05. August 2011 0

Predigt: Vorbild sein

In dieser Predigt möchte ich über drei Stellen reden die von Paulus handeln oder von ihm geschrieben wurden und die alle dasselbe aussagen, aber in ihren Nuancen etwas unterschiedlich sind. So hoffe ich ein ziemlich vollständiges Bild davon geben zu können, was es bedeutet, ein Vorbild zu sein.

1 Seid meine Nachahmer…

Ich schreibe das nicht, um euch zu beschämen, sondern um euch als meine geliebten Kinder zu mahnen. 15 Denn hättet ihr auch zehntausend Erzieher in Christus, so doch nicht viele Väter; denn in Christus Jesus habe ich euch durch das Evangelium gezeugt. 16 Darum ermahne ich euch: Seid meine Nachahmer! (1.Korinther 4,14-16 nach Herder)

Als ich diese Predigt vorbereitet habe hatte ich die Einheitsübersetzung im Kopf. Dort heißt es: Haltet euch an mein Vorbild. Vorbild zu sein, oder sich vorbildhaft zu verhalten, ist eine wichtige Sache unter Christen. Speziell Leitern wird es immer wieder empfohlen, sich so zu verhalten, dass es andere inspiriert, es einem gleichzutun. Auf dem letzten Freakstock habe ich das noch als Tipp gesagt bekommen: Verbringe viel Zeit im Gebet und andere werden dasselbe machen und die Gemeinde wird wachsen.
Auch wenn ich solche Ratschläge zu schätzen weiß, glaube ich dass sie nur bedingt stimmen. Ich glaube nicht, dass ein Vorbild automatisch dazu führt, dass jemand anders es nachahmt. Ich wüsste nicht, dass etwa jemand aufgehört Alkohol zu trinken oder zu rauchen nur weil ich nicht rauche. Umgekehrt sehe ich da eher einen Zusammenhang: Schlechte Vorbilder dienen anderen als moralische Rechtfertigung ihres eigenen Verhaltens und multiplizieren sich so. Ein gutes Vorbild wird nicht automatisch nachgeahmt.
Das sagt Apostel Paulus hier aber auch gar nicht. Er schärft es seinen geistlichen Kindern ein, ihn nachzuahmen. Die Aufforderung verschiebt sich damit deutlich. Es wird nicht mehr ein Vorbild gefragt sondern Nachahmung – der Fokus geht vom Meister auf die Jünger über.
So herum wird die Sache auch gleich viel logischer. Wir suchen uns jemanden, dessen Vorbild uns hilft. Ich selber mache das seit Jahren und Gott gibt mir immer wieder jemanden der mich inspiriert und von dem ich lernen will. Jemanden, der weiter ist als ich und wo ich mir denke, dass ich auch einmal so werden will. Nachahmer zu sein ist mehr als Fan zu sein. Ein Fan findet jemanden gut und kauft alles, was es an merch von diesem Menschen gibt, aber er ahmt ihn nicht nach. Ein Nachahmer ist mehr ein Schauspieler der sich in eine Rolle vertieft, sie studiert und dann in diese Rolle hineinschlüpft. Tatsächlich kommt das alte deutsche Wort „Mime“ von dem griechischen Wort das Paulus hier verwendet.
Der Apostel empfiehlt also, dass man ihn als Vorbild nimmt und ihn nachahmt.

2 …wie ich Christi Nachahmer bin

Seid meine Nachahmer, wie auch ich Christi Nachahmer bin. (1.Korinther 11,1 nach Herder)

Wenn es um diese Stellen geht hört man oft eine Frage, eher noch eine Aussage: „Ist es nicht fürchterlich arrogant sich hinzustellen und zu sagen, dass alle einem folgen sollen? Was denkt sich Paulus dabei, der muss ja ganz schön von sich selbst eingenommen gewesen sein!“ Ich habe das selbst oft gedacht, wenn ich die Paulusbriefe gelesen habe. Immerhin taucht das einige Male in den Briefen und mindestens einmal in der Apostelgeschichte auf.
Eigentlich ist es aber andersherum richtig. Wenn Du nicht sagen kannst, dass andere Deinem Vorbild folgen sollen, dann ist in Deinem Leben etwas falsch und Du solltest Dein Leben ändern. Jemand, der weiß, dass er auf einem gute Weg ist kann leicht sagen, dass andere seinem Vorbild folgen sollen. Wenn man das nicht sagen kann zeigt das, dass man selber unzufrieden ist mit dem eigenen Leben. Dann sollte man lieber nicht darauf verzichten ein Vorbild zu sein sondern sein Leben so ändern, dass es nachahmenswert ist!

Für Paulus gab es besonders einen Bereich in dem er Expertise erlangt hatte. Es war besonders dieser Bereich in dem er andere zur Nachfolge aufrief: Seine Christusnachfolge. Niemand sollte Paulus folgen weil er Paulus war. Man sollte ihm folgen weil er wiederum Christus folgte. Das zeigt auch gleichzeitig die Grenzen der Nachfolge auf. Es ging darum von jemand anderen zu lernen wie man mit Jesus lebt. Sobald Paulus selber angefangen hätte etwas anderes zu lehren oder einen anderen Weg gegangen wäre, würde sein Vorbild nutzlos. Er selber schrieb das mit drastischen Worten:

Aber selbst wenn wir oder ein Engel vom Himmel ein Evangelium verkündigte im Gegensatz zu dem, das wir euch verkündigt haben — verflucht sei er! 9 Wie wir schon früher gesagt haben, so sage ich es auch jetzt wieder: Wenn euch jemand ein Evangelium verkündet im Gegensatz zu dem, das ihr empfangen habt — verflucht sei er! (Galater 1,8 nach Herder)

Selbst wenn Paulus selbst oder ein anderer der Apostel seine Meinung geändert und ein anderes Evangelium gepredigt hätte, wäre er verflucht gewesen. Die Nachfolge einer Person hat also Grenzen und Paulus lehrte gewiss keinen Kadavergehorsam der bis in die Katastrophe führte. Wenn sich jemand von der guten Nachricht trennt, müssen wir uns von ihm trennen und ihm nicht weiter nachfolgen. Häufig spricht man von Unterordnung vergisst aber deren Grenzen aufzuzeigen.

3 Das Zeugnis für die draußen

Paulus entgegnete: Ich bin nicht von Sinnen, erlauchter Festus; die Worte, die ich rede, sind wahr und vernünftig. 26 Der König, vor dem ich so freimütig rede, weiß ja auch in diesen Dingen Bescheid. Denn ich kann nicht glauben, dass ihm etwas davon entgangen ist; die Sache hat sich ja nicht in einem entlegenen Winkel zugetragen. 27 König Agrippa, glaubst du den Propheten? Ich weiß, du glaubst. 28 Agrippa erwiderte Paulus: Fast überredest du mich, ein Christ zu werden. 29 Paulus erwiderte: Wollte Gott, dass über kurz oder lang nicht bloß du, sondern alle, die mich heute hören, das werden, was ich bin, diese Fesseln ausgenommen! (Apostelgeschichte 26,25-29 nach Herder)

Paulus war so überzeugt von Christus, dass nichts ihn davon abbringen konnte ihn zu predigen. Auch in Todesgefahr oder, wie hier, in einem Verhör, hört er nicht auf von Jesus zu reden. Es gehört eine Menge Mut dazu, in solchen Situationen immer noch zu dem zu stehen was man glaubt – gerade wenn es der eigene Glaube ist, der einen in diese Situation hineingebracht hat.
Im Unterschied zu den bisherigen Stellen sind es nun nicht mehr Christen, denen das Vorbild des Paulus gilt. Hier geht es um weltliche Autoritäten denen der Apostel wünscht, dass sie würden wie er – außer seiner Fesseln. Wir sollten ein Leben führen, das so aussieht, dass wir allen Menschen wünschen würden an unserer Stelle zu sein.
Offenbar ging etwas Faszinierendes von Paulus aus, so dass sogar jemand der Gewalt über ihn hatte sich ihm nicht entziehen konnte. Agrippa musste zugeben, dass Paulus etwas Überzeugendes hatte und dass es attraktiv erschien selbst Christ zu werden.
Wenn wir es nicht erleben, dass unser Glaube für die Menschen um uns herum attraktiv ist liegt das vielleicht daran, dass wir selber nicht von unserem Vorbild überzeugt sind. Wer an Gott und sich selbst glaubt, der wird anderen etwas zu geben haben.

[2010-01-01 Vorbild sein]

[Hier noch ein altes Handout, das sich auch mit diesem Thema beschäftigt]

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