08. Mai 2012 4

Der Friedhof in Prag

Als einzigen Roman habe ich im Urlaub „der Friedhof in Prag“ gelesen und war, wie soll ich es anders sagen?, begeistert. Ich hatte das Buch in einer Buchhandlung gesehen und am vorletzten Tag gekauft weil ich auf einmal unheimlich Lust hatte, mal wieder etwas von Umberto Eco zu lesen. Als ich das Buch gekauft habe, war mir gar nicht klar, worum es geht, es reichte, dass es das neue Buch eines Autoren war, den ich sehr schätze. Nachher war ich umso begeisterter. Den Hintergrund bildet die Entstehung der Protokolle der Weisen der Zion. Vor vielen Jahren war das mein Ein- und Ausstieg in die Welt der Verschwörungstheorie. Ich war entsetzt über den Grad der Verschwörung und wie weit diese in der modernen Welt realisiert wurde (bis zum Bau von U-Bahnen!). Das Einzige was mich etwas irritierte war, dass die ganze Verschwörung tatsächlich jüdisch sein sollte.

Nach einiger Recherche, die ich zusammen mit einem Freund durchführte, stellte ich fest, dass an den Protokollen nichts dran ist (auch wenn Hitler in seinem Buch das Gegenteil behauptete). Die Protokolle sind schlicht und ergreifend eine Fälschung, die von Frankreich (Joly) nach Russland (Nilus) führte und lückenlos nachvollziehbar ist. Umso schrecklicher, dass sie für hunderttausende Tote zumindest mitverantwortlich sind. Einige Jahre nach meinen Recherchen schrieb Hadassa ben Itto ein Buch mit dem Titel „Die Protokolle der Weisen von Zion: Anatomie einer Fälschung„.(1) Eco hat nun das bekannte Material künstlerisch aufbereitet und einen anspruchsvollen Roman daraus gemacht. Wer auf Verschwörung steht und generell mit Umberto Eco klarkommt (der sicherlich nicht der einfachste Autor ist), dem sei das Buch wärmstens empfohlen.

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(1) Mittlerweile ist das Buch wegen neuerer Forschungsergebnisse wohl veraltet. Außerdem hat die deutsche Ausgabe nicht den besten Ruf, vor allem wegen fehlender Quellen. Seinerzeit war das Buch aber ein echter Augenöffner, zumindest für mich.

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4 Kommentare

  1. Danke für den Buchtipp. Ja, die Protokolle werden selbst heute teilweise noch von Antisemitisten als Anlass für Schmähschriften genommen, obwohl historisch völlig klar ist, dass sie gefälscht sind. Echt unglaublich…

  2. Tja, Herrenrasseideologie und ernsthafte Recherche in der echten Welt sind keine Freunde.

  3. Der amerikanische Zeichner Will Eisner hat die Geschichte der gefälschten „Protokolle“ schon vor Jahren sehr anschaulich in einer „graphic novel“ beschrieben, übrigens mit einem Vorwort von Umberto Eco:
    http://www.amazon.de/The-Plot-Secret-Protocals-Protocols/dp/0393328600/ref=sr_1_3?s=books-intl-de&ie=UTF8&qid=1338765654&sr=1-3
    deutsche Ausgabe
    http://www.amazon.de/Das-Komplott-Geschichte-Protokolle-Einf%C3%BChrung/dp/3421058938/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1338765529&sr=8-1

  4. Danke für den Tipp, das kenne ich noch nicht. Ich habe seinen „Vertrag mit Gott gelesen“ – großartiger Schreiber und Zeichner.

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