Morgen hat dieser Blog Geburtstag. Er wird drei, und dafür kann er sich schon recht gut ausdrücken. Leider müssen wir dieses Mal reinfeiern, denn morgen ist ja schon ein anderer Post dran, wieder mal über den Galaterbrief.
Ich erinnere einfach mal an den ersten Post (etwas seltsam, weil ich da noch nicht wusste, wie sich „die Schönheit des Komplexen, wie er damals noch hiess, entwickeln würde.) Sodann auch an den ersten Geburtstag (der zu spät begangen wurde) und an den zweiten (dem es da besser ging).
Der Blog sollte also 1096 Tage im Netz sein (es war ein Schaltjahr dabei), es gibt aber nur 922 Einträge, damit habe ich mein Ziel nicht erreicht, täglich zu bloggen. Hm, ich hoffe diese Statistik noch verbessern zu können. Es gibt pro Tag etwas mehr als 6 Kommentare, was gar nicht schlecht ist und der Blog wird von etwa 200 Leuten am Tag gelesen (ohne diejenigen, die den Feed lesen).
Mehr Statistikzeug fällt mir nicht ein, aber es gibt ja noch die öffentliche Statistikseite
Euch allen noch einen schönen Tag, schmeisst ruhig mal eine Flasche Schampus an den Monitor.
17 Wenn nun auch wir, die wir in Christus gerecht zu werden suchen, als Sünder gelten, ist dann Christus etwa Diener der Sünde? Das ist unmöglich!
18 Wenn ich allerdings das, was ich niedergerissen habe, wieder aufbaue, dann stelle ich mich selbst als Übertreter hin.
19 Ich aber bin durch das Gesetz dem Gesetz gestorben, damit ich für Gott lebe. Ich bin mit Christus gekreuzigt worden;
20 nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir. Soweit ich aber jetzt noch in dieser Welt lebe, lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich für mich hingegeben hat.
21 Ich mißachte die Gnade Gottes in keiner Weise; denn käme die Gerechtigkeit durch das Gesetz, so wäre Christus vergeblich gestorben. (Galater 2,17-21 nach der Einheitsübersetzung)
Man kann nur eines haben, entweder lebt man nach dem Gesetz oder nach der Gnade Jesu. Der Galaterbrief wurde für Juden geschrieben, die dabei waren, wieder in alte Verhaltensmuster zurück zu fallen. Natürlich haben die wenigsten Christen, die den Brief heute lesen einen jüdischen Hintergrund, dennoch haben diese Stellen auch uns einiges zu sagen.
Wir alle haben eine Tendenz in uns, die Beziehung mit Jesus gegen Religion ein zu tauschen. Religion bedeutet, ein Regelwerk zu haben nach dem man lebt. Man tut Dinge, die man für fromm hält und von denen man denkt, dass man es als Christ eben tut. Oft sind diese Verhaltensweisen früher einmal gut gewesen, haben aber im Laufe der Zeit ihren Sinn verloren und wir tun sie einfach nur aus Routine heraus.
Ebenso wie jede andere Beziehung auch, kann die Beziehung zu Jesus an solchen Routinen scheitern. Die Galater holten sich das Gesetz zurück, dem sie eigentlich gestorben waren. Das Gegensatzpaar, das Paulus aufzeigt ist nicht “Gesetz-Anarchie”; die Lösung, die er aufzeigt ist nicht, einfach alles zu machen, was sie wollen oder – noch dümmer – immer das Gegenteil von dem zu machen, was das Gesetz des Mose sagt. Das Gegensatzpaar ist “Gesetz-Glaube” oder, moderner gesprochen, “Religion-Glaube”. Aus dem Glauben zu leben heisst, dass wir nicht mehr unser eigenes Leben leben oder uns nur an dem orientieren was wir wollen oder gelernt haben – es bedeutet, das Jesus sein Leben durch uns leben kann.
Der zwanzigste Vers, “nicht mehr lebe ich sondern Christus in mir” ist eine der besten Beschreibungen des christlichen Lebens überhaupt. es bedeutet, dass wir so verändert wurden, dass wir ganz stressfrei jesusmässig leben – wir haben Sünden unter die Füsse bekommen und neue Verhaltensweisen bekommen. Wir leben in dem neuen Leben, das Jesus uns gegeben hat. Paulus hat den Brief ziemlich am Ende seines Lebens geschrieben. Zu dem Zeitpunkt hatte er schon einiges hinter sich und Gott hatte viel an ihm getan. Es ist wie bei vielen anderem auch: wir haben schon das Leben Christi, aber es kann Jahre dauern bis wir es wirklich leben. Ich glaube, dass auch Paulus diesen Vers am Anfang seines Lebens als Christ nicht hätte schreiben können
Der Hammer, unbedingt ansehen. Leute, dafür bete ich seit Jahren, dass wir das hier erleben.
Die Übertragungen gibt es hier: www.god.tv.
15 Wir sind zwar von Geburt Juden und nicht Sünder wie die Heiden.
16 Weil wir aber erkannt haben, daß der Mensch nicht durch Werke des Gesetzes gerecht wird, sondern durch den Glauben an Jesus Christus, sind auch wir dazu gekommen, an Christus Jesus zu glauben, damit wir gerecht werden durch den Glauben an Christus, und nicht durch Werke des Gesetzes; denn durch Werke des Gesetzes wird niemand gerecht.
(Galater 2,15-16 nach der Einheitsübersetzung)
Der Streit mit Petrus (Galater 2,11-14) passt schon voll ins Thema des Galaterbriefes. Kein Wunder, denn sonst hätte Paulus sich vermutlich nicht die Zeit genommen, davon so detailliert zu schreiben… Die Juden bildeten sich viel auf ihre Geburt ein. Sie waren “Kinder Abrahams”, sie waren ein Teil von Gottes Volk und hatten die Verheissung, dass eines Tages der Messias kommen und sein Reich aufrichten würde. Man konnte zu dieser Zeit von all ihren Träumen nicht viel sehen, sie befanden sich unter römischer Herrschaft und waren weit davon entfernt ein tolles Reich zu haben.
Aber in ihrer eigenen Vorstellungen waren sie etwas besonderes. Die anderen Völker waren Sünder oder Heiden, aber sie hatten Gottes Wort und waren “ausgesondert”. Sie hörten von Kind auf die Geschichten des Alten Testaments und hatten eine sehr starke gesetzliche Prägung. Es ist im Grunde immer dasselbe, wenn jemand Christ wird, dann wird zwar alles neu, aber wir nehmen auch alte Verhaltensweisen und Prägungen in unser neues Leben mit. Die Juden hatten oft damit zu kämpfen, dass ihr alter Dünkel und ihre Gesetzlichkeit wieder durch kamen. Konkret heiss das, dass man zwar an Jesus glaubte, aber sicherheitshalber noch ein paar Gesetze einhielt und auch wollte, dass andere sie einhielten. Man kann sich das als eine Art Spiessbürgerlichkeit des ersten Jahrhunderts vorstellen.
Paulus erinnerte sie leidenschaftlich daran, dass es wenig nutzt als Jude geboren zu sein und dass es keinen Menschen vor Gott gerecht machen kann, das Gesetz zu halten. Es ist unmöglich, keiner kann so gut leben, dass Gott am Ende beeindruckt ist. Das ganze Gesetz des Alten Testamentes, mit seinen hunderten, teilweise absurden, Gesetzen und Geboten sollte den Menschen nur eines zeigen: “Ihr braucht einen Erlöser!” Es war in erster Linie dazu da, die Welt auf den Retter vorzubereiten.
[noch etwas dazu]
Eine meiner ersten Erfahrungen als junger Christ war der „Toronto-Segen“. Damals, Mitte der 90er, wusste ich nicht mal, wo Toronto liegt, hatte weder Erfahrung noch Theologie über den Umgang mit dem Heiligen Geist und war nicht auf das vorbereitet was kam. Ich konnte gerade mal in Sprachen beten und hatte von der Bibel die Bücher „Prediger“ und „Sprüche“ gelesen, das war´s.
Dann brach auf einmal beim beten vor dem Essen der Heilige Geist über uns herein und alles war anders. Wir fielen um, konnten nur noch lachen, prophezeiten, hatten Spass daran Bibel zu lesen und Zeugnis zu geben, usw. Keiner von uns kannte das. Ich war der einzige, der mal umgefallen war – einmal, bei meiner Geistestaufe.
Dann kam ein Charismatiker bei uns vorbei. Keine Ahnung, wo der herkam und was er auf einmal in meinem Zimmer machte, aber er sagte: „wow, das ist gerade neu.“ „Wie, neu?“, dachte ich, „das ist doch der Heilige Geist, wie kann das neu sein?“ Die nächsten Wochen waren intensiv. Leute bekehrten sich (teilweise beim trampen), andere wurden geheilt und immer gab es Lachkicks. Wir erlebten unglaublich viel in sehr kurzer Zeit und dachten, das wäre das normale Christenleben.
Dann hörte alles auf. Auf einmal. Wir konnten damit nicht umgehen, haben ein bisschen weiter gelacht (was ohne Heiligen Geist aber nicht mehr dasselbe war) und haben schliesslich aufgehört uns zu treffen (wofür es natürlich verschiedene Gründe gab). Ich habe jahrelang quasi nichts mehr mit dem Heiligen Geist erlebt und musste mich wirklich an Jesus klammern um nicht den Glauben wieder zu verlieren. Ich habe mich jahrelang gefragt, ob ich damals etwas falsch gemacht habe weil es wieder aufgehört hat und das Leben auf einmal wieder so „normal“ wurde.
Dann hörte ich davon, dass es ein weltweites Phänomen war. Es begann in Toronto in TACF und steckte eine Weile die ganze Welt an. Offenbar gibt es Zeiten, in denen Gott etwas ganz besonderes macht. „Ausgießungen des Heiligen Geistes“ nennt man das oft. Zumindest in Europa und den USA gab es überall solche Wellen und Ausgießungen wie ich sie erlebt habe. Gebe der Herr, dass so was bald wieder geschieht!
Neulich fiel mir auf, dass es immer wieder solche Wellen gab. In den 40er und 50er Jahren gab es in U,S und A die „voice of healing“-Bewegung mit einer unglaublichen Heilungskraft. In den 60ern die Jesus People usw. Einer der grössten deutschen Heilungsevangelisten, Herrmann Zaiss, lebte und wirkte gerade in der „voice of healing“-Zeit. Ich frage mich, ob da vielleicht ein Zusammenhang bestehen könnte.
Die Propheten reden immer viel von dem, was Gott in der Welt tut. Vermutlich meinen sie zumindest zum Teil solche besonderen Zeiten, in denen er etwas ungewöhnliches tut. Wir sollten lernen, das wahr zu nehmen, was der Heilige Geist souverän tut um es dann mit beiden Händen zu ergreifen und mit zu machen.
11 Als Kephas aber nach Antiochia gekommen war, bin ich ihm offen entgegengetreten, weil er sich ins Unrecht gesetzt hatte.
12 Bevor nämlich Leute aus dem Kreis um Jakobus eintrafen, pflegte er zusammen mit den Heiden zu essen. Nach ihrer Ankunft aber zog er sich von den Heiden zurück und trennte sich von ihnen, weil er die Beschnittenen fürchtete.
13 Ebenso unaufrichtig wie er verhielten sich die anderen Juden, so daß auch Barnabas durch ihre Heuchelei verführt wurde.
14 Als ich aber sah, daß sie von der Wahrheit des Evangeliums abwichen, sagte ich zu Kephas in Gegenwart aller: Wenn du als Jude nach Art der Heiden und nicht nach Art der Juden lebst, wie kannst du dann die Heiden zwingen, wie Juden zu leben? (Galater 2,11-14 nach der Einheitsübersetzung)
Die Bibel geht an vielen Stellen sehr ehrlich mit den Fehlern ihrer Hauptfiguren um. Man kann sich die Apostel nicht als die fehlerlosen Lichtgestalten vorstellen als die sie manchmal auf Kirchenfenstern erscheinen. Es waren Menschen wie Du ich, das einzige was sie den anderen voraus hatten war, dass sie drei Jahre mit Jesus persönlich zugebracht hatten.
Es ist ermutigend zu sehen, dass selbst die Leute mit denen Jesus seine Kirche baut und die uns grosse Vorbilder im Glauben sind, Fehler gemacht und teilweise richtig daneben gegriffen haben.
Petrus hatte ein Problem mit dem, was die Bibel “Menschenfurcht” nennt (etwas das Paulus offenbar nicht hatte – Galater 1,10). Es war ihm wichtig, dass andere gut von ihm dachten und wenn es nötig war, hängte er auch mal sein Fähnchen in den Wind. Die ganze Zeit über hing er mit Nichtjuden rum und aß sogar mit ihnen, was ein absolutes don´t war. Kaum kamen dann einflussreiche Leute aus Jerusalem, unter ihnen Jakobus, der vermutlich die Leitung inne hatte, da tat Petrus so, als würde er noch nach den jüdischen Regeln leben und nicht mit Nichtjuden verkehren. Er hatte deutlich ein Problem zu dem zu stehen, was er wirklich meinte.
Unter diesen Umständen war es nur gerechtfertigt, dass Paulus sich gegen ihn stellte und ihn öffentlich bloß stellte. Wenn Heuchelei nicht korrigiert wird, dann breitet sie sich aus. Sehen andere, dass einer einknickt und dem Konflikt aus dem Weg geht, dann machen sie mit. So werden es immer mehr und eine ganze Gruppe gerät in Schieflage.
Es erfordert Mut, wenn man so etwas wie Paulus entgegentritt. Niemand macht das gerne, aber es ist wichtig, dass es solche mutigen Männer und Frauen gibt. Zivilcourage ist etwas wichtiges und wir sollten lernen zu unseren Überzeugungen zu stehen und sie zu verteidigen, auch wenn es nicht jedem schmeckt, dass wir es tun. Es gibt etwas, das man oft als “Konformitätsdruck” bezeichnet und was besagt, dass es einfacher ist die Meinung einer Gruppe zu vertreten als seine eigene. Viele Menschen, die wir bewundern waren gerade welche, die gegen den Strom schwammen und zu einer Überzeugung standen die sie alleine hatten. Das ist nicht einfach, aber viel besser als denselben Fehler zu machen wie andere, nur weil alle es tun.
Tja, wo ich vorgstern schon damit angefangen habe, Bücher zu empfehlen kann ich auch gleich weitermachen. Mit einem Roman von Richard Ford: eine Vielzahl von Sünden. Das Thema ist etwas seltsam, alle Kurzgeschichten drehen sich um Ehebruch. Wer Ford schon einmal gelesen hat, vermutet keine erotischen Geschichten sondern tiefe Analysen und liegt damit auch völlig richtig. Nach der Lektüre hat vermutlich keiner mehr richtig Bock auf Fremdgehen…
Jemand bezeichnete den Schreibstil Fords mal als „dirty realism“; eine gelungene Bezeichnung finde ich. In den Geschichten passiert gewöhnlich nichts. Es ist Alltag ohne Schnörkel und Effekte. Gerade das macht ihn für mich lesenswert, garantiert aber keine kurzweilige Lektüre sondern etwas – anderes.
Ausserdem habe ich noch einen ganz tollen Roman von Hedwig Courths-Mahler gelesen. Ich weiss, man gibt eigentlich nicht öffentlich zu, HCM zu lesen, aber ich bin mal vor nichts fies. „Die Sonne von Lahori“ ist jedenfalls ein unglaubliches Buch – schlecht, kitschig, klischeehaft, mit einer unglaubwürdigen Märchenhandlung, flachen Charakteren und allem anderem, was man für zwei gemütliche Stunden im Bett braucht. Ehrlich, an der Autorin kommt man eigentlich nicht vorbei. Sie sei die „Königin der Liebesromane“ prahlt ihr Verlag und ich meine, dass man mindestens einmal im Leben 1,45 Euro am Kiosk lassen sollte um sie in „Neuauflage! Große Schrift!“ zu lesen.
Was lest Ihr eigentlich peinliches? John Sinclair? Lassiter? Na, ist ja auch egal, ich kaufe vermutlich nicht noch mal ein HCM-Buch.
Vierzehn Jahre später ging ich wieder nach Jerusalem hinauf, zusammen mit Barnabas; ich nahm auch Titus mit.
2 Ich ging hinauf aufgrund einer Offenbarung, legte der Gemeinde und im besonderen den «Angesehenen» das Evangelium vor, das ich unter den Heiden verkündige; ich wollte sicher sein, daß ich nicht vergeblich laufe oder gelaufen bin.
3 Doch nicht einmal mein Begleiter Titus, der Grieche ist, wurde gezwungen, sich beschneiden zu lassen.
4 Denn was die falschen Brüder betrifft, jene Eindringlinge, die sich eingeschlichen hatten, um die Freiheit, die wir in Christus Jesus haben, argwöhnisch zu beobachten und uns zu Sklaven zu machen,
5 so haben wir uns keinen Augenblick unterworfen; wir haben ihnen nicht nachgegeben, damit euch die Wahrheit des Evangeliums erhalten bleibe.
6 Aber auch von denen, die Ansehen genießen – was sie früher waren, kümmert mich nicht, Gott schaut nicht auf die Person -, auch von den «Angesehenen» wurde mir nichts auferlegt.
7 Im Gegenteil, sie sahen, daß mir das Evangelium für die Unbeschnittenen anvertraut ist wie dem Petrus für die Beschnittenen –
8 denn Gott, der Petrus die Kraft zum Aposteldienst unter den Beschnittenen gegeben hat, gab sie mir zum Dienst unter den Heiden -,
9 und sie erkannten die Gnade, die mir verliehen ist. Deshalb gaben Jakobus, Kephas und Johannes, die als die «Säulen» Ansehen genießen, mir und Barnabas die Hand zum Zeichen der Gemeinschaft: Wir sollten zu den Heiden gehen, sie zu den Beschnittenen.
10 Nur sollten wir an ihre Armen denken; und das zu tun, habe ich mich eifrig bemüht. (Galater 2,1-10 nach der Einheitsübersetzung)
Der Anfang des zweiten Kapitels setzt das fort, was Paulus in Galater 1,13-24 begonnen hat: er erzählt von seinem Leben und seinem Evangelium. Nachdem er schon vierzehn Jahre unterwegs war und das Evangelium predigte, das Gott ihm anvertraut hatte, kam Paulus nach Jerusalem. So langsam kamen ihm wohl doch Zweifel, ob das alles so richtig war, was er predigte und er wollte sich gern ein feedback von den anderen Aposteln einholen. Zudem hatte er einen Eindruck, Gott hatte ihm gesagt, dass er nach Jerusalem gehen sollte.
Zu der Zeit war Paulus schon ein angesehener Apostel. Er reiste nicht allein sondern hatte Schüler bei sich. Die ganze Sache wirft ein interessantes Licht auf die Gemeindestrukturen, die es damals gab. Es war durchaus möglich, dass ein Reiseprediger überall predigte ohne sich den Segen der angesehenen “Oberapostel” zu holen, die mit Jesus selbst unterwegs gewesen waren. Paulus muss sich seiner Sache super sicher gewesen sein, dass er fast anderthalb Jahrzehnte unterwegs war ohne sich mit Menschen zu besprechen. Die Begegnung mit Gott hatte ihn nicht nur umgekrempelt sondern auch völlig fest in seinen neuen Überzeugungen gemacht.
In Jerusalem fand er keinen Streit sondern nur Einheit. Die anderen fanden es super, was er predigte und waren begeistert darüber, dass jemand mit Gottes Kraft und viel Weisheit zu den Nichtjuden ging. Komischerweise hatten die anderen Apostel auch mehr als zehn Jahre nachdem Jesus ihnen den Missionsbefehl gegeben hatte, die Heiden immer noch nicht auf dem Schirm. Das Treffen muss ungefähr so gewesen sein, wie heute Missionsabende in Gemeinden: alle hörte begeistert die Geschichten, die Paulus zu erzählen hatte und freuten sich, dass überall dasselbe Evangelium gepredigt war.
Das feedback war eindeutig: “weitermachen, aber vergiss die Armen nicht!”
Eben ist mir ein Buch wieder in die Hände gefallen, das ich im Urlaub (der ja auch schon wieder mehr als einen Monat zurück liegt) gelesen habe: „Healing the Past, releasing the Future“ von Frank und Catherine Fabiano. Das Buch ist ein typisches Seelsorgebuch indem es darum geht, in welchem Lebensalter uns welche Verletzungen zugefügt werden können, was das mit uns machen kann und wie man dagegen betet. Manches darf man sicher als umstritten ansehen (wie die Möglichkeit eines Embryos seelisch verletzt zu werden), aber es war dennoch ganz interessant quer zu lesen.
Nachher ist mir aufgefallen, dass eine meiner größten geistlichen Denkveränderungen der letzten Jahre meineEinstellung zur inneren Heilung ist. Interessanterweise ist die andere die Entdeckung der Glaubensbewegung und beide stehen sich an manchen Punkten sehr konträr gegenüber.
Früher (allerdings schon sehr viel früher) hätte ich Seelsorge als unnötig bezeichnet. Ich hatte die Erfahrung gemacht, dass Gott vieles bei mir einfach durch Gebet und ein oder zwei Gespräche gemacht hat. Veränderung war zu der Zeit einfach. Es reichte zu wissen, dass Gott nicht will, dass ich Drogen nehme um einfach damit auf zu hören. Der Heilige Geist war stark spürbar und mein Glaube gross. Ich wusste nicht, dass es so etwas gibt, aber ich hätte es auch nicht verstehen können, dass Christen über Jahre mit denselben Problemen belastet zu Therapeuten gehen.
Tja, und dann kamen die ersten Sachen, die trotz Glauben, Wissen und Heiligem Geist einfach geblieben sind und sich nicht so mir nichts, dir nichts wegbeten liessen. Damit ging ich dann in Seelsorge, immer wieder mal zumindest – bis heute. Da hatte sich meine Einstellung schon mal geändert.
Allerdings war ich einer Sache gegenüber blind: ich konnte nicht glauben, dass ein erwachsener Mensch tatsächlich sein Leben lang unter etwas leiden kann, das ihm im Kindesalter angetan wurde. Ich dachte immer: „vorbei ist vorbei“, was früher war, könnte man einfach vergessen, vielleicht mal was vergeben oder in Ordnung bringen und sich dann weiter nach Gottes Maßstab verändern lassen. Zurückblickend bin ich froh, dass ich kaum jemand so etwas gesagt habe, weil ich mittlerweile verstanden haben, dass die Vergangenheit wesentlich stärker als die Gegenwart ist.
Bei Licht betrachtet habe ich mir das Leben als unterteilt in verschiedene „Dispensationen“ vorgestellt, in denen man eben unterschiedliches erlebt, die aber nicht viel miteinander zu tun haben. Das ist natürlich Blödsinn, denn man muss das Leben als ganzes betrachten. Was heute geschieht wirkt sich auf die Zukunft ebenso aus, wie sich die Vergangenheit auf die Gegenwart auswirkt.
Hier kommt innere Heilung ins Spiel. Ohne dass Jesus uns von Verletzungen befreit, die hinter uns liegen werden wir heute nicht unser ganzes Potential erreichen. Für viele Gewohnheiten, Sünden und Denkweisen wird innere Heilung der Schlüssel sein. Wie sie passiert ist erst einmal egal, von Befreiungsdiensten über Meditationen bis hin zur Tiefenpsychologie ist da einiges drin. Nur sollten wir diese Segnungen der Seelsorge wirklich nicht ablehnen.
13 Ihr habt doch gehört, wie ich früher als gesetzestreuer Jude gelebt habe, und wißt, wie maßlos ich die Kirche Gottes verfolgte und zu vernichten suchte.
14 In der Treue zum jüdischen Gesetz übertraf ich die meisten Altersgenossen in meinem Volk, und mit dem größten Eifer setzte ich mich für die Überlieferungen meiner Väter ein.
15 Als aber Gott, der mich schon im Mutterleib auserwählt und durch seine Gnade berufen hat, mir in seiner Güte
16 seinen Sohn offenbarte, damit ich ihn unter den Heiden verkündige, da zog ich keinen Menschen zu Rate;
17 ich ging auch nicht sogleich nach Jerusalem hinauf zu denen, die vor mir Apostel waren, sondern zog nach Arabien und kehrte dann wieder nach Damaskus zurück.
18 Drei Jahre später ging ich nach Jerusalem hinauf, um Kephas kennenzulernen, und blieb fünfzehn Tage bei ihm.
19 Von den anderen Aposteln habe ich keinen gesehen, nur Jakobus, den Bruder des Herrn.
20 Was ich euch hier schreibe – Gott weiß, daß ich nicht lüge.
21 Danach ging ich in das Gebiet von Syrien und Zilizien.
22 Den Gemeinden Christi in Judäa aber blieb ich persönlich unbekannt,
23 sie hörten nur: Er, der uns einst verfolgte, verkündigt jetzt den Glauben, den er früher vernichten wollte.
24 Und sie lobten Gott um meinetwillen. (Galater 1,13-24 nach der Einheitsübersetzung)
Im Grunde genommen setzt Paulus hier die Rechtfertigung seines Evangelium, die er in Vers 6-12 begonnen hat, fort. Er wechselt aber auch ein bisschen das Thema und kommt auf sich selber zu sprechen und darauf, wie er Christ wurde, was er vorher gemacht hat und wie er das Evangelium empfangen hat. Wahrscheinlich gab es in Galatien keinen Christen, der noch nichts von Paulus und seinem Leben mit Gott gehört hatte. Dennoch war es für den Brief wichtig, das noch einmal auf zu schreiben. Wenn Du die ganze Geschichte mal nachlesen willst, dann findest Du sie in der Apostelgeschichte 9,7-8 / 22,1-9 /26,13-14.
Die Geschichte ist die faszinierendste Bekehrungsgeschichte des Neuen Testaments. Paulus begann als frommer Pharisäer, er gehörte ausgerechnet zu der Menschengruppe, mit der schon Jesus die meisten Probleme überhaupt hatte. Er war auch nicht irgendein Pharisäer sondern als Kind schon völlig fanatisch. Er war gebildeter und gesetzlicher als alle seine Kollegen – ein Typ der schon mit Schläfenlocken und langem Bart geboren wurde. Als er aufwuchs begann das Christentum gerade, sich aus zu breiten. Jesus war schon auferstanden, Pfingsten vorbei und die jungen Gemeinden breiteten sich in der Kraft des Heiligen Geistes aus wie ein Lauffeuer. Zu dieser Zeit hiess Paulus noch Saulus und er hasste diese neue Religionsgemeinschaft wie die Pest. Er tat alles um sie aus zu rotten. Dann begegnete ihm auf einmal Jesus persönlich, er änderte seinen Namen und wurde von einem schlimmen Gegenger zu einem der motiviertesten Verbreiter der neuen Lehre. Bis heute ist die Geschichte sprichwörtlich. Wenn jemand sich um 180° dreht und sein Leben komplett ändert, sagt man: “vom Saulus zum Paulus.”
Interessanterweise ist Paulus nachdem er Christ geworden war nicht sofort zu den Aposteln gegangen um von ihnen zu lernen. Im Gegenteil, er zog sich nach Arabien zurück und hielt sich drei Jahre lang von den anderen Christen fern. In dieser Zeit wird er viel gebetet und Zeit mit Jesus verbracht haben. Während dieser Zeit empfing er “sein” Evangelium. Es kam also wirklich nicht von Menschen sondern direkt von Gott.
Erst nachdem er Gott alleine gesucht hatte, lernte er die anderen Apostel kennen und fing an, mit ihnen zusammen zu arbeiten. Die Zeit allein war für ihn sehr wichtig gewesen, denn er lernte etwas über Gott, das die anderen vergessen hatten. Gott vertraute ihm das Evangelium für die Heiden an – für Nichtjuden (Römer 1,5 / Galater 2,7). Obwohl Jesus klar darüber geredet hatte, dass Gottes gute Botschaft für alle ist, hatten die Jünger sie nicht allen gepredigt. Sie hingen wohl noch ziemlich in ihren alten Denkmustern fest.
Neueste Kommentare