon vorher einige Male in Jerusalem gewesen, aber dieses Mal sollte es das letzte Mal sein. Dieses Mal würde er die Reise nicht überleben sondern verhaftet und gekreuzigt werden um schliesslich wieder auf zu erstehen.
Deswegen musste Jesus als König nach Jerusalem gehen. Zu seiner Zeit war es üblich, dass Könige auf einem Esel ritten wenn sie in friedlicher Absicht kamen und auf einem Pferd, wenn sie in kriegerischer Absicht kamen. Der Esel war also nicht einfach nur ein Reittier, das hätte Jesus nicht gebraucht, er war auch sonst zu Fuss unterwegs. Die Art wie Jesus nach Jerusalem kam war also kein Zufall sondern ein Symbol: ein König kommt in Frieden.

Bemerkenswert ist natürlich die Geschichte, wie er zu seinem Esel kam. Woher wusste Jesus, dass ein Esel auf ihn wartete? Die Details waren natürlich sehr prophetisch. Jesus lebte in einer sehr engen Beziehung zu seinem himmlischen Vater und hörte ständig seine Stimme. So wusste er, die näheren Details, dass der Esel in einem Dorf auf ihn wartete und was die Jünger sagen müssten, übernatürlich. Die grobe Richtung hatte Jesus aber aus dem Alten Testament. Dort steht in einem der Propheten etwas über den Einzug des Friedenskönig nach Jerusalem:

Juble laut, Tochter Zion! Jauchze, Tochter Jerusalem! Siehe, dein König kommt zu dir. Er ist gerecht und hilft; er ist demütig und reitet auf einem Esel, auf einem Fohlen, dem Jungen einer Eselin. (Sacharja 9,9 nach der Einheitsübersetzung)

Sacharja hatte bereits einige hundert Jahre vor den tatsächlichen Ereignissen Jesus in Jerusalem einziehen sehen. Er sagte voraus, dass es nicht nur auf einem Eseln geschehen würde sondern auf einem jungen Esel. Wenn ich die Propheten lese, frage ich mich manchmal, ob sie auf irgendeine Weise zuschauen konnten wie sich die Geschichte mit Jesus entwickelte. Es muss ungemein spannend sein im Himmel zu stehen und zu sehen, wie die Prophetien, die man vor Jahrhunderten hatte sich Stück für Stück erfüllen.
Jesus hatte viele Möglichkeiten mit Gott zu reden. Bestimmt hat er Gottes Stimme sehr direkt gehört, aber er glaubte auch an das Alte Testament und wusste, dass es sein Leben vorzeichnete. Wir gehen heute oft anders mit Gottes Wort um. Manche Christen beten immerfort dafür, dass der Heilige Geist mit ihnen redet und sie wollen sein Stimme hören, sie schätzen aber die Offenbarung Gottes in der Bibel nicht hoch genug ein um ihr Leben danach aus zu richten. Wir sollten jede Quelle des Redens Gottes gleich hoch einschätzen.

Als Jesus nach Jerusalem kam waren die Menschen noch begeistert. Er war ein beliebter Mann und lag bei allen Umfragen weit vorne. Sie hätten ihn schon früher gerne als König gehabt und empfingen ihn so auch wie einen König: sie legten ihre Kleider auf seinen Weg und begrüssten ihn mit Jubel. Es ist fast unvorstellbar, dass das maximal einen Monat geschah bevor sich das “Hosianna!” in “kreuzige ihn!” verwandelte. Die Menschen sind wankelmütig…

Bei jesus.de (und später auch noch bei der Tagesschau) las ich, dass der Erzbischof von Canterbury, Rowan Williams, sich dafür aussprach, dass Muslime in manchen Fällen muslimisches Recht statt britischem Recht wählen können sollten. Da das britische Recht natürlich auf britischen Werten basiert, die für in Großbritannien lebende Muslime unter Umständen nicht nachvollziehbar seien, hält Williams es für besser, in manchen Fällen frei zu stellen, ob etwas nach britischem Recht oder nach der Sharia verurteilt wird. Das träfe besonders bei Ehe- oder Finanzstreitigkeiten zu.

Natürlich lehnt Williams Bestrafungen wie Steinigung, lebendiges Begraben oder das Abhacken von Körperteilen ab. Aber schon die Vorstellung, dass ein „christlicher“ Geistlicher dafür eintritt, islamisches Recht zuzulassen finde ich schauderhaft. Bislang habe ich Integration immer so verstanden, dass man sich bemüht, Angehörige anderer Volksgruppen aufzunehmen, nicht dass man sich bemüht, ihnen Enklaven zu schaffen in denen sie so leben können, wie sie es gewohnt sind. Die Vermischung von Staat und Kirche ist ohnehin eine gefährliche Sache, auch bei den Themen „Recht und Religion“. Aber wenn ihm das schon am Herzen liegt, warum tritt er dann für islamische und nicht für christliche Werte und Normen ein?

Ich bin froh zu lesen, dass das statement, ausser bei islamischen Organisationen, in erster Linie Unmut hervorgerufen hat. Sei es von Kirchenvertretern oder Politikern kam in erster Linie Gegenwind. Wie kann man aber auch ernsthaft zweierlei Recht in einem Land fordern? Egal welcher Minderheit ein Bürger angehört, wenn er in einem Land wohnt muss er sich auch an die Gesetze des Landes halten. Wenn jeder nach seinem eigenen oder dem Wertesystem der Gruppe zu der er gehört, gerichtet wird, dann gibt es wohl ein heilloses Chaos.
Mir ist es echt peinlich, dass solche Vorschläge ausgerechnet aus der Gruppe kommen, der ich mich zugehörig fühle.

Sie kamen nach Jericho. Als er mit seinen Jüngern und einer großen Menschenmenge Jericho wieder verließ, saß an der Straße ein blinder Bettler, Bartimäus, der Sohn des Timäus.
Sobald er hörte, daß es Jesus von Nazaret war, rief er laut: Sohn Davids, Jesus, hab Erbarmen mit mir!
Viele wurden ärgerlich und befahlen ihm zu schweigen. Er aber schrie noch viel lauter: Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir!
Jesus blieb stehen und sagte: Ruft ihn her! Sie riefen den Blinden und sagten zu ihm: Hab nur Mut, steh auf, er ruft dich.
Da warf er seinen Mantel weg, sprang auf und lief auf Jesus zu.
Und Jesus fragte ihn: Was soll ich dir tun? Der Blinde antwortete: Rabbuni, ich möchte wieder sehen können.
Da sagte Jesus zu ihm: Geh! Dein Glaube hat dir geholfen. Im gleichen Augenblick konnte er wieder sehen, und er folgte Jesus auf seinem Weg. (Markus 10,46-52 nach der Einheitsübersetzung)

parallel: Matthäus 9,27-31 | 20,29-34 | Lukas 18,35-43

Markus schreibt nichts über ihren Aufenthalt in Jericho. Vielleicht war das interessanteste oder eindrücklichste an der Stadt das, was auf dem Weg aus Jericho heraus passierte. Dennoch waren die Versammlungen in Jericho erfolgreich. Nicht nur die Jünger folgten Jesus aus der Stadt heraus sondern auch eine grosse Menschenmenge. Teilweise hatte Jesus richtig viele Jünger und nicht nur die berühmten zwölf.
Dann geschieht etwas seltsames, das einen tiefen Blick in die Herzen der Menschen gewährt. Ein Blinder an der Strasse fängt an zu schreien als er hört, dass der berühmte Jesus von Nazareth dabei ist an ihm vorbei zu gehen. Dieser mann wollte seine Chance nutzen. Er war nicht so, wie viele andere zu der Zeit, die sich zufrieden gaben und Jesus nicht suchten. Er wollte um jeden Preis geheilt werden. Es war ihm völlig egal, was die Menschen um ihn herum dachten, er wollte nur zu Jesus.
Das seltsame ist, dass die neuen Jünger, die gerade erst anfingen Jesus nach zu folgen, ihn zum Schweigen bringen wollten. Viele dieser Menschen werden selber geheilt worden sein. Sie hatten erst in den letzten Tagen begonnen Jesus nach zu folgen und nun wollten sie einem anderen Menschen genau die Chance nicht geben, die sie selber ergriffen hatten.
Ich habe so etwas oft gesehen. Christen, die anderen nichts von dem weiter erzählen, was Gott für sie getan hat und die durch ihr Verhalten eher noch andere Menschen davon abhalten, die gute Botschaft zu hören. Gottes Reich will sich immer ausbreiten. Jede neue Stadt in die Jesus kam war ein Erntefeld, dass er abernten wollte. Für Jesus gab es keine schlechten Zeitpunkte um Menschen etwas Gutes zu tun und er hätte niemals einen Menschen davon abgehalten mit ihm in Kontakt zu kommen. Leider sind seine Nachfolger anders drauf.

Bartimäus liess sich davon nicht abhalten. Er schrie einfach weiter, bis Jesus ihn hörte. Als Jesus ihn rief geschah etwas Seltsames. Dieselben Leute, die ihn gerade noch am liebsten zum Schweigen gebracht hätten weil er sie so störte, ermutigten ihn nun, zu Jesus zu kommen. Das ermutigt auch mich, denn es heisst, dass ein Wort Jesu uns verändern kann – aus jemandem, der das Evangelium eher gehindert als gefördert hat kann durch ein Wort Jesus jemand werden, der Gottes Reich ausbreitet. So lange wir ernsthaft Jesus folgen, ist so etwas möglich.
Ich bin froh, dass Bartimäus nicht geschwiegen hat. Ich wünsche mir mehr Leute wie ihn, die einfach so lange schreien, bis sie erhört werden. Viele werden irgendwann von ihrer Menschenfurcht zum Schweigen gebracht, das ist keine gute Sache. Wir sollten nicht aufhören zu beten und Gott zu bestürmen bis wir Antwort von ihm haben.
Eine Lehre, die wir alle hören sollten ist, dass wir uns immer wieder gerade über unsere eigenen Geschwister hinwegsetzen müssen wenn wir mehr von Jesus haben wollen. Jesus ist nicht immer in der Stimme der (fromme) Menge zu hören. Oft sind gerade diejenigen, die uns am nächsten stehen die, die uns von Gott abhalten wollen.

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