10. Oktober 2006 4
Übersetzungen
Da lese ich meine Zugriffsstatitiken und sehe, dass eine Diskussion bei pray.de diesen Blog linkt. Wie so oft in christlichen Foren komme ich dabei nicht gut weg. Die Diskussion geht um lange Haare, Kerstin linkt mein Handout und die Polemik geht los. „Ein bisschen billig oder? Alles was einem nicht passt, ist ein Übersetzungsfehler.“, meint Daniel. Noch härter geht STryper Reloaded mit mir ins Gericht: „Übersetzungsfehler? Ja klar doch. Luther und Co sind alle doof nur der Storch nicht, denn der weiß es besser. Das kann man doch echt nicht ernstnehmen. “ Eieiei, dabei weise ich doch ausdrücklich hin, dass mein Vorschlag zur Übersetzung von 1.Korinther 11,14 nicht von mir ist sondern von Thomas Schirrmacher…
Wie auch immer, da solche Fragen ja gerne etwas lapidar abgehandelt werden schiebe ich hier eine kleine Theorie der Übersetzungskunst ein. Bei vielen, sehr vielen Stellen gibt es mehr als eine Möglichkeit einen Vers aus dem Griechischen ins Deutsche zu übersetzen. Wenn es mehrere Möglichkeiten gibt entscheidet letztlich nicht der Bibeltext über die Übersetzung sondern die Theologie des Übersetzers. Deshalb spiegeln verschiedene Übersetzungen immer auch verschiedene Theologien wider. Das ist an und für sich nicht schlimm, weil es ja gottlob viele Übersetzungen gibt und der Grundtext dank immer besserer Hilfsmittel auch dem interessierten Laien immer offener steht.
Ich denke, dass jeder, der sich ernsthaft mit Theologie auseinandersetzt an den Punkt kommt an dem er wissen will, warum so oder so übersetzt wird. Man entdeckt auf einmal Stellen, die im Widerspruch zur Resttheologie des NT stehen oder anderweitig irgendwie keinen Sinn ergeben. Für mich war dieser Punkt erreicht als ich herausfand, dass Paulus zur Zeit als er den 1.Korintherbrief schrieb unter dem Nasiräergelübde stand und selber lange Haare hatte. Wie konnte es sein, dass ein langhaariger schreibt, dass es eine Unehre ist, lange Haare zu haben? Noch schlimmer wird es wenn man etwa bei Eusebius liest, dass Jakobus wohl Dreadlocks bis zum Arsch hatte, zumindest schnitt er sich die Haare ebensowenig wie er sie wusch… Vermutlich sahen die Apostel insgesamt schon sehr seltsam aus für moderne Augen.
Wenn mir solche Inkonsistenzen auffallen, gehe ich systematisch in den griechischen Text, übersetze und sammele Hinweise bis ich mir sicher bin, was gemeint ist. Nicht selten kommen mir dabei alternative Übersetzungen besser vor als Mainstreamübersetzungen.
Es ist also alles andere als billig sondern eher ein Ringen um Wahrheit auf allen Ebenen. Dabei bemühe ich mich peinlichst darum nicht induktiv an das Wort heranzugehen. Ich will nicht meine langen Haare rechtfertigen sondern mein Leben dem Wort anpassen. In aller Regel bringt mich nicht meine Erfahrung in den Grundtext sondern das Wort selber.
Obwohl ich ja sonst eher ein Forenmuffel bin hätte ich den Artikel auch bei pray.de gepostet, aber da funzte was nicht. Egal.
tobuk schrieb am
11. Oktober 2006 um 16:28hei storch,
ich lese die beiträge auf deiner webseite jeden tag. ob sonntag oder werktag, ich verpasse eigentlich nie einen post von dir. sogar als ich 5 wochen in marokko war habe ich von zeit zu zeit hier vorbeigeschaut. ich denke zwar nicht, dass du dich von diesem „anpissen“ entmutigen lässt, trotzdem möchte ich dir sagen, dass mit langen oder kurzen haaren ich froh darum bin, dass ich hier immer wieder interessante diskusionen mitverfolgen kann!
„nume witer- u nid la abemache….“ gruz tobuk
storch schrieb am
11. Oktober 2006 um 21:48danke tobuk, aber keine sorge. kritik gehört zum geschäft, das ficht mich nicht an.
Harald schrieb am
12. Oktober 2006 um 13:54Der ‚… Reloaded‘ hat nur einen sehr kleinen Fanclub. Ersetzt auch gerne fehlende Sach-Argumente durch Grobheiten oder Polemik.
Artikel kann man sicher auch an einen Foren-Admin oder so mailen, die könnten dann die überalterte Lagerware (Gammel-Artikel?), die meist von 2003 stammen, durch frischere erstzen.
Grüße
Harald
Jana schrieb am
12. Oktober 2006 um 21:02„Wie so oft in christlichen Foren komme ich dabei nicht gut weg.“
Hallo Storch,
Ich gehör auch zu den Leuten, die hier oft in Deinem Blog rumstöbern und auch zu den Leuten, die sich oft und gern Deine Predigten runterladen und anhören 🙂 Und ich finde das total seltsam, daß die Leute Dich irgendwie ein bisschen negativ darstellen. Ein klein wenig lieblos ist das! Ich würde nie das als „billig“ bezeichnen, was Du sagst. Einfach weil ich weiß, daß Gott Dich und vor allem das, was Du sagst ja total benutzt! Mindestens um mich zu verändern und noch vieles andere mehr 🙂
Hiermit einfach mal ein Dankeschön dafür, daß man sich soviele Predigten auf jfrs.de runterladen kann 🙂
Und ein weiteres Dankeschön für diesen Blog hier 🙂
Grüße aus Berlin,
Jana