Eben ist mir ein Buch wieder in die Hände gefallen, das ich im Urlaub (der ja auch schon wieder mehr als einen Monat zurück liegt) gelesen habe: „Healing the Past, releasing the Future“ von Frank und Catherine Fabiano. Das Buch ist ein typisches Seelsorgebuch indem es darum geht, in welchem Lebensalter uns welche Verletzungen zugefügt werden können, was das mit uns machen kann und wie man dagegen betet. Manches darf man sicher als umstritten ansehen (wie die Möglichkeit eines Embryos seelisch verletzt zu werden), aber es war dennoch ganz interessant quer zu lesen.
Nachher ist mir aufgefallen, dass eine meiner größten geistlichen Denkveränderungen der letzten Jahre meineEinstellung zur inneren Heilung ist. Interessanterweise ist die andere die Entdeckung der Glaubensbewegung und beide stehen sich an manchen Punkten sehr konträr gegenüber.
Früher (allerdings schon sehr viel früher) hätte ich Seelsorge als unnötig bezeichnet. Ich hatte die Erfahrung gemacht, dass Gott vieles bei mir einfach durch Gebet und ein oder zwei Gespräche gemacht hat. Veränderung war zu der Zeit einfach. Es reichte zu wissen, dass Gott nicht will, dass ich Drogen nehme um einfach damit auf zu hören. Der Heilige Geist war stark spürbar und mein Glaube gross. Ich wusste nicht, dass es so etwas gibt, aber ich hätte es auch nicht verstehen können, dass Christen über Jahre mit denselben Problemen belastet zu Therapeuten gehen.
Tja, und dann kamen die ersten Sachen, die trotz Glauben, Wissen und Heiligem Geist einfach geblieben sind und sich nicht so mir nichts, dir nichts wegbeten liessen. Damit ging ich dann in Seelsorge, immer wieder mal zumindest – bis heute. Da hatte sich meine Einstellung schon mal geändert.
Allerdings war ich einer Sache gegenüber blind: ich konnte nicht glauben, dass ein erwachsener Mensch tatsächlich sein Leben lang unter etwas leiden kann, das ihm im Kindesalter angetan wurde. Ich dachte immer: „vorbei ist vorbei“, was früher war, könnte man einfach vergessen, vielleicht mal was vergeben oder in Ordnung bringen und sich dann weiter nach Gottes Maßstab verändern lassen. Zurückblickend bin ich froh, dass ich kaum jemand so etwas gesagt habe, weil ich mittlerweile verstanden haben, dass die Vergangenheit wesentlich stärker als die Gegenwart ist.
Bei Licht betrachtet habe ich mir das Leben als unterteilt in verschiedene „Dispensationen“ vorgestellt, in denen man eben unterschiedliches erlebt, die aber nicht viel miteinander zu tun haben. Das ist natürlich Blödsinn, denn man muss das Leben als ganzes betrachten. Was heute geschieht wirkt sich auf die Zukunft ebenso aus, wie sich die Vergangenheit auf die Gegenwart auswirkt.
Hier kommt innere Heilung ins Spiel. Ohne dass Jesus uns von Verletzungen befreit, die hinter uns liegen werden wir heute nicht unser ganzes Potential erreichen. Für viele Gewohnheiten, Sünden und Denkweisen wird innere Heilung der Schlüssel sein. Wie sie passiert ist erst einmal egal, von Befreiungsdiensten über Meditationen bis hin zur Tiefenpsychologie ist da einiges drin. Nur sollten wir diese Segnungen der Seelsorge wirklich nicht ablehnen.
march. schrieb am
6. Mai 2008 um 09:29ist das auf deutsch mut zur reife oder noch ein anderes?
storch schrieb am
6. Mai 2008 um 09:31das könnte gut sein, die eine kundenrezi klingt so, als würde es sich um das buch handeln.
Frollein Friede schrieb am
6. Mai 2008 um 12:01Nun gut. Auch wenn Zeit relativ ist, ist der Ausdruck „healing the past“ im Buchtitel vielleicht etwas unglücklich gewählt. Zudem bin ich der Meinung, dass man, wenn man Probleme hat, Menschen aufsuchen sollte: Freunde, notfalls Seelsorger oder Therapeuten. Ich rate immer ganz dringend davon ab, sich einfach einen Stapel Bücher zu kaufen und zu meinen, man käme da alleine durch. Leider verstärken solche Bücher, auch wenn das sicherlich nicht Absicht des Autors / der Autoren ist, schnell einen solchen Eindruck.
Ich habe viel Zeit darauf verwendet, nach einem Ich, nach dem Individuum in mir zu suchen, nach dem von Gott geschaffenen, unverfälschten. Und ich komme mittlerweile zu dem Schluß, dass es das in der Form wie ich mir das vorgestellt hatte gar nicht gibt, sondern dass wir erst durch Gemeinschaft, durch das Gegenüber tatsächlich definiert werden.
Daher bedeutet auch Gemeinschaft mit Gott ein neues Ich zu bekommen. Und im Sinne von psychischer Heilung gehe ich sogar einen Schritt weiter und behaupte, dass Gott alleine als Gegenüber nicht einmal ausreicht für die Weiterentwicklung. Gottes Reden geschieht ja doch immer noch meist durch andere Menschen und nicht durch „Stimmen im Kopf“ 😉
In diesem Sinne ist Seelsorge und Therapie wohl nicht „das Alte löschen“ oder eben auch nicht „die Vergangenheit heilen“, sondern die Schaffung eines [die Umformung zu einem] „neuen“ Selbst für die Zukunft unter Berücksichtigung der Disposition aus der persönlichen Biografie.
Soll auch nicht heißen, dass ich grundsätzlich gegen Ratgeberbücher bin, sondern lediglich, dass sie höchstens als Infomaterial und Ergänzung dienen können, aber sicher nicht dazu, seine Probleme dauerhaft in den Griff zu bekommen.
Allein machen sie dich ein!
Frollen Friede.
Ich sei mit Euch
storch schrieb am
6. Mai 2008 um 12:19herzlich willkommen hier, FF!
Danny schrieb am
6. Mai 2008 um 12:35Seit dem ich mit Menschen arbeite erstaunt es mich immer wieder, wie tief manche Verletzungen der Vergangenheit herumgetragen werden. Ich glaube nicht dass es einfache Antworten darauf gibt. Ich glaube auch nicht, dass die Bibel welche anbietet. Was würde man z. B. den sechs Bunkerkindern von Josef Fritzl sagen: „forgive and forget?“ Die werden ihr ganzes Leben daran zu knabbern haben, egal wie gut sie es verkraften können. Sünde bringt immer Verletzung hervor, egal ob man geheilt ist oder nicht.
Norbi schrieb am
6. Mai 2008 um 13:48seelsorge ist eine gute sache, hatte mehrere seelsorge erlebnisse die mir sehr viel geholfen haben
Björn S. schrieb am
6. Mai 2008 um 19:53Seelsorge hilft mir sehr stark, indem ich mich mit meinen Anliegen, an den Herrn wende.
Thanx Storch !
Alex schrieb am
7. Mai 2008 um 08:06Hallo March,
ja, das ist „Mut zur Reife“ auf Englisch!
Gruß,
Alex
march. schrieb am
7. Mai 2008 um 17:06@alex:
danke fürs rausfinden!
@storch:
Du begrüßt ernsthaft frollein friede? 😉
sie sei mit Euch!
storch schrieb am
7. Mai 2008 um 23:10klar, ist ja schliesslich eine neue persönlichkeit, die sich hier einmischt. egal, ob wir den körper schon mal hatten. aber woher weisst du das?
march. schrieb am
7. Mai 2008 um 23:51habe ihren blog abonniert und geniesse die gurkenzeit 🙂