26. Januar 2006 11
vergebend leben
Und in seinem Zorn übergab ihn der Herr den Folterknechten, bis er die ganze Schuld bezahlt habe. Ebenso wird mein himmlischer Vater jeden von euch behandeln, der seinem Bruder nicht von ganzem Herzen vergibt. (Matthäus 18,34-35 nach der Einheitsübersetzung)
in der letzten zeit mache ich eine beobachtung: es gibt nichts, was mich mehr von jesus und einem leben auf gott zu abhält als zorn. für die meisten von uns zählt zorn ja nicht zu den besonders schlimmen sünden, eher so etwas wie ein kavalliersdelikt. ich merke, dass es bei mir anders ist. wenn ich mich über jemanden oder etwas richtig ärgere, dann ist die leitung zu gott dicht.
ich will nicht mal sagen, dass das geistlich so ist. jesus hat eine tür vor uns geöffnet, die niemand mehr schliessen kann:“(Offenbarung 3,8)“:, aber zorn wendet unsere aufmerksamkeit von der tür weg auf die welt. unvergebenheit ist nur die unendliche verlängerung dieses zorns: solange nicht vergebung von herzen da ist, wird immer wieder die wut in uns hochkochen und den blick von jesus abwenden.
ein leben in der hand der folterknechte ist ein leben in dem der zorn regiert. wer einmal solche gefühle hatte, weiss, wovon ich rede. irgendjemand sagte einmal: „unvergebenheit ist wie gift trinken und erwarten, dass der andere daran stirbt.“ das stimmt. während wir in gedanken immer wieder durchspielen, was wir hätten sagen können und gerne noch sagen würden; was wir gerne mit jemandem täten usw; stirbt unsere seele – der andere nimmt davon keine notiz.
so bin ich davon überzeugt, dass die folterknechte einen seelischen job, keinen geistlichen. hier geht es nicht um hölle und den verlust des heils. gleichwohl verlieren wir geistlich vieles: unseren frieden, den kontakt zum heiligen geist, den blick über die welt hinaus usw. unvergebenheit bringt uns tatsächlich um unser erbe in christus – zumindest in dieser welt. die herausforderung ist es, in einer welt in der wir immer wieder verletzt werden, mit den verletzungen so umzugehen, dass sie nicht den blick auf jesus verstellen.
aber das wäre ein anderes thema….
Liebe Brüder, wir wollen einander lieben; denn die Liebe ist aus Gott, und jeder, der liebt, stammt von Gott und erkennt Gott. Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt; denn Gott ist die Liebe. ( 1.Johannes 4,7-8 nach der Einheitsübersetzung)
6 Kommentare
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[…] michas kommentar zu “vergebend leben” hat mich zum nachdenken gebracht. welche hermeneutischen schlüssel verwende ich eigentlich, um die schrift aufzuschliessen? jeder versteht die bibel ja aus einem bestimmten blickwinkel und es gibt “grunderkenntnisse”, die so wichtig werden, dass ein grossteil der bibel sich durch sie erschliesst. es wäre ein interessantes forschungsthema, solche hermeneutischen schlüssel zu sammeln… […]
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[…] Ich finds ganz cool, dass Storch heute schon was zu dem Thema geschrieben hat und verweise hiermit freudig auf seinen Eintrag: vergebend leben. Mich hat das Thema beschäftigt, weil ich gestern von jemandem gehört habe, er beginnt sofort in kritischen Situationen (also wenn ihn jemand auflaufen lässt, ihm eins reinwürgt… halt mies zu ihm is), mit Jesus dadrüber zu reden, noch während er sich mit der Person unterhält. Das hat mich ziemlich umgehauen, denn davon bin ich weit entfernt. Ich hab’ das Anfang des Jahres exakt einmal geschafft. Und dann war’s wieder wie immer. Naja, ich hab Jesus gebeten, mir das beizubringen. Das ist echt cool. Also, die momentane Realität schaut so aus: Jemand würgt mir eins rein, ich denk mir sowas wie “locker bleiben, weiter lieb sein”(*) und irgendwann später am Tag holt es mich ein. Wenn ich dann immer noch nicht kapier, dass Vergebung dran ist, wirds echt gefährlich, denn dann entsteht sauleicht ne Bitterkeit. Ich hab vorgestern mit meiner Lieblingsheike dadrüber geredet und sie hat was cooles gesagt: Bitterkeit gegenüber einer Person merkt man daran, dass man nicht mehr frei und gern für denjenigen beten kann. Wow, da musste ich schlucken. Das geht mir nämlich tatsächlich mit jemandem so. Und wenn das ne Weile so ist, ist es auch (glaub ich) ein längerer Prozess, bis das Herz wieder weich wird der Person gegenüber. Wenn man gleich vergibt, kommt sowas gar nicht erst auf. Und, ähm, bevor ich weiter müdigkeitsbedingt leere Worte schreib, lest einfach nochmal das vom Storch. Das ist nämlich echt gut. […]
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[…] kommentar zu “vergebend leben” hat mich zum nachdenken gebracht. welche hermeneutischen […]
Kerstin schrieb am
26. Januar 2006 um 12:02cool. das thema hatte ich für heute auch drauf, werd wohl irgendwann noch was dazu schreiben. seems to be forgiveness-day. 😉
storch schrieb am
26. Januar 2006 um 12:28würde mich freuen, von dir darüber zu lesen. sag einfach mal bescheid, wenn du was in der richtung gepostet hast.
andi schrieb am
26. Januar 2006 um 17:41moinsen,
spannend an der ganzen sache ist, dass selbst die psychologie das thema für sich entdeckt hat.
davon ausgehend, dass gott jeden menschen geschaffen hat und eben deswegen jeder mensch sein ebenbild ist, ist die problemlösung des nichtchristen, solte sie efrfektiv sein, dieselbe wie die des christen und am ende steht immer vergebung. lese gerade das buch von michael dietrich : handbuch psychologie und seelsorge, welches dies ein wenig besser beschreibt, als ich dies könnte.
trotzalledem ist in der neueren therapieform besonders bei ptbs und emotionale instabiler persönlichkeitstörrung das letztendliche ziel der therapie die vergebung, versus : keine vergebung keine heilung.
diese erkenntnis liess mich mal auf einem trauma seminar von traumapapst Dip. Psych Dr. Becker zu dem kommentar hinreissen: toll, dass die moderne psychologie dinge erkennt, die die bibel schon seit 6000 jahren weis. wäre beinahe rausgeflogen ( psychiater sind meist hummanisten ).
o.k. ich verlasse meinen exkurs. aber, wenn dem doch so ist und die psychologie empirisch bewiessen hat, dass vergebung heilung bedeutet wieso fällt es mir dann im alltag so schwer, zu vergeben ? und bei mir geht es ja um weniger schwere dinge als trauma… ?
vielleicht das problem über den eigenen schatten zu springen… ?
bender schrieb am
26. Januar 2006 um 18:11oha.. yo, das kenn ich .. mir reicht das schon bei meinen tagträumereien manchmal mir irgendwelche düsteren szenarien vorzustellen was wie schlecht laufen könnte und dann voll den hals zu bekommen und dann zu merken dass ich echt mies drauf bin und nicht so jesusmässig am start… und stimmt schon… auch wenn man einen echten grund zum zorn hat… oft bekommt der andere es gar nicht mit… hab das auch für mich immer so überlegt, wenn mich was an anderen ärgert oder so.. entweder sagen und drüber reden oder wenn’s nicht so wichtig ist einfach vergessen und nicht damit belasten… klappt leider auch nicht immer weil ich auch viel runterschlucke.. naja…
Micha/JF Chemnitz schrieb am
26. Januar 2006 um 22:34danke für den exeget. Ansatz..
war bisher immer der Meinung, dass es hier um die Hölle geht..
„Folterknechte der Seele“ is irgendwie sinnvoller..
faszinierend finde ich, dass man manchmal einfach „eingeschnappt sein will„. Eigentlich ziemlich unlogisch und doof so ein Verhalten..
storch schrieb am
27. Januar 2006 um 10:13zum exegetischen ansatz: es gibt ja einen ganzen haufen stellen im NT, wo die auslegung unsicher ist. bezüglich der frage nach ewigkeit oder zeitlichkeit lege ich nach dem heil aus, das scheint mir korrekt zu sein. ich gehe davon aus, dass es nur eines gibt, was dem menschen heil bringt: glauben an jesus christus. also ist der umkehrschluss, dass es nur eines gibt, was in die hölle bringt: gottes rettungsangebot ablehnen. niemand wird wegen seiner sünde verdammt. konsequent zuende gedaht bedeutet es, dass sünde keine macht hat einen menschen in die hölle zu bringen. sie hat nur die macht, ihn gegen gottes geist zu verhärten.
damit fällt die ganze unsinnige theologie dass christen dann doch nicht in den himmel kommen weil sie eine bestimmte sünde nicht mehr bekennen konnten.