04. November 2010 1
Calvin und Inspiration
Vor einiger Zeit habe ich einige Gedanken zur Inspiration der heiligen Schrift gepostet. U.a. ging es auch darum, dass ich von einer doppelten Inspiration ausgehe: Gott hat die Schrift selbst, bzw. deren Autoren in einer Weise zu ihrem Werk inspiriert, die ich nicht fassen kann, inspiriert dann aber auch den Leser. Geschieht diese zweite Inspiration nicht, ist die erste „wertlos“; die Bibel ist dann zwar immer noch in einem Sinne Gottes Wort, sie wird aber nicht als solches wahrgenommen und gelesen.
Nach dem Eintrag kommentierte jemand bei FaceBook, dass dieser Gedanke sich auch bei Karl Barth findet. Nun habe ich noch früher, bei Calvin, etwas ähnliches gefunden. Leider habe ich nur ein kurzes Stück von Calvin gefunden, so dass ich nicht ganz sicher bin ob ich ihn recht verstehe. Was ich da lese, geht jedenfalls sehr in diese Richtung.
„Weil die gottlosen Menschen meinen, die Religion bestehe auf Menschengedanken, so wünschen und verlangen sie, um den Schein törichter Leichtgläubigkeit zu meiden, vernünftige Beweise dafür, daß Mose und die Propheten in Gottes Auftrag geredet haben. Ich aber entgegne: das Zeugnis des Heiligen Geistes ist besser als alle Beweise.
Denn wie Gott selbst in seinem Wort der einzige vollgültige Zeuge von sich selber ist, so wird auch dies Wort nicht eher im Menschenherzen Glauben finden, als bis es vom inneren Zeugnis des Heiligen Geistes versiegelt worden ist. Denn derselbe Geist, der durch den Mund der Propheten gesprochen hat, der muß in unser Herz dringen, um uns die Gewißheit zu schenken, daß sie treulich verkündet haben, was ihnen von Gott aufgetragen war“ (Inst. 1,7,4).
Es ist interessant, dass Calvin etwas so Subjektives wie „das Zeugnis des Geistes“ als Argument für die Autorität der Bibel nimmt. Das erscheint philosophisch gewagt, ist aber meiner Einschätzung nach richtig; in einer kritischen Diskussion wird es sich allerdings nicht als überzeugend erweisen.
Ein ebenso interessanter Nebenaspekt ist, dass es offenbar zu Calvins Zeiten, also zur Reformation, bereits Leute gab, die gar nicht an den göttlichen Ursprung der Schrift glaubten und Beweise dafür verlangten, dass sie Gottes Wort sei. Man darf sich die heutigen Debatten zwischen Christen und Nichtchristen nicht schwieriger vorstellen als vor einigen hundert Jahren – die Fragen haben sich vermutlich nicht mal wesentlich geändert.
rc42f2 schrieb am
4. November 2010 um 09:26Ich finde, das man die Aussagen Calvins (zumindest die, die man ihm zuschreibt) sehr vorsichtig mit umgehen sollte. Nicht das ich sie für falsch halte, allerdings sind seine Aussagen in der Regel so komplex und miteinander verbunden, das es oft sehr unglücklich ist dort einen Punkt heraus zu nehmen und diesen einzeln zu betrachten.
Eine der zentralen Ausagen Calvins ist, das niemand Gottes Wort verstehen kann, es sei denn der Geist Gottes erklärt sie ihm. Daraus leitet Calvin aber auch „seine“ Lehre der Vorherbestimmung ab. Und an dieser Stelle wird es dann schwierig.
Ich persönlich bin zu dem Punkt gekommen, das es für mich nicht immer gut ist Gottes Handeln verstehen zu wollen, sondern das es für mich besser ist Gottes Handeln im Vertrauen auf Gott als gut anzuerkennen.