john wimber beschreibt in „heilung in der kraft des geistes“, wie er von einem pastor vor heilung und den anderen gaben des geistes gewarnt wurde: „sie bringen uneinigkeit“, sagte er mir. „und der teufel redet uns ein, sie wären von gott. am besten, man lässt die finger davon. was du brauchst, ist gesunde lehre, nicht solche auswüchse wie diese gaben.“ was sollte ich davon halten? ich war erst kurze zeit christ und wollte keine fehler machen“ (seiten 20f)

seltsamerweise habe ich dieselbe argumentation mehrere male in der VOLXBIBELdiskussion gelesen: sie brächte uneinigkeit, die befürworter redeten sich nur ein, dass die idee von gott ist und letztlich lenke sie vom wahren ab: der gesunden lehre. das ist schon interessant, dass bei zwei so weit auseinander liegenden themen, über zwei jahrzehnte in unterschiedlichen sprachräumen so ähnliche argumentationsstränge zustande kommen.
dabei sind die argumente ohnehin nicht gut:

1) unfrieden ist nicht das schlimmste, was passieren kann und ist nicht mit allen mitteln zu vermeiden. jede neue idee schafft einen gewissen unfrieden, weil sich niemand gerne weiterentwickeln. in diesem sinne ist gegenwind ein indikator für den richtigen weg. steinbeck sagte einmal sinngemäss: „der mensch hat eine tendenz sich der veränderung zu widersetzen. insbesondere der zum guten“. schlimmer ist es, zu stagnieren. dann lieber ein geistiger/geistlicher kampf, der doch nur geburtswehe ist….

2) wer sich nun einbildet, von gott gehört zu haben ist immer schwer zu beurteilen. für ein argument reicht das nicht. auch wenn gott MIR etwas sagt, muss er nicht DIR dasselbe sagen. solche aussagen sind unbeweisbar und sollten daher auch nicht in einer diskussion verwandt werden. natürlich handeln wir aus der motivation heraus gottes reich zu bauen und zu tun, was er uns sagt. aber das trifft auch auf die entgegengesetzte meinung zu. von daher kann man da gerne drüber reden, aber es hat keinen überzeugungskraft.

3) wer sagt, dass VOLXBIBELleser, charismatiker, katholiken oder wie immer andersdenkende heissen, keine gesunde lehre wollen? wer sagt, dass meine gesunde lehre für alle anderen auch gesund ist? es ist ein totschlagargument immer allen zu unterstellen, dass sie sich von der reinen lehre entfernt hätten und nur noch effekten hinterherlaufen. ich bin jesus freak, charismatiker und besitzer einer signierten VOLXBIBEL. dennoch liebe ich gott und bin an gesunder lehre interessiert. das trifft auf viele von uns zu. ebenso wie bei manchen konservativen christen das gegenteil stimmt. gibt immer „sonne und solche“, wie man im pott sagt.

ich mag diese argumentationshüllen nicht, auf die je nach zeit und gelegenheit einfach ein anderes logo gedruckt wird. das ist letztlich immer kritik, die am inhalt vorbeigeht. ist halt eine hülle, da ist nix drin. ausser angst.

ich habe vergebens versucht ein pascal-zitat bei john wimber nachzuweisen. schwierig, die fundstelle eines englischen zitates in einem deutschen buch zu finden.

jedenfalls habe ich beim blättern durch meine pascal-ausgabe (grösse und elend des menschen, insel 1979) ein paar schöne „pascals“ gefunden, die ich euch nicht vorenthalten möchte:

die menschen sind so notwendig verrückt, dass es, auf eine andere art von verrücktheit, verrückt sein hiesse, nicht verrückt zu sein (414, seite 46)

nichts gibt es auf erden, das nicht entweder das elend des menschen, oder die erbarmung gottes zeigte; entweder die ohnmacht des menschen ohne gott, oder die macht des menschen mit gott. (562, seite 88)

das christentum ist seltsam. es gebietet dem menschen, anzuerkennen, dass er gemein, ja sogar verabscheuungswürdig ist, und es gebietet ihm, gott ähnlich sein zu wollen. ohne ein solches gegengewicht würde ihn diese erhebung entsetzlich eitel, oder diese erniedrigung entsetzlich verloren machen. (537, seite 100)

das elend redet uns verzweiflung ein, der stolz redet uns anmassung ein. die menschwerdung zeigt dem menschen die grösse seines elends durch die grösse des heilmittels, das notwendig war. (526, seite 100)

pascal hat seine „pensées“ leider unbearbeitet und unsortiert hinterlassen, als er 1662 mit nur 39 jahren starb. deshalb sind sie schwer verständlich, oft skizzenhaft. dennoch sind sie ein gewaltiges werk und lesen sich manchmal ein wenig wie dag hammarskjölds zeichen am weg. auf jeden fall eine empfehlung!

5. Januar 2006 in vermischtes 5

endlich mal…

… ein richtig lustiger blondinenwitz, habe ich gerade bei markus gefunden. wer hätte gedacht, dass es lustige blondinenwitze gibt?

4. Januar 2006 in vermischtes 0

lebenslüge

gestern waren wir seit langem mal wieder in hagen im theater. es gab ibsenshedda gabler„, aufgeführt vom ensemble des neusser theaters.
von zeit zu zeit gehe ich ganz gerne mal, alex aber lieber als ich. in den letzten jahren ist aber – warum auch immer – nichts draus geworden. dasstück war sehr gut aufgeführt, allerdings hat ibsen für mich an reiz verloren. als ich zum ersten mal die wildente gelesen habe, war es der hammer: eine kleine offenbarung. auch „nora“ und „gespenster“. zum einen liegt mir das nordische bei ibsen; gibt es irgendeinen fröhlichen, dem leben zugewandten menschen, der nördlicher als hamburg geboren wurde? aber alle haben grosse tiefe: munch als maler, grieg und sibelius als komponisten, ibsen als dramatiker und kierkegaard als philosoph.
dennoch hat die faszination gelitten. früher fand ich die zeichnungen von menschen, die an ihren „lebenslügen:“(ein wort, dass sich bis in den englischen sprachraum durchgesetzt hat)“:“, und letztlich unausweichlich am leben selber zerbrechen, einfach genial. aber ich mochte auch tenessee williams (dessen namen ich heute nicht einmal mehr buchstabieren kann…) und eugene o´neill (besonders „eines langen tages reise in die nacht“). heute haben diese situation viel von ihrer unausweichlichkeit verloren und als hedda sich gestern die pistole an die schläfe setzte dachte ich: „wie unnötig. das hätte man alles anders regeln können.“ vielleicht ist das hauptproblem der lebenslüge nicht, dass man eine hat, sondern wie man damit umgeht. es muss einen anderen weg geben als den, dass sich am ende zwei von fünf personen selbst entleiben…
das psychologische hauptmoment seiner stücke (ausser den sozialkritischen, die ich nicht kenne) hat ibsen in der „wildente“ selbst auf den punkt gebracht: „beraube einen menschen seiner lebenslüge und du beraubst ihn seines glückes“ (ungefähres zitat). ist das wirklich so? belügen wir uns selbst und können nicht mehr weiter machen, wenn uns das leben den spiegel vorhält? letzten endes läuft die lebenslüge doch auf einen einfachen schutzmechanismus hinaus: keiner kommt genau dahin wo er hin will. wir alle machen abstriche, keiner von uns führt genau das leben, das er sich erträumt hat. um dieser realität zu entfliehen redet man sich ein, dass man glücklich ist und dass alles passt. man flieht in eine lüge und wenn die in sich zusammenfällt hängt man sich eben auf oder fängt das saufen an.
das finde ich nicht mehr so zwingend. natürlich kann die realität einen menschen zerbrechen, aber man kann sich auch mit ehrlichkeit und mut den dingen stellen und das beste draus machen. wenn „glück“ nur die eine grundvoraussetzung braucht, dass wir alles erreichen, was wir uns erträumen und in den besten umständen leben, haben in der tat alle menschen ein problem. gottlob ist es aber nicht so. glück ist nur zum kleinsten teil von unseren lebensumständen abhängig.

mir hat ein buch der bibel ganz besonders geholfen mit dem philosophischen problem der sinnlosigkeit und der banalität des lebens klarzukommen: der prediger. salomo litt selber nicht zu knapp daran, dass glück nicht im erreichen des topp-zustandes zu finden ist und dass man sich mit den dingen positiv arrangieren muss. oder neutestamentlicher: sie überwinden kann.
Es ist besser, zu gebrauchen, was vor Augen ist, als nach anderm zu verlangen. Das ist auch eitel und Haschen nach Wind. (prediger 6,9 nach luther)

immer wieder beschäftigt mich das thema, wie man in der gemeinde ständig mitarbeiter und leiter ausbilden und nachziehen kann. speziell in grösseren gemeinden ist das immer wieder ein problem. letztlich ist es das grösste problem, wenn es um wachstum geht; viele gemeinden wachsen sich zu tode, indem sie mit den neuen leuten die kommen nicht richtig umgehen können und die strukturen (aus mangel an geeigneten leuten) nicht mitwachsen. deshalb gehört die sorge für den nachwuchs zu den wichtigsten aufgaben der leitung.

„leiter sind dann in höchstform, wenn sie um sich herum eine führungskultur schaffen“ (bill hybels, mutig führen, seite 138)
„um wachstum zu fördern, fördere die mitarbeiter, und um wachstum zu vervielfältigen, fördere die führungskräfte.“ (john c.maxwell, charakter und charisma, seite 87)

im prinzip sind das binsenweisheiten auf die jeder kommen kann, der sich mal gemütlich mit einer tasse tee hinsetzt und über gemeinde nachdenkt. es ist auch unmittelbar einleuchtend, dass diese zitate einfach stimmen, trotzdem sehe ich sehr wenig davon umgesetzt. im grunde gibt es wenige gemeinden, die eine ständigen strom neuer leute in verantwortliche positionen realisiert haben. warum ist das so?
und die wichtigere frage: wie macht ihr es bei euch? gibt es gute konzepte, hilfsmittel, programe, gastsprecher, usw. die dazu beitragen können, dass ein ständiges wachstum gewährleistet ist? ich bin an allen antworten, lösungen und anregungen sehr interessiert!

Wir aber haben nicht den Geist der Welt empfangen, sondern den Geist, der aus Gott stammt, damit wir das erkennen, was uns von Gott geschenkt worden ist. (1.Korinther 2,12 nach der Einheitsübersetzung)

Der Vers passt ja richtig in die Jahreszeit, zumindest zu Weihnachten, auch wenn das wieder etwas her ist…
Mich beschäftigt immer mehr die Frage, was wir denn nun eigentlich von Gott empfangen haben als wir Jesus angenommen haben. Für viele Christen ist es gerade mal die Errettung; für manche sogar noch weniger, denn manche meinen, dass Gott uns nur ein Buch und ein paar Gebote gelassen hat und sehnen sich nach der Zeit des ersten Jahrhunderts zurück in der man Jesus treffen und erleben konnte. Das erste, was ich gehört habe, als ich Christ geworden bin war, dass ich nun den Sinn des Lebens erfüllt hätte: der ganze Sinn sei es, Jesus anzunehmen und nach dem Tod zu Gott zu kommen, wo es dann im Himmel ganz toll ist. „Tolle Sache!“, wollte ich glauben, aber das ging nicht weil da ein Gefühl war von „es muss mehr geben“. Um mich herum sagten(!) einige Christen, dass es eigentlich ideal wäre sein Leben in Sünde und Ausschweifung zu verbringen und sich dann auf dem Sterbebett zu bekehren so dass man beides hat, ein gutes Leben und eine gute Ewigkeit…
Das wollte ich nun gar nicht glauben und entdeckte schnell, dass es auch nicht stimmt. Gott hatte mir hier etwas zu bieten, das ewige Leben fängt heute an! Gottes Reich ist zwar noch nicht vollständig am Start, aber es ist da! Wer auf den Himmel wartet und alles Jesusmässige auf die Zeit nach dem Tod verschiebt, der verpasst einiges. Um mich zu outen: die Qualität des Lebens mit Gott habe ich erst mit dem Heiligen Geist kennengelernt.
Ich will jetzt nicht in die Diskussion einsteigen, ob man ein „zweites Erlebnis“ braucht oder den Geist bei der Bekehrung voll empfängt. Bei mir war es jedenfalls so, ich war Christ mit allem drum und dran, hatte aber kein Erleben Gottes, keine Gaben, keinen „Erfolg“, nichts. Das hat sich erst geändert, als ich mit dem Heiligen Geist erfüllt wurde. Für mich war es ein zweites Erlebnis mit allem was man sich vorstellt: umfallen, lachen, lallen, liegen bleiben usw. Wenige Wochen später dann auch mit Sprachenbeten.
Natürlich war dieses Geschenk Gottes immer da. Dennoch habe ich mich bekehrt und bin wieder zurück in die Welt, weil das Leben mit Gott einfach scheisse und hart war. Alles, was ich kannte waren Gesetze und sinnlose geistliche Disziplinen – das habe ich nicht lange durchgehalten. Aus der heutigen Sicht scheint es mir, dass ich angesichts der Speise verhungert bin. Es war alles da, aber ich wusste es nicht und es hat mir nichts genutzt.

Offensichtlich ist es so, dass man die Geschenke Gottes nicht automatisch benutzt. Sie stehen da, wie das Auto vorm Haus, aber man weiss nicht zwingend, dass sie einem gehören. Man sieht sie bei anderen und denkt sich: „wow, was für eine prophetische Gabe!“ oder „hey, schade, dass ich nicht solch einen Frieden habe.“ Man sieht sie in der Bibel und hat sie dennoch nicht im eigenen Leben. Das ist umso trauriger, weil alles, was Gott für uns hat, unser Leben bereichern kann. Wie viele Christen verhungern innerlich, obwohl die Kraft Gott ihnen zur Verfügung steht?
Ich schreibe den Artikel nicht als einen historischen, „so war es früher-Beitrag“, sondern als jemand, der seit langem darüber betet und meditiert, was das Evangelium eigentlich umfasst. Ich sehe immer mehr, mein Blick weitet sich und ich weiss, es ist mehr als ich jetzt lebe. Vielleicht ist das immer so, dass wir es nicht ergriffen haben, ihm aber nachjagen.

Eines weiss ich sicher: wir brauchen Offenbarung um zu erkennen, was Gott und schenkt. Von selbst kommt es nicht und logisches Denken erschliesst es nicht. Gottes Geist ist es, der uns in die Dinge Gottes hineinführt. Der Geist, der von Gott kommt, damit wir erkennen, was uns von Gott geschenkt ist.

31. Dezember 2005 in vermischtes 3

rente und sterben

Zur Abwechslung mal ein lustiges Luhmann-Zitat:

Was immer zum Verlust des Lebens oder der Rente führen könnte, wird nach Möglichkeit vermieden, und dies natürlich immer von Leuten, die noch nie gestorben sind. (Soziale Systeme, 453)

Und Jakob blieb allein zurück. Da rang ein Mann mit ihm, bis die Morgenröte heraufkam. Und als er sah, daß er ihn nicht überwältigen konnte, berührte er sein Hüftgelenk; und das Hüftgelenk Jakobs wurde verrenkt, während er mit ihm rang. Da sagte er: Laß mich los, denn die Morgenröte ist aufgegangen! Er aber sagte: Ich lasse dich nicht los, es sei denn, du hast mich vorher gesegnet. Da sprach er zu ihm: Was ist dein Name? Er sagte: Jakob. Da sprach er: Nicht mehr Jakob soll dein Name heißen, sondern Israel; denn du hast mit Gott und mit Menschen gekämpft und hast überwältigt. (1.Mose 32,25-29)

In Gottes Segen hineinzukommen ist nicht immer ganz einfach. Oft fühlt es sich so an, als müsste man ihm alles abringen, was man hat und als würde er nichts freiwillig geben – genau wie in der Geschichte von Jakobs Ringkampf mit Gott. Dieser Eindruck ist nicht ganz falsch, ganz richtig ist er aber auch nicht. So wie ich es sehe, gibt Gott sehr wohl freiwillig und gerne, aber wir bekommen nur etwas, wenn wir uns mit Ihm auseinandersetzen.
Das ist ein grosses Geheimnis, etwas, das schwer nachzuvollziehen ist. Aber es ist eine Erfahrung, die jeder von uns macht, der Gott wirklich kennen will und in seinen Wegen leben will. Unser Lebens verändert sich nur, wenn wir uns von Gott hinterfragen lassen, wenn wir uns immer wieder an die Bibel setzen, beten, anbeten usw. Nichts kommt von selbst, obwohl Gott alles schon gegeben hat. Vielleicht beschreibt ein Goethe-Wort besser als meine schwachen Worte, worum es geht: „was Du ererbt von Deinen Vätern, erwirb es um es zu besitzen“. Das Erbe ist bereits da, es gehört uns: Christus ist gestorben und ihm haben wir alles, was Gott uns jemals geben kann (vgl. Kolosser 2,9-10). Dass dennoch so viele Christen so wenig Christus in ihrem Leben zu haben scheinen mag daran liegen, dass sie das Ihre nicht eingenommen, es nicht in Besitz genommen haben. Ohne ein liebendes Ringen mit dem Allmächtigen geht es nicht. Wer die intensive Auseinandersetzung mit Gott – und letztlich auch mit sich selbst! – scheut, der wird das Erbe nicht in Besitz nehmen.
Dabei geht es nicht um einen, ohnehin unmöglichen!, Sieg über Gott. Es geht darum, den Segen in unserem Leben zu leben. Wir werden im Kampf verändert, nicht Gott. Es war nicht Gott, der seinen Namen geändert hat und seitdem hinkte; aus Jakob wurde Israel, der hinkende Gottesstreiter.

Jeder, der in der Erkenntnis Gottes und in Gottes Kraft und Gegenwart lebt, hat diese Auseinandersetzung hinter sich und jeder trägt die Bundesmale. Ein gekrümmter Rücken vom vielen Studieren, ein in sich gekehrter Blick, eine übernatürliche Freude – man erkennt einen „Gottesstreiter“. Israels Bundesmal waren ein neuer Name und ein Hinken, auf das er Zeit seines Lebens stolz sein konnte. Von Jakobus berichtet Eusebius von Cäsarea, „dass er vom vielen beten Knie wie ein Kamel hatte“, Paulus trug die Malzeichen Christi an seinem Körper (Galater 6,17). Jesus selber ging gezeichnet in die Herrlichkeit ein (Johannes 20,27ff).
Sicher besteht das christliche Leben nicht aus Kampf, es ist im wesentlichen nicht hart. Dennoch erfordert es ein gewisses Mass an Ausdauer, Opferbereitschaft und Auseinandersetzung mit Gott(es Wort), um dahin zu kommen, wo Gott uns haben will.
_________
[neu veröffentlicht am 07.09.06 auf Hasos Tafel]

so freunde,

weihnachten ist vorbei und ich präsentiere euch ein paar kleine mp3-download mit weihnachtsgeschichten aus dem lukasevangelium. selbstverständlich vorgelesen aus der lutherübersetzung.
ich habe diese mp3s für eine station im 24-7 prayerraum in köln aufgenommen. hat eine menge spass gemacht. ich höre selber jeden morgen beim frühstück eine audiobibel, von daher freue ich mich über die gelegenheit, gottes wort aufnehmen zu können.

  1. Lukas 1,26 ff
  2. Lukas 1,39 ff
  3. Lukas 2,1 ff
  4. Lukas 2,8 ff
  5. Lukas 2,25 ff

technik: ich habe mit einem shure beta 58a über eine tascam US-122 in cubase LE aufgenommen. das setup wird sich für geplante zukünftige projekte noch etwas ändern: ich habe heute ein studiomikro bestellt; bin gespannt wie es ist, damit zu arbeiten, bisher habe ich immer mit bühnenmikros gearbeitet (ausser im radiostudio).

dieser post enthält podcasts. am besten den rss-feed mit einem podcast-receiver abonnieren. weitere infos folgen demnächst.

Und seid nicht gleichförmig dieser Welt, sondern werdet verwandelt durch die Erneuerung des Sinnes, daß ihr prüfen mögt, was der Wille Gottes ist: das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene. (Römer 12,2 nach der Elberfelder)

die erneuerung unseres sinnes macht alles leichter. so wie ich es verstehe ist sie ein wesentliches ändern unseres denken und eine änderung unseres denkens führt immer zu einer änderung unseres handelns. das ist einer der grossen unterschiede zwischen altem und neuem testament: im AT hat man sein handeln geändert, man hat einfach dinge gelassen; im NT wird man verändert und handelt gemäss der veränderung dann auch anders. eines der grössten missverständnisse gesetzlicher christen ist es, eine wesensveränderung durch änderung von taten herbeiführen zu wollen.
bei meinen versuchen, in der veränderung gottes zu leben ist mir ein problem immer wieder zum ärgernis geworden, dass niklas luhmann auf einen sehr schönen punkt bringt:“(niklas luhmann: soziale systeme, suhrkamp 1987, Seite 448)“:: soweit lernen an das dingschema gebunden ist, erfolgt es im allgemeinen kumulativ. würde man erfahren, dass es sich bei avocados um indianische wurfgeschosse handelt, würde dies das wissen der essbarkeit von avocados nicht löschen, sondern nur ergänzen. die welt wird durch lernvorgänge komplexer. und vergessen ist, besonders in gesellschaften ohne schrift, das dazugehörige korrektiv.

für luhmann war es wichtig, sich vom dingschema der alten ontologie zu distanzieren. für uns wird das nicht alltagstauglich sein: wir denken und reden in gegenstandsmetaphern. „segen“ ist ding, genauso wie ein stuhl, ein tier oder sonstetwas. mir fällt immer wieder beim schreiben und predigen auf, wie schwer es ist, nicht alles zu vergegenständlichen. alltagssprachlich ist jeder versuch, sich die realität als nicht (nur) gegenständlich zu verstehen und zu beschreiben nichts als philosophische spitzfindigkeit. so können wir davon ausgehen, dass „luhmanns wissenkumulation“ für jeden bereich des lernens anwendbar ist.
in der praxis der charakterveränderung wünschen wir uns etwa folgendes schema: falsche prägung erkennen –> richtiges lernen –> falsche prägung restlos vergessen –> neues leben. dummerweise sammeln wir eher wissen an, als dass wir alte fehlinformationen oder gar fehlprägungen vergessen. alles, was wir über gott und das leben mit jesus lernen, wird zunächst einmal dem bisherigen wissen hinzuaddiert und stellt uns in einen kampf der prinzipien, in dem wir immer wieder entscheiden müssen, was wir glauben und wie wir handeln. so ist es zu erklären, dass du zwar das wissen haben kannst, dass gott dich liebt, aber deine lebeserfahrung geht so in die andere richtung (niemand liebt dich), dass dieses wissen immer theoretisch bleibt.
das (hinzu)lernen ist sicher nicht unser grösstes problem. altes und falsches zu verlernen und zu vergessen ist viel schwieriger. um etwas richtiges zu erfahren muss man nur ein buch lesen oder eine predigt hören. um etwas falsches zu vergessen (zu löschen) brauchen manche lange seelsorge.
natürlich ist dieser mechanismus an sich sinnvoll: es wäre fatal, wenn immer nur die neueste information gespeichert würde. dann wäre entwicklung nicht möglich. aber speziell in bezug auf göttliche veränderung kann uns dieser mechanismus leicht ein bein stellen – wie immer hat die medaille zwei seiten. wir balancieren ständig den vorteil, uns schnell neues aneignen zu können, gegen den nachteil, altes schwer zu vergessen, aus. es wäre interessant zu lernen, wie man das vergessen manipulieren kann, so dass man schneller in veränderung wächst…

die komplexität, die durch lernen erzeugt wird, wirkt sich in unserem leben verwirrend aus. je länger wir dabei sind, um so mehr blickwinkel bekommen wir auch das leben, die bibel, gott und eigentlich alles. mit der zeit hat alles eine, zwei oder tausend seiten und es fällt uns schwer, uns zu entscheiden und entschieden zu leben. bei aller liebe zur komplexität ist das ihre absolute schwachstelle: sie kann lähmend wirken für jedes engagement und jeden glaubensmut. wenn vergessen schon so schwer fällt, ist vielleicht entschiedenheit ein gutes mittel gegen zu viel komplexitätsgewinn. ein beispiel: ich lese in der bibel, dass gott mein versorger sein will, dieses wissen wird addiert zu der erfahrung, die ich durch meine eltern gemacht habe, die als missionare in der antarktis von der hand in den mund gelebt haben. es kommt zu einem hin- und hergerissen sein. ich habe beides gelernt: gott will und es scheint nicht immer zu klappen. mit der zeit mache ich positive erfahrungen mit gottes versorgung und auch dieses wissen wird hinzuaddiert. in mir verbindet sich mit dem satz: „gott ist mein versorger“ immer mehr komplexität und ich möchte jedes mal aufschreien: „so einfach ist das nicht!“, wenn einer von versorgung spricht.
wenn ich handlungsfähig bleiben will, muss ich komplexität reduzieren, sonst hänge ich in einem konsequenzlosen „dies aber auch das“ ohne jede trennschärfe fest. da mir der ausweg über das vergessen verwehrt ist bleibt nur der andere: position beziehen und verteidigen – entschlossenheit.

Seite 200 von 217« Erste...102030...198199200201202...210...Letzte »