[de]Es gibt die Geschichte eines amerikanischen Evangelisten, der gerade betete, als der Präsident ihn besuchen kam. Eine Kolonne schwarzer Limousinen mit Motorradeskorte hielt im Hof, der Secret Service riegelte die Gegend ab. Störsender wurden installiert, überall liefen glattrasierte Männer mit weißen Hemden, schwarzen Krawatten und ausgebeulten Jacketts herum. Der rote Teppich wurde ausgerollt, und Mr. President betrat das Haus…
Drinnen, im Halbdunkel des aufgeräumten Wohnzimmer empfing ihn die Frau des Evangelisten mit den Worten: „Nehmen Sie bitte Platz, Mr. President, mein Mann betet gerade, aber er wird in etwa zwei Stunden zu Ihrer Verfügung stehen.“
Viele der „großen“ Männer und Frauen Gottes lebten mit dieser Einstellung: es gibt nichts, absolut nichts, was wichtiger ist als meine Zeit mit Gott. Kein Mensch ist wichtiger als der Herr, und komme, was wolle, ich werde so und so lange beten. Natürlich haben nicht alle so gelebt, manche haben sogar ausgesprochen wenig gebetet, aber mir imponieren die Beter mehr, und außerdem ist das hier ja eine Gebetsreihe.
Im Gegensatz zu kirchengeschichtlichen Beispielen kenne ich persönlich niemanden, der diese Prioritäten hat und sie so krass durchzieht. Wenn Frau Merkel mich besuchen käme, würde ich meine Gebetszeit auf ein „Mach, dass es ein gutes Treffen wird“-Stoßgebet reduzieren. Vermutlich würde ich schon vorher an das Treffen denken und die Zeit mit Jesus nicht wirklich genießen.
Der Evangelist aus der Geschichte hat sich klar an Jesus orientiert. Markus erinnerte sich beim Schreiben seines Evangeliums an folgende Begebenheit:
In aller Frühe, als es noch dunkel war, stand er auf und ging an einen einsamen Ort, um zu beten. Simon und seine Begleiter eilten ihm nach, und als sie ihn fanden, sagten sie zu ihm: Alle suchen dich. (Markus 1,35-37 nach der Einheitsübersetzung)
Alle Leute haben Jesus gesucht und er – verzog sich zum Beten. Mir fallen spontan zwei Stellen im Neuen Testament ein, in denen Jesus gesucht wurde; bei der einen Gelegenheit war er zwölf Jahre alt und war unbemerkt im Tempel geblieben, bei der anderen war er etwa dreißig Jahre alt und war heimlich auf einen Berg gestiegen, um zu beten. Beide Stellen haben eines gemeinsam: Jesus war da, wo sein Vater ist. Lustig, oder? Wenn wir ihn heute suchen, finden wir ihn immer noch genau dort: vor Gottes Thron.
Gebet spielte im Leben Jesu eine so große Rolle, dass er es in Kauf nahm, Leuten vor den Kopf zu stoßen und sie zu beleidigen, indem er sie warten ließ. In diesen Momenten war die Zeit mit seinem Vater im Himmel das Wichtigste, und alles andere war nebensächlich. Ich stelle mir vor, wie die Leute aus dem Dorf um sieben Uhr anfingen zu klingeln und zu klopfen. Sie wollten Jesus sehen, manche von ihnen hatten dafür einen echt weiten Weg zurückgelegt. Aber Jesus war nicht da. Er war schon seit vier Uhr früh auf den Beinen, um dem Trubel zu entgehen.
Die Menschenmenge vor dem Haus wurde immer größer. Wie beim Freakstock hing bald ein Zettel am Eingang: „Nein, wir wissen nicht, wo Jesus Christus ist.“ Irgendwann wurden die Jünger unruhig. Die Menge skandierte schon: „Wir woll’n Jesus sehn – schalalalala!“ Sie schickten Suchtrupps los in alle Himmelsrichtungen, um es Jesus zu sagen: „Alle suchen Dich!“
Das macht mich etwas nachdenklich. Ich bin schneller abzulenken. Manchmal fällt es mir schon schwer beim Beten nicht zwischendurch noch E-Mails zu lesen. Aber ich arbeite dran; ich will auch so eine intime Beziehung zum Vater haben, dass ich aufstehen würde, wenn es noch dunkel ist und alles stehen und liegen ließe, um mich mit ihm zu treffen.
erschienen im aktuellen Kranken Boten, online zu finden hier.
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There is a story of the American evangelist who was praying when the President came to visit him. A line of black limousines with a motorcycle escort stopped in the lot, the Secret Service chequered the area. Interference transmitters were installed, and everywhere men with shaved heads and white shirts, black ties, and baggy suit coats walked around. The red carpet was laid out, and Mr. President entered the house…
Inside, in the clean half-darkness of the living room, the evangelists wife greeted him with the words “Take a seat, Mr. President. My husband is praying right now, but in about two hours he will be at your service.“
Many of the “big gun“ men and women of God live with this attitude: there is nothing, absolutely nothing, that is more important than my time with God. No human is more important than God, and come what may, I will pray for this much time. Naturally not all of them have lived this way, some even prayed notoriously little, but I am more moved by the prayers – after all, this is a series on prayer.
In contrast to the church history examples, I know no one personally who has these priorities and keeps them in such a crass manner. If my President came to visit me, I would reduce my prayer time to a “help this to be a good meeting“ arrow-prayer. I would probably think of the meeting in advance and not really enjoy the time with Jesus. The evangelist in the story orientated himself clearly on Jesus.
Mark reminded in the writing of his evangelism on the following incident:
„And in the morning, rising up a great while before day, he went out, and departed into a solitary place, and there prayed. And Simon and they that were with him followed after him. And when they had found him, they said unto him, All [men] seek for thee.†(Mark 1:35-37)
Everyone was looking for Jesus and he withdrew himself to pray. I can think of two incidents spontaneously, where Jesus was being searched for in the New Testament. In the first he was twelve years old and had remained unnoticed behind in the temple, and in the other he was thirty and had climbed a mount secretly to pray. The two have one thing in common: Jesus was there where his father is. Funny, huh? When we seek him, we still find him precisely there: at God’s throne.
Prayer held such an important role in the life of Jesus, that he accepted that it would snub some people and offend them that he made them wait. In this moment, the time with his Father was the most important thing, and everything else was secondary. I imagine how the people from the town started to knock and ring the doorbell at seven in the morning. They wanted to see Jesus, some had even travelled a long distance to be there. But Jesus was not there. He got up early at four to escape the hustle and bustle. The crowd of people in front of the house kept growing. Soon a sign hung out front, “no, we don’t know where Christ is.“ At some point the disciples became jittery. The people already started chanting, “We wanna see Jesus – lalalalala!“ They sent out search parties in all directions to tell Jesus „everyone is looking for you!“
That makes me pensive. I am easier to distract. Sometimes it is hard for me to not check e-mails in between while praying. But I am working on it. I want to have that kind of intimate relationship to God, that I get up when it is still dark and leave everything else behind to meet with Him.
translated by the sick messenger
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