27. April 2011 0
Nachfolge 40
Die Gemeinde der Heiligen ist nicht die „ideale“ Gemeinde der Sündlosen und Vollkommenen. Es ist nicht die Gemeinde der Reinen, die dem Sünder keinen Raum zur Buße mehr gibt. Sie ist vielmehr gerade die Gemeinde, die sich des Evangeliums von der Sündenvergebung würdig erweist, indem hier wahrhaftig Gottes Vergebung verkündigt wird, die nichts mehr mit Selbstvergebung zu schaffen hat; die Gemeinde derer, denen wahrhaftig Gottes teure Gnade widerfahren ist, und die darin des Evangeliums würdig wandeln, dass sie nicht verschleudern und wegwerfen.
Damit ist gesagt, dass in der Gemeinde der Heiligen Vergebung nur gepredigt werden kann, wo auch Buße gepredigt wird, wo das Evangelium nicht ohne Gesetzespredigt bleibt, wo die Sünden nicht nur und nicht bedingungslos vergeben, sondern auch behalten werden. (…)
Eine Gemeinde die nicht Sünde Sünde nennt, kann auch keinen Glauben finden wo sie Sünde vergeben will. (Seite 286)
Bonhoeffer spricht hier von dem doppelten Schlüssel, Sünden zu vergeben und Sünde zu behalten (vgl. Johannes 20,23). Interessanterweise gehört für ihn beides zusammen. Man kann nicht das eine ohne das andere ausüben. Ich selbst habe keine Klarheit über diese Stelle. Ich denke eher, dass wir vielleicht jemandem nicht vergeben können, dass wir es aber immer sollten. Leider geht Bonhoeffer nicht genug darauf ein, wie es praktisch aussieht, dass ich mir wirklich etwas darunter vorstellen kann. Vermutlich geht es in die Richtung, dass wir keine Vergebung ohne Buße aussprechen sollten.
In diesem Sinne wäre es etwas anderes ob man den Umgang des Einzelnen mit Sünde bedenkt oder den der Gemeinde. Wo der Einzelne immer vergeben soll ist es für die Gemeinde möglicherweise falsch, Vergebung aus- oder zuzusprechen wenn keine Buße stattgefunden hat. Seltsamerweise habe ich viele Aussagen des Neuen Testamentes noch nicht tiefgehend für die Gemeinde bedacht und ausgelegt.
Wichtig ist, dass die Gemeinde keine Idealgemeinschaft aus perfekten Christen ist sondern eine reale, tatsächliche Gemeinschaft von Menschen die mit all ihren Stärken und Schwächen Jesus nachfolgen. So ist Gemeinde keine Gemeinschaft von Superheiligen sondern von Christen die aus der Vergebung ihres Herrn leben. Man erweist sich des Evangeliums nicht dadurch würdig, dass man nicht sündigt, sondern dass man gut mit der Gnade umgeht, als etwas Kostbarem, das unseren Gott alles gekostet hat und das deshalb als etwas Wertvolles behandelt werden muss. Immer wieder dieser Gedanke: Was Gott alles gekostet hat, darf uns nicht billig werden.
Zur Vergebung gehört so auch die Predigt über Sünde. Man beginnt die Gnade zu verschleudern wenn man Sünde nicht mehr beim Namen nennt. Wir sollten unsere Scheu überwinden und über Sünde predigen, denn nur dann erhält auch die Gnadenpredigt ihren vollen Sinn.
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