28. November 2010 0

Nachfolge 2

Am Anfang der Gnade steht bei Bonhoeffer die Abkehr vom Alten. Das findet er überall in den Evangelien:

Teure Gnade ist der verborgene Schatz im Acker, um dessentwillen der Mensch hingeht und alles verkauft, was er hatte; die köstliche Perle, für deren Preis der Kaufmann all seine Güter hingibt; die Königsherrschaft Christi, um derentwillen sich der Mensch das Auge ausreißt, das ihn ärgert, der Ruf Jesu Christi, auf den hin der Jünger seine Netze verlässt und nachfolgt.

(…)

Teuer ist die Gnade vor allem darum, weil sie Gott teuer gewesen ist, weil sie Gott das leben seines Sohnes gekostet hat – „ihr seid teuer erkauft“ – und weil uns nicht billig sein kann, was Gott teuer ist.1

Niemand der Gott liebt wird etwas billig behandeln, was ihn alles gekostet hat. Es ist in Ordnung, ja lebenswichtig, alles für den zu geben, der alles für uns gab.

Unser Problem ist, dass wir uns so sehr an die billige Gnade gewöhnt haben, die uns nichts kostet, dass wir kein Gefühl mehr dafür haben, dass etwas Altes sterben muss damit ein neues kommt. Oder dass etwas verlassen werden muss wenn man etwas Anderes erreichen will. Vor dem Leben steht der Tod. Darüber redet die christliche Taufe.
Bonhoeffer findet bei Paulus den Ruf in die Nachfolge in der Taufe. Sie ist das Trennende, in ihr geben wir das alte Leben in den Tod um in einem neuen Leben aufzuerstehen. Für mich als Freikirchler stellt das eine Art theologisches Allgemeingut dar. Wie muss das für den evangelischen Pfarrer Dietrich Bonhoeffer gewesen sein? Seine Kirche tauft Kinder, die damit garantiert nicht den Jüngerschaftsvertrag Jesu unterschreiben. Auch wenn ich bisher nicht gelesen habe, dass Bonhoeffer gegen die Kindertaufe war, so war er doch gewiss gegen das ritualisierte Zusprechen der Vergebung – dass jemand in der Welt lebt und sich dann Sonntags in der Kirche wieder der Vergebung seiner Sünden vergewissern lässt.
Historisch war die Taufe der trennende Schritt zur jüdischen Ursprungskultur. Wer sich taufen ließ machte öffentlich klar, zu etwas anderem zu gehören. Ein Schritt, der vermutlich gesellschaftliche Konsequenzen mit sich brachte. Das war die teure Gnade: Sich zu Christus zu bekennen auch wenn es nicht einfach war. Demgegenüber lebten die Juden die heimlich Christen wurden, ihren neuen Glauben aber aus Angst vor den Pharisäern geheim hielten, eine billige Gnade. Sie gingen nicht den ganzen Weg und lebten nicht as Jünger.
Es ist erschreckend wie leicht es heute geworden ist den halben Weg zu gehen und zwar das Heil zu haben aber nicht als Jünger zu leben. Laut Bonhoeffer hat das mit der Anerkennung des Christentums zu tun, die uns viel gekostet hat:

Mit der Ausbreitung des Christentums und der zunehmenden Verweltlichung der Kirche ging die Erkenntnis der teuren Gnade allmählich verloren. Die Welt war christianisiert, die Gnade war Allgemeingut einer christlichen Welt geworden. Sie war billig zu haben.2

Der Gedanke erinnert mich stark an Jack Deere, der in „überrascht von der Stimme Gottes“ zu der Analyse gelangt, dass Erweckung und Verfolgung Hand in Hand gehen und Gottes Wirken immer in Zeiten der Unterdrückung am stärksten ist. Vielleicht liegt es daran, dass in solchen Zeiten Gnade nicht billig zu haben ist sondern Nachfolge automatisch teuer wird. Die Kirche übersteht schwere Zeiten nur wenn sie eine entsprechende Substanz hat.

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  1. Bonhoeffer, Dietrich; Kuske, Martin (2002): Nachfolge. 1. Aufl. der Taschenbuchausg. Gütersloh: Gütersloher Verl.-Haus (Gütersloher Taschenbücher, 455), S. 31 []
  2. Bonhoeffer, Dietrich; Kuske, Martin (2002): Nachfolge. 1. Aufl. der Taschenbuchausg. Gütersloh: Gütersloher Verl.-Haus (Gütersloher Taschenbücher, 455), S. 32 []

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