20. Februar 2008 8
Markus 11,20-25
Als sie am nächsten Morgen an dem Feigenbaum vorbeikamen, sahen sie, daß er bis zu den Wurzeln verdorrt war.
Da erinnerte sich Petrus und sagte zu Jesus: Rabbi, sieh doch, der Feigenbaum, den du verflucht hast, ist verdorrt.
Jesus sagte zu ihnen: Ihr müßt Glauben an Gott haben.
Amen, das sage ich euch: Wenn jemand zu diesem Berg sagt: Heb dich empor, und stürz dich ins Meer!, und wenn er in seinem Herzen nicht zweifelt, sondern glaubt, daß geschieht, was er sagt, dann wird es geschehen.
Darum sage ich euch: Alles, worum ihr betet und bittet – glaubt nur, daß ihr es schon erhalten habt, dann wird es euch zuteil.
Und wenn ihr beten wollt und ihr habt einem anderen etwas vorzuwerfen, dann vergebt ihm, damit auch euer Vater im Himmel euch eure Verfehlungen vergibt. (Markus 11,20-25 nach der Einheitsübersetzung)
parallel: Matthäus 21,20-22 | (Lukas 17,6)
Nachdem sie in Jerusalem waren, kamen die Jünger wieder an dem Feigenbaum vorbei an dem Jesus die Frühfeigen gesucht hatte (Markus 11,12-14). Zu ihrer Verwunderung sahen sie, dass der Baum komplett verdorrt war. Auch wenn ich es stark in Zweifel ziehe, dass Jesus den Baum verflucht hat, wie Petrus es verstand, war irgendetwas mit diesem Baum geschehen, denn er war von den Wurzeln an vertrocknet, tot, nur noch als Brennholz zu gebrauchen.
Jesus nahm die Geschichte zum Anlass, um sie etwas über Gebet und Glauben zu lehren. Seine erste Lektion mutet viele schon seltsam an. Er sagte, dass es nichts aussergewöhnliches ist zu Dingen zu sprechen und zu erleben, dass sie tun was man ihnen sagt. Jesus tat so etwas ständig, er sprach z.B. das Fieber an, das die Schwiegermutter des Petrus hatte (Markus 11,29-31).
Schon dieser Anfang muss für manche Theologen heutzutage ein kalter Guss sein. Eigentlich hätte Jesus sagen müssen: „tja Jungs, ich kann so was. Ich bin der Sohn Gottes, ich kann solche Wunder mit links tun, aber ihr werdet da leider nie hinkommen. Ich weiss, dass es beeindruckend ist, was ihr hier gesehen habt, aber: don´t try this at home kids!“ Ich meine, seien wir mal ehrlich, wenn es so wäre wie viele Christen heute lehren dann müsste bei jedem Wunder Jesu ein Schild hochgehalten worden sein: „so weißt sich der Sohn Gottes aus – das kann kein anderer!“
Tatsächlich ist es anders: die Wunder Jesu sind unbedingt zur Nachahmung empfohlen. Jesus selber nahm sie nicht zum Anlass über seine Göttlichkeit und seine Ausnahmerolle zu reden, er nahm sie zum Anlass seine Leute zu lehren ähnliches zu tun!
Um damit anzufangen übernatürlich, das heisst in Vollmacht, zu leben empfiehlt Jesus zu Bergen zu sprechen. Haben Berge Ohren? Ja, zumindest im selben Sinne wie Feigenbäume können auch sie hören. Es ist klar, dass es hier nicht darum geht die Topographie eines Landstrichs zu verändern. Es geht darum in der Kraft Gottes Dinge anzusprechen, die uns im weltlichen, natürlichen Sinne zu gross sind. Christen sollten nicht bei allen Problemen weinerlich vor ihren Gott zu kommen und zu sagen: „bitte mach, dass das weg geht“. Wir haben denselben Heiligen Geist, der in Jesus Christus und den Aposteln gelebt hat. Wir haben mehr Kraft als wir denken!
Manche Christen übertreiben wiederum das Gebieten. Ihre Offenbarung der Kraft Gottes ist so stark und sie sind so in dem Gedanken verwurzelt, dass sie zum herrschen geboren sind (Römer 5,17), dass sie nur noch zu Umständen sprechen und ihnen befehlen sich zu ändern. Vereinzelt erklären sie Gebet für veraltet und es erachten es als Glaubensferne Gott zu bitten. Wenn sie diese Theologie stark auf Markus 11,23 stützen so haben sie nicht weiter gelesen, denn der nächste Vers spricht gleich wieder von Gebet:
Alles, um was ihr auch betet und bittet, glaubt, daß ihr es empfangen habt, und es wird euch werden. (Markus 11,24)
Hier geht es klar darum zu beten, Gott zu bitten. Wenn man mit einem allmächtigen Gott lebt halte ich es für die natürlichste und angebrachteste Reaktion auf einen Mangel oder Mißstand zu diesem Gott zu kommen und zu beten. Wenn Christen nicht mehr beten oder nicht mehr erleben, dass ihre Gebete erhört werden, dann ist etwas falsch. Jeder Christ sollte beten. Ein gutes Gebetsleben kommt aus der Erkenntnis eines guten Gottes. Wenn Christen nur aus einer religiösen Pflichterfüllung oder Disziplin beten, dann haben sie nicht erkannt was es für ein grosses Vorrecht ist zu Gott kommen zu dürfen. Jesus ist dafür gestorben, dass wir dieses Privileg haben – in Ewigkeit. Gebet ist nichts anderes als gelebte Gottesbeziehung.
Einer der grössten Gebetskiller, vielleicht hänge ich mich noch weiter aus dem Fenster und sage: der grösste Gebetskiller, ist Erwartungslosigkeit. Hebräer 11,6 spricht davon, dass man wissen muss, dass Gott ein Belohner ist um ihn zu suchen. Wenn Christen über Jahre nicht erlebt haben, dass Gott ihre Gebete erhört, dann ist ihre Motivation zu beten irgendwann auf dem Nullpunkt angelangt und sie hören eventuell ganz auf zu beten.
Im Lichte unserer Stelle drängt sich da natürlich sofort eine Frage auf: „wie kann es überhaupt sein, dass es Christen gibt, die über Jahre keine Gebetserhörung erleben wenn Jesus doch sagt, dass wir alles bekommen worum wir beten und bitten?“
Das wäre eine gute Frage, wenn Jesus das gesagt hätte. Hat er aber nicht. Er sagte, dass wir alles bekommen was wir beten und bitten – wenn wir es im Glauben tun. Nicht jedes Gebet wird erhört sondern das gläubige. Das ist gut so, denn es gäbe kaum einen grösseren Fluch als wenn jeder unserer Wünsche in Erfüllung gehen und jedes Gebet erhört werden würde. Ich weiss nicht einmal mit wie vielen falschen Frauen ich dann verheiratet wäre; ich hätte den falschen Job und wäre entweder Rockstar oder Professor, aber ganz bestimmt nicht das geworden, was Gott will. Wenn man mal den Frust über unerhörte Gebete beiseite schiebt wird wohl jeder feststellen, dass es zu unserem Besten ist, dass nicht jedes Gebet erhört wird.
Bei einer solchen Gebetstheologie denke ich immer an König Midas, der das Gold zu sehr liebte und der Sage nach von den Göttern die ersehnte Fähigkeit bekam dass alles, was er berührte zu Gold wurde. Die Gabe wurde sein schlimmster Alptraum…
Das Kriterium, das darüber entscheidet ob Gebete erhört werden oder nicht, ist der Glaube. Bitten im Glauben werden erhört, andere eher nicht (wobei es immer Ausnahmen gibt, aber ich möchte etwas plakativ arbeiten). Glaube garantiert, dass sich Gebete in Gottes Willen befinden.
Der Glaube aber ist eine Verwirklichung dessen, was man hofft, ein Überführtsein von Dingen, die man nicht sieht. (Hebräer 11,1)
Glaube braucht Überführung um wirklicher Glaube zu sein. Das griechische Wort bedeutet, dass eine nicht-sichtbare Realität „sichtbar“ gemacht wird. Insofern ist es auch gut möglich „Überzeugung“ zu übersetzen, dann geht es mehr darum wie diese Überführung in unser Leben kommt als darum, was sie ist. Etwas moderner würde man Überführung vielleicht als Offenbarungserkenntnis oder Offenbarungswissen übersetzen. Es bedeutet also, dass wir durch die Offenbarung des Heiligen Geistes etwas wissen, das in Gottes Welt bereits Realität ist und das nur noch eines Gebets bedarf um in der sichtbaren Welt anfassbar zu werden.
Dahinter steht eine Wahrheit, die vielen Christen verborgen ist obwohl sie eigentlich inhaltlich eines der Kernthemen unseres Glaubens darstellt: die Wirklichkeit der unsichtbaren Welt. Es gibt eine Welt, die unsere physischen Augen nicht sehen können, die aber wirklicher und echter ist als die Welt, die wir mit unseren fünf Sinnen wahrnehmen können. In dieser Welt ist jedes Versprechen Gottes erfüllt und es regiert das Vertrauen auf die unbedingte Zuverlässigkeit Gottes. In dieser Welt sind Dinge wahr, die es hier (noch) nicht sind. Unser grösster Auftrag als Christen auf der Erde ist es, in dieser Realität zu leben und dafür zu sorgen, dass sich unsere Welt der Gotteswelt anpasst: „Dein Reich komme, Dein Will geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.“ Dieses Vaterunser ist nicht einfach das wichtigste Gebet der Christenheit, es ist ihr Erbe und Auftrag.
Glaube kommt also wenn Gottes Wort kommt. Wenn Gott uns zeigt, was bei ihm beschlossene Sache ist und uns die Möglichkeit gibt das durch Gebet in unsere Welt zu ziehen, dann ist das Gebet im Glauben und im göttlichen Auftrag.
Wenn wir Gebet so angehen wird etwas ganz anderes daraus, als meistens unter Gebet verstanden wird. Gebet wird dann nicht mehr in erster Linie von uns und unseren Bedürfnissen her gedacht sondern von Gott und dem, was er tun will. Es ist ein Gebet, das erst einmal Gott sucht und dann betet, was der Vater zeigt und kein Gebet nach dem Muster „ich, mich, meiner, mir, Jesus segne diese vier.“ Dass solche Gebete mehr im Willen Gottes sind und erhörlicher sind als selbsüchtige versteht sich von selbst.
Der letzte Teil von Markus 11,24-25 ist derjenige der gedanklich am schwersten nachvollziehbar ist: “glaubt nur, daß ihr es schon erhalten habt, dann wird es euch zuteil.”
Wir sollen glauben, dass wir etwas haben bevor wir es bekommen. Das kommt vielen seltsam vor. Der normale gesunde Menschenverstand sagt uns doch, dass wir etwas entweder haben oder nicht; die Bibel redet eine ganz andere Sprache und sagt, dass wir glauben sollen dass wir es haben bevor wir es haben…
Die meisten Beter werden schon festgestellt haben, dass dieser Vers stimmt. Man tritt für etwas im Gebet ein und auf einmal, nach einer Zeit des Ringens und Kämpfens, hat man einen übernatürlichen Frieden. Man weiss: Gott hat das Gebet erhört, die Sache ist durch, das Anliegen hat sich erledigt. In aller Regel kann man zu diesem Zeitpunkt noch nichts von dem erkennen was sich verändert hat. Es hat sich im Sichtbaren rein gar nichts verändert und dennoch weiss man, dass Gott sich der Sache angenommen hat und dass man im Gebet durchgebrochen ist. Es vergeht immer etwas Zeit während sich unsere Welt der göttlichen Realität angleicht.
7 Kommentare
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Bento schrieb am
20. Februar 2008 um 13:33Amen!
ist schon ein Hammer, wie sehr das Glaubensleben oft von traditionellen, religiösen Vorstellungen und Gewohnheiten geprägt ist und wie wenig vom klaren Wort Gottes.
der Punkt mit dem Feigenbaum ist: Er war schon tot, als Jesus es sagte, man „sah“ es nur erst am nächsten Tag!
was den letzten Abschnitt betrifft, würde ich (ohne dir damit widersprechen zu wollen!) noch einen Schritt weiter gehen:
Ganz gleich, ob ich es „wahrnehme“ oder nicht, werde ich nicht zweifeln und es für „wahr nehmen“..
starker Beitrag, Storch – das gehört an jede Kirchentür genagelt .. 😉
Joel schrieb am
20. Februar 2008 um 19:00Johannes 15, 6-7:
Wenn jemand nicht in mir bleibt, so wird er weggeworfen wie die Rebe und verdorrt; und solche sammelt man und wirft sie ins Feuer, und sie brennen. Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, so werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch zuteil werden.
Zwei Gruppen von Menschen: Eine, die in Jesus bleibt und eine, die nicht in Jesus bleibt. Laut Jesus werden die Gebete derer erhört, die in ihm bleiben und seine Worte behalten. Kann es sein, dass wenn man noch kaum eine Gebetserhörungen erlebt hat, nicht (mehr) in ihm ist und laut Vers 6 „sammelt man und wirft sie ins Feuer“…
Na ja, in gewissen Gemeinden kann man ja (nach einem Übergabegebet) auch nicht verloren gehen – welch abwegiger Gedanke. 😉
storch schrieb am
20. Februar 2008 um 19:03herzlich willkommen, joel. ich schätze aber, dass unerhörte gebete meist mehr an den gebeten liegen als am stand vor gott. sonst müsste ich für einen nicht geringen teil der christen in deutschland echt schwarz sehen… 🙁
Joel schrieb am
20. Februar 2008 um 19:35Da gäbe es noch ganz andere Stellen (z.B. Galater 5, 19-21; Matthäus 25, 1-13; Offenbarung 3, 1; Hebräer 10, 26-27), aber da gehört man ja eh nie dazu. Busse tun wäre für dein Blog sicher auch mal ein interessantes Thema. 😉
Die Bibel verheisst uns an ziemlich vielen Stellen eine absolute Gebetserhörung (z.B. Johannes 14, 13; Johannes 15, 7; Johannes 15, 16; Johannes 16, 23; Markus 11, 24; Matthäus 21, 22; 1. Johannes 5, 14-15; Matthäus 18, 19; Matthäus 7, 8) – irgendwas kann hier doch nicht ganz stimmen?
Natürlich würde ich niemandem sagen, dass wenn eines seiner Gebete nicht erhört wurde, er verloren sei. Ich kann von mir auch nicht behaupten, dass meine Gebete alle erhört werden – doch ich würde von mir auch nicht behaupten, dass sein Wort immer in mir ist. Ich finde solche Gedanken manchmal einfach ziemlich aufschlussreich und interessant…
storch schrieb am
20. Februar 2008 um 19:40stimmt, das wäre wirlich mal ein interessantes thema. ich habe auch schon einiges dazu geschrieben, irgendwann. wird dauern, bis ich da mal wieder zu komme… *sigh*.
marcel fulda schrieb am
22. Februar 2008 um 17:57Tach storch.
saucool, dass du mit deinen -aus meiner sicht- horenden anforderungen an das normale jesusnachfolgeleben mir öfters die nötige „lust auf mehr“ lieferst.
Ich neige nämlich eher dazu, mich mit dem was ist, zufriedenzugeben und das beste draus zu machen. dieser lifestyle hat seine vorteile, z.b. dass ich in meinen 10 jahren mit dem herrn noch nie längere frustrations/gott du arsch/leben sucks-phasen hatte.
der nachteil an dieser glaubensstruktur ist, dass man sich (wenn man das mal später objektiv sehen werden kann) diverse objektiv schlechte umstände wohnlich macht und pragmatisch bis zum grab wandelt obwohl bombenaktionen mit dem herrn hätten laufen können.
jesus`blood never fails us, m
storch schrieb am
23. Februar 2008 um 10:15hi marcel,
herzlich willkommen hier und vielen dank für das feedback. lass dich vom entdeckungsfieber anstecken, da ist noch viel mehr!