5 Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht sein wie die Heuchler; denn sie beten gern in den Synagogen und an den Straßenecken, um von den Leuten bemerkt zu werden. Wahrlich, ich sage euch, sie haben ihren Lohn dahin.
6 Du aber, wenn du betest, geh in dein Kämmerlein und schließ deine Türe zu und bete zu deinem Vater im Verborgenen; und dein Vater, der ins Verborgene sieht, wird es dir vergelten öffentlich. (Matthäus 6,5-6)

Obwohl er das sagte, betete Jesus selber öffentlich (z.B. in Matthäus 14,19/26,26) und einige seiner Gebete sind sogar aufgeschrieben und in der Bibel überliefert worden. Ein Teil unseres Gebetslebens ist immer öffentlich. Das kann z.B. im Gottesdienst sein, oder dass Du als Evangelist ein Übergabegebet vorsprichst.
Das Problem war, dass die Pharisäer, an die sich Jesus hier wendete, nur beteten, spendeten oder anbeteten um von den Menschen gelobt zu werden. Ihr geistliches Leben war nur dazu da andere zu beeindrucken. Es ging gar nicht mehr um Gott, sondern um Menschen, darum gesehen zu werden und anderen zu zeigen, wie fromm und heilig man doch ist.
Echtes Gebet ist frei von dem Wunsch zu brillieren. Man will sich nicht darstellen sondern mit Gott reden.
Der springende Punkt am beten an „Straßenecken und in Synagogen“ ist, für Menschen zu beten und sich nicht mehr auf Gott zu konzentrieren. Das kann einem sogar passieren, wenn man allein ist. Auch wenn niemand bei uns ist kann es uns passieren, dass wir nicht für Gott sondern für Publikum beten. Man kann auch beten um sich selbst zu beeindrucken.
Manchmal ertappe ich mich dabei, wie ich beim beten möglichst fromm klingen möchte und mehr eine Show abziehe, als mit Gott zu sprechen. Im Gebet fliesst das Herz über zu Gott. Da ist zunächst einmal kein Platz für wohlformulierte Worte und Sätze. Wenn meine Freunde nur noch extrem gewählt mit mir sprechen und mich in perfekten fünfhebigen Jamben gereimt fragen ob ich ihnen einen Hammer leihen kann würde ich mich wundern. Wenn das mal vorkommt lacht man darüber aber mit der Zeit würde es wohl jeden stören, wenn der Umgang immer so gekünstelt ist.
So ist es auch mit dem beten. Beten ist keine Kunstform, sondern ein Reden mit Gott. Liebe stammelt, Not drängt, aber sie dichtet nicht! Spätestens wenn wir anfangen unsere Gebete mit denen anderer zu vergleichen haben wir uns auf die Strasse begeben.
Das stille Kämmerlein steht auch für die Abgeschiedenheit mit Gott. Es ist ein Ort, an dem uns keiner zuhört und kritisiert, an dem wir so beten können wie wir wollen und uns fühlen. Es ist ein Ort höchster Intimität mit Gott an dem wir uns fallen lassen können. Dieses stille Kämmerlein kann überall sein, aber man muss es entdecken. Es ist letztlich eine innere Sache und man kann überall so beten, als wäre man allein mit Gott. Das kann, muss aber nicht in einer räumlichen Abgeschiedenheit sein, denn es ist eher eine Geisteshaltung, in der man direkt vor Gott steht.

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