19. Februar 2008 14
Heute leben
Ich habe schon einmal über Themen geschrieben, die von Paul Watzlawicks Buch „Anleitung zum Unglücklichsein“ inspiriert wurden. Heute kommt ein weiteres Mal dazu. Natürlich geht es nicht wirklich darum, unglücklich zu sein. Darum geht es auch bei Watzlawick nicht. Wir brauchen auch keine Hilfe dabei unglücklich zu sein, das bekommen wir selbst gut hin. Es geht mir und auch Watzlawick darum, glücklicher zu leben – ihm auf eine ironische Weise, mir auf direktem Wege.
Das Leben mit Jesus hat etwas mit Lebensqualität zu tun. Natürlich ist Jesus nicht dafür gestorben, dass wir ein besseres Leben haben, das wäre schon eine Verkürzung des Evangeliums. Aber Menschen liegen Gott am Herzen und er will, dass es ihnen gut geht. Deshalb handeln nicht geringe Teile der Bibel davon, wie man richtig lebt. Wenn man die Wahrheiten der Bibel anwendet wird man sicherlich merken, dass man „mehr in Gottes Segen lebt“. Und das ohne, dass man sich auf Kosten anderer bereichert oder immer sich selbst und seine Bedürfnisse an die erste Stelle setzt. Das ist ja gerade das große Paradox der Liebe und der Lehre Jesu, dass es uns gut geht, wenn wir in andere investieren und dass wir unsere Bestimmung erreichen wenn wir anderen in ihre helfen.
Die meisten Sachen, die in modernen Psychologie und Lebensberatungsbüchern stehen, findet man auch in der Bibel. Vermutlich sind diese Bücher dennoch nicht abgeschrieben, sie haben nur auf wissenschaftlichem Weg etwas entdeckt, was wir auf dem Wege göttlicher Offenbarung längst kennen. Würden wir immer das anwenden, was wir schon wissen, wären die Psychologen und Philosophen vielleicht früher auf ihre Lehren gekommen.
Dennoch ist natürlich alles hohl, wenn Jesus nicht die Mitte ist. Was sich nicht um ihn dreht, dreht sich um ein falsches Zentrum. Es reicht nicht, Prinzipien der Bibel an zu wenden und den Geist der dahinter steht zu vernachlässigen. Das unterscheidet die Bibel von den Lebensberatungsbüchern: wer nach ihr lebt gewinnt nicht ein paar gute Tipps sondern das Leben schlechthin. Wer nur mit den Tipps zufrieden ist mag zwar an manchen Stellen ein besseres Leben haben, aber verpasst Gott und die Ewigkeit, das wäre allerdings wirklich fatal.
Ich habe mich gefragt, was wohl der größte Killer für Lebensfreude ist und ich bin darauf gekommen, dass es die Unfähigkeit ist, im JETZT zu leben. Vielleicht fällt die Antwort bei verschiedenen Leuten auch anders aus, aber ich bin sicher, dass es bei vielen so ist, dass die Vergangenheit und die Zukunft eine riesengroße Gefahr dafür darstellen das Leben zu leben.
Die Zukunft
Sorgt Euch also nicht um Morgen, denn der morgige Tag wird für sich selber sorgen. Jeder Tag hat genug eigene Plage. (Matthäus 6,34 nach der Einheitsübersetzung)
Jesus sagte diesen Vers im Zusammenhang mit Versorgung. Wir sollen uns keine Sorgen darum machen, was Morgen sein wird. Wenn wir ehrlich sind, dann spielt sich ein großer Teil unseres Lebens in der Zukunft ab. Wir machen uns Gedanken darüber, was kommen wird, leben in Träumen über zukünftige Dinge oder fürchten das, was kommen wird.
Ich glaube ganz sicher, dass wir unter mehr zukünftigen Möglichkeiten leiden als unter Dingen, die dann wirklich passieren. In unseren Gedanken haben wir schon so viele Katastrophen, Schicksalsschläge und Krankheiten durchgespielt und uns vor ihnen gefürchtet, wie sie kein Mensch in seinem Leben erleben kann. Auch wenn sie nie eintreffen haben wir schon einen ordentlichen Teil unseres Lebens mit ihnen zugebracht.
Das ist wirklich schlecht. Besser wäre es mit einer Haltung daran zu gehen, die erst einmal abwartet und schaut, was kommt. Wenn ein Problem da ist, kann man sich immer noch Gedanken darüber machen, wie man es löst. Wer aber seine tage damit verbringt in fiktiven Katastrophen zu leben, der wird merken, wie sehr es ihn kaputt macht. Irgendwann ist es dann egal, wie das Leben äußerlich aussieht oder wie die Realität beschaffen ist. Man kann so sehr in seinen Gedanken hängen, dass man das nicht mehr wahrnimmt.
Natürlich kann man nicht nur auf negative Weise mit der Zukunft spielen. Man kann sich auch das Leben versauen indem man alle Hoffnungen auf die Zukunft setzt und nichts davon JETZT umsetzt. Watzlawick erzählt eine lustige Geschichte darüber:
Kurz nach den Flitterwochen, beim ersten gemeinsamen Frühstück in der eigenen Wohnung stellt sie ihm eine große Schale Cornflakes hin. Sie lächelt, gibt ihm einen Kuss und wünscht „guten Appetit!“ Er hasst Cornflakes und kann sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass es Leute gibt, die so etwas Widerwärtiges freiwillig und gerne essen. Aber wer würde an einem solchen Tag seiner strahlenden Braut so etwas sagen?
Er jedenfalls nicht! Also nimmt er sich vor, es ihr vorsichtig zu sagen, wenn die Packung leer ist. „Lass mal, die brauchst Du nicht noch mal zu kaufen,“ legt er sich selbst die Worte in den Mund und freut sich darauf, in ein paar Tagen die Gelegenheit zu haben sich weitere Cornflakesjahre zu ersparen.
Aber die blaue Dose mit den Cornflakes werden nicht leer. Immer, wenn der Vorrat zur Neige geht wird er wieder aufgefüllt, ohne dass er eine Möglichkeit hätte seinen Satz in diplomatischem Rahmen anbringen zu können.
Fünfundzwanzig Jahre später ist Resignation eingetreten und der Satz über endlosen Mengen von Cerealien vergessen.
Man muss die Dinge tun, die man sich vornimmt. Wer alles aufschiebt, der schiebt letzten Endes nicht die Dinge sondern sein Leben auf. Und wer das tut, der lebt nur in dem Sinne, dass er körperlich anwesend ist. Wir kennen das alle aus der Schule – es kann sein, dass man einen gewissen Raum in einem Klassenzimmer einnimmt, aber dennoch nicht da ist. So leben viele ihr Leben, technisch sind sie als Wesen die essen, schlafen, verdauen und irgendwann mal sterben, lebendig – aber im Grunde haben sie dennoch nicht gelebt, denn sie sind nie ganz dagewesen.
Die Vergangenheit
Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr den Propheten Grabmäler baut und die Gräber der Gerechten schmückt und sprecht: Hätten wir zu Zeiten unserer Väter gelebt, so wären wir nicht mit ihnen schuldig geworden am Blut der Propheten! (Matthäus 23,29-30 nach Luther)
Auf den ersten Blick sieht es gut aus, was die Pharisäer tun. Sie bauen den Propheten Denkmäler, was sie sicher auch verdient haben. Es sieht aus als würden sie das Andenken der Vorgänger bewahren und die Prophetie als Ausdruck Gottes ehren. Tatsächlich ehrten sie aber nicht die Propheten, das hätten sie getan wenn sie Jesus, den lebenden Propheten geehrt hätten, nicht indem sie Denkmäler bauten. Sie ehrten die Vergangenheit.
Viele Menschen leben so. Ihre beste und prägendste Zeit liegt hinter ihnen und sie sehnen sich dahin zurück.
Vor Jahren, als ich noch bei meinen Eltern wohnte und einen Fernseher am Bett hatte, habe ich ein ausgesprochenes B-Movie gesehen. Es ging um einen alten Musiker, der in seiner Jugend einmal mit Elvis auf der Bühne gestanden hatte. Es war nur ein Auftritt und der lag schon Jahre zurück, aber er hatte immer noch die Jacke, die er bei dem Auftritt anhatte. Er ging jedem mit Geschichte auf die Nerven und wenn jemand die heilige Jacke anrührte, dann gab es richtig Ärger. Natürlich passte die Jacke nicht mehr weil er in den Jahren körperlich einiges angebaut hatte, aber die Jacke war DAS Symbol einer glorreichen Vergangenheit. Einer Vergangenheit die so noch nicht einmal stattgefunden hat und im Grunde nur wenige Minuten lang war.
Im Grunde hat jeder von uns eine Jacke im Schrank, die er mit Elvis auf einer Bühne getragen hat. Beim einen ist es die Schulzeit zu der er sich Zeit seines Lebens zurücksehnt, oder eine vergangene Beziehung, ein Job, die wilden Jahre, die Militärzeit, was auch immer. Wer immer nur in der Vergangenheit lebt, der hat gar keine Chance, in der Gegenwart glücklich zu werden. Wenn wir die Gegenwart immer nur an der Vergangenheit messen, dann leben wir sie nicht sondern beurteilen, analysieren sie. Das Wort „analysieren“ kommt von zerschneiden, und nichts, was zerschnitten ist kann leben.
Wer im Hier und Heute ankommen will, der braucht einen entspannten Umgang mit der Vergangenheit, der ihn nicht gefangen nimmt sondern Freiraum zum leben lässt.
In Psalm 31,16 heißt es: „Meine Zeit steht in Deinen Händen“
Ich gehe davon aus, dass diese Gewissheit, dass Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in der Hand Gottes sind, uns eine Gelassenheit geben kann, unser Leben zu leben. Wir haben nur dieses eine Leben auf der Erde und es ist ein außerordentliches Geschenk. Ein Geschenk, das wir uns auf keinen Fall durch einen falschen Umgang mit der Zeit kaputt machen lassen dürfen.
Wenn Dich irgendwas in diesem Text angesprochen hat, ist es vielleicht für Dich dran, Gott Deine Vergangenheit oder Deine Zukunft abzugeben. Das kann ein Gebet sein, das wirklich frei macht.
11 Kommentare
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[…] analystern. wenn wir die gegenwart immer nur an der vergangenheit messen, dann leben wir sie nicht sondern beurteilen, analysieren sie. das wort „analysieren“ kommt von zerschneiden, und nichts, was zerschnitten ist kann leben. storch heute leben […]
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[…] wer das ganze Menue genießen möchte, dem wünsche ich hier einen Guten […]
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[…] Warum musstest du auch noch am Ende deines Menues einen Schnaps als Verteiler ausgeben, der da hießt: Wenn Dich irgendwas in diesem Text angesprochen hat, ist es vielleicht für Dich […]
Julia schrieb am
19. Februar 2008 um 11:23Hallo Storch, danke für die Ermutigung! Als Psychologiestudentin kann ich Vielem was du geschrieben hast nur zustimmen und es hat mich ermutigt den Tag heute anzugehen und zu genießen – auch wenn es aussieht als würde es ein „ganz normaler Semesterferientag“ werden mit Lernen, Einkaufen, Wohnungsputz… Aber Jetzt ist Jetzt. Meine Zeit ist in Gottes Hand – auch an „normalen“ Tagen wie diesem. Danke für die Erinnerung.
storch schrieb am
19. Februar 2008 um 11:45das freut mich. ich wünsche dir einen wundervollen tag!
Bento schrieb am
19. Februar 2008 um 12:56sehr schöner Beitrag, Storch!
man rechnet diese „hier und jetzt“ Sachen ja gerne den asiatischen Weisheiten zu (Yoga usw.), aber in Jesus haben wir nunmal das volle Programm -isr schon wahr, dass auch Religionen, Psycologie usw. ein paar Einzelteile der Wahrheit zu bieten haben…
eigentl. genau das, was ich grade gepostet hatte – jeder Atemzug ist ein Geschenk!
storch schrieb am
19. Februar 2008 um 13:22ein guter gedanke mit den „einzelteilen der wahrheit“. die findet man tatsächlich auch anderswo.
el.libero schrieb am
19. Februar 2008 um 16:10hi du,
jetzt muss ich schon mal nachhaken. „jesus ist nicht dafür gestorben, dass wir ein besseres leben haben“, schreibst du. „das wäre eine verkürzung des evangeliums“. da muss ich schon mal fragen: wieso ist das eine verkürzung? wofür ist er denn sonst gestorben???
die gute nachricht ist doch, dass die menschen in christus mit allem gesegnet sind. „leben im überfluss“ und so, die einschlägigen bibelstellen erspar ich mir jetzt. der segen abrahams war ja immer für die menschen bestimmt, nicht für die engel, himmelswesen usw. und wenn ich mir 5. mose 28 so durchlese, dann könnte man doch irgendwie schon unter umständen vielleicht auf den gedanken kommen, dass es den menschen besser gehen soll, wenn sie mit jesus leben…
wieso traut man sich sowas nicht einfach zu sagen/schreiben: „jesus ist gekommen, damit ich ein besseres leben habe!“ wofür denn sonst!?! damit´s mir dann schlechter geht, wenn ich mit ihm leb??? oder alles genauso wie vorher ist? sorry, aber irgendwie klingt das ein bisschen nach religion.
nur mal so als gedanke…
gruß
el.libero
andichrist schrieb am
19. Februar 2008 um 20:39@ el. libro
ich meine, wir leben in einem spannungsfeld zwischen vertröstung und wohlfühl. ja, wir haben alles in christus und nein, wir haben es alles noch nicht. der glaube ist ein wachstumsprozess, viele beispiele der bibel zeigen das.
so geht es den menschen besser, wenn sie mit jesus leben, aber nicht von heute auf morgen, sondern in einem prozess der im himmel vollendet wird. der lauf wird bei der wiedergebuhrt angefangen und im himmel vollendet. auf die dinge, die dazwischenliegen haben wir einen haufen einfluss.
zur freiheit sind wir befreit (galater 5,1 ), heisst doch auf etwas hin zu etwas, zu allem was jesus uns verheisst, aber dafür ist es doch nötig, dass wir gehen, von herrlichkeit zu herrlichkeit.
glaube ist auch ein kampf ( galater, timotheus usw. ) wo wir fallen und niederlagen haben, mal pleite gehen und krank werden. aber, wir können diese dinge unter die füsse bekommen und von herrlichkeit zu herrlichkeit gehen und im himmel wird dieser lauf vollendet.
so verstehe ich es, dass unsere lebensqualität verbessert wird, soweit wir sie verbessern lassen und unseren teil dazu beitragen.
uns kann viel genommen und viel gegeben werden, mit der Betonung auf kann. und oft denke ich, dieses kann sind eher wir als Gott. Trotzallem hält es ihn nicht davon ab uns mit allem Segnen zu wollen…
@storch : sorry, dass ich auf eine frage antworte die dir gestellt war, aber es lag mir noch nah, weil ich über diese spannung zwischen vertröstung und wohlfühl letztens gepredigt habe.
bender schrieb am
19. Februar 2008 um 22:43geiler text storch.. hehe.. hatte ich gleich was zum nachdenken
bender schrieb am
19. Februar 2008 um 22:46@ el libero.. kommt drauf an wie man besseres leben sieht… materiell oder so? denke ich nicht… im AT beschweren sich ständig welche, dass es den gottlosen besser geht als seinen leuten und paulus sagt, dass er überfluss und armut kennt und mit beidem umgehen kann… denke also, das ist einfach nicht so wichtig und nicht der focus…
besseres leben im sinne von verbindung zu gott usw. natürlich schon aber das hat storch denke ich auch nicht bezweifeln wollen… also gottes freude, sein friede usw. im herzen.. bzw befreiung von schuld usw. … und das ist natürlich klar ne verbesserung
so, aber da soll storch ja mal drauf antworten hehe.. wie andichrist schon sagte…
storch schrieb am
20. Februar 2008 um 14:22mensch, bender, wie machst du es, dass ich deine kommentare jedes mal wieder freischalten muss? wieviele mailadressen nutzt du eigentlich?!
@ el libro:
klar steigert ein leben mit jesus die qualität ungemein, aber wir gewinnen auch kampf und stress dazu. die reaktonen auf den segen, den wir haben sind ja nicht immer positiv, deswegen mag ich diese verkürzungen nicht, die sagen: „nimm jesus und alles wird toll“. wenn die leute nicht hören, dass mit widerstand zu rechnen ist und schwierigkeiten zum leben als christ dazu gehören, wird jeder gegenwind sie umwerfen.
daher bin ich dafür ehrlich zu sein und zu sagen, dass beides dazu gehört. damit will ich aber keinesfalls implizieren, dass durch das evangelium etwas schlechtes von gott kommt. der scheidet als urheber von leid aus.
@ all:
bitte antwortet auf fragen. geht ja auch um diskussion und dialog hier, da wäre es ja geschäftsschädigend, wenn ich euch bitten würde nicht auf fragen zu antworten, die mir gestellt wurden.
el.libero schrieb am
20. Februar 2008 um 15:59hi du,
das ist auch gar nicht der punkt. dass verfolgungen kommen werden, ist klar -jesus wurde verfolgt und so werden auch seine jünger verfolgt werden. die religiösen gab und gibt es immer. bedrängnis ist in der welt. aber nochmal: das ist doch gar nicht der punkt.
„jesus ist gekommen, damit wir ein besseres leben haben.“ allein wenn ich diesen satz nur schreibe, muss ich grinsen und mich freuen. das ist doch das evangelium pur! jesus wurde für uns arm, damit wir durch seine armut reich werden würden, nach 2. kor. 8,9. worauf schaue ich denn? auf die umstände oder nach innen, auf das neue leben, dass mir geschenkt wurde?
ich versteh deine argumentation, storch, die ist logisch und vernünftig. einerseits ja, andererseits nein. aber trotzdem nimmt sie dem wort meines erachtens fast jede kraft.
„jesus ist gekommen, damit wir ein besseres leben haben.“ ich kann´s gott sei dank nicht anders sehen…
ich mag diese internet-diskussionen eigentlich überhaupt nicht, weils normalerweise eh zu nichts führt. mich hat der satz oben nur so doll angesprungen, dass ich spontan was dazu geschrieben hab. hätts wohl auch sein lassen können… daher:
liebe grüße
el.libero
bender schrieb am
21. Februar 2008 um 04:41hehe.. eigentlich habe ich nur 2 adressen … 🙂 … und die eine hat sich vor ner weile mal geändert… vielleicht deswegen