10. März 2010 1
Sprüche IV: Sprüche 1,20-33
20 Die Weisheit ruft auf der Strasse, auf den Plätzen erhebt sie ihre Stimme.
21 Im grössten Lärm ruft sie, am Eingang der Stadttore spricht sie ihre Worte:
22 Wie lange noch, ihr Einfältigen, liebt ihr die Einfalt, und wie lange gefällt den Spöttern ihr Spott und verschmähen die Dummen die Erkenntnis?
23 Wenn ihr umkehrt auf meine Ermahnung hin, dann will ich meinen Geist strömen lassen für euch, meine Worte will ich euch kundtun.
24 Weil ich gerufen habe und ihr nicht wolltet, weil ich meine Hand ausgestreckt habe und niemand darauf acht gab,
25 und weil ihr jeden Rat von mir in den Wind geschlagen habt und meine Ermahnung nicht wolltet,
26 darum will auch ich lachen bei eurem Unglück; wenn Schrecken über euch kommt, will ich spotten,
27 wenn Schrecken über euch kommt wie ein Unwetter und euer Unglück wie ein Sturm heranzieht, wenn Not und Angst euch überfallen.
28 Dann werden sie mich rufen, ich aber werde nicht antworten, sie werden mich suchen und nicht finden,
29 weil sie die Erkenntnis verachtet und sich nicht für die Furcht des HERRN entschieden haben.
30 Meinen Rat haben sie nicht gewollt, jede Ermahnung von mir haben sie verschmäht,
31 darum müssen sie essen von der Frucht ihres Weges und satt werden von ihren Plänen.
32 Denn ihre Untreue bringt die Einfältigen um, und die Dummen richtet ihre Sorglosigkeit zugrunde.
33 Wer aber auf mich hört, wohnt sicher und hat Ruhe vor dem Schrecken des Unheils. (Sprüche 1,20-33 nach der Zürcher)
Zum ersten Mal wird in diesen Versen die Weisheit personifiziert. Sie selber ruft im regen Treiben der Plätze, nicht etwa ein Weiser oder ein Lehrer, sondern sie selbst. Diese Personifikation ist poetisch und klingt ähnlich, wie die prophetische Sprache des Alten Testamentes über Gott selbst redet. Auch er streckt seine Hand aus, ruft Menschen, versucht sie zu erreichen und muss nachher zusehen, wie sie in ihr Unglück laufen.
Auch wenn Gott und die Weisheit sprachlich so nahe gestellt werden bedeutet das nicht, dass wir es im Alten Testament mit mehreren Göttern zu tun hätten, von denen einer die Weisheit ist. Die Weisheit ist keine reale Person und sie ruft die Menschen auch nicht in letzter Konsequenz zu sich selbst. Sie ist eine Mittlerin, deren Ziel es ist, Menschen hin zu Gott zu erziehen. Hier ist ein interessanter Kreislauf. Sprüche 1,7 sagt, dass der Anfang der Weisheit die Furcht des Herrn ist; Sprüche 1,27 sagt, dass die Furcht des Herrn durch die Erkenntnis kommt, die Weisheit vorbereitet. Wer sich für Weisheit interessiert, wird Gott kennenlernen und in Ehrfurcht vor Gott in Weisheit wachsen. Es ist schon Weisheit, Gott überhaupt zu suchen, wer ihn gefunden hat, wird aber noch in Weisheit wachsen. So ist es mit allem: Liebe kann uns zu Gott führen und wir wachsen in Liebe, wenn wir ihn gefunden haben. Ebenso mit Barmherzigkeit, Hingabe, Gebet usw. Gott heiligt das, was uns zu ihm geführt hat und gibt uns mehr davon als wir je hatten.
Diese Verse sagen zweierlei über die Weisheit aus, von dem das eine nicht selbstverständlich ist:
1) Die Weisheit kann uns da am nächsten sein, wo wir sie am wenigsten vermuten. Sie ruft mitten im Gewusel der Welt, also da, wo man sich garantiert nicht um sie bemüht. Damit steht sie nicht allein da, alles was von Gott kommt oder zu ihm führt ist gerade da, wo Menschen sind. Gott begegnet uns immer dort wo wir sind. Eines der größten Missverständnisse der Kirche ist es, dass man Gott am besten in ihr findet. So warten Christen in ihren Gemeinden darauf, dass Ungläubige kommen und sich für Gott interessieren. Wie oft haben wir neidisch auf Missionare geschielt, die alles mit Gott erlebt haben, was wir erleben wollten, und das gerade an Orten die – naja – ungöttllich sind? Im Grunde ist das klar, Gott lässt sich von denen finden, die ihn suchen und brauchen; und die findet man meistens außerhalb der Kirche.
Mit der Weisheit verhält es sich ebenso. Zwei Menschen werden sie suchen: der Mensch, der sie nicht hat und der spürt, dass sein Leben in eine falsche Richtung geht – und der, der sie hat und darum zu schätzen weiß. Es gibt nur sehr wenige Menschen, die Weisheit grundsätzlich ablehnen, viele suchen an den falschen Stellen, aber jeder, der mal ein Rat gesucht hat, weiß um ihren Wert.
2) Weisheit bewahrt vor Schaden. In der Weisheit zeigt sich Gottes Weg mit den Menschen. Wer auf diesem Weg geht, kann nicht in die Irre gehen. Vermutlich ist das einer der Hauptgründe dafür, dass manche so ungern Weisheit und Vernunft annehmen: weil Weisheit damit zu tun hat eine höhere (viel höhere) Instanz anzuerkennen. Menschen sind gern unabhängig, selbst wenn sie damit nur Ärger haben. Es fällt vielen von uns schwer, unser Leben abzugeben und mehr auf Gottes Rat zu hören als auf unseren eigenen.
Wenn aber die Furcht des Herrn der Anfang der Weisheit ist, dann ist Gott selber ihr Anfang. Weisheit beginnt so mit einer Kapitulation vor Gott, denn niemand kann Gottesfurcht haben, der keine Beziehung zu Gott hat.
Ulli schrieb am
10. März 2010 um 14:22Gott freut sich an einem reinen Herzen und heiligt das daran, was uns zu ihm geführt hat. Und gibt uns mehr davon als wir je hatten.
M.E. ist Sprüche 1:29 (statt 27) gemeint.