04. März 2010 5
Sprüche I: Sprüche 1,1-7
Die Sprüche Salomos, des Sohns Davids, des Königs von Israel.
2 Sie lehren Weisheit und Unterweisung, verständige Worte zu verstehen,
3 Unterweisung anzunehmen, die verständig macht, Gerechtigkeit, Recht und Geradheit.
4 Einfältigen verleihen sie Klugheit, einem jungen Mann Wissen und Umsicht.
5 Der Weise hört und lernt dazu, und der Verständige erwirbt Kenntnisse,
6 so dass er Spruch und Anspielung versteht, die Worte der Weisen und ihre Rätsel.
7 Die Furcht des HERRN ist der Anfang der Erkenntnis, Toren verachten Weisheit und Unterweisung.
(Sprüche 1,1-7 nach der Zürcher)
Die Sprüche bilden, zusammen mit Prediger und Hiob, die Weisheitsliteratur des Alten Testamentes. Mir war das nie aufgefallen, bis ich es jetzt in einem Bibelkommentar las, instinktiv hätte ich immer nur die Sprüche als Weisheitsliteratur gezählt, weil sie sehr an die Aphorismen von Konfuzius und anderen geistlichen Lehrern erinnern. Aber es stimmt, auch Prediger und Hiob sind Weisheitsbücher. Interessant ist, dass Prediger das erste Buch der Bibel war, dass ich mit Begeisterung gelesen habe, Hiob das erste Buch war, das ich auf dem Blog durchgepostet habe und ich nun schon eine Weil darüber nachdenke, Sprüche als zweites Buch des AT komplett zu posten. Irgendetwas scheint mich an diesen drei Büchern anzuziehen.
Zur Verfasserschaft der Sprüche
Ich habe auch in anderen Büchern, die ich hier durchposte, die Verfasserfrage weitgehend außer acht gelassen. In der Theologie ist das eine wichtige Frage und sie führt bei den meisten Büchern zu Kontroversen, die manchmal länger sind als meine bescheidenen Auslegungen. Auch hier möchte ich nicht darauf eingehen, wer die Sprüche geschrieben hat. Sicher ist, dass Salomo nicht der einzige Autor war, denn später werden im Text noch andere (z.B. Argur) genannt. Ich könnte aber auch gut damit leben, wenn selbst die „Sprüche Salomos“ nicht alle von Salomo gesprochen wurden, sondern er sie entweder sammelte (wie die Brüder Grimm mit den deutschen Märchen) oder sie ihm später zugesprochen wurden (wie man auch heute viele fromme Zitate für die man keinen Urheber hat, einfach Luther zuschlägt).
Speziell in einem Buch wie den Sprüchen, das einen zeitlosen Weisheitsinhalt vermittelt, ist die Verfasserfrage ohnehin nebensächlich. Vieles in diesem Buch ist brandaktuell und es hätte auch erst gestern geschrieben sein können. Bei anderen Büchern ist der historische Zusammenhang wichtiger um den Text einordnen zu können.
Zum Zweck der Sprüche
Die Einleitung bringt den Zweck der Sprüche klar auf den Punkt: es geht darum Weisheit zu lernen. Weisheit ist mehr als bloßes Wissen, sie hat mit Lebenserfahrung und Lebensführung zu tun. Die Weisheit hilft zu leben, unabhängig von allem Wissen. Damit ist der Rahmen gesteckt, die Sprüche helfen Weisheit zu bekommen, die wiederum helfen wird, ein gutes Leben zu führen.
Wir haben es hier mit einem besonderen Lehrbuch zu tun, wie ich es an der Schule gern gehabt hätte. Bei allen Fertigkeiten, die man mir beibrachte, habe ich nicht gelernt zu leben. In den Sprüchen habe ich später einige gute Tipps gefunden, die mir im Zusammenleben mit anderen Menschen ebenso geholfen haben wie dabei mit mir selbst klar zu kommen. Deswegen empfiehlt es sich auch, die Sprüche aufmerksam und regelmäßig zu lesen. In manchen Bibelleseplänen liest man jede Tag in den Sprüchen und liest sie damit öfter als das Neue Testament. Von der theologischen Gewichtung her mag das falsch erscheinen. Vom Einfluss auf das Leben her ist es allerdings nachvollziehbar.
Um das Erlernen der Weisheit zu erleichtern sind die Sprüche was sie sind – Sprüche. Man kann die oft mit unseren Sprichwörtern vergleichen. Es sind kurze Aussagen, die man sich gut merken kann und sie so parat hat wenn man in einer Situation kommt in der man sie anwenden kann. Auch inhaltlich sind unsere Sprichwörter oft ähnlich, denn im Grunde sind auch sie Weisheitsliteratur. „Der Krug geht so oft zum Brunnen, bis der Henkel bricht“, „was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“ sind einfach zu lernende praktische Lebensweisheiten; kurze Sinnsprüche, die helfen das Leben zu leben.
Das führt direkt zum letzten Gedanken dazu: es reicht nicht, die Sprüche zu lesen, man muss sie leben. Weisheit ist keine Theorie, so wie es im Grunde überhaupt keine „Lebenstheorie“ geben kann, weil man nicht theoretisch leben kann. Gelebt wird praktisch und so erschließt sich die eigentlich Weisheit der Sprüche dem, der nach ihnen handelt. In einigen wenigen Ausnahmen wird man hinter den Ausspruch blicken müssen um ihn umsetzen zu können. Meist erschließt sich der Sinn allerdings (fast) auf den ersten Blick.
Ein wichtiger Ausdruck in der Theologie der Sprüche ist die „Furcht des Herrn“. Damit ist keine Angst vor Gott gemeint sondern eine Ehrfurcht, die uns das Leben nach Gottes Maßstäben leben lässt. Sie ist der wahre Anfang aller Weisheit. Das ist ein wichtiges theologisches Konzept, denn es besagt, dass Weisheit ihrem Ursprung nach göttlich ist. Manchmal wird sie in den Sprüchen sogar personifiziert und erscheint auch als Person „göttlich“. Das setzt die Weisheit der Sprüche in einen Kontrast zur menschlichen Weisheit der Sprichwörter oder zu einer philosophischen Weisheit wie sie z.B. Nietzsches „Aphorismen zur Lebensweisheit“ lehrt. Es ist der rote Faden, der sich durch die Bibel von der ersten bis zur letzten Seite durchzieht: Leben gelingt, wenn man es von Gott her versteht und lebt.
Der Aufbau der Sprüche
Eine Sammlung von Sprichwörtern lässt sich am besten nach ihren Autoren systematisieren. Da zudem die einzelnen Autoren wahrscheinlich auch für verschiedene Epochen stehen, ist dieses Einteilungssystem noch zusätzlich sinnvoll. Dann ergibt sich folgende Einteilung:
1) verschiedene Weisheitslehren (1,1-9,18). Darin ist auch die Einleitung enthalten, die das ganze Buch der Sprüche mit König Salomo in Verbindung bringt. Salomo war das Musterbeispiel eines weisen israelischen Königs (1.Könige 5,12-14), der auch über die Grenzen Israels hinaus für seine Weisheit bekannt war. Da er später bei zwei Spruchsammlungen ausdrücklich als Verfasser genannt wird, darf man wohl davon ausgehen, dass er in dieser ersten Sammlung nicht selbst der Autor war.
2) Sprüche Salomos I (10,1-22,16). Salomo wird als Verfasser gennant.
3) Worte der Weisen (22,17-24,34). Offenbar stammen diese Aussprüche von „Weisen“ die nicht namentlich bekannt sind, auch 24,23 nennt wieder die „Weisen“ als Urheber.
4) Sprüche Salomos II (25,1-29,27
5) Worte Agurs (30)
6) Worte der Mutter Lemuels (31,1-9). Interessant, dass hier auch eine Frau zu Wort kommt und einen Teil zur Bibel beiträgt.
7) Das Lob der Frau (31,10-31)
Martin Dreyer schrieb am
4. März 2010 um 14:10Wir haben die Stelle in der Volxbibel so übertragen:
Warum dieses Buch geschrieben wurde
1 Dieses Buch ist voll von schlauen Gedanken und Tipps, die Salomo hatte. Salomo war ein Sohn von David und lange Zeit der Präsident von Israel.
2 Diese Gedanken sollen uns kapieren helfen, wie es funktionieren kann, dass einer voll den Durchblick bekommt. Sie sollen zeigen, wie gute Tipps dabei helfen können, sein Leben besser im Griff zu haben.
3 Wenn man diesen Durchblick hat, ist es viel leichter, in den Kopf zu kriegen, was okay ist und was nicht. Korrekt und ehrlich sein, dabei soll dieses Buch helfen.
4 Auf die Art können auch Leute, die nicht so viel Grips im Hirn haben, schlauer werden. Und Jugendliche können ebenfalls dadurch eine Menge lernen, zum Beispiel auch, wie man entspannt lebt.
5 Wer auf die Art Peilung vom Leben hat, lernt auch immer mehr dazu. Wer das mal kapiert, ist immer heiß auf neue, gute Tipps und Ratschläge.
6 Zum Beispiel lernt er, abgefahrene und komplizierte Vergleiche zu verstehen. Wenn ein schlaues Kerlchen ihm ein Rätsel aufgibt, kann er es lösen.
7 Alles fängt damit an, dass man Respekt vor Gott hat. Nur absolute Schwachmaten haben keine Lust dazu, schlau zu werden und etwas Disziplin ins Leben zu bekommen.
tape schrieb am
4. März 2010 um 15:22Sehr gelungener Start in das Buch der Sprüche.
Vielen Dank. Hat Freude gemacht zu lesen und Lust auf mehr. In der Einführung zu den Sprüchen in der Schlachter 2000, las ich gerade, dass dieses Buch in Hebräisch: Mischle heißt, und dies Gleichnisreden bedeutet.
Evtl. ist dies ja auch eine gute Schule, die Gleichnisreden unseres Herrn besser verstehen zu lernen.
Und dies ist auch richtig: „“Nur absolute Schwachmaten haben keine Lust dazu.““ 🙂
storch schrieb am
4. März 2010 um 18:30auf jeden fall stand jesus in einer tradition des sprüche dichtens. darauf stieß ich erst vor ein paar monaten bei der arbeit an den christologie-predigten. auch wenn er nicht aus den sprüchen zitiert hat, zumindest wüsste ich keine sprüche-zitate in seinen predigten, haben sie abgefärbt.
ich möchte also meinen, dass eine beschäftigung mit den sprüchen nicht nur für das leben sondern auch für die lehre jesu nutzt.
mir bringen sie auf jeden fall auch hebräisches denken näher und jüdische didaktik – als jemand der über die sprüche schreibt finde ich besonders die methode des wiederholens anstrengend. ich musste mich immer wieder zusammenreissen, um den text wieder auf mich wirken zu lassen nachdem ich ihn in anderen formulierungen schon so oft gelesen hatte.
tobi schrieb am
5. März 2010 um 17:54hallo storch,
mir is da n kleines fehlerchen aufgefallen und zwar bei „was Hänschen gelernt hat, lernt Hans nimmermehr“. Das Sprichwort geht meines Wissens so: was Hänschen nicht gelernt hat,…
Macht so denkt ich auch mehr Sinn.
Gruß, der Tobi
storch schrieb am
5. März 2010 um 17:58du hast recht, danke! habe ich gleich geändert. ich habe den so gelernt: „was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“. sollte dazu sein, mich früher zum lernen zu motivieren. hatte leider wenig erfolg 🙁