23. Juni 2007 9
Piaget für Prediger 2
Mir ist dieses Prinzip ebenso bei manchen Seminaren aufgefallen, die ich gehalten habe wie auch in vielen Diskussionen. Die „reine Lehre“ist für viele oft nicht verständlich, sie sitzen da und stellen nachher Fragen wie „und was kann ich damit anfangen?“ Wenn aber ein einfaches Bild kommt, dann sieht die Sache meist ganz anders aus und auf einmal lösen sich Knoten im Denken.
Diese Beobachtung wurde für mich aber erst fruchtbar als ich von Piaget und diesen 85% hörte, denn ich bin selber eher jemand der auf einer theoretischen Ebene funktioniert als auf einer anschaulichen. Wenn mir jemand die nötige Theorie liefert um den Alltag zu begreifen kann ich handeln, vorher fällt mir das eher schwer.
Ich ziehe aus Piaget für mich persönlich den Schluss, dass es besser ist komplexe theoretische Zusammenhänge auf eine anschauliche und zeugnishafte Weise zu lehren als anders. Da es für einen Lehrer natürlich das Wichtigste ist, dass die Botschaft rüberkommt und die Zuhörer einen Lernerfolg verzeichnen, sollte es oberste Priorität sein, dass wir lernen uns so auszudrücken, dass der Stoff, den wir kommunizieren wollen auch herüberkommt. Das ist umso wichtiger wenn es sich bei dem „Stoff“ um Gottes Wort handelt. Gerade da darf es keine intellektuellen und kognitiven Hürden geben.
8 Kommentare
Ein Pingback
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[…] und “hebräischem” Denken zu tun, über den auch Storch sich derzeit auslässt [1 2 3]. Er weist darauf hin, dass die “Griechen” ihre Einsichten gern abstrakt vermitteln, […]
andichrist schrieb am
23. Juni 2007 um 11:08Angeblich war ja das grösste Problem der Deutschen Pisa Kinder das des sinnentnehmenden lesens. Heisst : Die konnten zwar alles wiedergeben, was sie gelesen haben, aber, sie konnten es nicht erklären. Es ist irgendwie ein Kreis von „Wissen ist Nichtwissen. “ Die sogenannte “ Transferleistung zum Alltäglichen “ blieb komplett auf der Strecke.
So haben wir einen haufen Menschen mit Abiturwissen, die den Alltag nicht auf die Reihe bekommen, aber trotzdem wahre Intelligenzbomber sind, eigentlich ein Wiederspruch in sich.
Bedeutet doch aber auch, dass theoretisch mein Intellegt viel mehr aufnehmen kann, als ich es umsetzten kann. Auf Deutsch: “ Reden von Dingen, von denen wir keine Ahnung haben… “
Ist dann Wissen ohne Kognition oder lernen aus Erfahrung sinnlos ? Provokant gesagt könnte man sagen: Ja. Auf der anderen Seite kann ja Wissen welches vorhanden ist im Alltag auf einmal zur Kognition werden. Ist schwer, sag ich.
Alle „meine“ Kinder wussten bevor sie Drogen nahmen, dass dies doch irgendwie schädlich ist, aber erst die Erfahrung brachte die Erkenntnis. Dafür können sie jetzt dieses Wissen plus dass theoretische Wissen nutzen um armen kleinen Reaslschulkindern zu erklären, doch bitte die Tüte liegen zu lassen…
Meine persönliche Erfahrung ist, dass die auf die Praxis runtergebrochene Theorie wiederrum die Erfahrung von klappt oder klappt nicht braucht, also wieder Kognition.
Sagen wir so : Lehre rüberbringen ist die eine Sache, das umsetzten oder erlernen der Umsetzung die andere. Seine Erfahrungen muss jeder selber machen. Je transparenter und alltäglich nachvollziehbar die Lehre ist, desto besser greift sie. Egal in welcher Ebene der Lehrer nun gerade funktioniert. Lernen am Model eben…
Ich sag nur : Alles ist Pawlow…
Patrick schrieb am
23. Juni 2007 um 13:36Interessant das z.Z. immer über Themen schreibst, die mich selbst gerade beschäftigen.
Ich glaube ein Predigt die nur aus Theorie besteht und in der es keine praktischen Anwendungen gibt kann man fast in die Tonne kloppen.
Wenn ich mir z.B. Paulus in 2. Korinther 1,3-11 anschaue: da redet er zuerst theoretisch von Bedrängnissen und Trost, bleibt dann aber nicht bei der Theorie stehen sondern gibt gleich ein praktisches Beispiel wo er Bedrängnis erlebt hat und wo ihm Gott geholfen hat, um damit wieder die Korinther zu trösten.
Nur wenn ich die Theorie selbst nicht praktisch erlebt habe, soll ich dann lieber schweigen als darüber zu reden?
Frank schrieb am
23. Juni 2007 um 16:10hoffentlich benennst du jetzt deinen blog nicht um, storch. ich finde predigten in denen der pastor eine anekdote nach der anderen reißt, öde. um etwas nicht nur zu verstehen, sondern auch anwenden zu können, muss man dem zuhörer neben der illustration auch die theorie, das system dahinter erklären. nur kann der hörer das gelernte später anwenden. er muss das prinzip hinter der konkreten geschichte erkennen, damit er in seiner spezifischen situation das prinzip modifiziert anwenden kann. es hilft den korinthern nicht, wenn sie erfahren, dass gott paulus in bedrängnis getröstet hat. sondern sie müssen verstehen, dass gott immer jeden auch sie tröstet, wenn sie in einer vergleichbaren aber nicht identischen situation sind.
im übrigen halte ich die behauptung, 85 prozent der menschen könnten nicht abstrakt denken, für reichlich elitär und übertrieben, in dem wikipedia-Eintrag über Piaget steht, er schreibe allen Kindern ab 12 Jahren die Fähigkeit zu, zu abstrahieren. Was denn nu?
storch schrieb am
23. Juni 2007 um 16:23keine sorge frank. es wird nihct die „schönheit der einfachheit“ werden, schliesslich ist es ja immer noch MEIN blog. die wikipedia-angabe würde ich nicht als zahl nehmen und auch nicht piaget als letzte instanz. piaget hat sich mehr dafür interessiert wann ein kind was kann (bzw. können kann), nicht für den prozentsatz der die letzte stufe dauerhaft erreicht. die zahl kommt aus einem entwicklungspädabuch dessen namen ich gerade nicht mehr weiss… aber auch die pädagogen die ich darüber befragt haben halten den prozentsatz für wahrscheinlich. ich selber stelle immer wieder fest wenn ich über glauben und andere eher abstrakte dinge rede, dass eine menge fragezeichen im raum sind, die sich schlagartig ändern wenn ich ein einfaches bild bringe. aus demselben grund verkaufen sich populärwissenschaftliche bücher besser als wissenschaftlich. steven hawking schrieb einmal, dass die zahl der potentiellen leser sich mit jeder mathematischen formel in einem buch halbiert…
was du beschreibst ist noch kein abstraktes denken. ein prinzip hinter einem zeugnis zu erkennen fällt niemandem schwer. schwierig wird es prinzipien ohne altersbezug aufeinander zu beziehen.
Frank schrieb am
23. Juni 2007 um 16:49ohne Altersbezug?
storch schrieb am
23. Juni 2007 um 16:57für piaget war natürlich der altersbezug DAS ding, weil er ja eben entwicklungspäda betrieb. da ist es eben, dass die 4.stufe sich zwischen 11 und 14(?) entwickelt. es ist auch nicht so, dass sie sich bei vielen gar nicht entwickelt, aber die meisten kommen nie richtig dahin wirklich damit umgehen zu können. vermutlich weil sie es nicht brauchen. man sieht fern und lebt seinen alltag, da ist kein bedarf für abstraktes denken. für viele war die schulzeit die zeit mit dem grössten bedarf an abstrakten denken und nachher verlernen sie vermutlich vieles wieder (wobei ich noch nicht so tief in der theorie drin bin, das ist noch vermutung).
statistiken scheinen sich aber eher auch leute im erwachsenenalter zu beziehen. das geht vermutlich über piaget selbst hinaus, aber die entwicklungspäda hat sich natürlich auch seitdem weiter entwickelt.
Königstochter schrieb am
23. Juni 2007 um 18:55Das hört sich jetzt in meinen Ohren so an, als ob jede/r zu der Form abstrakten Denkens, die du in „Piaget für Prediger 1“ beschreibst (Luhmann und so… ), fähig sei(n sollte).
Meinst Du, es hat nicht wirklich was mit dem Grad an Intelligenz einer Person zu tun, sondern entsteht durch ständiges Üben? Oder meinst Du, jede/r habe das prinzipiell das Gleiche Maß an Intelligenz?
Ich hab mal versucht, ein Buch von Kant zu lesen, habe aber nach wenigen Seiten aufgegeben, weil ich davon einen Knoten im Hirn kriegte. Ich dachte, ich bin einfach nicht schlau genug für sowas.
Allerdings geht´s mir bei manchen Bibelübersetzungen mit Paulus´ Briefen (fast) genauso – vielleicht liegt´s auch eher am Schreibstil… Wenn ein Satz über eine halbe Seite geht, weiß man am Ende doch gar nicht mehr, wovon eigentlich am Anfang die Rede war.
storch schrieb am
26. Juni 2007 um 09:20@ königstochter:
kann ich nicht genau sagen. was intelligenz ist scheint eines der grossen probleme der psychologie, pädagogik, neurologie zu sein. da gibt es viele definitionsversuche aber keine einigkeit. dass alle dasselbe mass haben halte ich allerdings für ausgeschlossen. ob ein direkter zusammenhang zwischen intelligenz und abstraktem denken besteht weiss ich nicht.
abstraktes denken hat auch nichts mit der schwierigkeit von formulierungen und sätzen zu tun. dazu das bekannte beispiel: „der ertragsreichtum des feldes verhält sich umgekehrt proportional zur mentalkapazität des agrarökonomen“ – ein schwieriger satz der einen einfachen zusammenhang zum ausdruck bringen will: „der dümmste bauer erntet die dicksten kartoffeln“. ebenso könnte man kants theorien in vernünftiges deutsch fassen, aber dennoch wäre das dahinter stehende komplex und abstrakt – auch ohne die hürde von schachtelsätzen und fehlenden vokabeln wäre es schwer zu verstehen.