„Das Geld liegt auf der Straße“, sagt man und meint es nicht unbedingt wörtlich. Man findet Gutes an den unmöglichsten Orten, soll es wohl heissen. Mir ist das im Urlaub so gegangen. Ich habe einen Roman gelesen, was ich nicht besonders häufig tue. Da aber mein russischer Lieblingsautor, Boris Akunin, einen neuen Roman seiner grandiosen „Fandorin ermittelt“-Reihe herausgebracht hat, habe ich das Buch mitgenommen und mit Freude gelesen.
Dabei bin ich auf ein Stück Weisheit gestoßen mit dem ich nicht gerechnet hätte. Manchmal liegt das Geld wirklich auf der Strasse und man begegnet an den ungewöhnlichsten Orten großem Reichtum. Ich zitiere einfach mal einen kurzen Monolog, den ich nur allzu sehr unterschreiben kann. Ich denke, der gute Stil Akunins kommt rüber, aber mir geht es mehr um den entlarvenden Inhalt.

„Wissen Sie, ich habe ein ganzes Leben gebraucht, um mich von der Richtigeit banaler Weisheiten zu überzeugen“, sagte Miss Palmer, als sie Molly Flame verlassen hatten und rasch die Straße entlangliefen, um den letzten Zug zu schaffen. „Von frühester Kindheit an werden wir löffelweise mit der gesamten Weisheit der Menschheit gefüttert. Jeden Tag hören wir: ‚stille Wasser sind tief‘, ‚die Hoffnung stirbt zuletzt‘, ‚jede schwarze Wolke hat ein silbernes Futter‘ und Ähnliches, aber das sind Perlen vor die Säue. Solange Du nicht selbst über den Stein stolperst, über den vor dir bereits Millionen andere gefallen sind, begreifst und lernst du nichts. Doch wenn du dann deine eigene Erfahrung gemacht hast, möchtest du es in alle Welt hinausposaunen: ‚He, Leute! Hört alle her! Wisst ihr schon, dass man den wahren Freund in der Not erkennt? Das habe ich soeben entdeckt!‘ Oder: ‚Ach, wie verkehrt ihr alle lebt! Ihr solltet wissen: Es ist nicht alles Gold was glänzt‘. Aber das Geschrei ist sinnlos, man wird nur heiser davon.[…]“1

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  1. Akunin, Boris (2009): Das Halsband des Leoparden. Berlin: Aufbau-Taschenbuch-Verl, S. 37 []

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