Die Lehre Jesu

Wie zu jedem christologischen Unterthema, könnte man auch über die Lehre Jesu sehr viel schreiben und sagen. Er hat über Ethik gelehrt, über Gebet, die Beziehung zu Gott, die Ehe, die Zukunft und über viele andere Themen. Es gibt allerdings ein Thema, dass aus allen anderen herausragt, weil Jesus darüber mehr gesagt hat als über jedes andere Thema: Gottes Reich.

Im Markusevangelium (1,15) beginnt Jesus seine öffentliche Tätigkeit mit der Verkündigung, dass Gottes Reich gekommen ist. Als Jesus seine Jünger ausgesandt hat, sollten sie Gottes Reich predigen (Markus 10,7 und Lukas 10,1). Paulus predigte Gottes Reich (Apostelgeschichte 28,31) und auch in den Briefen und der Offenbarung ist das Reich immer wieder Thema.

Gottes Reich ist ein sehr komplexes und vielschichtiges Thema. Es geht um eine Herrschaft, die teilweise schon sichtbar ist und teilweise erst durchbrechen wird, wenn wir im Himmel sind. Es ist ein Begriff, der teilweise sehr unterschiedlich in der Bibel verwendet wird und es lohnt sich, sich mit diesem Reich näher auseinander zu setzen. Dazu möchte ich bereits an dieser Stelle zwei Bücher empfehlen. Das erste ist eine ganz kleine und kurze Zusammenfassung des Themas von John Wimber. Es heißt „Einblicke ins Reich Gottes“ aus Wimbers Reihe „Nachfolge konkret“. Das andere ist wesentlich anspruchsvoller und tiefgehender; zudem leider nur auf englisch zu bekommen. Es ist von George Ladd und heißt „the gospel of the kingdom“. Nach seiner eigenen Aussage wurde John Wimber sehr stark von George Ladd geprägt, was seine Wahrnehmung und Theologie des Reiches angeht.

George Ladd beschreibt die theologische Komplexität des Reiches mit folgenden Worten:

Unser Problem kommt aus einer dreifachen Tatsache: (1) Einige Bibelstellen beziehen sich auf Gottes Reich als Gottes Herrschaft. (2) Einige Bibelstellen beziehen sich auf Gottes Reich als einen Bereich in den wir jetzt schon hinein können und in dem wir die Segnungen von Gottes Herrschaft erleben können. (3) Noch andere Stellen reden von Gottes Reich als von etwas zukünftigem, in das wir erst hinein können, wenn Jesus wieder gekommen ist und seine Herrschaft vollständig aufgerichtet hat. Somit hat Gottes Reich in verschiedenen Bibelversen drei unterschiedliche Bedeutungsvarianten.[1]

Gottes Reich ist durch den Tod und die Auferstehung Jesu bereits gekommen und wir können es erleben. Mit jeder Bekehrung, Heilung, Befreiung und Berührung durch den Heiligen Geist wird Gottes Reich in unserem Leben sichtbar. Aber erst nachdem Jesus wiedergekommen ist und Gericht gehalten hat, wird das Reich vollkommen da sein. Die beiden letzten Kapitel der Offenbarung zeigen uns, wie Gottes Reich in Vollkommenheit aussehen wird. Bis dahin leben wir in einer seltsamen Spannung: Wir haben das Reich bereits, aber noch nicht komplett. Die Spannung zwischen „schon jetzt“ und „noch nicht“ bestimmt ständig unser Leben als Christen in dieser Welt. Gottes Reich kommt jedes Mal wenn ein Gebet sich erfüllt und wir werden jedes Mal daran erinnert, dass es noch nicht komplett durchgebrochen ist, wenn wir beten ohne dass etwas passiert.

Man kann sich diese Spannung vorstellen wie einen Sonnenaufgang: es sind schon Sonnenstrahlen sichtbar und hin und wieder gibt es auch einen Fleck, der schon warm ist. Aber es ist noch lange bis zum Mittag.

Ich finde es allerdings noch korrekter, sich Gottes Reich als etwas vorzustellen, das uns bereits jetzt zur Verfügung steht und das sozusagen parallel zu unserer Welt besteht.

In dieser Darstellung ist Gottes Reich immer schon da, denn es gab ja schon immer Gottes Welt, in der er herrscht. In der Schöpfung scheinen beide Reiche miteinander verbunden zu sein: es gab keine Sünde, Gott und die Menschen lebten bis zum Sündenfall zusammen. Nach dem Fall trennten sich beide Reiche und Satan wurde der Gott dieser Welt (2.Korinther 4,4). Gottes Reich zeigte sich auch während des Alten Bundes immer wieder mal in den Propheten, war aber kein fester Bestandteil dieser Welt.

In Christus hat sich das komplett geändert, denn er kam um das Reich vorzustellen und brachte mit Gottes Reich eine konkurrierende Realität in diese Welt hinein. Sein ganzer Dienst und die Verkündigung des Reiches waren eine Kampfansage an dieses weltlich-satanische System. Durch die Auferstehung und die Ausgießung des Heiligen Geistes steht uns dieses Reich zur Verfügung. Wir sind Kinder dieses Reiches, auch wenn wir noch in der Welt leben. Es ist klar, dass wir nicht in allen Segnungen dieses Reiches leben weil wir ja auch in der Welt leben. Aber unser Auftrag ist derselbe den Jesus hatte: nämlich dieses Reich predigen und in diese Welt hineinbringen. So hat uns Jesus zu beten gelehrt: „Dein Reich komme, Dein Wille geschehe“ (Matthäus 6,10). Unsere Sehnsucht und unser Auftrag ist es, dieses Reich mehr und mehr kommen zu sehen.

Wir leben in einer seltsamen Zeit: wir haben zwei Könige. Der rechtmäßige König Jesus hat seine Herrschaft noch nicht komplett aufgerichtet und herrscht zunächst noch in den Menschen, die sich ihm unterordnen. Noch herrscht der Teufel, auch wenn seine Herrschaft bereits gebrochen ist, und es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis sie komplett vorbei sein wird.

John Wimber listet fünf Bereiche auf, in denen Jesus die Überlegenheit von Gottes Reich über das Reich dieser Welt gezeigt hat[2]:

  1. Dämonen: dadurch, dass Jesus ständig Dämonen austrieb wurde deutlich, dass Satan Gottes Reich nichts entgegenzusetzen hat.
  2. Krankheit: ungefähr 15% der Verse in den Evangelien handeln von Heilung. Damit hat Jesus die Realität eines Reiches ohne Krankheit gezeigt.
  3. Natur: die Beschreibung des Paradieses im ersten Buch Mose zeigt, dass gefährliche Naturphänomene erst nach dem Sündenfall auftraten. Indem er den Sturm gestillt hat, zeigte Jesus, dass es in Gottes ewigem Reich auch keine Naturkatastrophen mehr geben wird.
  4. Tod: Jesus holte Menschen vom Tod zurück und stand selbst wieder von den Toten auf. Gottes Reich ist stärker als der Tod.

Jesus war sich der Herrschaft Gottes und ihrer Überlegenheit über die Welt stets bewusst. Er lebte mit einer göttlichen Perspektive auf die Welt und das Leben. Um Gottes Reich ebenso in Vollmacht und Kraft zu bringen, müssen auch wir diese Perspektive haben. Wer stets mehr von der Welt beeindruckt ist als von Gottes Königreich, wird kaum erleben, was Jesus erlebt hat. Es gibt allerdings noch zwei bedeutende Schlüssel die erklären, warum Jesus Gottes Reich so effektiv verkündet hat.


[1] George Eldon Ladd, Seite 22. Übersetzung: Storch

[2] John Wimber, Seiten 22ff

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2 Kommentare

  1. sehr, sehr schöner post. Mir gefällt besonders die Zusammenfassung der 4 Punkte zur Überlegenheit von Gottes Reich über das Reich dieser Welt von Wimber. Danke storch für Deine Arbeit. Dein blog ist sooft Inspiration und immer ein gern gelesener Segen. 🙂

  2. Vielen Dank, masp! Gottes Segen.

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