Oft tritt das Leben Jesu hinter seiner Lehre zurück. Es interessieren sich mehr Menschen für seine Lehren als für seine Person. Nichtchristen beschreiben Christen als  Menschen, die nach den Lehren Jesu leben. Auch wenn ich meine, dass die Person Jesu wichtiger ist als seine Lehre, ist es für uns wichtig, uns mit der Lehre Jesu eingehend zu beschäftigen. Dieser Studienführer wirft ein paar Fragen auf und liefert Antworten, denen man im Selbststudium nachgehen kann.

Wie lehrte Jesus?

Bevor wir uns mit dem Inhalt der Lehre Jesu beschäftigen, müssen wir einen Blick darauf werfen, wie Jesus gelehrt hat. Für uns ist es heute undenkbar, dass eine so wichtige Person, die so viel zu sagen hatte wie Jesus, keine Bücher schreibt und es ihren Nachfolgern überlässt, ihre Lehre weiterzugeben. Dass es bei Jesus so war liegt daran, dass er kein moderner westlicher Mann war für den es selbstverständlich ist zu schreiben, sondern jemand, der aus einer Kultur des gesprochenen Wortes kam, die Geschriebenem grundsätzlich kritischer gegenüberstand als unsere Kultur.

Zu Jesu Zeiten wurden bereits seit Jahrhunderten Kommentare zum AT, Lebensregeln und Geschichten der Rabbinen vom Meister an den Schüler weiter gegeben. Das geschah alles mündlich, die erste Niederschrift fand erst 100-200 nach Christus statt. Dabei wurde sehr viel Wert darauf gelegt, dass die Schüler die Aussprüche ihrer Meister und älteres Material auch wirklich auswendig konnten. Ein Zitat über Schüler lautet:

„Ein guter Jünger“, so sagten die Rabbinen, „ist wie eine ausgekalkte Zisterne, die nicht einen Tropfen (von der Lehre ihres Meisters) verliert“.[1]

Wenn ein Lehrer aus gesundheitlichen Gründen etwas vergaß, musste er es von seinen Schülern wieder lernen (McDowell, 319). Auf diese Weise wurde Wissen über Jahrhunderte exakt weitergegeben. Heute sind wir skeptisch, wenn uns jemand nur etwas erzählt. Wir wollen wissen, wo es steht und am besten noch ein Video dazu sehen. Das liegt daran, dass wir in einer schriftgeprägten Kultur groß geworden sind in der es üblich ist, Geschichten beim Erzählen auszuschmücken, um sie interessanter zu machen. Gelten tut ja ohnehin nur die schriftlich niedergelegte Version. Für Juden war es genau umgekehrt, sie dachten sich, dass Papier geduldig ist und man einfacher etwas fälschen kann wenn man es schreibt, als wenn man jemandem beim Zitieren in die Augen sieht.

Jüdische Überlieferungen enthalten immer wieder Hilfen zum auswendig lernen oder sind poetisch geschrieben um das auswendig lernen zu erleichtern. Auch in der Übersetzung kann man das noch an den Psalmen sehen. Manche klingen auch auf deutsch noch poetisch und andere enthalten im ersten Vers eine Anmerkung zur Melodie auf die man sie singen konnte. Es ist leichter, einen Liedtext zu lernen als einen theoretischen Text.

Jesus lehrte offenbar ähnlich wie andere Rabbinen. Möglich, dass seine Predigten tatsächlich so kurz waren, wie sie uns beim Lesen erscheinen. Auch über die Evangelien hinaus sind in der Bibel und anderen Büchern Aussprüche Jesu, sogenannte Agraphen, erhalten. Im ersten Jahrhundert gab es noch viele solcher Sprüche, die jemand auswendig gelernt hatte und einige Kirchenhistoriker des ersten Jahrhunderts zogen durch die Gegend um sie zu sammeln. Eine Aufgabe der frühen Kirche war es, die echten von den falschen Aussprüchen Jesu, die man Pseudigraphen nennt, zu trennen.

Die Aussprüche Jesu zeigen, dass sich Jesus ähnlicher Stilmittel bediente wie andere Lehrer. F.F.Bruce, ein Bibelgelehrter, der sich viel mit den Schriften des Neuen Testamentes beschäftigt hat, bemerkte:

Werden die Aussprüche Jesu und die Geschichten über ihn in den Evangelien aus dem Griechischen ins Aramäische rückübertragen, „so kennzeichnet diese Reden ein regelmäßiger poetischer Stil, ja mitunter liegen sogar Reime vor“. (F.F.Bruce)[2]

Darüber hinaus benutze Jesus permanent rhetorische Mittel wie Vergleiche, Übertreibungen und Metaphern. Robert H. Stein hat sich um die Erforschung der Methoden, die Jesus beim Lehren verwandte, sehr verdient gemacht. In seinem Buch „The Method and Message of Jesus’ Teaching[3]“, das leider nur auf Englisch erhältlich ist, hat er die rhetorischen Mittel in den Lehren Jesu genau untersucht. Eine oberflächlichere Einführung gibt es auch in meinem Predigerseminar[4]. Im Anhang an dieses Kapitel gibt es noch einen kleinen Überblick über rhetorische Mittel die Jesus verwandt hat. Oft hilft es dabei die Aussage zu verstehen, wenn wir diese Mittel kennen.

Zudem benutzte Jesus meist Gleichnisse zum Lehren, in denen er sich auf alltägliche Dinge stützte. Er hatte keine logisch aufgebauten drei-Punkte-Predigten, sondern nutzte den Alltag seiner Zuhörer, um über Gottes Reich zu sprechen. Diese Bilder werden in den Köpfen und Herzen der Zuhörer geblieben sein und sie verstanden auf diese bildhafte Weise, was Jesus ihnen mitteilen wollte.

[1] Josh McDowell, Seite 29

[2] Josh McDowell, S. 464

[3] Robert H.Stein, Seiten 7-33

[4] Storch, Predigerseminar, Seiten 36-53

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