hier ist ein teil eines statements, das wir als JFI-Ä-Kreis zum thema „umgang mit Theologie“ rausgegeben haben. jesus freaks war nie eine bewegung der theologen und es war nie die gemeinsame doktrin, die uns geeint hat, sondern die liebe zu jesus und den menschen. dennoch gibt es zeiten, in denen die pluralität zu spannungen führt, was auch nicht verwundert, wenn man bedenkt, dass wir das komplette evangelische (frei und landeskirchliche) spektrum abdecken. da wir derzeit mehr (teilweise hitzige) theologische diskussionen als je zuvor, haben wir am samstag ein handout mit unserer meinung zu theologischen strömungen im allgemeinen herausgegeben.
das handout ist zudem die antwort auf die bitte eine spezielle bewegung (wort und geist) zu beurteilen. wir haben nach gebet und gespräch entschieden, dass wir keine bücher gegen andere bewegungen schreiben und auch nicht jesus freaks pauschal in eine bestimmte richtung stellen. das miteinander vieler denk- und glaubensweisen ist immer unsere stärke gewesen und so soll es bleiben. wie ich samstag nach einer kurzen programmatischen predigt gehört habe, ist das postmodern. keine ahnung.
(…)
1. Korinther 3 (nach der Einheitsübersetzung):
1Vor euch, Brüder, konnte ich aber nicht wie vor Geisterfüllten reden; ihr wart noch irdisch eingestellt, unmündige Kinder in Christus.
2 Milch gab ich euch zu trinken statt fester Speise; denn diese konntet ihr noch nicht vertragen. Ihr könnt es aber auch jetzt noch nicht;
3 denn ihr seid immer noch irdisch eingestellt. Oder seid ihr nicht irdisch eingestellt, handelt ihr nicht sehr menschlich, wenn Eifersucht und Streit unter euch herrschen?
4 Denn wenn einer sagt: Ich halte zu Paulus!, ein anderer: Ich zu Apollos!, seid ihr da nicht Menschen?
5 Was ist denn Apollos? Und was ist Paulus? Ihr seid durch sie zum Glauben gekommen. Sie sind also Diener, jeder, wie der Herr es ihm gegeben hat:
6 Ich habe gepflanzt, Apollos hat begossen, Gott aber ließ wachsen.
7 So ist weder der etwas, der pflanzt, noch der, der begießt, sondern nur Gott, der wachsen läßt.
(…)
9 Denn wir sind Gottes Mitarbeiter; ihr seid Gottes Ackerfeld, Gottes Bau.
(…)
21 Daher soll sich niemand eines Menschen rühmen. Denn alles gehört euch;
22 Paulus, Apollos, Kephas, Welt, Leben, Tod, Gegenwart und Zukunft: alles gehört euch;
23 ihr aber gehört Christus, und Christus gehört Gott.
Eine Frage der Einstellung
Paulus kann zu den Korinthern nicht wie zu weisen und reifen Christen reden. Der Grund dafür ist, dass sie „irdisch“ eingestellt sind. Diese Einstellung äußert sich darin, dass sie Spaltungen in ihrer Mitte zulassen. Dass die Korinther Christen sind, ist absolut offensichtlich, aber zumindest in diesem Punkt leben sie nicht wie welche, die ihr Leben Christus unterordnet haben, sondern sie schauen auf Menschen.
Das ist auch eigentlich das ganze Problem.
Es geht bei den Spaltungen in der Gemeinde offensichtlich um Theologie, denn die beiden Streitparteien berufen sich auf zwei prominente Prediger: Paulus und Apollos. Mit diesen Leuten gibt es kein Problem, beide sind Diener Gottes, keiner von ihnen ist ein Irrlehrer oder Verführer. Beide tun einen guten Job an und in der Gemeinde und werden am Ende ihren Lohn empfangen.
Das Problem ist, dass die Angehörigen der Streitparteien eigentlich die Basis der Gemeinde vergessen haben: Es geht nicht um Menschen, sondern um Christus. Paulus macht das am Ende des Abschnitts sehr deutlich: Ihr gehört Christus.
Das Problem ist eines, das Gott im NT immer wieder mal anprangert: dass Menschen bereit sind, den Blick von Jesus weg auf besonders gesalbte, gesegnete Menschen zu lenken und beginnen, „sich eines Menschen zu rühmen“. Das ist eine falsche Einstellung. Wir sollten alles aus Gottes Hand nehmen, was er uns gibt, denn letztlich kommt es auf Christus an, nicht auf Menschen.
Das ist ein bemerkenswerter Punkt. Bei Spaltungen aufgrund von unterschiedlichen theologischen Sichtweisen liegt das Problem in der Haltung der Leute, die sich spalten. Nicht in den Lehren der Prediger und Lehrer. Natürlich gibt es auch Situationen, bei denen Irrlehre im Spiel ist, und da liegen die Dinge anders. Aber so, wie es in Korinth und auch in einigen Streitigkeiten bei den Jesus Freaks ist, liegt das Problem in der Aufnahme der Lehre, nicht in der Lehre selbst.
Irgendwann habe ich mal gehört, dass die Jesus Freaks „Rosinenpicker“ wären, die sich von allem immer nur das Beste heraussuchen würden. Das war zwar negativ gemeint, ist es aber nicht. Im Grunde ist es eine Haltung, die Paulus uns als Christen nahelegt: alles gehört uns. Ohne Ausnahme, und wir sollten nicht so dumm sein, das eine gegen das andere auszuspielen, sondern alles dankbar annehmen, was uns Gott zu unserem Wachstum schenkt. Egal, ob es Helmut Bauer oder Hartwig Henkel ist oder Röhrnbach oder Vineyard.
Spaltung kommt nicht dadurch, dass man durch einen Prediger besonders gesegnet ist, sondern dadurch, dass man diesen Segen absolut setzt und gegen andere ausspielt. Es ist nichts Falsches dabei, mehr von Apollos als Prediger zu halten als von Paulus, irdisch wird es da, wo ein Fanclub gegründet wird.
Einheit kann nicht daher kommen, dass wir alle exakt dasselbe glauben, auf dieselbe Weise beten, bei denselben Liedern weinen und denselben Predigten lachen.
Einheit kommt aus einer geistlichen Haltung den Dingen gegenüber. Gemeinde kann nur eins sein im Hinwachsen aller Leute zu Jesus. Das bedeutet, dass es auf die Richtung unseres Lebens und unserer Gemeinde ankommt. Wer uns aktuell hilft, weiterzukommen und zu wachsen, ist zweitrangig. Paulus? Apollos? Helmut? Reinhard? Latte, Hauptsache, es geht nach vorne.
Hier liegt die Basis für eine gute biblische Pluralität. Natürlich betont Gott immer wieder mal in der einen oder anderen Gemeinde oder auch der gesamten Bewegung einseitig einzelne Wahrheitsaspekte besonders. Das darf aber nicht zu einem Ausspielen dieser Aspekte gegenüber anderen führen. Gott geht mit uns individuelle Wege. Die Hauptsache ist, dass wir zusammen auf dem Weg bleiben und unserem Ziel immer wieder ein Stück näher kommen.
Schwerter zu Pflugscharen
Beim WilloFreak 2005 gab es ein prophetisches Wort, das unsere Ausrichtung sehr schön beschreibt:
„Ich habe mich gefragt, warum ihr keine feste Lehrmeinung rausgebt und was das wohl bedeutet. Und dann hat Gott angefangen, darüber mit mir zu reden…
Zuerst hat Gott mir eine Pfeilspitze gezeigt und gesagt, dass diese Spitze das Ergebnis fester Lehrmeinungen wäre. Dann sah ich einen Spatenspitze, die war ebenfalls sehr scharf, aber halt richtig breit, und das war das Bild für die Bewegung (JFI), so mit dem breiten Spektrum an vorstehenden Lehrmeinungen. Gott hat ganz doll betont, dass es in eurer (Ä-Kreis) Entscheidung liegt, die Bewegung auch zu formen und ihr das Bild zu geben, für das ihr euch entscheidet!
Ich habe dann versucht, von Gott noch mehr über diese Bilder zu erfahren, weil es mich verwunderte, dass es so unterschiedliche Geräte waren. Also eine Kriegswaffe und ein Gerät für den Ackerbau, habe aber nur noch die Geräte im „Einsatz“ gesehen, also wie der Speer hoch durch die Luft flog, und wie der Spaten in die Erde reingestampft wurde, und voll mit Erde und Schlamm wieder raus kam.“
Bei der Interpretation dieses Eindrucks hatten wir keine Mühe. Sehr klar kommt heraus, dass Gott uns Jesus Freaks vor die Wahl stellt, ob wir uns in eine denominationelle punktgenaue Nische begeben oder Paulus folgend der gesamten Bandbreite geistlicher Erkenntnis gerecht werden wollen. Interessant ist die Unterschiedlichkeit der Geräte, eine Kriegswaffe und ein Werkzeug. Ein Spaten bewegt weitaus mehr Material als ein Speer. Theologie kann zur Waffe werden, aber sie kann auch eine Gesellschaft flächendeckend umwälzen.
Die Jesus Freaks haben den Ruf, Fischer zu sein und keine Theologen. Mit breiten Netzen werden wir Menschen auf unterschiedlichsten Erfahrungs- und Erkenntnisstufen antreffen. Allein die Vielfalt an Zugängen zu Gott, die wir selbst repräsentieren, lässt erahnen, wie viel (oder besser wie wenig) Stückwerk an Erkenntnis jeder Einzelne von uns beanspruchen kann.
Die Theologie, auf die es uns ankommt und auf deren Basis JFI steht, ist unser Glaubensbekenntnis. Daneben lassen wir eine grosse Breite an Schriftverständnis zu. Wir glauben, dass Gott unsere Bewegung prägen will, aber nicht durch Ausgrenzung theologischer Ansichten, sondern dadurch, dass immer wieder Aspekte seines Wortes gepredigt werden, die uns wichtig sind. So ist es sicher möglich, bei den Jesus Freaks anzufangen und nicht an Geistesgaben zu glauben, aber es wird nicht lange dauern, bis Gott seinen Geist offenbart. Oder man kann denken, dass Frauen nicht predigen dürfen, aber diese Ansicht wird schnell verschwinden, wenn man in Gottes Strom ist.
Die Prophetie enthält aber nicht nur eine Erklärung, sondern auch eine Aufforderung: bitte benutze Deine Erkenntnis nicht als Waffe gegen andere. Es reicht, zu predigen und zu beten.
In diesem Sinne: Schwerter zu Pflugscharen (micha 4,3), damit wir gemeinsam Gottes Acker bebauen können!
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