Eine ganze Vorlesung, die neunte, ist dem Glauben gewidmet. Das ist fast zu kurz gegriffen, denn Glaube sollte für den Theologen eine Grundtatsache des Lebens sein und als solche würde der Glaube auch eine längere Beschäftigung rechtfertigen. Natürlich ist das in der Kürze einer Einführung in die evangelische Theologie nicht möglich. Beim Lesen frage ich mich, ob Barth mit meiner Einschätzung glücklich wäre, dass ich seine Herangehensweise an die Theologie sehr philosophisch finde. Er argumentiert nicht immer vom Wort her sondern vom Denken über das Wort. Einerseits mag ich das, weil es dem Glauben eine neue Perspektive gibt. Andererseits baut es eher das Denken auf als den inneren Menschen. Ist Barth vielleicht in eine Falle getappt, vor der er selbst gewarnt hat, und hat seine Theologie von den philosophischen Strömungen seiner Zeit in die Verpflichtung nehmen lassen?

Wie auch immer, hier ist ein schönes Zitat über den Glauben:

[…] der Glaube [ist] gerade kein Wagnis wie etwa das, das der Satan dem Herrn auf der Zinne des Tempels zugemutet hat, sondern ein tapferes, aber auch nüchternes Ergreifen einer festen und gewissen Verheissung.1

Wenige Seiten vorher erklärt Barth auch, woraus die Gewissheit dieses Glaubens folgt:

Der christliche Glaube ereignet sich in der Begegnung und so in der Gemeinschaft des Glaubenden mit dem, an den er glaubt […]. (Barth, Karl (1985): Einführung in die evangelische Theologie. 3. Aufl. Zürich: Theolog. Verl, S. 110))

Dieser Aspekt der Gottesbegegnung erscheint manchem Außenstehenden als subjektiv und sicherlich hat die Gottesbegegnung auch subjektive Züge. Dennoch weiß jeder, der Gott begegnet ist, dass er sein Leben darauf bauen kann.
Für mich ist die Bezeichnung „der Glaubende“ etwas fremd. Ich sage meist „der Gläubige“. Eigentlich finde ich aber Barths Terminologie an dem Punkt besser, denn sie zeigt, dass Glaube eine Aktion ist und keine Eigenschaft – recht eigentlich kann man nur glauben, nicht aber „gläubig sein“. Schweren Herzens werde ich aber wohl bei meiner alten Sprachreglung bleiben, weil Barths Formulierung allzu altbacken und umständlich für moderne Ohren klingt.

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  1. Barth, Karl (1985): Einführung in die evangelische Theologie. 3. Aufl. Zürich: Theolog. Verl, S. 115 []

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